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{{Zitat|Einige Tage später marschierten die Russen in Polen ein. Die Deutschen zogen sich aus der Gegend um Lemberg zurück und ließen meinen Vater in russischer Hand. Er war immer noch sehr böse verletzt und konnte sich nicht bewegen. Ironischerweise hat diese Wunde vermutlich sein Leben gerettet, da Offiziere, die sich in Lemberg ergeben haben, eventuell in [[w:Massaker von Katyn|Katyn]] ermordet und einfache Soldaten in Arbeitslager nach Sibirien verschickt worden sind. Er verblieb in russischer Hand bis ungefähr April/Mai 1941. Es dauerte eine lange Zeit bis er sich von seiner Verwundung erholt hatte. Dann wurde er mit einigen anderen verwundeten Soldaten ausgetauscht und fiel wieder zurück in deutsche Hände. Er konnte schließlich nach Hause gehen. Seine Familie hatte bis zu diesem Zeitpunkt geglaubt, dass er bei den Kämpfen getötet worden sei. Nachdem er einige Zeit als Zwangsarbeiter bei der Eisenbahn gearbeitet hatte (die Deutschen hatten die Invasion in Russland vorbereitet), wurden er und seine gesamte Familie nach Österreich deportiert. Er verbrachte den Rest des Krieges in Österreich, an einem Ort genannt Oberefellach (vermutlich [[Obervellach]]/Kärnten), um für einen Bauern mit dem Namen Franz Pacher zu arbeiten. Es war dort, wo er meine Mutter traf, die auch als Sklavenarbeiterin von Südpolen deportiert worden ist.}} | {{Zitat|Einige Tage später marschierten die Russen in Polen ein. Die Deutschen zogen sich aus der Gegend um Lemberg zurück und ließen meinen Vater in russischer Hand. Er war immer noch sehr böse verletzt und konnte sich nicht bewegen. Ironischerweise hat diese Wunde vermutlich sein Leben gerettet, da Offiziere, die sich in Lemberg ergeben haben, eventuell in [[w:Massaker von Katyn|Katyn]] ermordet und einfache Soldaten in Arbeitslager nach Sibirien verschickt worden sind. Er verblieb in russischer Hand bis ungefähr April/Mai 1941. Es dauerte eine lange Zeit bis er sich von seiner Verwundung erholt hatte. Dann wurde er mit einigen anderen verwundeten Soldaten ausgetauscht und fiel wieder zurück in deutsche Hände. Er konnte schließlich nach Hause gehen. Seine Familie hatte bis zu diesem Zeitpunkt geglaubt, dass er bei den Kämpfen getötet worden sei. Nachdem er einige Zeit als Zwangsarbeiter bei der Eisenbahn gearbeitet hatte (die Deutschen hatten die Invasion in Russland vorbereitet), wurden er und seine gesamte Familie nach Österreich deportiert. Er verbrachte den Rest des Krieges in Österreich, an einem Ort genannt Oberefellach (vermutlich [[Obervellach]]/Kärnten), um für einen Bauern mit dem Namen Franz Pacher zu arbeiten. Es war dort, wo er meine Mutter traf, die auch als Sklavenarbeiterin von Südpolen deportiert worden ist.}} | ||
Während die Divisionsgeschichten deutscher Einheiten, die meist nach dem Ende des Krieges von ehemaligen Angehörigen | Während die Divisionsgeschichten deutscher Einheiten, die meist nach dem Ende des Krieges von ehemaligen Angehörigen dieser Verbände erstellt wurden, meist keinerlei Informationen über eigene [[w:Kriegsverbrechen|Kriegsverbrechen]] enthielten, lieferte die Geschichte der 44. Infanterie-Division einen zumindest indirekten Hinweis darauf, dass beim Vormarsch der Wehrmachtsverbände in Polen nicht alles "sauber" vonstatten ging.<ref>Friedrich Dettmer, Otto Jaus, Helmut Tolkmitt: ''Die 44. Infanterie-Division. Reichs-Grenadier-Division Hoch- und Deutschmeister 1938–1945.'', Seite 47, Verlag Austria Press, Wien 1969</ref> | ||
{{Zitat|Das schönste Lob, das der wegen seiner ruhigen und vornehmen Art beliebte Kommandeur (Anmerkung: [[w:Generalleutnant|Generalleutnant]] Schubert) bei Scheiden seiner Division spenden konnte, bestand in der Feststellung, stolz auf seine Truppe zu sein, die in diesem Feldzug trotz manchem harten Einsatz immer bestrebt war, Menschlichkeit zu bewahren und das Hab und Gut der bedauernswerten Bevölkerung zu schonen. Vergleiche mit benachbarten Kampfgebieten mögen dem scheidenden Kommandeur in dieser Feststellung bestärkt haben.}} | {{Zitat|Das schönste Lob, das der wegen seiner ruhigen und vornehmen Art beliebte Kommandeur (Anmerkung: [[w:Generalleutnant|Generalleutnant]] Schubert) bei Scheiden seiner Division spenden konnte, bestand in der Feststellung, stolz auf seine Truppe zu sein, die in diesem Feldzug trotz manchem harten Einsatz immer bestrebt war, Menschlichkeit zu bewahren und das Hab und Gut der bedauernswerten Bevölkerung zu schonen. Vergleiche mit benachbarten Kampfgebieten mögen dem scheidenden Kommandeur in dieser Feststellung bestärkt haben.}} | ||
Tatsächlich herrschte in den ersten Tagen des Feldzuges unter den kriegsunerfahrenen deutschen Soldaten extreme Nervosität. Es kam daher immer wieder zu Schießereien, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gab.<ref>Jochen Böhler: ''Auftakt zum Vernichtungskrieg – Die Wehrmacht in Polen 1939'', Seite 60f, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2006</ref> Verschärft wurde diese Stimmung oft dadurch, dass sich die polnischen Soldaten meist nicht in einer offenen Feldschlacht stellten, sondern die vorrückenden Wehrmachtsverbände in Nachhutgefechten versuchten aufzuhalten. Die Ängste der deutschen Soldaten entluden sich daher oft in einer Art ''Freischärlerwahn'', indem man polnischen Zivilisten unterstellte als [[w:Freischar|Freischärler]] aus dem Hinterhalt die deutschen Truppen zu | Tatsächlich herrschte in den ersten Tagen des Feldzuges unter den kriegsunerfahrenen deutschen Soldaten extreme Nervosität. Es kam daher immer wieder zu Schießereien, ohne dass es dafür einen konkreten Anlass gab.<ref>Jochen Böhler: ''Auftakt zum Vernichtungskrieg – Die Wehrmacht in Polen 1939'', Seite 60f, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2006</ref> Verschärft wurde diese Stimmung oft dadurch, dass sich die polnischen Soldaten meist nicht in einer offenen Feldschlacht stellten, sondern die vorrückenden Wehrmachtsverbände in Nachhutgefechten versuchten aufzuhalten. Die Ängste der deutschen Soldaten entluden sich daher oft in einer Art ''Freischärlerwahn'', indem man polnischen Zivilisten unterstellte als [[w:Freischar|Freischärler]] aus dem Hinterhalt die deutschen Truppen bekämpft zu haben.<ref>Jochen Böhler: ''Auftakt zum Vernichtungskrieg – Die Wehrmacht in Polen 1939'', Seite 62, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2006</ref> Die deutschen Soldaten reagierten dann oft spontan und liquidierten die vermeintlichen Schützen unter der Zivilbevölkerung, ohne vorher den Fall genau untersucht bzw. ihn an die vorgesetzten Dienststellen zur Untersuchung weitergeleitet zu haben.<ref>Jochen Böhler: ''Auftakt zum Vernichtungskrieg – Die Wehrmacht in Polen 1939'', Seite 54f, Fischer-Taschenbuch-Verlag, Frankfurt am Main 2006</ref> | ||
Eine dieser Divisionen, der nach dem Krieg von polnischer Seite die Tötung unschuldiger Zivilisten zur Last gelegt wurde, war die [[w:3. Gebirgs-Division (Wehrmacht)|3. Gebirgs-Division]]. Diese Division war parallel zur 44. Infanterie-Divison 1938 aus ehemaligen Einheiten des Österreichischen Bundesheeres entstanden. Da es sich dabei hauptsächlich um Verbände aus Kärnten und der Steiermark gehandelt hatte, dienten auch viele Südburgenländer bei dieser Divison. Auch Adolf Kaipels Bruder Samuel sollte 1940 zum Gebirgs-Jäger-Regiment 139 nach Klagenfurt eingezogen werden. | |||
Während des Polenfeldzuges gehörte die 3. Gebirgs-Divison zum [[w:XVIII. Gebirgs-Korps (Wehrmacht)|XVIII. Gebirgs-Korps]]. Ein Offizier der Korps-Nachrichten-Abteilung 70, die zu den [[w:Korpstruppen|Korpstruppen]] des XVIII. Gebirgs-Korps gehörte, machte am 2. September die nachfolgenden Beobachtungen, als der Korpsstab einen Stellungswechsel von [[w:Jabłonka (Powiat Nowotarski)|Jabłonka]] nach [[w:Rabka-Zdrój|Rabka]] machte und dabei in der Vormarschraum der 3. Gebirgs-Division gelangte: | Während des Polenfeldzuges gehörte die 3. Gebirgs-Divison zum [[w:XVIII. Gebirgs-Korps (Wehrmacht)|XVIII. Gebirgs-Korps]]. Ein Offizier der Korps-Nachrichten-Abteilung 70, die zu den [[w:Korpstruppen|Korpstruppen]] des XVIII. Gebirgs-Korps gehörte, machte am 2. September die nachfolgenden Beobachtungen, als der Korpsstab einen Stellungswechsel von [[w:Jabłonka (Powiat Nowotarski)|Jabłonka]] nach [[w:Rabka-Zdrój|Rabka]] machte und dabei in der Vormarschraum der 3. Gebirgs-Division gelangte: |