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== Name == | == Name == | ||
Müsinen (auch: ''Mussinen'', ''Müsen'', ''Müs’n'' oder ''Mös‘n'' bzw. ''Musenne'') soll sich von ''Müsela'' bzw. ''Mösela'' oder ''Müsln'' ableiten und so viel wie Holzklotz bedeuten.<ref>Johann Baptist Rusch: Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 25.</ref> Diese Holzklötze sollen durch das [[Frödischtal]] herausgeschwemmt worden sein.<ref>Georg Keckeis: ''Röthis und Viktorsberg'', Bregenz 1908, S. 16.</ref> | Müsinen (auch: ''Mussinen'', ''Müsen'', ''Müs’n'' oder ''Mös‘n'' bzw. ''Musenne'') soll sich von ''Müsela'' bzw. ''Mösela'' oder ''Müsln'' ableiten und so viel wie Holzklotz bedeuten.<ref>Johann Baptist Rusch: Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 25.</ref> Diese Holzklötze sollen durch das [[Frödischtal]] herausgeschwemmt worden sein.<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 208.</ref><ref>Georg Keckeis: ''Röthis und Viktorsberg'', Bregenz 1908, S. 16.</ref> | ||
Die Umgebung von Röthis und Sulz war reichsunmittelbares Gebiet und [[w:Karl der Dicke|Karl der Dicke]] verschenkte hier 883 Felder, Wiesen, Äcker, [[w:Alm (Bergweide)|Alpen]] und [[w:Leibeigener|Leibeigene]] an das [[w:Kloster Sankt Gallen|Kloster Sankt Gallen]].<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 207 f.</ref> Der Name des Landgerichts als ''kaiserlich'' leitet sich daher von der Einsetzung durch den [[w:Fränkisches Reich|fränkischen]] [[w:Kaiser|Kaiser]] bzw. dessen Administraion auf Reichsgut direkt ab. | |||
== Geschichte == | == Geschichte == | ||
Das Gericht Müsinen ist ein altes Gericht, dessen Anfänge sich in grauer Vorzeit verlieren. Die [[w:Fridolin von Säckingen|Fridolinssage]], berichtet über einen [[w:Gerichtsverfahren|Prozess]] im Jahre 531, welcher vor dem ''Freien kaiserlichen Landgericht zu Müsinen'' abgehandelt wurde<ref>Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 4 und S. 26, Fn 6.</ref><ref name=Chmel /> und dem hl Fridolin seine Schenkungen sicherte. | Das Gericht Müsinen ist ein altes Gericht, dessen Anfänge sich in grauer Vorzeit verlieren.<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 205.</ref> Die [[w:Fridolin von Säckingen|Fridolinssage]], berichtet über einen [[w:Gerichtsverfahren|Prozess]] im Jahre 531, welcher vor dem ''Freien kaiserlichen Landgericht zu Müsinen'' abgehandelt wurde<ref>Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 4 und S. 26, Fn 6.</ref><ref name=Chmel /> und dem hl Fridolin seine Schenkungen sicherte. | ||
Das ''Freie kaiserliche Landgericht zu Müsinen'' wurde im Laufe der Jahrhunderte von einem angesehenen regionenübergreifenden Gericht zu einem innerstaatlichen Gericht (dem [[w:Kaiserlich-königlich|k. k.]] freies Landgericht zu Rankweil in Müsinen). Diese einschränkende Entwicklung begann etwa 1375, als das Gebiet um Rankweil und Sulz zu Österreich gelangte, und der Bedeutungsverlust wurde noch verstärkt durch die Gründung der Eidgenossenschaft 1499 und das endgültige Ausscheiden aus dem Verband des [[w: Heiliges Römisches Reich|H.R.R.D.N.]] 1648. Dementsprechend führt zum Ende des Landgerichtes der [[w:Vogt|Obervogt]] von [[Feldkirch]] als Richter die Gerichtsverfahren, während früher zuerst angesehene Personen aus der Großregion Churrätien und dann auch [[w:Adel|Adlige]] als Richter und Beisitzer eingesetzt waren. Zuletzt tagte das Landgericht bis 1805 im späteren alten Rathaus in Rankweil.<ref>Dieses Haus war vermutlich ursprünglich im [[w:Mittelalter|Mittelalter]] als Taverne erbaut worden und es war in früherer Zeit nicht ungewöhnlich, dass Gerichtssitzungen auch in Tavernen abgehalten wurden.</ref> | Das ''Freie kaiserliche Landgericht zu Müsinen'' wurde im Laufe der Jahrhunderte von einem angesehenen regionenübergreifenden Gericht zu einem innerstaatlichen Gericht (dem [[w:Kaiserlich-königlich|k. k.]] freies Landgericht zu Rankweil in Müsinen). Diese einschränkende Entwicklung begann etwa 1375, als das Gebiet um Rankweil (''Vinomna,'' auch ''Rankwil'' bzw. ''Rancovilla'') und Sulz (Suls, Sullis) zu Österreich gelangte, und der Bedeutungsverlust wurde noch verstärkt durch die Gründung der Eidgenossenschaft 1499 und das endgültige Ausscheiden aus dem Verband des [[w: Heiliges Römisches Reich|H.R.R.D.N.]] 1648. Dementsprechend führt zum Ende des Landgerichtes der [[w:Vogt|Obervogt]] von [[Feldkirch]] als Richter die Gerichtsverfahren, während früher zuerst angesehene Personen aus der Großregion Churrätien und dann auch [[w:Adel|Adlige]] als Richter und Beisitzer eingesetzt waren. Zuletzt tagte das Landgericht bis 1805 im späteren alten Rathaus in Rankweil.<ref>Dieses Haus war vermutlich ursprünglich im [[w:Mittelalter|Mittelalter]] als Taverne erbaut worden und es war in früherer Zeit nicht ungewöhnlich, dass Gerichtssitzungen auch in Tavernen abgehalten wurden.</ref> | ||
Dieses Gaugericht bestand bis zur Übertragung der Herrschaftsgewalt über Vorarlberg an [[w:Bayern|Bayern]] durch den [[w:Friede von Pressburg|Friede von Pressburg]] vom 26. Dezember 1805.<ref name=Chmel>Siehe auch Joseph Chmel in: ''Der Österreichische Geschichtsforscher'', Wien 1838, Erster Band, S. 178 f.</ref> Nach der Rückübertragung des Großteils von Vorarlberg an Österreich 1814 wurde das Landgericht nicht wieder hergestellt. Der 1806 durch die bayrische Administration nach Feldkirch verlegte Gerichtssitz verblieb dort bis heute (siehe [[w:Landesgericht Feldkirch|Landesgericht Feldkirch]]). | Dieses Gaugericht bestand bis zur Übertragung der Herrschaftsgewalt über Vorarlberg an [[w:Bayern|Bayern]] durch den [[w:Friede von Pressburg|Friede von Pressburg]] vom 26. Dezember 1805.<ref name=Chmel>Siehe auch Joseph Chmel in: ''Der Österreichische Geschichtsforscher'', Wien 1838, Erster Band, S. 178 f.</ref> Nach der Rückübertragung des Großteils von Vorarlberg an Österreich 1814 wurde das Landgericht nicht wieder hergestellt. Der 1806 durch die bayrische Administration nach Feldkirch verlegte Gerichtssitz verblieb dort bis heute (siehe [[w:Landesgericht Feldkirch|Landesgericht Feldkirch]]). | ||
== Gerichtsbezirk == | == Gerichtsbezirk == | ||
Die Zuständigkeit der Landgerichte im Heilig Römischen Reich war ursprünglich nicht an die Grenzen eines bestimmten Territoriums gebunden. Das Gaugericht in Churrätien in Müsinen umfasste daher eine sehr große Fläche, welche über [[w:Churwalden|Churwalden]] an den ''Septner'' ([[w:Septimer|Septimer]]) sodann Richtung [[w:Trentino-Südtirol|Etschland]] und bis zum [[w:Arlberg|Arlberg]] und zum [[w:Walensee|Walensee]] und das [[w:Alpenrheintal|Alpenrheintal]] bis zum [[w:Bodensee|Bodensee]] mitsamt dem hinteren [[w:Bregenzerwald|Bregenzerwald]] bis zum [[w:Tannberg (Gerichtsbezirk)|Tannberg]] und [[w:Mittelberg (Vorarlberg)|Mittelberg]] (siehe Landgerichtsordnung 1579) reichte.<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 209.</ref> Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Gebiet immer kleiner, insbesondere durch die völlig Abkehr der [[w:Alte Eidgenossenschaft|Eidgenossenschaft]] vom [[w:Heiliges Römisches Reich|Heilig Römischen Reich]] 1499 und dann endgültig 1648 sowie durch die teilweise inflationäre Austellung von [[w:Freibrief|Freiheitsbriefen]] ab dem 15. Jahrhundert an andere Gerichtsbezirke, Städte, Herrschaften bzw. Regionen. | |||
== Gerichtssitz == | == Gerichtssitz == | ||
Der Gerichtssitz war über Jahrhunderte in [[Sulz (Vorarlberg)|Sulz]] und wurde wegen der [[w:Appenzellerkriege|Appenzellerkriege]] im 15. Jahrhundert nach [[Rankweil]] verlegt (dies ist strittig). Daher stammt die spätere Bezeichnung: ''Freies kaiserliches Landgericht zu Rankweil in Müsinen'' anstelle von ''Freies kaiserliches Landgericht zu Müsinen''. Müsinen ist ein Flurstück (kleiner Hügel) in Sulz an der Grenze zur Gemeinde Rankweil<ref name=Chmel /> zwischen den Flüssen [[w:Frutz|Frutz]] und [[Frödischtal|Frödisch]]. Die genaue Lage ist heute nicht mehr bekannt, da insbesondere die Frödisch das Gebiet mehrfach überschwemmte und sich der Lauf des Flusses und das umgebende Gelände verändert hat. | Der Gerichtssitz war über Jahrhunderte in [[Sulz (Vorarlberg)|Sulz]] und wurde wegen der [[w:Appenzellerkriege|Appenzellerkriege]] im 15. Jahrhundert nach [[Rankweil]] verlegt (dies ist strittig).<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 209.</ref> Daher stammt die spätere Bezeichnung: ''Freies kaiserliches Landgericht zu Rankweil in Müsinen'' anstelle von ''Freies kaiserliches Landgericht zu Müsinen''.<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 210.</ref> Müsinen ist ein Flurstück (kleiner Hügel) in Sulz an der Grenze zur Gemeinde Rankweil<ref name=Chmel /> zwischen den Flüssen [[w:Frutz|Frutz]] und [[Frödischtal|Frödisch]]. Die genaue Lage ist heute nicht mehr bekannt, da insbesondere die Frödisch das Gebiet mehrfach überschwemmte und sich der Lauf des Flusses und das umgebende Gelände verändert hat.<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 207.</ref> | ||
== Gericht == | == Gericht == | ||
Die Anfänge des Gerichtes liegen im Dunklen der Jahrhunderte. Bekannt ist, dass das Gericht [[w:Öffentlichkeit|öffentlich]] war und über mehr als ein Jahrtausend im Freien tagte und jedermann seine Sache selbst vortragen musste, also ursprünglich keine [[w:Fürsprecher|Fürsprecher]] zugelassen waren.<ref>Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 5.</ref> Diese Restriktion bzgl. der Fürsprecher ([[w:Advokat|Advokaten]]) hat sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte geändert, jedoch war es auch nach dem Erlass der Landgerichtsordnung 1579 für dieses Gericht nicht erforderlich, sich zwingend durch einen Fürsprecher vertreten zu lassen.<ref>Zum Text der Landegrichtsordnung von 1579 siehe Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 36 (Anhang I).</ref> Das Gericht tagte nach Bedarf, wobei nach Möglichkeit mehrere Fälle auf einen Gerichtstag zusammengefasst wurden. | Die Anfänge des Gerichtes liegen im Dunklen der Jahrhunderte. Bekannt ist, dass das Gericht [[w:Öffentlichkeit|öffentlich]] war und über mehr als ein Jahrtausend im Freien tagte und jedermann seine Sache selbst vortragen musste, also ursprünglich keine [[w:Fürsprecher|Fürsprecher]] zugelassen waren.<ref>F. K. Zimmermann: ''Beitrag zur Geschichte Vorarlbergs'' S. 205 f.</ref><ref>Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 5.</ref> Diese Restriktion bzgl. der Fürsprecher ([[w:Advokat|Advokaten]]) hat sich jedoch im Laufe der Jahrhunderte geändert, jedoch war es auch nach dem Erlass der Landgerichtsordnung 1579 für dieses Gericht nicht erforderlich, sich zwingend durch einen Fürsprecher vertreten zu lassen.<ref>Zum Text der Landegrichtsordnung von 1579 siehe Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 36 (Anhang I).</ref> Das Gericht tagte nach Bedarf, wobei nach Möglichkeit mehrere Fälle auf einen Gerichtstag zusammengefasst wurden. | ||
Das Gericht wendete je nach Sachlage das [[w:Germanische Stammesrechte|alamannische Volksrecht]] oder das regionale [[w:Gewohnheitsrecht|Gewohnheistrecht]] an oder aber auch das [[w:Römisches Recht|Römische Recht]].<ref>Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 6 ff, 13.</ref> | Das Gericht wendete je nach Sachlage das [[w:Germanische Stammesrechte|alamannische Volksrecht]] oder das regionale [[w:Gewohnheitsrecht|Gewohnheistrecht]] an oder aber auch das [[w:Römisches Recht|Römische Recht]].<ref>Johann Baptist Rusch: [https://reader.digitale-sammlungen.de/de/fs1/object/display/bsb10543186_00005.html Das Gaugericht auf der Müsinerwiese oder das freie kaiserliche Landgericht zu Rankweil in Müsinen, S. 6 ff, 13.</ref> |
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