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==== Freischärlerbewegung im Sommer und Herbst 1921 ====
==== Venediger Protokoll - 13. Oktober 1921 ====
Der Vertrag von Trianon trat am 26. Juli 1921 endgültig in Kraft nachdem dieser auch von Frankreich ratifiziert worden war, wodurch Österreich [[w:de jure/de facto|de jure]] das Verfügungsrecht über Deutsch-Westungarn für den 27. August 1921 übertragen bekam. Dieser Ratifizierung vorangegangen waren verzweifelte Versuche Ungarns möglichst große Teile Deutsch-Westungarns im eigenen Staat zu halten.<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=390}}</ref>  
Die verworrene Lage in Westungarn wurde im September und auch für die ungarische Regierung immer unangenehmer, weil ihre Kontrolle über die Freischärlerbewegung immer mehr schwand. Da sich Gerüchte verdichteten, dass ein neuerlicher Restaurationsversuch Karls unmittelbar bevorstand, plante man den militärisch schlagkräftigsten Verband in Westungarn, das von Julius von Ostenburg-Morawek kommandierte Reserve-Gendarmeriebataillon Nr. 2 nach Innerungarn zu verlegen und provozierte damit tatsächlich Karls Rückkehr am 23. Oktober 1921.<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=440}}</ref>


Da nun alle diplomatischen Bemühungen gescheitert waren, spielte Ungarn seinen vermeintlich letzten Trumpf aus, den man seit Monaten im Geheimen vorbereitet hatte. Dieser Plan sah einen bewaffneten "Volksaufstand" vor, den man gegen die einmarschierenden Österreicher "inszenieren" wollte. Da aber bald klar war, dass ein Großteil der deutschsprachigen Bevölkerung diesen Guerillakrieg gegen die Österreicher nicht unterstützen würde, versuchte man in Innerungarn entsprechende Kämpfer anzuwerben. Man fand sie unter nationalen Hochschülern, arbeitslosen Berufsoffizieren, aber auch in Flüchtlingslagern, in den Menschen interniert waren, die aus anderen von Ungarn abgetretenen Gebieten stammten. Dementsprechend vielfältig und unterschiedlich waren dann auch die aufgebotenen Einheiten, die sich in insgesamt sechs [[w:Freischar|Freischärlerkorps]] gliederten:<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=394 bis 395, 424}}</ref>
* I. Freischärlerkorps mit Kommandositz in Oberwart unter Oberleutnant Árpád Taby
* II. Freischärlerkorps mit Kommandositz in [[Oberpullendorf]] (später in [[Lackenbach]]) unter Hauptmann Miklós Budaházy
* III. Freischärlerkorps mit Kommandositz in [[Eltendorf]] (später in [[Güssing]]) unter Oberleutnant Endre Molnar
* IV. Freischärlerkorps mit Kommandositz in [[Parndorf]] (später in [[Neusiedl am See]]) unter Oberleutnant Iván Héjjas
* V. Freischärlerkorps mit Kommandositz in [[Mattersburg]] unter Hauptmann Viktor Maderspach
* VI. Freischärlerkorps ("Friedrich-Freischärler") mit Kommandositz in [[Eisenstadt]] unter Hauptmann Dezsö Wein
[[Datei:PalPronay.jpg|mini|150px|Pál Prónay]]
Während Árpád Taby ein Ritter des Maria-Theresia-Ordens war, handelte es sich bei Iván Héjjas um einen berüchtigten [[w:Freikorps|Freikorps]]-Führer der "weißen" Gegenrevolution. Diese konterrevolutionäre Bewegung hatte nach dem Zusammenbruch der Räteregierung blutige Rache an ehemaligen kommunistischen Funktionären, aber auch an vielen Unbeteiligten, genommen, der mehrere Tausend Menschen unter zum Teil bestialischen Umständen zum Opfer fielen. Ein Freikorps-Führer, der in dieser Zeit für besonders grausame Morde verantwortlich zeichnete, war Pál Prónay, der im August 1921 in Westungarn auftauchte und dem sich daraufhin nach und nach alle Freischärlerkorps bis auf das V. und VI. Korps, die traditionell Kaiser Karl verbunden waren, unterordneten. Im Raum Sopron stand außerdem noch das Reserve-Gendarmeriebataillon Nr. 2, eine schlagkräftige aus ehemaligen Angehörigen des Honved Infanterie-Regiments Nr. 69 von Major [[w:Julius von Ostenburg-Morawek|Julius von Ostenburg-Morawek]] rekrutierte Truppe, die ebenfalls dem Kaiser treu ergeben war und bei Karls zweiten Restaurationsversuch eine wichtige Rollen spielen sollte.<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=395 und 396}}</ref> 


Tamás Erdődy ließ die Grausamkeiten der weißen Gegenrevolution in seinen Memoiren unerwähnt, während er die Verbrechen, die unter der Räteregierung verübt wurden, sehr wohl beschreibt.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=184 bis 188}}</ref> Erdődy berichtet in seinen Memoiren auch, dass er den Befehl erhielt, den Gendarmeriedienst und die "Gegend von Köszeg" zu organisieren.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Szemere, Erich Czech|Titel=Habsburgs Weg von Wilhelm zu Briand - Vom Kurier der Sixtus-Briefe zum Königsputschisten - Die Memoiren des Grafen Tamás von Erdődy.|Verlag=Amalthea-Verlag|Ort=Wien|Datum=1931|Seiten=266}}</ref> Die von ihm aufgestellte Freischärlertruppe bildete insofern eine Besonderheit unter den Freischaren, weil sie als einzige überwiegend aus Bewohnern Westungarns bestand.<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=397}}</ref>
 
Zuvor
 
Am 4. Oktober 1921 fügte der Führer der Freischärlerbewegung Pál Prónay folgenden Eintrag in sein Tagebuch hinzu:<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=431}}</ref>
{{Zitat|Jetzt durfte man nicht säumen, dieses zum Tod verurteilte ungarische Gebiet dem Mutterland zu retten. Die Teilnahmslosigkeit der Ansässigen...hat mich bewogen, die Regierung aus den Führern der Aufständischen zu bilden, in die ich Vertrauen hatte und die mir gehorchten.}}
 
Noch am gleichen Tag erließ er in Oberwart eine "Proklamation an die Völker der Welt" in der er die Gründung des unabhängigen, selbstständigen und neutralen Staat [[w:Lajtabánság|Lajtabánság (Leithabanat)]] verkündete. Während die Regierung des neuen Staates aus führenden Mitgliedern der Freischärlerbewegung bestand, sollte der Posten des [[w:Ban|Banus]] mit einem prominenten Ortsansässigen besetzt werden, wobei hier niemand anders als Tamás Erdődy in Frage zu kommen schien. Dieser lehnte dieses Amt aber umgehend ab, weil er als Anhänger Kaiser Karls nicht mit Prónays Ansichten harmonierte.<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=432}}</ref> So blieb der Posten des Banus zunächst unbesetzt. Um international anerkannt zu werden, gab der Lajtabánság in der Folge eine Reihe von Briefmarken heraus, die heute eines der wenigen Zeugnisse dieses nur kurz bestehenden Staatsgebildes darstellen.<ref>{{Literatur |Autor=Gerald Schlag|Titel=Aus Trümmern geboren ... Burgenland 1918-1921|Verlag=Burgenländisches Landesmuseum|Ort=Eisenstadt|Datum=2001|Seiten=437}}</ref>


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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