COVID-19-Maßnahmengesetz: Unterschied zwischen den Versionen

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# Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.
# Aufenthalt im Freien zur körperlichen und psychischen Erholung.
Bei Verordnungen durch den Landeshauptmann (§ 7 Abs. 2 COVID-19-MG) oder die [[w:Bezirksverwaltungsbehörde|Bezirksverwaltungsbehörde]] § 7 Abs. 3 COVID-19-MG) wird diese Befassung des Hauptausschuss des Nationalrates nicht gefordert und ist nur noch der für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister das Einvernehmen herzustellen. Der Hauptausschuss des Nationalrates hat daher nur im Zusammenhang mit Verordnungen des Bundesministers in einigen Bereichen ein Mitwirkungsrecht. Dieses Mitwirkungsrecht des Hauptausschuss des Nationalrates kann durch Verlagerung der Entscheidungsfindung auf Länder- oder Bezirksebene ganz ausgeschlossen werden. In der Praxis würde hierfür grundsätzlich z. B. die Weisung durch den zuständigen Bundesminister mit einem Erlass ausreichen, um die Länder- und Bezirksebene wieder an die Rechtsansicht des Bundesministers zu binden, ohne dass der Hauptausschuss des Nationalrates eine Mitwirkungsmöglichkeit hätte. Diese Regelung in § 7 Abs. 2 und 3 iVm § 6 COVID-19-MG ist mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig, da es nach der bisherigen Rechtsprechung in Österreich nicht ausreichend ist, durch einfache Gesetze oder Verordnungen solch massive Eingriffe in die Grundrechte und Grundfreiheiten der Normunterworfenen vorzunehmen, nur auf die subjektive Einschätzung hin, dass ein "Problem" im Rahmen der COVID-19-Pandemie bestehen könnte.
Bei Verordnungen durch den Landeshauptmann (§ 7 Abs. 2 COVID-19-MG) oder die [[w:Bezirksverwaltungsbehörde|Bezirksverwaltungsbehörde]] § 7 Abs. 3 COVID-19-MG) wird diese Befassung des Hauptausschuss des Nationalrates nicht gefordert und ist nur noch der für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister das Einvernehmen herzustellen. Der Hauptausschuss des Nationalrates hat daher nur im Zusammenhang mit Verordnungen des Bundesministers in einigen Bereichen ein Mitwirkungsrecht. Dieses Mitwirkungsrecht des Hauptausschuss des Nationalrates kann durch Verlagerung der Entscheidungsfindung auf Länder- oder Bezirksebene ganz ausgeschlossen werden. In der Praxis würde hierfür grundsätzlich z. B. die Weisung durch den zuständigen Bundesminister mit einem Erlass ausreichen, um die Länder- und Bezirksebene wieder an die Rechtsansicht des Bundesministers zu binden, ohne dass der Hauptausschuss des Nationalrates eine Mitwirkungsmöglichkeit hätte. Diese Regelung in § 7 Abs. 2 und 3 iVm § 6 COVID-19-MG ist mit hoher Wahrscheinlichkeit verfassungswidrig, da es nach der bisherigen Rechtsprechung in Österreich nicht ausreichend ist, durch einfache Gesetze oder Verordnungen solch massive Eingriffe in die Grundrechte und Grundfreiheiten der Normunterworfenen vorzunehmen, nur auf die subjektive Einschätzung hin, dass ein "Problem" im Rahmen der COVID-19-Pandemie bestehen könnte.
=== Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 10) ===
Die zuständigen Behörden und Organe können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beauftragen, die Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen nach dem COVID-19-MG erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln zu erreichen. Beispielsweise durch:
# Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
# Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung eines Verwaltungsstrafverfahrens und
# die Ahndung von Verwaltungsübertretungen durch Organstrafverfügungen (§ 50 VStG).
Dabei ist insbesondere der Pkt. 1 (Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen) rechtstaatlich sehr bedenklich in der Anwendung. Die ''Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen'' sind in der Praxis schwierig zu handhabende Ermächtigungen an die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und können unter Umständen schwerwiegende Grundrechtseingriffe bewirken, die sowohl zum Nachteil der Betroffenen als auch der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sich auswirken. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber bei Erlassung des 3. COVID-19-Gesetzes "über das Ziel hinausgeschossen" und eine Ermächtigung erteilt, die in einem demokratischen Rechtsstaat keine Deckung findet. Da gegen Organstrafverfügungen nach § 50 Abs. 6 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kein Rechtsmittel zulässig ist, ist es überlegenswert bei einer unrechtmäßigen Verhängung einer Strafe wegen "drohender Verwaltungsübertretung", die sofortige Zahlung oder Zahlung binnen 14 Tagen zu verweigern, um diese Behauptung des Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Verwaltungsrechtsweg überprüfen zu lassen. Bei Verweigerung oder verspäteter der Zahlung der Organstrafverfügung erfolgt automatisch die Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde (Magistrat) und wird der ordentliche Verwaltungsrechtsweg eingeleitet, in welchem Rechtsmittel erhoben werden können.
Aufgrund des überschießenden Verhaltens von Vollzugsorganen und unverhältnismäßiger Strafen gegenüber einkommensschwachen Personen, Kindern und alten Menschen sowie nicht gesetzmäßiger Verhängung von Strafen durch Bezirksverwaltungsbehörden in Österreich im Zeitraum 15. März bis Juni 2020 wurde mit 1. Juli 2020 der § 11b<ref>Zuvor  11a, § 11b seit der Verordnung {{BGBl|II Nr. 455/2020}}, 25. Oktober 2020.</ref> in die COVID-19-Lockerungsverordnung ({{BGBl|II Nr. 197/2020}}) eingefügt:<ref>Eingefügt durch {{BGBl|II Nr. 287/2020}}.</ref> Nunmehr haben ''die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von Maßnahmen gegen Personen, die gegen eine Verhaltens- oder Unterlassungspflicht nach dieser Verordnung verstoßen, abzusehen, wenn der gesetzmäßige Zustand durch gelindere Mittel hergestellt werden kann oder diese Maßnahmen nicht verhältnismäßig wären. Die Entscheidung, ob von einer Maßnahme gemäß dem ersten Satz abzusehen ist, ist auf Grundlage der epidemiologische Gefahrensituation im Zusammenhang mit COVID-19, insbesondere anhand von den örtlich zuständigen Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellten Informationen, zu treffen''. Hierzu ist anzumerken, dass diese Verpflichtung bereits für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und die Bezirksverwaltungsbehörden aus der Bundesverfassung resultiert und nicht eigens in einer Verordnung angeordnet werden müsste.
Gemäß § 45 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kann auch die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens absehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
# die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
# der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
# Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
# die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
# die Strafverfolgung nicht möglich ist;
# die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten (§ 45 Abs. 1 letzter Satz VStG).


=== Zuständigkeiten (§ 7) ===
=== Zuständigkeiten (§ 7) ===
§ 7 COVID-19-MG regelt die Zuständigkeiten nach diesem Gesetz. Demnach können
§ 7 COVID-19-MG regelt die Zuständigkeiten nach diesem Gesetz. Demnach können
# Verordnungen nach diesem Bundesgesetz vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister erlassen werden, oder
# Verordnungen nach diesem Bundesgesetz vom für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesminister erlassen werden, oder
# von einem Landeshauptmann, wenn keine Verordnung vom Bundesminister erlassen wurde oder dieser zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung des Bundesministers festgelegen will. Dabei bedürfen Verordnungen gemäß § 5 ("Hausarrest") der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers (nicht aber des Hauptausschusses des Nationalrates).
# von einem Landeshauptmann, wenn keine Verordnung vom Bundesminister erlassen wurde oder dieser zusätzliche Maßnahmen zu einer Verordnung des Bundesministers festgelegen will. Dabei bedürfen Verordnungen gemäß § 6 ("Hausarrest") der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers (nicht aber des Hauptausschusses des Nationalrates).
# von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnung vom Bundesminister oder Landeshauptmann erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen festgelegt werden sollen. Dabei bedürfen Verordnungen gemäß § 5 ("Hausarrest") nur mehr der Zustimmung des Landeshauptmannes und nicht einmal mehr der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers und auch nicht des Hauptausschusses des Nationalrates.
# von der Bezirksverwaltungsbehörde erlassen werden, wenn keine Verordnung vom Bundesminister oder Landeshauptmann erlassen wurde oder zusätzliche Maßnahmen zu Verordnungen festgelegt werden sollen. Dabei bedürfen Verordnungen gemäß § 6 ("Hausarrest") nur mehr der Zustimmung des Landeshauptmannes und nicht einmal mehr der Zustimmung des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers und auch nicht des Hauptausschusses des Nationalrates.
Diese Regelungen nach § 7 COVID-19-MG sind mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise verfassungswidrig.
Diese Regelungen nach § 7 COVID-19-MG sind mit hoher Wahrscheinlichkeit ganz oder teilweise verfassungswidrig.


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* Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 1 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort, deren/dessen Betreten oder Befahren gemäß §§ 3 und 4 untersagt ist, nicht betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30.000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen (Abs. 3).
* Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 1 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort, deren/dessen Betreten oder Befahren gemäß §§ 3 und 4 untersagt ist, nicht betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 30.000 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen, zu bestrafen (Abs. 3).
* Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 2 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort nicht entgegen den in einer Verordnung gemäß §§ 3 und 4 festgelegten Personenzahlen, Zeiten, Voraussetzungen oder Auflagen betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3600 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen (Abs. 4).
* Wer als Inhaber einer Betriebsstätte oder eines Arbeitsortes, als Betreiber eines Verkehrsmittels oder als gemäß § 4 hinsichtlich bestimmter privater Orte, nicht von Abs. 2 erfasster Verpflichteter nicht dafür Sorge trägt, dass die Betriebsstätte, der Arbeitsort, das Verkehrsmittel oder der bestimmte private Ort nicht entgegen den in einer Verordnung gemäß §§ 3 und 4 festgelegten Personenzahlen, Zeiten, Voraussetzungen oder Auflagen betreten oder befahren wird, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 3600 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen (Abs. 4).
* Wer einer Verordnung gemäß § 5 ("Hausarrest") zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen (Abs. 5).
* Wer einer Verordnung gemäß § 6 ("Hausarrest") zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen (Abs. 5).
* Wer entgegen § 9 COVID-19-MG den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde, den von ihnen herangezogenen Sachverständigen oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das Betreten oder die Besichtigung, die Auskunftserteilung oder die Vorlage von Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, verwehrt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen (Abs. 6).<ref>Bestimmung geändert durch einfügen von "oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes" durch {{BGBl|I Nr. 23/2021}}.</ref>
* Wer entgegen § 9 COVID-19-MG den Organen der Bezirksverwaltungsbehörde, den von ihnen herangezogenen Sachverständigen oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes das Betreten oder die Besichtigung, die Auskunftserteilung oder die Vorlage von Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, verwehrt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von bis zu 1450 Euro, im Nichteinbringungsfall mit Freiheitsstrafe von bis zu vier Wochen, zu bestrafen (Abs. 6).<ref>Bestimmung geändert durch einfügen von "oder den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes" durch {{BGBl|I Nr. 23/2021}}.</ref>


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Ob und inwieweit Mitarbeiter von Bezirksverwaltungsbehörden auch in Gesundheitsakten und ähnliches Einsicht zu nehmen berechtigt sind, ist im COVID-19-Maßnahmengesetz nicht geregelt. Die Ermächtigung in § 9 COVID-19-Maßnahmengesetz (neu): ''in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern'', kann gegen das Recht und den Schutz persönlicher Daten verstossen. Eine Befugnisüberschreitung von Mitarbeitern von Bezirksverwaltungsbehörden ist im COVID-19-Maßnahmengesetz nicht mit Sanktionen belegt.
Ob und inwieweit Mitarbeiter von Bezirksverwaltungsbehörden auch in Gesundheitsakten und ähnliches Einsicht zu nehmen berechtigt sind, ist im COVID-19-Maßnahmengesetz nicht geregelt. Die Ermächtigung in § 9 COVID-19-Maßnahmengesetz (neu): ''in alle Unterlagen, die mit der Einhaltung von Voraussetzungen und Auflagen nach diesem Bundesgesetz im Zusammenhang stehen, Einsicht zu nehmen und Beweismittel zu sichern'', kann gegen das Recht und den Schutz persönlicher Daten verstossen. Eine Befugnisüberschreitung von Mitarbeitern von Bezirksverwaltungsbehörden ist im COVID-19-Maßnahmengesetz nicht mit Sanktionen belegt.


=== Anhörung der Corona-Kommission (§ 10) ===
=== Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 10) ===
Die zuständigen Behörden und Organe können die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes beauftragen, die Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen nach dem COVID-19-MG erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln zu erreichen. Beispielsweise durch:
# Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen,
# Maßnahmen zur Einleitung und Sicherung eines Verwaltungsstrafverfahrens und
# die Ahndung von Verwaltungsübertretungen durch Organstrafverfügungen (§ 50 VStG).
Dabei ist insbesondere der Pkt. 1 (Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen) rechtstaatlich sehr bedenklich in der Anwendung. Die ''Maßnahmen zur Vorbeugung gegen drohende Verwaltungsübertretungen'' sind in der Praxis schwierig zu handhabende Ermächtigungen an die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und können unter Umständen schwerwiegende Grundrechtseingriffe bewirken, die sowohl zum Nachteil der Betroffenen als auch der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sich auswirken. In diesem Zusammenhang hat der Gesetzgeber bei Erlassung des 3. COVID-19-Gesetzes "über das Ziel hinausgeschossen" und eine Ermächtigung erteilt, die in einem demokratischen Rechtsstaat keine Deckung findet. Da gegen Organstrafverfügungen nach § 50 Abs. 6 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kein Rechtsmittel zulässig ist, ist es überlegenswert bei einer unrechtmäßigen Verhängung einer Strafe wegen "drohender Verwaltungsübertretung", die sofortige Zahlung oder Zahlung binnen 14 Tagen zu verweigern, um diese Behauptung des Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Verwaltungsrechtsweg überprüfen zu lassen. Bei Verweigerung oder verspäteter der Zahlung der Organstrafverfügung erfolgt automatisch die Anzeige an die Bezirksverwaltungsbehörde (Magistrat) und wird der ordentliche Verwaltungsrechtsweg eingeleitet, in welchem Rechtsmittel erhoben werden können.
 
Aufgrund des überschießenden Verhaltens von Vollzugsorganen und unverhältnismäßiger Strafen gegenüber einkommensschwachen Personen, Kindern und alten Menschen sowie nicht gesetzmäßiger Verhängung von Strafen durch Bezirksverwaltungsbehörden in Österreich im Zeitraum 15. März bis Juni 2020 wurde mit 1. Juli 2020 der § 11b<ref>Zuvor  11a, § 11b seit der Verordnung {{BGBl|II Nr. 455/2020}}, 25. Oktober 2020.</ref> in die COVID-19-Lockerungsverordnung ({{BGBl|II Nr. 197/2020}}) eingefügt:<ref>Eingefügt durch {{BGBl|II Nr. 287/2020}}.</ref> Nunmehr haben ''die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes von Maßnahmen gegen Personen, die gegen eine Verhaltens- oder Unterlassungspflicht nach dieser Verordnung verstoßen, abzusehen, wenn der gesetzmäßige Zustand durch gelindere Mittel hergestellt werden kann oder diese Maßnahmen nicht verhältnismäßig wären. Die Entscheidung, ob von einer Maßnahme gemäß dem ersten Satz abzusehen ist, ist auf Grundlage der epidemiologische Gefahrensituation im Zusammenhang mit COVID-19, insbesondere anhand von den örtlich zuständigen Gesundheitsbehörden zur Verfügung gestellten Informationen, zu treffen''. Hierzu ist anzumerken, dass diese Verpflichtung bereits für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes und die Bezirksverwaltungsbehörden aus der Bundesverfassung resultiert und nicht eigens in einer Verordnung angeordnet werden müsste.
 
Gemäß § 45 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) kann auch die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens absehen und die Einstellung zu verfügen, wenn
# die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;
# der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;
# Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen;
# die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat und das Verschulden des Beschuldigten gering sind;
# die Strafverfolgung nicht möglich ist;
# die Strafverfolgung einen Aufwand verursachen würde, der gemessen an der Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und der Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat unverhältnismäßig wäre.
Anstatt die Einstellung zu verfügen, kann die Behörde dem Beschuldigten im Fall der Z 4 unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid eine Ermahnung erteilen, wenn dies geboten erscheint, um ihn von der Begehung strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten (§ 45 Abs. 1 letzter Satz VStG).
 
=== Anhörung der Corona-Kommission (§ 11) ===
Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat – außer bei Gefahr in Verzug – vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz die Corona-Kommission zu hören.
Der für das Gesundheitswesen zuständige Bundesminister hat – außer bei Gefahr in Verzug – vor Erlassung von Verordnungen nach diesem Bundesgesetz die Corona-Kommission zu hören.


=== Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates (§ 11) ===
=== Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates (§ 12) ===
Lediglich bei Verordnungen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers muss ein "''Einvernehmen''" mit dem Hauptausschuss des Nationalrates hergestellt werden, welche (Abs. 1):
Lediglich bei Verordnungen des für das Gesundheitswesen zuständigen Bundesministers muss ein "''Einvernehmen''" mit dem Hauptausschuss des Nationalrates hergestellt werden, welche (Abs. 1):
* gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird,
* gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird,
* gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten oder Befahren untersagt wird, und
* gemäß § 4 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten oder Befahren untersagt wird, und
* gemäß § 5 ("Hausarrest") erlassen werden.
* gemäß § 6 ("Hausarrest") erlassen werden.
Bei Gefahr in Verzug kann der zuständige Bundesminister ebenfalls eine Verordnung erlassen und muss erst nach vier Tagen nach Erlassung das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herstellen. Wann "''Gefahr in Verzug''" ist, wurde im COVID-19-MG nicht geregelt und entscheidet der zuständige Bundeminister nach eigenem Ermessen. Er kann also ohne weiteres, weil angeblich "''Gefahr in Verzug''" sei, über den Wohnbereich der Mitglieder des Hauptausschuss des Nationalrates eine Ausgangssperre oder über diese Hausarrest verhängen und deren Zusammentreten mit Polizeigewalt verhindern und damit seiner eigenen Verordnung dauerhafte Wirkung verleihen (also grundsätzlich in weiterer Folge im Extremfall auch ganz legal das Parlament selbst ausschalten).
Bei Gefahr in Verzug kann der zuständige Bundesminister ebenfalls eine Verordnung erlassen und muss erst nach vier Tagen nach Erlassung das Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates herstellen. Wann "''Gefahr in Verzug''" ist, wurde im COVID-19-MG nicht geregelt und entscheidet der zuständige Bundeminister nach eigenem Ermessen. Er kann also ohne weiteres, weil angeblich "''Gefahr in Verzug''" sei, über den Wohnbereich der Mitglieder des Hauptausschuss des Nationalrates eine Ausgangssperre oder über diese Hausarrest verhängen und deren Zusammentreten mit Polizeigewalt verhindern und damit seiner eigenen Verordnung dauerhafte Wirkung verleihen (also grundsätzlich in weiterer Folge im Extremfall auch ganz legal das Parlament selbst ausschalten).


In einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz und § 4 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. In einer Verordnung gemäß § 5 ("Hausarrest") ist vorzusehen, dass diese spätestens zehn Tage nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt (Abs. 3). Es ist jedoch nicht verboten, dass der zuständige Bundesminister die Geltungsdauer immer wieder weiter verlängert, so wie dies in der Vergangenheit mehrfach bereits im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise vorgenommen wurde (so auch bei diesem COVID-19-MG).
In einer Verordnung gemäß § 3 Abs. 2 letzter Satz und § 4 Abs. 2 letzter Satz, mit denen das Betreten, Befahren oder Benutzen untersagt wird, ist vorzusehen, dass diese spätestens vier Wochen nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt. In einer Verordnung gemäß § 6 ("Hausarrest") ist vorzusehen, dass diese spätestens zehn Tage nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft tritt (Abs. 3). Es ist jedoch nicht verboten, dass der zuständige Bundesminister die Geltungsdauer immer wieder weiter verlängert, so wie dies in der Vergangenheit mehrfach bereits im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise vorgenommen wurde (so auch bei diesem COVID-19-MG).


=== Inkrafttreten (§ 12) ===
=== Inkrafttreten (§ 12) ===
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