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[[File:Stams-grab-heinrich-von-kärnten.jpg|thumb|Vor dem Hauptaltar in der Stiftskirche in Stams erinnert die Grabplatte an Heinrich.]] | [[File:Stams-grab-heinrich-von-kärnten.jpg|thumb|Vor dem Hauptaltar in der Stiftskirche in Stams erinnert die Grabplatte an Heinrich.]] | ||
[[File:2016.08.18.114114 Rathaus Oberer Stadtplatz Hall in Tirol.jpg|thumb|Das Rathaus in Hall, unter Heinrich zeitweise Sitz des Tiroler Landesfürsten, wurde nach ihm das Königshaus genannt.]] | [[File:2016.08.18.114114 Rathaus Oberer Stadtplatz Hall in Tirol.jpg|thumb|Das Rathaus in Hall, unter Heinrich zeitweise Sitz des Tiroler Landesfürsten, wurde nach ihm das Königshaus genannt.]] | ||
Nach dem Tod seines Vaters trat Graf Heinrich von Görz-Tirol 1295 gemeinsam mit seinen Brüdern Ludwig und Otto dessen Nachfolge an.<ref name ="hörmann136"/> Heinrich dürfte während der gemeinsamen Herrschaft mit seinen Brüdern die Aufsicht über die Landesverwaltung des Herzogtums Kärnten gehabt haben. Dazu passt auch, dass sein damaliges Siegel nur das Kärntner Wappen zeigt.<ref name ="Hye-Kerkdal7">vgl. Franz Heinz Hye-Kerkdal: ''Geschichte der tirolisch-kärntnerischen Kanzlei'', 1965, S. 7</ref> | Nach dem Tod seines Vaters trat Graf Heinrich von Görz-Tirol 1295 gemeinsam mit seinen Brüdern Ludwig und Otto dessen Nachfolge an.<ref name ="hörmann136"/> Heinrich dürfte während der gemeinsamen Herrschaft mit seinen Brüdern die Aufsicht über die Landesverwaltung des Herzogtums Kärnten gehabt haben. Dazu passt auch, dass sein damaliges Siegel nur das Kärntner Wappen zeigt. Erst nach dem Tod seines Bruders Ludwig verwendete er ein Reitersiegel mit den Wappen von Kärnten und Tirol.<ref name ="Hye-Kerkdal7">vgl. Franz Heinz Hye-Kerkdal: ''Geschichte der tirolisch-kärntnerischen Kanzlei'', 1965, S. 7</ref> | ||
Nach dem Tod des böhmischen Königs [[w:Wenzel III. (Böhmen)|Wenzel (III.)]] erhob er, gestützt auf die Ehe mit dessen Schwester Anna, Anspruch auf die böhmische Krone. Diesen Anspruch konnte er nach einem ersten gescheiterten Versuch (ca. August - Okt. 1306<ref name ="Bobkova49">vgl. Lenka Bobková: ''Das Königspaar Johann und Elisabeth''. Die Träume von der Herrlichkeit in den Wirren der Realität. In: [[w:Michel Pauly|Michel Pauly]] (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land.'' Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 49</ref>) im Sommer 1307 durchsetzen.<ref name ="Bobkova51">vgl. Lenka Bobková: ''Das Königspaar Johann und Elisabeth''. Die Träume von der Herrlichkeit in den Wirren der Realität. In: [[w:Michel Pauly|Michel Pauly]] (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land.'' Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S.51</ref> 1307-1310 war er Herrscher des [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königsreichs Böhmen]] mit dessen Nebenländern, darunter der [[w:Markgrafschaft Mähren|Markgrafschaft Mähren]]. Außerdem führte er den Titel eines [[w:Königreich Polen|polnischen Königs]]. 1310 wurde seine Herrschaft offiziell beendet, als der [[w:römisch-deutsche König|römisch-deutsche König]] [[w:Heinrich VII. (HRR)|Heinrich VII.]] in Absprache mit den Landständen seinen eigenen Sohn Johann, der mit Elisabeth, einer weiteren Schwester von König Wenzel (III.), verheiratet wurde, mit dem böhmischen Königreich belehnte. Heinrich, der seine Absetzung zunächst nicht anerkannte, musste sich aus dem böhmischen Königreich letztlich zurückziehen<ref group="A">Zumindest geht die Geschichtsforschung bisher davon aus, dass er sich aus dem böhmischen Königreich zurückziehen musste beziehungsweise vertrieben wurde, wobei auch gewöhnlich seine Unfähigkeit als Herrscher besonders hervorgehoben wird. Eine kritische und objektive Hinterfragung dieser Sichtweise ist insofern wünschenswert, als hier vielleicht wieder einmal der Fall des Siegers vorliegt, der sich die Deutungshoheit über die Geschichte sichern konnte. Die Beschreibung der Inbesitznahme des böhmischen Königreiches durch König Johann "''den Blinden''" in "''Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land''''. Hrsg. von [[w:Michel Pauly|Michel Pauly]] ist interessanterweise keine Eroberungsgeschichte, sondern vermittelt den Eindruck, dass Johann relativ rasch die Herrschaft übernehmen konnte, da sich Heinrich zu dieser Zeit nicht mehr im böhmischen Königreich aufhielt. Hatten ihn die "Böhmen" etwa bereits vertrieben oder konnten die Luxemburger und ihre böhmischen Anhänger ausnutzen, dass Heinrichs Bruder Otto im Mai 1310 gestorben war und sich Heinrich zwecks Sicherung der Herrschaft über das [[Herzogtum Kärnten]] und die [[Grafschaft Tirol]], wo er bisher nur Mitherrscher gewesen war, nicht im Königreich aufhielt? Es wäre durchaus vorstellbar, dass Herzog Heinrich seine Entmachtung hinnehmen musste, umso wenigstens zu verhindern, dass ihm seine Ländern Kärnten und Tirol weggenommen wurden. Der spätere Kaiser [[w:Heinrich VII. (HRR)|Heinrich VII.]] befand sich durchaus in einer Machtposition, die er für eine solche Aktion hätte missbrauchen können, zudem er aufgrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Grafen von Savoyen keineswegs auf eine Route nach Italien über Tirol oder Kärnten angewiesen war Jedenfalls ist auffallend, dass die bisherige Sekundärliteratur zu Heinrich weitgehend aus Werken über die Luxemburger besteht und eine objektive Auseinandersetzung mit Heinrich noch immer aussteht.</ref>. Den Titel des böhmischen und des polnischen Königs führte er weiterhin in seiner Titulatur. | Nach dem Tod des böhmischen Königs [[w:Wenzel III. (Böhmen)|Wenzel (III.)]] erhob er, gestützt auf die Ehe mit dessen Schwester Anna, Anspruch auf die böhmische Krone. Diesen Anspruch konnte er nach einem ersten gescheiterten Versuch (ca. August - Okt. 1306<ref name ="Bobkova49">vgl. Lenka Bobková: ''Das Königspaar Johann und Elisabeth''. Die Träume von der Herrlichkeit in den Wirren der Realität. In: [[w:Michel Pauly|Michel Pauly]] (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land.'' Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S. 49</ref>) im Sommer 1307 durchsetzen.<ref name ="Bobkova51">vgl. Lenka Bobková: ''Das Königspaar Johann und Elisabeth''. Die Träume von der Herrlichkeit in den Wirren der Realität. In: [[w:Michel Pauly|Michel Pauly]] (Hrsg.): Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land.'' Die Ehe von Johann dem Blinden und Elisabeth von Böhmen in vergleichender europäischer Perspektive. Colloque international organisé par le musée d’histoire de la ville de Luxembourg et l’université du Luxembourg les 30 septembre et 1er octobre 2010 à Luxembourg (= Publications du CLUDEM, 38). Cludem, Luxemburg, 2013. ISBN 2-919979-28-0. S.51</ref> 1307-1310 war er Herrscher des [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königsreichs Böhmen]] mit dessen Nebenländern, darunter der [[w:Markgrafschaft Mähren|Markgrafschaft Mähren]]. Außerdem führte er den Titel eines [[w:Königreich Polen|polnischen Königs]]. 1310 wurde seine Herrschaft offiziell beendet, als der [[w:römisch-deutsche König|römisch-deutsche König]] [[w:Heinrich VII. (HRR)|Heinrich VII.]] in Absprache mit den Landständen seinen eigenen Sohn Johann, der mit Elisabeth, einer weiteren Schwester von König Wenzel (III.), verheiratet wurde, mit dem böhmischen Königreich belehnte. Heinrich, der seine Absetzung zunächst nicht anerkannte, musste sich aus dem böhmischen Königreich letztlich zurückziehen<ref group="A">Zumindest geht die Geschichtsforschung bisher davon aus, dass er sich aus dem böhmischen Königreich zurückziehen musste beziehungsweise vertrieben wurde, wobei auch gewöhnlich seine Unfähigkeit als Herrscher besonders hervorgehoben wird. Eine kritische und objektive Hinterfragung dieser Sichtweise ist insofern wünschenswert, als hier vielleicht wieder einmal der Fall des Siegers vorliegt, der sich die Deutungshoheit über die Geschichte sichern konnte. Die Beschreibung der Inbesitznahme des böhmischen Königreiches durch König Johann "''den Blinden''" in "''Die Erbtochter, der fremde Fürst und das Land''''. Hrsg. von [[w:Michel Pauly|Michel Pauly]] ist interessanterweise keine Eroberungsgeschichte, sondern vermittelt den Eindruck, dass Johann relativ rasch die Herrschaft übernehmen konnte, da sich Heinrich zu dieser Zeit nicht mehr im böhmischen Königreich aufhielt. Hatten ihn die "Böhmen" etwa bereits vertrieben oder konnten die Luxemburger und ihre böhmischen Anhänger ausnutzen, dass Heinrichs Bruder Otto im Mai 1310 gestorben war und sich Heinrich zwecks Sicherung der Herrschaft über das [[Herzogtum Kärnten]] und die [[Grafschaft Tirol]], wo er bisher nur Mitherrscher gewesen war, nicht im Königreich aufhielt? Es wäre durchaus vorstellbar, dass Herzog Heinrich seine Entmachtung hinnehmen musste, umso wenigstens zu verhindern, dass ihm seine Ländern Kärnten und Tirol weggenommen wurden. Der spätere Kaiser [[w:Heinrich VII. (HRR)|Heinrich VII.]] befand sich durchaus in einer Machtposition, die er für eine solche Aktion hätte missbrauchen können, zudem er aufgrund seiner verwandtschaftlichen Beziehungen zu den Grafen von Savoyen keineswegs auf eine Route nach Italien über Tirol oder Kärnten angewiesen war Jedenfalls ist auffallend, dass die bisherige Sekundärliteratur zu Heinrich weitgehend aus Werken über die Luxemburger besteht und eine objektive Auseinandersetzung mit Heinrich noch immer aussteht.</ref>. Den Titel des böhmischen und des polnischen Königs führte er weiterhin in seiner Titulatur. |
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