Jüdische Gemeinde Oberwart: Unterschied zwischen den Versionen

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Der Streit zwischen beiden Gemeinden war damit aber nicht beendet sondern wurde nun unter Einschaltung der Behörden weiter verschärft. 1927 erließ die [[w:Bezirkshauptmannschaft|Bezirkshauptmannschaft]] einen Bescheid mit dem die bisherige Filialgemeinde Oberwart zu einer selbständigen Kultusgemeinde umgewandelt wurde. Im August 1929 erfolgte von Behördenseite die Auflösung der Schlaininger Kultusgemeinde, während Oberwart schließlich am 23. Mai 1930 offiziell von der Bezirkshauptmannschaft zur Israelitische Kultusgemeinde Oberwart/Felsöör erhoben wurde. Die Oberwarter Gemeinde war nun auch für die jüdischen Bewohner von [[Markt Allhau]], Bad Tatzmannsdorf, [[Bernstein (Burgenland)|Bernstein]], Großpetersdorf, [[Kohfidisch]], [[Oberschützen]], Pinkafeld, [[Rotenturm an der Pinka]], Schlaining sowie zeitweise auch [[Rechnitz]] zuständig.<ref name="mindler3536">Ursula Mindler: ''Die jüdische Gemeinde von Oberwart/Felsöör'', edition lex liszt, Oberwart 2013, Seite 35 und 36</ref>
Der Streit zwischen beiden Gemeinden war damit aber nicht beendet sondern wurde nun unter Einschaltung der Behörden weiter verschärft. 1927 erließ die [[w:Bezirkshauptmannschaft|Bezirkshauptmannschaft]] einen Bescheid mit dem die bisherige Filialgemeinde Oberwart zu einer selbständigen Kultusgemeinde umgewandelt wurde. Im August 1929 erfolgte von Behördenseite die Auflösung der Schlaininger Kultusgemeinde, während Oberwart schließlich am 23. Mai 1930 offiziell von der Bezirkshauptmannschaft zur Israelitische Kultusgemeinde Oberwart/Felsöör erhoben wurde. Die Oberwarter Gemeinde war nun auch für die jüdischen Bewohner von [[Markt Allhau]], Bad Tatzmannsdorf, [[Bernstein (Burgenland)|Bernstein]], Großpetersdorf, [[Kohfidisch]], [[Oberschützen]], Pinkafeld, [[Rotenturm an der Pinka]], Schlaining sowie zeitweise auch [[Rechnitz]] zuständig.<ref name="mindler3536">Ursula Mindler: ''Die jüdische Gemeinde von Oberwart/Felsöör'', edition lex liszt, Oberwart 2013, Seite 35 und 36</ref>
== Opferbilanz des Holocausts ==
=== Allgemeine Informationen ===
[[File:Deportation der österreichischen Juden Wien 1942.jpg|mini|Deportation österreichischer Juden aus Wien.]]
Die [[Burgenländische Forschungsgesellschaft|Burgenländische Forschungsgesellschaft]] hat aus verschiedenen Quellen Daten über die burgenländischen Opfer des [[w:Holocaust|Holocausts]] ermittelt und mit diesen Informationen eine Datenbank erstellt.<ref name="forschungsgesellschaft">[http://www.forschungsgesellschaft.at/emigration/database/db_result_d.htm Die burgenländisch-jüdischen Opfer der NS-Zeit], Webseite www.forschungsgesellschaft.at, abgerufen am 6. Februar 2015</ref>
Es ist allerdings zu befürchten, dass die Zahl der Opfer mindestens doppelt so hoch war, wie von der Burgenländischen Forschungsgesellschaft angegeben. In der zentralen Datenbank von [[w:Yad Vashem|Yad Vashem]] finden sich insgesamt 199 Einträge mit Bezug auf Kobersdorf.<ref>[http://db.yadvashem.org/names/search.html?language=de Yad Vashem - Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer], Webseite db.yadvashem.org, abgerufen am 6. Februar 2015</ref> Viele dieser Einträge sind durch ''Gedenkblätter'' dokumentiert. Diese sind  aufgrund von Meldungen überlebender Angehöriger an die jüdische Dokumentationsstätte entstanden, während sich die österreichischen Datenbestände an erhalten gebliebenen Dokumenten der nationalsozialistischen Dienststellen orientieren und somit vermutlich nicht das ganze Ausmass des [[w:Genozid|Genozids]] erfassen. Trotzdem lassen sich auch auf Basis der österreichischen Daten wichtige Rückschlüsse auf den Ablauf des Holocausts ziehen.
In der Datenbank der Burgenländischen Forschungsgesellschaft findet man unter anderem folgende Informationen:<ref>[http://www.forschungsgesellschaft.at/emigration/database/odb_d.php Burgenländische Forschungsgesellschaft: Opferdatenbank] abgerufen am 12. Februar 2015</ref>
* Die Datenbank enthält Informationen über 88 Personen, welche einen Bezug zu Kobersdorf haben. Dieser Bezug bestand entweder durch die Geburt in diesem Ort oder einen Zweitwohnsitz oder dem Besitz von Immobilien.
* 78 dieser Personen waren gebürtige Kobersdorfer. Wie viele von ihnen 1938 direkt aus Kobersdorf vertrieben wurden, lässt sich nicht ermitteln.
* Die Datenbank umfasst die Namen von 38 Männern und 49 Frauen, von einer Person ist das Geschlecht nicht ersichtlich.
* Eine Person fiel dem [[w:Aktion T4|Euthanasieprogramm]] der Nationalsozialisten zum Opfer und wurde in [[w:Schloss Hartheim|Schloss Hartheim]] umgebracht.
* Etwa 60 Prozent der Personen waren älter als 60 Jahre, weniger als 10 Prozent waren jünger als 20 Jahre. Dies könnte daraufhin deuten, dass die jüngeren Juden die Flucht in Länder wie den [[w:USA|USA]] oder [[w:Völkerbundsmandat für Palästina|Palästina]] wagten, während die älteren Menschen zurückblieben. Das älteste Opfer war Leni Schlosser, die [[1854]] in Kobersdorf zur Welt kam, und am 30. August [[1942]] im [[w:KZ Theresienstadt|KZ Theresienstadt]] im Alter von 88 Jahren verstarb.
* Bei 65 Menschen wurde eine Wiener Adresse als letzte bekannte Adresse angegeben. Die meisten dieser Adressen befinden sich im 2. Bezirk ([[w:Leopoldstadt|Leopoldstadt]]). Damit ist auch in dieser Hinsicht die Vertreibung der Juden aus Kobersdorf belegt, die 1938 ihren Wohnort verlassen mussten und in Wien auf die Wohltätigkeit ihrer Glaubensbrüder angewiesen waren.
* Aus den Daten lässt sich auch die Perfektionierung der Methoden des Völkermordes durch die Nationalsozialisten herauslesen. Während die ersten Deportationen 1939 noch in der Absicht erfolgten,  Lager im besetzten Teil von Polen durch Juden errichten zu lassen, kam es im Jahr 1941 zur  nächsten Steigerung im perfiden Mordplan der Nazis. Nun waren die Ghettos des Osten das Ziel der Transportzüge. Über das weitere Schicksal der Menschen in diesen Ghettos finden sich in der Datenbank keine Informationen.
* Viele der alten Menschen wurde zuerst in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert und von dort Monate später in die Vernichtungslager.
* Den Daten kann auch entnommen werden, dass einige Kobersdorfer Juden von Wien in den Westen flüchten konnten. Aufgrund der militärischen Erfolge der Deutschen wurden aber auch sie Opfer der Holocausts. Diese Menschen landeten zuerst in Sammellagern in den betreffenden Ländern und wurden dann nach Auschwitz deportiert, wo sie entweder sofort umgebracht wurden oder als Arbeitssklaven noch eine Galgenfrist eingeräumt bekamen. 
Die folgende Tabelle zeigt die Anzahl der Kobersdorfer Opfer, die im jeweiligen Jahrzehnt geboren wurden. Auffällig ist der hohe Anteil alter Menschen. Dies könnte daraufhin deuten, dass es den jüngeren Juden gelungen war, sich in Länder wie die USA oder Palästina abzusetzen, während die gebrechlichen Menschen diese Strapazen nicht mehr auf sich nehmen wollten oder konnten.
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! Zeitraum
! Personen
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=== Informationen zu den Deportationen ===
[[File:Binnenplaats kazerne dossin.jpg|mini|Das belgische Sammellager Mechelen/Malines, die Dossin-Kaserne, war für mehrere Kobersdorf Juden der Ausgangspunkt ihrer Deportation in das KZ Auschwitz.]]
Aus den Daten der Opferdatenbank wurde nachfolgende Übersichtstabelle erstellt, welche darstellt, von wo aus die Transporte starteten (= Spaltenüberschrift) und wohin sie gingen (Bezeichnung der Zeile).
Die Daten zeigen folgende Informationen über die unterschiedlichen Deportationswege und Phasen des Völkermordes:
* Am 20. und 27. Oktober 1939 wurden drei Kobersdorfer Juden in Transportzügen nach [[w:Nisko|Nisko]] deportiert, um dort ein Barackenlager zu errichten. Diese [[w:Nisko-Plan|Nisko-Plan]] genannte Phase war trotz ihres Scheiterns für den späteren Organisator des Holocausts, [[w:Adolf Eichmann|Adolf Eichmann]], ein weiterer Schritt hin zum [[w:Völkermord|Völkermord]]. 
* Im Frühjahr 1941 trat die Vernichtung der Juden in eine neue Phase ein, indem es zur Einrichtung von [[w:Holocaust#Ghettoisierung|Ghettos]] im eroberten Polen, dem sogenannten [[w:Generalgouvernement|Generalgouvernement]], kam. Dies lässt sich auch in der Opferdatenbank nachvollziehen, denn am 18. Februar wurden drei Kobersdorfer Juden in das [[w:Ghetto Kielce|Ghetto Kielce]] deportiert, acht weitere Anfang März nach [[w:Modliborzyce|Modliborzyce]] und [[w:Łagów (Powiat Świebodziński)|Lagow]].
* Nach dem Angriff auf die Sowjetunion wurden ab Sommer 1941 auch Ghettos in den eroberten Gebieten eingerichtet. Es folgten weitere Transporte Kobersdorfer Juden in das [[w:Ghetto Litzmannstadt|Ghetto Litzmannstadt/Lodz]] sowie in Ghettos im besetzten Teil der Sowjetunion wie zum Beispiel jenes von [[w:Ghetto Riga|Riga]]. Eine 80-jährige und eine 63-jährige ehemalige jüdische Bewohnerin von Kobersdorf wurden im November 1941 unmittelbar nach ihrer Deportation nach [[w:KZ Kauen|Kowno]] ermordet. Der Holocaust hatte eine weitere Stufe des Wahnsinns erreicht.
* Am 20. Jänner [[1942]] trafen sich in Berlin hochrangige Vertreter des nationalsozialistischen Staates zur [[w:Wannseekonferenz|Wannseekonferenz]], wo unter anderem bestimmt wurde, das Konzentrationslager Theresienstadt als [[w:KZ Theresienstadt#„Altersghetto“ für ausgesuchte deutsche Juden|Altersghetto]] einzurichten. Im Laufe des Jahres wurden 19 ehemalige ältere jüdische Bewohner von Kobersdorf dorthin verlegt, wobei sechs von ihnen im Laufe den nächsten Monate verstarben. Sieben dieser Personen überstellte man in das [[w:Vernichtungslager Treblinka|Vernichtungslager Treblinka]], wo sie nach ihrer Ankunft ermordet wurden. Die noch lebenden Kobersdorfer Juden wurden 1943 bzw. 1944 von Theresienstadt nach [[w:KZ Auschwitz|Auschwitz]] überstellt, wo auch sie zu Tode kamen.
* Weitere Deportationszüge brachten ehemalige Kobersdorfer Bewohner 1942 in das [[w:Vernichtungslager Maly Trostinez|Vernichtungslager Maly Trostinez]] (sechs Personen), ins [[w:Ghetto Izbica|Ghetto Izbica]] (zwei Personen) und nach Auschwitz (13 Personen). Die meisten dieser nach Auschwitz deportierten Kobersdorfer Juden hatten 1938 die Flucht aus Wien in den Westen geschafft. Durch den siegreichen [[w:Westfeldzug|Westfeldzug]] der [[w:Wehrmacht|Wehrmacht]] [[1940]] wurden sie aber von der Mordmaschinerie der Nationalsozialisten wieder eingeholt und je nach Aufenthaltsort über das [[w:Sammellager Drancy|französische Sammellager Drancy]], das [[w:SS-Sammellager_Mechelen|belgischen Sammellager Mechelen/Malines]] oder das [[w:Durchgangslager Westerbork|niederländischen Durchgangslager Westerbork]] nach Auschwitz deportiert.
* In den Jahren 1943 und 1944 wurden nur noch einzelne in den Westen geflüchtete Kobersdorfer Juden aus Belgien und Frankreich nach Auschwitz deportiert. Wien war zu diesem Zeitpunkt schon weitgehend ''judenfrei'', wie der gebürtige Burgenländer [[w:Alois Brunner|Alois Brunner]], ein Scherge von Adolf Eichmann, es bereits im Oktober 1942 vermeldet hatte. 
 
Bei der nachfolgenden Tabelle zeigt den Startpunkt der Deportation (= Spaltenüberschrift) und das Ziel (Bezeichnung der Zeile). Theresienstadt ist sowohl Ziel als auch Ausgangspunkt einer Deportation (=Überstellung). So wurden zum Beispiel drei Personen von Wien in das Lager Nisko deportiert. Das Lager Malines war für sieben Personen der Ausgangspunkt für die Deportation nach Auschwitz.
Über das weitere Schicksal der Menschen, welche in die Ghettos deportiert wurden, gibt es in der Datenbank keine Informationen.
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|- class="hintergrundfarbe5"
|+
! Ziel
! Wien
! Drancy
! Lyon
! Malines
! Sopron
! Westbork
! Zilina
! Theresienstadt
! Summe
|-
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|-
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|
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|
|
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|-
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|
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|
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|
|
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|-
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|
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|
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|
|
|
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|-
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== Jüdische Spuren in Oberwart ==
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