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{{Zitat|Es spinnt sich eine Konversation über die Verhältnisse von einst an, soweit sie auf den greisen Hausherrn durch mündliche Überlieferung überkommen ist, wird aber plötzlich unterbrochen, weil ein lange ersehnter Brief des geliebten jüngsten Kindes soeben einlangte. Aus [[w:Haifa|Haifa]]! Wie das nahe [[Jüdische Gemeinde Lackenbach|Lackenbach]] hat auch Kobersdorf seinen ersten Chaluz (Anmerkung: Hebräisch für "Der Pionier") für [[w:Eretz Israel|Erez Israel]] beigestellt und seine Gattin, eine junge Ödenburger [[w:Zionismus|Zionistin]], hat ihn dorthin begleitet. Ein froher Brief. Sie schreiben von der herrlichen [[w:Bucht von Haifa|Bucht von Akko]] und berichten nachhause von den jüdischen Bauern im Emek. Der alte Mann ist beglückt. Anders als in anderen der sieben Gemeinden wirkt hier der Geist der Vergangenheit zionsfreundlich. Denn von Kobersdorf ist vor vielen Jahren [[w:Rabbi|Rabbi]] [[Abraham Zwebner]] nach Palästina gezogen. Seine Erinnerung wird in hohen Ehren gehalten und er hat sich in Kobersdorf mit der von ihm vor seiner Übersiedling nach Erez Israel erbauten Synagoge ein Denkmal gesetzt.}} | {{Zitat|Es spinnt sich eine Konversation über die Verhältnisse von einst an, soweit sie auf den greisen Hausherrn durch mündliche Überlieferung überkommen ist, wird aber plötzlich unterbrochen, weil ein lange ersehnter Brief des geliebten jüngsten Kindes soeben einlangte. Aus [[w:Haifa|Haifa]]! Wie das nahe [[Jüdische Gemeinde Lackenbach|Lackenbach]] hat auch Kobersdorf seinen ersten Chaluz (Anmerkung: Hebräisch für "Der Pionier") für [[w:Eretz Israel|Erez Israel]] beigestellt und seine Gattin, eine junge Ödenburger [[w:Zionismus|Zionistin]], hat ihn dorthin begleitet. Ein froher Brief. Sie schreiben von der herrlichen [[w:Bucht von Haifa|Bucht von Akko]] und berichten nachhause von den jüdischen Bauern im Emek. Der alte Mann ist beglückt. Anders als in anderen der sieben Gemeinden wirkt hier der Geist der Vergangenheit zionsfreundlich. Denn von Kobersdorf ist vor vielen Jahren [[w:Rabbi|Rabbi]] [[Abraham Zwebner]] nach Palästina gezogen. Seine Erinnerung wird in hohen Ehren gehalten und er hat sich in Kobersdorf mit der von ihm vor seiner Übersiedling nach Erez Israel erbauten Synagoge ein Denkmal gesetzt.}} | ||
{{Zitat|Als jüngst der gestrenge Rabbi von [[Deutschkreutz]] ([[Jüdische Gemeinde Deutschkreutz|Zelem]]) in Kobersdorf weilte, stellt er entrüstet aus, das Gitter der Frauenabteilung in der neuen Schul' sei nicht undurchsichtig genug und forderte die Balbattim (Anmerkung: Hausbesitzer) auf, ein so dichtes Drahtnetz anzubringen, wie es in Zelem die Frauen vor den Blicken der Männer einwandfrei bewahre. Er kam bei den Kobersdorfer nicht gut an. Sie meinten, wenn dieses Holzgitter ihrem großen Rabbi Abraham Zewbner genügt habe, der in palästinensischer Erde begraben ist, so sei die Absonderung der Frauengalerie durch ein Drahtnetz bestimmt nicht erforderlich. Sie sind einfache Leute, die Kobersdorfer. Eine Khille "prosterer" Juden, meist Viehhändler und [[w:Hausierer|Hausierer]], die tagsüber auswärts sind oder gar erst vor Sabbateingang (Anmerkung: Freitagabend) nach Hause kommen und wenig Zeit, auch nicht besondere Neigung zum "Lernen" haben. Sie sind fromm und treu, aber lassen sich durch noch frömmere oder gar fanatische von auswärts nicht [[w:Bockshorn (Redensart)|ins Bockshorn jagen]]. So wird denn vermutlich die Drohung des Zelemer Rebben, nie wieder nach Kobersdorf zu kommen, wenn man nicht das Holzgitter der Frauenschul' durch ein dichtmaschiges Drahtsieb verstärkt, von ihm erfüllt werden müssen. Die Kobersdorfer dürften kaum die gewünschte Änderung in ihrer Synagoge vornehmen, so sehr sie sich auch sonst um jüdische Gäste, insbesondere um Sommergäste bemühen. Das rühmliche Kobersdorfer Sauerwasser, die herrliche würzige Waldluft, die weiten Spaziergänge in die Berge locken nämlich zahlreiche Sommerfrischler hierher, die Bauernhäuser und die jüdischen Wirtsleute sind auf sie eingerichtet, Kobersdorf ist der Kurort unter den "Schewe Khilles". Vom Kranz der Judenhäuschen rings um die alte Burg - die Kobersdorfer tragen den Spitznamen die "Einseitigen", weil die Judengasse einzeilig ist - zweigen strahlenförmig Gässchen ab, ordentlich zweizeilige, die früher zum Judenstädtle gehörten. Der Spitzname, hat also nicht allzulange seine Berechtigung, ist erst begründet, seitdem sich die Khille so ziemlich auf den Häuserbogen am Fuße des alten Schlosses beschränkt. Weit erstreckte sich einst der Bezirk der Gassen und Gässchen, die Kehilla hatte wohl damals den zehnfachen Umfang. Man entnimmt ihn schon aus dem Standort der Erew-Stangen, die freilich auch deshalb weit ins Bauerndorf hinausgerückt wurden, um am Sabbat das Zutragen des köstlichen Wassers vom Saubrunnen zu ermöglichen.}} | {{Zitat|Als jüngst der gestrenge Rabbi von [[Deutschkreutz]] ([[Jüdische Gemeinde Deutschkreutz|Zelem]]) in Kobersdorf weilte, stellt er entrüstet aus, das Gitter der Frauenabteilung in der neuen Schul' sei nicht undurchsichtig genug und forderte die Balbattim (Anmerkung: Hausbesitzer) auf, ein so dichtes Drahtnetz anzubringen, wie es in Zelem die Frauen vor den Blicken der Männer einwandfrei bewahre. Er kam bei den Kobersdorfer nicht gut an. Sie meinten, wenn dieses Holzgitter ihrem großen Rabbi Abraham Zewbner genügt habe, der in palästinensischer Erde begraben ist, so sei die Absonderung der Frauengalerie durch ein Drahtnetz bestimmt nicht erforderlich. Sie sind einfache Leute, die Kobersdorfer. Eine Khille "prosterer" Juden, meist Viehhändler und [[w:Hausierer|Hausierer]], die tagsüber auswärts sind oder gar erst vor Sabbateingang (Anmerkung: Freitagabend) nach Hause kommen und wenig Zeit, auch nicht besondere Neigung zum "Lernen" haben. Sie sind fromm und treu, aber lassen sich durch noch frömmere oder gar fanatische von auswärts nicht [[w:Bockshorn (Redensart)|ins Bockshorn jagen]]. So wird denn vermutlich die Drohung des Zelemer Rebben, nie wieder nach Kobersdorf zu kommen, wenn man nicht das Holzgitter der Frauenschul' durch ein dichtmaschiges Drahtsieb verstärkt, von ihm erfüllt werden müssen. Die Kobersdorfer dürften kaum die gewünschte Änderung in ihrer Synagoge vornehmen, so sehr sie sich auch sonst um jüdische Gäste, insbesondere um Sommergäste bemühen. Das rühmliche Kobersdorfer Sauerwasser, die herrliche würzige Waldluft, die weiten Spaziergänge in die Berge locken nämlich zahlreiche Sommerfrischler hierher, die Bauernhäuser und die jüdischen Wirtsleute sind auf sie eingerichtet, Kobersdorf ist der Kurort unter den "Schewe Khilles". Vom Kranz der Judenhäuschen rings um die alte Burg - die Kobersdorfer tragen den Spitznamen die "Einseitigen", weil die Judengasse einzeilig ist - zweigen strahlenförmig Gässchen ab, ordentlich zweizeilige, die früher zum Judenstädtle gehörten. Der Spitzname, hat also nicht allzulange seine Berechtigung, ist erst begründet, seitdem sich die Khille so ziemlich auf den Häuserbogen am Fuße des alten Schlosses beschränkt. Weit erstreckte sich einst der Bezirk der Gassen und Gässchen, die Kehilla hatte wohl damals den zehnfachen Umfang. Man entnimmt ihn schon aus dem Standort der Erew-Stangen, die freilich auch deshalb weit ins Bauerndorf hinausgerückt wurden, um am Sabbat das Zutragen des köstlichen Wassers vom Saubrunnen zu ermöglichen.}} | ||
{{Zitat|Zerrissen, verschüttet alle Verbindungen mit der Vergangenheit auch hier. Wie alt die Judengemeinde ist, geht aus dem Judenschutzbrief [[w:Ferdinand I. (Österreich)|Ferdinand I.]] vom Jahre [[1829]] hervor. Dort werden die Privilegien einiger Gemeinden, darunter auch die von "Kobelsdorf" erneuert, die sie seit [[Kaiser Friedrich III.]] und [[ | {{Zitat|Zerrissen, verschüttet alle Verbindungen mit der Vergangenheit auch hier. Wie alt die Judengemeinde ist, geht aus dem Judenschutzbrief [[w:Ferdinand I. (Österreich)|Ferdinand I.]] vom Jahre [[1829]] hervor. Dort werden die Privilegien einiger Gemeinden, darunter auch die von "Kobelsdorf" erneuert, die sie seit [[Kaiser Friedrich III.]] und [[Kaiser Maximilian I.]] besaßen. Noch ist ein Teil der alten Synagoge erhalten, die einstige Frauenabteilung, in der jetzt die Kobersdorfer jüdische Elementarschule untergebracht ist. Und im Volksmund spricht man noch vom "Oberanger" ohne auch zu wissen, wo sich dieser alte Judenfriedhof befand.}} | ||
{{Zitat|Aber ich danke dem Zufall, der mich meine Fahrt durch die jüdischen Siedlungen des Burgenlandes in Eisenstadt der einstige "Metropole" der sieben Gemeinden beginnen und hier enden ließ, auf diesem überraschend eigenartigen Flecken Erde, diesem Waldidyll der winzigen Judenhäusl, die sich aus drohenden, feindlichen Fernen hieher geflüchtet zu haben scheinen, rund um die mächtige sichere Rittersburg. Ich kam nicht als Forscher, wollte nichts, als sehen und hören, mitteilen, was Auge und Ohr aufnehmen. Und anregen, dieses Phänomen, der uralten Judensiedlungen ganz nahe von Wien, nicht unbeachtet zu lassen.}} | {{Zitat|Aber ich danke dem Zufall, der mich meine Fahrt durch die jüdischen Siedlungen des Burgenlandes in Eisenstadt der einstige "Metropole" der sieben Gemeinden beginnen und hier enden ließ, auf diesem überraschend eigenartigen Flecken Erde, diesem Waldidyll der winzigen Judenhäusl, die sich aus drohenden, feindlichen Fernen hieher geflüchtet zu haben scheinen, rund um die mächtige sichere Rittersburg. Ich kam nicht als Forscher, wollte nichts, als sehen und hören, mitteilen, was Auge und Ohr aufnehmen. Und anregen, dieses Phänomen, der uralten Judensiedlungen ganz nahe von Wien, nicht unbeachtet zu lassen.}} | ||
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