Kaisersteinbruch: Unterschied zwischen den Versionen

Zur Navigation springen Zur Suche springen
keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 26: Zeile 26:
|Wahljahr          =  
|Wahljahr          =  
}}
}}
[[Bild:Festorazzo_Kaisersteinbruch.jpg|thumb|500px|Kaisersteinbruch - Gemälde von Theodor Festorazzo (1800-1862) Original im Stift Heiligenkreuz]]


'''Kaisersteinbruch''' (ungarisch: Császárkőbánya) ist  ein Ortsteil der Großgemeinde [[Bruckneudorf]]. Die an den waldreichen, nordwestlichen Hängen des Leithagebirges errichtete Siedlung war vom harten [[Kalkstein]] bestimmt. Mitte des 16. Jahrhunderts berief der Kaiser [[Magistri Comacini|italienische Steinmetzen, Bildhauer]], die in diesen Steinbrüchen arbeiteten. Es entstand ein Zentrum der hohen [[Steinmetz]]kunst, eine einzigartige [[Künstlerkolonie]]. In der Ära des Architekten [[Johann Bernhard Fischer von Erlach]] vollzog sich im Steinbruch die Ablöse vom italienischen zum deutschen Steinmetzen hin. Mit [[Elias Hügel]] erreichte Kaisersteinbruch seinen künstlerischen Höhepunkt.
'''Kaisersteinbruch''' (ungarisch: Császárkőbánya) ist  ein Ortsteil der Großgemeinde [[Bruckneudorf]]. Die an den waldreichen, nordwestlichen Hängen des Leithagebirges errichtete Siedlung war vom harten [[Kalkstein]] bestimmt. Mitte des 16. Jahrhunderts berief der Kaiser [[Magistri Comacini|italienische Steinmetzen, Bildhauer]], die in diesen Steinbrüchen arbeiteten. Es entstand ein Zentrum der hohen [[Steinmetz]]kunst, eine einzigartige [[Künstlerkolonie]]. In der Ära des Architekten [[Johann Bernhard Fischer von Erlach]] vollzog sich im Steinbruch die Ablöse vom italienischen zum deutschen Steinmetzen hin. Mit [[Elias Hügel]] erreichte Kaisersteinbruch seinen künstlerischen Höhepunkt.


== Geschichte==
== Geschichte==
Vor 15 Millionen Jahren können wir uns eine [[Meeresbrandung]] vorstellen: Im Blauen Bruch von Kaisersteinbruch finden sich im Küstengestein des heutigen [[Leithagebirge]]s u.a. von der seinerzeitigen Brandung des warmen Meeres eingespülte Knochen und Zähne, die Rückschlüsse auf die damals lebenden [[Meerestiere]] erlauben. Hier existierten Haie, Seekühe, Tintenfische, Zahn- und Bartenwale, Seehunde, Meeresschildkröten ... An Land stellten Palmen, Wasserfichten, Wasserulmen, Kieferngewächse, Sumpfzypressengewächse und Platanen die [[Flora]] dar, in welcher sich Affen, Krokodile, Tapire, Nashörner und Landschildkröten bewegten.
Vor 15 Millionen Jahren können wir uns eine [[Meeresbrandung]] vorstellen: Im Blauen Bruch von Kaisersteinbruch finden sich im Küstengestein des heutigen [[Leithagebirge]]s u.a. von der seinerzeitigen Brandung des warmen Meeres eingespülte Knochen und Zähne, die Rückschlüsse auf die damals lebenden [[Meerestiere]] erlauben. Hier existierten Haie, Seekühe, Tintenfische, Zahn- und Bartenwale, Seehunde, Meeresschildkröten ... An Land stellten Palmen, Wasserfichten, Wasserulmen, Kieferngewächse, Sumpfzypressengewächse und Platanen die [[Flora]] dar, in welcher sich Affen, Krokodile, Tapire, Nashörner und Landschildkröten bewegten.


Eine Pfeilspitze in einem Pferdewirbel, gefunden in einer Höhle des Blauen Bruches - ist Beweis für die ältesten schweren [[Hauspferd]]e - erzählt von ersten Besiedlungsspuren um [[Eisenzeit|800-700 v. Chr.]]  
Eine Pfeilspitze in einem Pferdewirbel, gefunden in einer Höhle des Blauen Bruches - ist Beweis für die ältesten schweren [[Hauspferd]]e - erzählt von ersten Besiedlungsspuren um [[Eisenzeit|800-700 v. Chr.]]  
Zeile 39: Zeile 38:
Um 800 wurde quer durch die römischen Grundmauern ein mit Eckturm und Verschanzungen befestigter [[Königshof]] angelegt, wie er den [[Karolinger|Kaisern der Karolingerzeit]], die noch über keine feste Residenz verfügten, bei ihren Reisen im Reiche als Quartier und Verpflegungsstätte diente. Später ging das Gebiet in den Besitz der [[Liste der ungarischen Herrscher|ungarischen Könige]] über. König Emmerich (Imre) schenkte es 1203 den [[Stift Heiligenkreuz|Zisterziensern von Heiligenkreuz]]. Da das Kloster durch königliche und private [[Stiftung|Testierungen]] in Ungarn reicher begütert war als in Österreich, erwog es 1206-1209 eine Transferierung nach Westungarn. Es wurde mit dem Bau einer großangelegten Kirche im Gelände des Königshofes begonnen, doch blieb die Anlage unvollendet.  
Um 800 wurde quer durch die römischen Grundmauern ein mit Eckturm und Verschanzungen befestigter [[Königshof]] angelegt, wie er den [[Karolinger|Kaisern der Karolingerzeit]], die noch über keine feste Residenz verfügten, bei ihren Reisen im Reiche als Quartier und Verpflegungsstätte diente. Später ging das Gebiet in den Besitz der [[Liste der ungarischen Herrscher|ungarischen Könige]] über. König Emmerich (Imre) schenkte es 1203 den [[Stift Heiligenkreuz|Zisterziensern von Heiligenkreuz]]. Da das Kloster durch königliche und private [[Stiftung|Testierungen]] in Ungarn reicher begütert war als in Österreich, erwog es 1206-1209 eine Transferierung nach Westungarn. Es wurde mit dem Bau einer großangelegten Kirche im Gelände des Königshofes begonnen, doch blieb die Anlage unvollendet.  


[[Bild:Tempel-Kai.jpg|thumb|400px|Detailansicht obigen Bildes mit dem griechischen Tempel von Kaisersteinbruch]]
[[Bild:Festorazzo_Kaisersteinbruch.jpg|thumb|340px|Kaisersteinbruch - Gemälde von Theodor Festorazzo (1800-1862) Original im Stift Heiligenkreuz]]
[[Bild:Tempel-Kai.jpg|thumb|340px|Detailansicht obigen Bildes mit dem griechischen Tempel von Kaisersteinbruch]]


Am 13. Juni 1576 wurde ''der neue Steinbruch am Leythaberg'' erstmals urkundlich erwähnt, 1617 erhielt die [[Bruderschaft]] der Kaisersteinbrucher Meister den Status einer [[Viertellade]], die der Hauptlade in [[Wiener Neustadt]] zugeordnet war. Das kaiserliche Privileg der  [[Handwerksordnung]] regelte das Zusammenleben. Vor allem die regelmäßig stattfindenden [[Zunfttruhe|Zusammenkünfte]] waren ein Ärgernis für die Herrschaft, das Stift Heiligenkreuz. Denn - diese [[Magistri Comacini|italienischen Meister]] waren einzig dem [[Römisch-deutscher Kaiser|Römischen Kaiser]] untertan. Der so genannte ''Adlerstreit'' um die Anbringung des Kaiseradlers im Ort gipfelte 1652 bei der Kirchweihe. Eine vom Abt eingesetzte Kommission tagte daraufhin - ohne Kenntnis und Mitwirkung der Kaisersteinbrucher Meister - um sämtliche Forderungen des Abtes zu erfüllen. Die Bewohner, nunmehr Untertanen des Stiftes Heiligenkreuz, und zum Gehorsam verpflichtet, hatten für Steinbrüche, Haus- und Gartengrundstücke Pachtzins zu bezahlen.
Am 13. Juni 1576 wurde ''der neue Steinbruch am Leythaberg'' erstmals urkundlich erwähnt, 1617 erhielt die [[Bruderschaft]] der Kaisersteinbrucher Meister den Status einer [[Viertellade]], die der Hauptlade in [[Wiener Neustadt]] zugeordnet war. Das kaiserliche Privileg der  [[Handwerksordnung]] regelte das Zusammenleben. Vor allem die regelmäßig stattfindenden [[Zunfttruhe|Zusammenkünfte]] waren ein Ärgernis für die Herrschaft, das Stift Heiligenkreuz. Denn - diese [[Magistri Comacini|italienischen Meister]] waren einzig dem [[Römisch-deutscher Kaiser|Römischen Kaiser]] untertan. Der so genannte ''Adlerstreit'' um die Anbringung des Kaiseradlers im Ort gipfelte 1652 bei der Kirchweihe. Eine vom Abt eingesetzte Kommission tagte daraufhin - ohne Kenntnis und Mitwirkung der Kaisersteinbrucher Meister - um sämtliche Forderungen des Abtes zu erfüllen. Die Bewohner, nunmehr Untertanen des Stiftes Heiligenkreuz, und zum Gehorsam verpflichtet, hatten für Steinbrüche, Haus- und Gartengrundstücke Pachtzins zu bezahlen.
Zeile 47: Zeile 47:
1661 beschwerte sich die ungarische Hofkammer, daß die Kaisersteinbrucher für ihre Steine keinen Zoll entrichten. Da sie sich keinerlei diesbezüglichen Anordnungen fügen wollten, kam es am 14. August 1708 zur Gründung eines [[Dreißigstamt in Kaisersteinbruch|Filial-Dreißigstamtes]] in der Ortschaft selbst.  
1661 beschwerte sich die ungarische Hofkammer, daß die Kaisersteinbrucher für ihre Steine keinen Zoll entrichten. Da sie sich keinerlei diesbezüglichen Anordnungen fügen wollten, kam es am 14. August 1708 zur Gründung eines [[Dreißigstamt in Kaisersteinbruch|Filial-Dreißigstamtes]] in der Ortschaft selbst.  


[[Bild:Stalag17a.jpg|thumb|400px|Bronzerelief "STALAG XVII A" von Alexandru Ciutureanu, 1939-1999]]
1912 verkaufte das Stift Heiligenkreuz das Gebiet der Steinbrüche - das sie vor über 700 Jahren ... ''auf ewige Zeiten, zum Wohle der Menschen'' ... von König Emmerich geschenkt erhielten - an das [[Ärar|Militärärar]]. Ohne Kenntnis und Mitwirkung der Kaisersteinbrucher Bewohner wurde verhandelt, die Akten im [[Kriegsarchiv]] bezeugen das. Das Stift erhielt dafür steirische Waldgebiete. Die Forderungen des [[Brucker Lager]]s nach mehr Übungsgelände waren erfüllt. Die militärische Geschichte Kaisersteinbruchs begann, im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] bereits ein [[Kriegsgefangenenlager]], im [[Ständestaat]] 1934 ein [[Anhaltelager]] und im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] die befohlene Absiedlung der Bewohner und Errichtung des Kriegsgefangenenlagers [[Stalag XVII A]].


1912 verkaufte das Stift Heiligenkreuz das Gebiet der Steinbrüche - das sie vor über 700 Jahren ... ''auf ewige Zeiten, zum Wohle der Menschen'' ... von König Emmerich geschenkt erhielten - an das [[Ärar|Militärärar]]. Ohne Kenntnis und Mitwirkung der Kaisersteinbrucher Bewohner wurde verhandelt, die Akten im [[Kriegsarchiv]] bezeugen das. Das Stift erhielt dafür steirische Waldgebiete. Die Forderungen des [[Brucker Lager]]s nach mehr Übungsgelände waren erfüllt. Die militärische Geschichte Kaisersteinbruchs begann, im [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] bereits ein [[Kriegsgefangenenlager]], im [[Ständestaat]] 1934 ein [[Anhaltelager]] und im [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkrieg]] die befohlene Absiedlung der Bewohner und Errichtung des Kriegsgefangenenlagers [[Stalag XVII A]].
[[Bild:Stalag17a.jpg|thumb|340px|Bronzerelief "STALAG XVII A" von Alexandru Ciutureanu, 1939-1999]]


Am 7. März 1951 mußte der burgenländische Landtag die Wiedererrichtung der Gemeinde Kaisersteinbruch beschließen. Das ist einzigartig! Der Ort war fast vollständig zerstört, auch die Dokumente des Ortsarchivs größtenteils verheizt, oder im Container abtransportiert. Umso wichtiger die Schriften des damaligen Bürgermeisters Josef Wolf, die auf der mündlichen Überlieferung beruhen und gute Quellen sind.
Am 7. März 1951 mußte der burgenländische Landtag die Wiedererrichtung der Gemeinde Kaisersteinbruch beschließen. Das ist einzigartig! Der Ort war fast vollständig zerstört, auch die Dokumente des Ortsarchivs größtenteils verheizt, oder im Container abtransportiert. Umso wichtiger die Schriften des damaligen Bürgermeisters Josef Wolf, die auf der mündlichen Überlieferung beruhen und gute Quellen sind.
Anonymer Benutzer

Navigationsmenü