Die Kärntner Volkshochschulen: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Kärntner Volkshochschulen (Quelltext anzeigen)
Version vom 22. Oktober 2024, 09:02 Uhr
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Zudem sind die Kärntner Volkshochschulen in über 20 Projekten mit den Schwerpunkten Grundbildung, Integration, Beratung und Gesundheit tätig. Seit 2022 betreiben die VHS zwei Jugendzentren in Klagenfurt. Die VHS ist autonomes Mitglied im Verband Österreichischer Volkshochschulen. 1988 wurde den Kärntner Volkshochschulen das Kärntner Landeswappen verliehen. Die grundlegenden Prinzipien der Freiwilligkeit, der tiefen lokalen Verwurzelung und der punktuellen, persönlichen Initiativen machen jede Volkshochschule unvergleichlich. Als Alleinstellungsmerkmal der Kärntner Volkshochschulen gelten insbesondere: | Zudem sind die Kärntner Volkshochschulen in über 20 Projekten mit den Schwerpunkten Grundbildung, Integration, Beratung und Gesundheit tätig. Seit 2022 betreiben die VHS zwei Jugendzentren in Klagenfurt. Die VHS ist autonomes Mitglied im Verband Österreichischer Volkshochschulen. 1988 wurde den Kärntner Volkshochschulen das Kärntner Landeswappen verliehen. Die grundlegenden Prinzipien der Freiwilligkeit, der tiefen lokalen Verwurzelung und der punktuellen, persönlichen Initiativen machen jede Volkshochschule unvergleichlich. Als Alleinstellungsmerkmal der Kärntner Volkshochschulen gelten insbesondere: | ||
1. | Bemerkenswert für ein kleines Bundesland und eine – vermeintlich – kleine Volkshochschule ist ihr bundesweites Engagement im Verband Österreichischer Volkshochschulen. Anlässlich des 60. Gründungsjubiläums des Kärntner Landesverbandes im Jahr 2015 hielt Erwachsenenbildungsexperte Wilhelm Filla fest: „Die Volkshochschule erweist sich auch in Kärnten als extrem flexible und veränderungsbereite Bildungseinrichtung. Sie nimmt im Bildungsgeschehen des Landes eine zentrale Rolle ein und strahlt über die Grenzen des Bundeslandes hinaus.“<ref name=":0">{{Literatur |Autor=Wilhelm Filla |Titel=Der lange Aufstieg der Kärntner Volkshochschulen. Vorgeschichte und 60 Jahre Landesverband Kärntner Volkshochschulen |Sammelwerk= |Auflage=1. |Verlag=Klagenfurt am Wörthersee : Die Kärntner Volkshochschulen |Ort=Klagenfurt |Datum=2015 |ISBN=978-3-200-04330-5 |Seiten=113}}</ref> | ||
== Die drei Gründungen der Kärntner Volkshochschulen == | |||
Die Kärntner Volkshochschulen können auf drei Gründungen zurückblicken. | Die Kärntner Volkshochschulen können auf drei Gründungen zurückblicken. | ||
=== | === Die erste Gründung === | ||
Den Beginn der Kärntner Volkshochschulen markiert, knapp ein halbes Jahrhundert später als in anderen Bundesländern, 1919 die Gründung eines „Kärntner Volksbildungsvereines“, der in diesem Jahr eine „Bezirksgruppe Klagenfurt“ gründet. Als seine vorrangigen Aufgaben verstand dieser das ländliche Vortragswesen und die volkstümliche Kunstpflege. Es folgen Bezirksgruppen des Volksbildungsvereins in St. Veit und Feldkirchen, ehe 1920 die Bezirksgruppe Villach gegründet wird. Explizit ausgeschlossen werden parteipolitische Vorträge, daher wird der Ausschuss mit Frauen und Männern verschiedener Gesinnung zusammengesetzt. Weitere Ortsgruppen sind in den Bezirkshauptstädten Völkermarkt und Wolfsberg belegt. <ref name=":0" /> | Den Beginn der Kärntner Volkshochschulen markiert, knapp ein halbes Jahrhundert später als in anderen Bundesländern, 1919 die Gründung eines „Kärntner Volksbildungsvereines“, der in diesem Jahr eine „Bezirksgruppe Klagenfurt“ gründet. Als seine vorrangigen Aufgaben verstand dieser das ländliche Vortragswesen und die volkstümliche Kunstpflege. Es folgen Bezirksgruppen des Volksbildungsvereins in St. Veit und Feldkirchen, ehe 1920 die Bezirksgruppe Villach gegründet wird. Explizit ausgeschlossen werden parteipolitische Vorträge, daher wird der Ausschuss mit Frauen und Männern verschiedener Gesinnung zusammengesetzt. Weitere Ortsgruppen sind in den Bezirkshauptstädten Völkermarkt und Wolfsberg belegt. <ref name=":0" /> | ||
=== | === Die zweite Gründung: Volkshochschule für Jedermann === | ||
Bekannt ist, dass ab 1934 Volkshochschulgründungen unter den Vorzeichen des (Austro-)Faschismus stattfanden. In dieser zweiten Gründungswelle wurden so genannte „Volkshochschulen für jedermann“ gegründet, die als Einrichtung für alle, unabhängig vom Grad der Vorbildung, zugänglich waren. Sie wurden ab Oktober 1934 in Klagenfurt und Villach durch einen regimekonformen Einheitsgewerkschaftsbund und die Kammer für Arbeiter und Angestellte – seit 1. Jänner 1934 unter staatlicher Kuratel - gegründet. Ziel der „Volkshochschulen für jedermann“ war das Einschwören der Bevölkerung auf die neuen gesellschaftlichen Ziele. Diese Volkshochschulen entsprechen nicht dem Anspruch der Volkshochschulen auf das Anregen zu geistiger Selbstständigkeit, sondern hatten vielmehr den Zweck, „den Weg zur wahren Volksgemeinschaft“ bahnen zu wollen.<ref name=":0" /> | Bekannt ist, dass ab 1934 Volkshochschulgründungen unter den Vorzeichen des (Austro-)Faschismus stattfanden. In dieser zweiten Gründungswelle wurden so genannte „Volkshochschulen für jedermann“ gegründet, die als Einrichtung für alle, unabhängig vom Grad der Vorbildung, zugänglich waren. Sie wurden ab Oktober 1934 in Klagenfurt und Villach durch einen regimekonformen Einheitsgewerkschaftsbund und die Kammer für Arbeiter und Angestellte – seit 1. Jänner 1934 unter staatlicher Kuratel - gegründet. Ziel der „Volkshochschulen für jedermann“ war das Einschwören der Bevölkerung auf die neuen gesellschaftlichen Ziele. Diese Volkshochschulen entsprechen nicht dem Anspruch der Volkshochschulen auf das Anregen zu geistiger Selbstständigkeit, sondern hatten vielmehr den Zweck, „den Weg zur wahren Volksgemeinschaft“ bahnen zu wollen.<ref name=":0" /> | ||
Für die Zeit vor dem Nationalsozialismus tut sich eine Forschungslücke auf. Die Liquidierung der „Volkshochschule für jedermann“ wird im Jahr 1938 vermutet. | Für die Zeit vor dem Nationalsozialismus tut sich eine Forschungslücke auf. Die Liquidierung der „Volkshochschule für jedermann“ wird im Jahr 1938 vermutet. | ||
=== | === Die dritte Gründung: nach 1945 === | ||
Bereits gegen Ende des Krieges wurden Kurse an der Volkshochschule von der Klagenfurter Urania unter der Leitung von Manfred Lorenz reaktiviert. Dies bildete die Basis für die Gründung der Klagenfurter Volkshochschule durch die Kärntner Arbeiterkammer im September 1946. Die formelle Gründung konnte erst im Jahr 1946 erfolgen, da das Gesetz zur Wiedererrichtung der Kammern vom Juli 1945 von den Briten in der Besatzungszone erst Ende 1945 anerkannt wurde und sich die AK Kärnten erst 1946 konstituieren konnte. Die pädagogische Leitung übernahm Manfred Lorenz, Direktor des Klagenfurter Realgymnasiums.<ref name=":0" /> | Bereits gegen Ende des Krieges wurden Kurse an der Volkshochschule von der Klagenfurter Urania unter der Leitung von Manfred Lorenz reaktiviert. Dies bildete die Basis für die Gründung der Klagenfurter Volkshochschule durch die Kärntner Arbeiterkammer im September 1946. Die formelle Gründung konnte erst im Jahr 1946 erfolgen, da das Gesetz zur Wiedererrichtung der Kammern vom Juli 1945 von den Briten in der Besatzungszone erst Ende 1945 anerkannt wurde und sich die AK Kärnten erst 1946 konstituieren konnte. Die pädagogische Leitung übernahm Manfred Lorenz, Direktor des Klagenfurter Realgymnasiums.<ref name=":0" /> | ||
== Starke historische Nähe zur Arbeiterkammer Kärnten == | |||
In der zweiten Republik sind die Kärntner Volkshochschulen eine Gründung der Arbeiterkammer Kärnten. Die Volkshochschulen werden zwar als Verein gegründet, sind jedoch zum größten Teil von der Arbeiterkammer finanziert und erhalten viele Ressourcen wie Räumlichkeiten, Büroinfrastruktur und administrative Kapazitäten. Bis 1955 wurden die Kärntner Volkshochschulen, neben ihren Einnahmen aus Teilnahmebeiträgen, von der Arbeiterkammer Kärnten finanziert.<ref name=":0" /> Die enge Verbindung von Kärntner Volkshochschulen und Arbeiterkammer wurde bis 1996 durch ihre Funktionärsstruktur deutlich. Der Obmann wurde vom Präsidenten der Arbeiterkammer Kärnten bekleidet, der Obmann-Stellvertreter vom Direktor der Arbeiterkammer. Bis 2015 wurden die Geschäftsführer vom Bildungsreferenten bzw. Bildungsabteilungsleiter der Arbeiterkammer Kärnten gestellt. Dies waren von 1955 bis 1980 Josef Gunzelmann, bis 1996 Arnold Altersberger und von 1996 bis 2015 Gerwin Müller. Im Jahr 2015 wurde die Geschäftsführung erstmals mit einer Nicht-Kammer-Mitarbeiterin, der bisherigen pädagogischen Referentin und ab 2006 stellvertretenden Geschäftsführerin der Kärntner Volkshochschulen, Beate Gfrerer, überantwortet.<ref name=":0" /> | In der zweiten Republik sind die Kärntner Volkshochschulen eine Gründung der Arbeiterkammer Kärnten. Die Volkshochschulen werden zwar als Verein gegründet, sind jedoch zum größten Teil von der Arbeiterkammer finanziert und erhalten viele Ressourcen wie Räumlichkeiten, Büroinfrastruktur und administrative Kapazitäten. Bis 1955 wurden die Kärntner Volkshochschulen, neben ihren Einnahmen aus Teilnahmebeiträgen, von der Arbeiterkammer Kärnten finanziert.<ref name=":0" /> Die enge Verbindung von Kärntner Volkshochschulen und Arbeiterkammer wurde bis 1996 durch ihre Funktionärsstruktur deutlich. Der Obmann wurde vom Präsidenten der Arbeiterkammer Kärnten bekleidet, der Obmann-Stellvertreter vom Direktor der Arbeiterkammer. Bis 2015 wurden die Geschäftsführer vom Bildungsreferenten bzw. Bildungsabteilungsleiter der Arbeiterkammer Kärnten gestellt. Dies waren von 1955 bis 1980 Josef Gunzelmann, bis 1996 Arnold Altersberger und von 1996 bis 2015 Gerwin Müller. Im Jahr 2015 wurde die Geschäftsführung erstmals mit einer Nicht-Kammer-Mitarbeiterin, der bisherigen pädagogischen Referentin und ab 2006 stellvertretenden Geschäftsführerin der Kärntner Volkshochschulen, Beate Gfrerer, überantwortet.<ref name=":0" /> | ||
== | == Parallele Volkshochschulen in Kärnten == | ||
Eine weiteres Spezifikum der Kärntner Volkshochschulen ist die parallele Existenz weiterer Volkshochschulen in Kärnten. 1920 wurde ein „Bund für ländliche Volkshochschulen“ gegründet. Über den Verlauf und die Auflösung des Bundes ist nichts Weiteres bekannt. Ab 1923 gab es eine Kärntner Urania, zunächst in Villach und anschließend weitere Gründungen in mehreren Kärntner Gemeinden von 1926 bis 1930. <ref name=":0" /> | Eine weiteres Spezifikum der Kärntner Volkshochschulen ist die parallele Existenz weiterer Volkshochschulen in Kärnten. 1920 wurde ein „Bund für ländliche Volkshochschulen“ gegründet. Über den Verlauf und die Auflösung des Bundes ist nichts Weiteres bekannt. Ab 1923 gab es eine Kärntner Urania, zunächst in Villach und anschließend weitere Gründungen in mehreren Kärntner Gemeinden von 1926 bis 1930. <ref name=":0" /> | ||
Weiters existierte in Kärnten in der Zeit bis in die 1990er Jahre eine von der Landwirtschaftskammer Kärnten getragene Volkshochschule. Bereits ab November 1957 wurde ein Bildungsbetrieb im „Bäuerlichen Bildungsheim Krastowitz“ eingeführt. Die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer beschloss am 28. Jänner 1963 das „Bäuerliche Bildungsheim Krastowitz“ zu einer Volkshochschule umzubauen. Die letzten Kurse fanden zu Beginn der 1990er Jahre statt.<ref name=":0" /> | Weiters existierte in Kärnten in der Zeit bis in die 1990er Jahre eine von der Landwirtschaftskammer Kärnten getragene Volkshochschule. Bereits ab November 1957 wurde ein Bildungsbetrieb im „Bäuerlichen Bildungsheim Krastowitz“ eingeführt. Die Vollversammlung der Landwirtschaftskammer beschloss am 28. Jänner 1963 das „Bäuerliche Bildungsheim Krastowitz“ zu einer Volkshochschule umzubauen. Die letzten Kurse fanden zu Beginn der 1990er Jahre statt.<ref name=":0" /> | ||
== | == Vorbereitung auf staatliche Prüfungen == | ||
Bereits ab den 1950er Jahren etablierte sich an den Kärntner Volkshochschulen ein bundesweit neues Phänomen: Lehrveranstaltungen, die Teilnehmer:innen auf staatliche Prüfungen vorbereiteten und Menschen neue Aufstiegsmöglichkeiten boten. Für den öffentlichen Dienst wurde die Beamten-Aufstiegsprüfung, die so genannte B-Matura, durchgeführt. Die Vorbereitungskurse wurden Anfang der 1960er eingestellt. Staatliche Abendschulen und die große Dichte an Maturantinnen und Maturanten im öffentlichen Dienst machten diese unnötig. Diese curricular gestützte, verbindliche Bildungsarbeit wurde bundesweit lange Zeit skeptisch gesehen, da sie nicht dem Wesen der freien Volkshochschulen entsprach. Daher setzte dieses Angebot an anderen österreichischen Volkshochschulen überwiegend erst in den 90er Jahren ein. An den Kärntner Volkshochschulen hat die Umsetzung von staatlich anerkannten Prüfungen bis heute einen hohen Stellenwert. Dazu gehören das Nachholen von Bildungsabschlüssen wie dem Pflichtschulabschluss und der Berufsreifeprüfung. Zudem werden Vorbereitungsangebote zu Prüfungen bspw. zur Aufnahme in den Polizeidienst oder für Aufnahmeprüfungen an Universitäten umgesetzt. Zudem werden Deutsch-Prüfungen für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte mit Statuszuerkennung durchgeführt. <ref name=":0" /> | Bereits ab den 1950er Jahren etablierte sich an den Kärntner Volkshochschulen ein bundesweit neues Phänomen: Lehrveranstaltungen, die Teilnehmer:innen auf staatliche Prüfungen vorbereiteten und Menschen neue Aufstiegsmöglichkeiten boten. Für den öffentlichen Dienst wurde die Beamten-Aufstiegsprüfung, die so genannte B-Matura, durchgeführt. Die Vorbereitungskurse wurden Anfang der 1960er eingestellt. Staatliche Abendschulen und die große Dichte an Maturantinnen und Maturanten im öffentlichen Dienst machten diese unnötig. Diese curricular gestützte, verbindliche Bildungsarbeit wurde bundesweit lange Zeit skeptisch gesehen, da sie nicht dem Wesen der freien Volkshochschulen entsprach. Daher setzte dieses Angebot an anderen österreichischen Volkshochschulen überwiegend erst in den 90er Jahren ein. An den Kärntner Volkshochschulen hat die Umsetzung von staatlich anerkannten Prüfungen bis heute einen hohen Stellenwert. Dazu gehören das Nachholen von Bildungsabschlüssen wie dem Pflichtschulabschluss und der Berufsreifeprüfung. Zudem werden Vorbereitungsangebote zu Prüfungen bspw. zur Aufnahme in den Polizeidienst oder für Aufnahmeprüfungen an Universitäten umgesetzt. Zudem werden Deutsch-Prüfungen für Asyl- und subsidiär Schutzberechtigte mit Statuszuerkennung durchgeführt. <ref name=":0" /> | ||