Hexenprozesse in Pinkafeld in den Jahren 1688 und 1699: Unterschied zwischen den Versionen
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Die Rechnung selbst enthielt, sofern der Henker dies alles selbst verzehrte, einige sehr umfangreiche Positionen. So aß er pro Tag mehr als zwei Kilo Fleisch verschiedenster Sorten. An Wein wurden insgesamt 43 halbe [[w:Alte_Maße_und_Gewichte_(Österreich)#Raummaße|Maß]] verrechnet, das entsprach insgesamt rund 30 Liter Wein oder fünf Liter Wein pro Tag. Insgesamt führte der Transport und Aufenthalt des Henkers zu Kosten in der Höhe von rund 34 [[w:Österreichischer Gulden|Gulden]], wobei die eigentliche Entlohnung für die Hinrichtung neun Gulden betrug.<ref name="Zobodat" /> Zum Vergleich dazu betrug das Monatsgehalt eines Arztes rund 60 Jahre zuvor, im Jahr 1620, rund zehn Gulden, der Jahresverdienst einer Magd lag um 1620 bei nur sechs Gulden.<ref>[http://www.familienkunde.at/Lexikon_Waehrung_Geld Historische Währungen in Österreich und ihre Kaufkraft], Webseite www.familienkunde.at, abgerufen am 1. September 2016</ref> | |||
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Version vom 1. September 2016, 12:47 Uhr
Im Rahmen der europaweiten Hexenverfolgung kam es auch in der burgenländischen Gemeine Pinkafeld in den Jahren 1688 und 1699 zu mehreren Hexenprozessen, bei denen insgesamt vier Frauen angeklagt waren. Die Prozesse endeten mit Schuldsprüchen, die betroffenen Personen wurden hingerichtet.[1][2]
Quellen
Unterlagen über diese Hexenprozesse befinden sich im Stadtarchiv von Pinkafeld, das im Stadt-, Tuchmacher- und Feuerwehrmuseum gelagert ist. Dieses Archiv wurde vor dem Zweiten Weltkrieg vom damaligen Lehrer der Bürgerschule der Stadt, dem späteren Direktor des Burgenländischen Landesarchivs, der Landesbibliothek sowie der landeskundlichen Forschungsstelle des Burgenlandes, Josef Karl Homma, zusammengetragen. Homma war es auch, der die Unterlagen über die Hexenprozesse auswertete und sie unter anderem in der Beschreibung der Stadtgeschichte 1987 veröffentlichte.[1]
Hexenprozess 1688
Verhör der Angeklagten am 9. Juli 1688
Angeklagt in diesem ersten Hexenprozess, der sich in Pinkafeld urkundlich nachweisen lässt, war eine alte Frau, die als alte Thurl bezeichnet wurde. Am 9. Juli 1688 (sic!) erfolgte die Vernehmung von insgesamt acht Zeugen, welche unter leiblichem Eid nachfolgende Aussagen über die Angeklagte machten:[3][2]
- Elisabeth Edtenhofferin (48 Jahre alt) sagte aus, dass ihr 1681 die alte Thurl während der Zeit des Wochenbetts das Kind hätte wegnehmen wollen. Die Thurl wäre dann ein zweites Mal gekommen und hätte mit einem Striezel und drei Eiern versucht sie zu besänftigen.
- Jakob Rauscher (55) behauptete, dass die Frau 12 Jahre zuvor das Glockenseil der Kirche mit Rahm beschmiert hätte. Er hätte dies zwar nicht persönlich gesehen, doch hätte ihm das der damalige Pfarrer Eigenius Primo erzählt.
- Mathias Pfeiffer (35) und Oszwald Palsinger (52) bestätigten die Aussagen von Jakob Rauscher.
- Margarethe Bruckherin (55) behauptete, dass die Thurl sechs Jahre zuvor eines Sonntages zu ihr gekommen war und gesagt hätte, dass die Kühe unruhig seien, obwohl kurz zuvor ein Bediensteter die Kühe gemolken hatte und da noch alles in Ordnung gewesen war. Sie wäre dann mit dem Knecht wieder in den Stall geeilt und hätte dort die Kühe losgerissen vorgefunden. Eine Kälberkuh wäre danach ganz verdorben gewesen und hätte keine Milch mehr gegeben. Ob die Thurl die Kühe verzaubert hätte, konnte sie jedoch nicht sagen.
- Elisabeth Thurmer (20, Magd der Familie Neumeyer) sagte aus, dass ihr die Thurl eine Kerze gebracht hätte, als ihre Dienstgeber abwesend waren und sie aufgefordert hätte die Kerze anzuzünden. Als die Magd sich geweigert hätte, diese anzunehmen, sei die Thurl wiedergekommen und hätte ihr einen Behälter gebracht, der mit einem Material angefüllt war, das wie Menschenkot ausgesehen hätte.
- Andreas Neumeyer (28) erzählte, dass er die alte Thurl beim Nachhausekommen angetroffen hätte. Er hätte sie daraufhin hinausgeworfen und ihr für acht Tage Hausverbot erteilt.
- Maria Neumeyer (34) sagte aus, dass die Thurl vor ihr nicht geleugnet hätte, dass sie der Magd eine Kerze geben wollte.
Kostenaufstellung des Henkers
Diese Beschuldigungen reichten aus, um die alte Frau zum Tode zu verurteilen. Dass diese Hinrichtung auch stattgefunden hatte, belegen Unterlagen im Stadtarchiv in denen detailliert aufgelistet ist, welche Mahlzeiten ein Freimann (Henker) namens Lorenz, der eigens aus Güns angereist kam, an den einzelnen Tagen seines Aufenthaltes in Pinkafeld verzehrt hatte und welche Kosten dadurch verursacht wurden. Nach diesen Unterlagen traf der Henker am 21. Juni 1688 in Pinkafeld ein, nachdem er von zwei Mitgliedern des Stadtrates von dort abgeholt worden war. Am 26. Juni wurde er wiederum von zwei Bürgern nach Güns zurückgebracht.[3][2]
Die Rechnung selbst enthielt, sofern der Henker dies alles selbst verzehrte, einige sehr umfangreiche Positionen. So aß er pro Tag mehr als zwei Kilo Fleisch verschiedenster Sorten. An Wein wurden insgesamt 43 halbe Maß verrechnet, das entsprach insgesamt rund 30 Liter Wein oder fünf Liter Wein pro Tag. Insgesamt führte der Transport und Aufenthalt des Henkers zu Kosten in der Höhe von rund 34 Gulden, wobei die eigentliche Entlohnung für die Hinrichtung neun Gulden betrug.[2] Zum Vergleich dazu betrug das Monatsgehalt eines Arztes rund 60 Jahre zuvor, im Jahr 1620, rund zehn Gulden, der Jahresverdienst einer Magd lag um 1620 bei nur sechs Gulden.[4]
Ungereimtheiten bei den Datumsangaben
Eigenartig ist, dass die Datumsangabe des Verhöres (9. Juli 1688) nach jenem des Aufenthaltes des Henkers (21. bis 26. Juni 1688) liegt. Josef Karl Homma zweifelte daher in seiner Ausarbeitung die Datumsangabe des Aufenthaltes des Henkers an.[2] Wahrscheinlicher ist aber eher, dass die Datumsangabe des Verhörprotokolls nicht stimmt, denn die Aufstellung über die Ausgaben für den Henker enthält die Textstelle Denn 25. ditls. Freytag als Fastag. an Fisch unnd Khrapfen. Der 25. Juni 1688 ist laut Ewigem Kalender tatsächlich ein Freitag,[5] daher ist es sehr unwahrscheinlich, dass dieses Datum nicht stimmt.
Hexenprozesse 1699
Weitere Hexenprozesse, bei denen mit Barbara Hönigschnablin, Rosina (Regina) Hörbmannin und Veronica Samerin zumindest drei Frauen angeklagt und zum Tode verurteilt wurden, fanden im Mai, Juni bzw. Juli 1699 statt. In diesen Fällen wurden von den gefolterten Prozessopfern andere Personen der Hexerei bezichtigt. Ob auch diese in weiterer Folge angeklagt wurden, geht in den Unterlagen des Stadtarchives nicht hervor.
Unter der Voraussetzung, dass die zeitlichen Angaben auf den historischen Dokumenten stimmen, ergibt sich folgender zeitlicher Ablauf:
- 22. und 25. Mai 1699: Verhöre der Barbara Hönigschnablin unter Folter
- 4. Juni 1699: Befragung von 12 Zeugen
- 9. Juli 1699: Verhöre der Rosina Hörbmannin und Veronica Samerin unter Folter
Verhöre der Barbara Hönigschnablin am 22. und 25. Mai 1699
Den Unterlagen des Stadtarchives Pinkafeld ist zu entnehmen, dass Barbara Hönigschnablin am 22. Mai 1699 der strengen Frag unterzogen (also gefoltert) wurde. Dabei machte sie folgende Aussagen bzw. Geständnisse:[6]
- Sie beschuldigte mit Hans Schreckh, Barbara Zärtlin, die Nererin, Hans Hüter und seiner Frau, die Frauen von Hans Ebenschwanger, Mathias Lannzen, Sebastian Walter und Georg Thuerner weitere Personen der Hexerei.
- Sie gestand, dass sie für dieses Jahr vorgehabt hätte, drei Hagelunwetter zu erzeugen. Eines hätte schon stattgefunden, die anderen hätten am Gottleichnamstag und zur Zeit der Getreideernte stattfinden sollen.
- Barbara Hönigschnablin gestand unter der Folter ferner, dass sie die Vögel dazu gebracht hätte, das Getreide, das die Bauern ausgesät hätten, zu fressen.
- Unter anderem sagte sie noch aus, dass es auch in Riedlingsdorf eine Zauberin gäbe, die zur Loipersdorfer Zöch gehören würde.
- Sie habe außerdem während der Haferernte 1697 ein Hagelunwetter von jenseits der Lafnitz nach Pinkafeld geholt.
Das Verhörprotokoll vom 22. Mai 1699 trug die Unterschriften alle Personen, welche die Verhöre vom 9. Juli unterzeichneten sowie zusätzlich des Marktrichters Hans Ferber, der Ratsverwandten Georg Edenhoffer und Hans Eigl und des Mitglieds des "Äußeren Rates" Paul Metz. Das Protokoll war den Unterlagen der Vernehmungen der anderen beiden Frauen vom 9. Juli angefügt.[6]
Am 25. Mai erfolgte ein zweites Verhör der Barbara Hönigschnablin. Dabei gestand sie unter anderem, dass sie Schnee nach Hause trage und sich zu Ostern mit dem Schneewasser wasche, dann würden sie ganzes Jahr keine Gelsen stechen. Die Frau sagte ferner aus, dass man einem Unwetter die Worte S.V. (salva venia)[7] schwarze Sau entgegenhalten müsse, dann würde es sich wieder verziehen.[6]
Über eine Hinrichtung der vermeintlichen Hexe Barbara Hönigschnablin gibt es im Stadtarchiv Pinkafeld keine Unterlagen. Ebenso finden sich keine Informationen, ob ihre Anschuldigungen weitere Verfahren nach sich zogen[6]
Befragung von zwölf Zeugen am 4. Juni 1699
Am 4. Juni wurden von einer Kommission, die unter dem Vorsitz des Marktrichters Johann Ferber stand, insgesamt zwölf Zeugen befragt. Ziel dieser Befragung war es, Informationen über die sich im Pinkafelder Gefängnis inhaftierten Barbara Hönigschnablin und Veronika Samerin und auch anderer Personen zu erhalten. Die Zeugen sollten Auskunft geben, ob sie gehört oder gesehen hatten, dass diese Frauen einen Pakt mit dem Teufel eingegangen waren und dass sie die Kunst der Zauberei in Werken oder in Form von Drohungen ausgeübt hatten.
Folgende Aussagen wurden dabei von Zeugen unter Eid getätigt:
- Hans Baumgartner (30 Jahre alt) erzählte, dass er 1697, als er von Friedberg nach Pinkafeld gegangen war, er bei der Spitzermülle ein Sausen und Brausen gehört hätte. Er hätte sich dann in der Nähe der Mühle versteckt und die Frauen von Hans Riemers, Matthias Lanzen und Hans Huder sowie einige weitere, die er nicht gekannt hatte, gesehen.
Verhör der Rosina Hörbmanin am 9. Juli 1699
Wie den Unterlagen zu entnehmen ist, wurde Rosina Hörbmanin einer mittleren Tortur[8] ausgesetzt. Sie gestand unter der Folter folgende Vergehen:[9]
- Nachdem sie ein Jahr zuvor von Schachen gekommen war, hätten die "Höchsten", die Rimerin und ihr Mann sowie die Nererin, auf dem Sand getanzt.
- Sie selbst sei unter ihnen (also den Hexen und Zauberern) eine Köchin gewesen.
- Sie gab ferner an, dass sie die Teufel, den Hansl Teufel und den Jackl Teufel, in einem blauen Bauerngewand gesehen hätte.
- Beide Teufel hätten mit ihnen getanzt.
- Am letzten Georgitag hätte sie zusammen mit der Nererin, der Samerin und der Rimerin auf dem Hochstraßweg ein Kraut gesammelt, damit die Kühe nicht verderben.[10]
- Sie gestand, dass sie den Sohn des Michael Reck verderbt hätte. Wenn sie ihn rief, hätte er gleich kommen müssen.
- Rosina Hörbmanin und die anderen wären meist in der Nacht zwischen 11 und 12 Uhr zusammengekommen. Sie hätte sich unter dem Arm mit einer weißen Salbe, die sie vom blauberockten Teufel in einem Glas bekommen hätte, eingeschmiert, worauf sie immer gleich bei den anderen war.
- Sie sagte aus, dass sie die Lanzin nicht gesehen hätte.
- Der Teufel hätte ihr oberhalb des rechten Ellbogens das Zeichen aufgedrückt.
- Ferner gestand die Hörbmanin, dass sie dem Jackl-Teufel versprochen hätte, ein Leben lang zu dienen, für den Fall, dass er ihr hilft.
Das Protokoll trug die Unterschriften von Michael Keöfein, den Ratsverwandten Andree Huetter und Andreas Pfeiffer, den Vertreter des Äußeren Rates Jakob Graff sowie des Marktschreibers Andre Hartügl.[9]
Verhör der Veronica Samerin am 9. Juli 1699
Literarische Aufarbeitung der Prozesse
Die Geschichte der beiden Hexenprozesse diente als Vorlage für das Theaterstück Hexen am Sand, das der Pinkafelder Autor und Lehrer der HTBLuVA Pinkafeld, Christian Putz, für die Veranstaltung Theater am Pranger verfasste. Das Stück wurde von der Theatergruppe Stradafiassler, die ihren Namen von den Stradafüßlern, der Bande des legendären Räuberhauptmannes Holzknechtseppl, ableitete, im September und Oktober 2016 beim Pranger vor dem Stadt-, Tuchmacher- und Feuerwehrmuseum Pinkafeld aufgeführt.
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 Josef Karl Homma, Harald Prickler, Johann Seedoch: Geschichte der Stadt Pinkafeld, Stadtgemeinde Pinkafeld, 1987, S.42ff.
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 PDF: Josef Karl Homma: Die Hexenprozesse von Pinkafeld, Webseite www.zobodat.at, abgerufen am 31. August 2016
- ↑ 3,0 3,1 Josef Karl Homma, Harald Prickler, Johann Seedoch: Geschichte der Stadt Pinkafeld, Stadtgemeinde Pinkafeld, 1987, S.42
- ↑ Historische Währungen in Österreich und ihre Kaufkraft, Webseite www.familienkunde.at, abgerufen am 1. September 2016
- ↑ Ewiger Kalender, Webseite www.karl-may-stiftung.de, abgerufen am 31. August 2016
- ↑ 6,0 6,1 6,2 6,3 Josef Karl Homma, Harald Prickler, Johann Seedoch: Geschichte der Stadt Pinkafeld, Stadtgemeinde Pinkafeld, 1987, S.46
- ↑ Bedeutung von Salva Venia, Webseite www.duden.de, abgerufen am 31. August 2016
- ↑ Die Anwendung der gebräuchlichsten Folter- und Strafwerkzeuge, Webseite de.wikisource.org, abgerufen am 31. August 2016
- ↑ 9,0 9,1 Josef Karl Homma, Harald Prickler, Johann Seedoch: Geschichte der Stadt Pinkafeld, Stadtgemeinde Pinkafeld, 1987, S.45 und 46
- ↑ Die Hexen verderben das Vieh, Webseite pasakas.lfk.lv, abgerufen am 31. August 2016