Spinnerei Münchendorf: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Gemeinde Münchendorf erwarb einen Teil der Liegenschaft und errichtete dort das Gemeindeamt und das Feuerwehrhaus der [[Freiwillige Feuerwehr Münchendorf|FF Münchendorf]]. Auf dem Rest wurden Wohnhäuser errichtet, eine Wiederansiedlung eines Nahversorgers ist bisher immer gescheitert.
Die Gemeinde Münchendorf erwarb einen Teil der Liegenschaft und errichtete dort das Gemeindeamt und das Feuerwehrhaus der [[Freiwillige Feuerwehr Münchendorf|FF Münchendorf]]. Auf dem Rest wurden Wohnhäuser errichtet, eine Wiederansiedlung eines Nahversorgers ist bisher immer gescheitert.


== Quelle==
 
== Literatur ==
{{HkM|Petrus Kaserer|200 Jahre Spinnfabrik Münchendorf|2/2011}}
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* Gerhard A. Stadler: ''Das industrielle Erbe Niederösterreichs'', 2006, ISBN 3-2577460-4 [https://books.google.at/books?id=2vFBrfTnuqYC&pg=PA492&lpg=PA492&dq=Arthur+Gilles+m%C3%BCnchendorf&source=bl&ots=HCLwy_U782&sig=u9FG58wifK_QSgAmTSBkYt3OA68&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwj5peTAyMHTAhWlK8AKHaiBDVUQ6AEIMjAC#v=onepage&q=Arthur%20Gilles%20m%C3%BCnchendorf&f=false Online]


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Version vom 26. April 2017, 07:16 Uhr

Die Spinnerei Münchendorf war eine Spinnerei in Münchendorf im heutigen Bezirk Mödling. Die Spinnerei war von 1814 bis in das Jahr 1955 unter verschiedenen Besitzern aktiv. Nach verschiedenen anderen Verwendungen des Fabriksgeländes, wurden die Objekte 2005 abgerissen. Aktuell steht an diesem Ort das Gemeindeamt und das Feuerwehrhaus der FF Münchendorf, im südlichen Teil wurden Wohnhäuser errichtet.

Geschichte

Errichtet wurde die Spinnfabrik in den Jahren 1811 bis 1814 durch Josef und Jonathan Thornton, dem die Ebenfurther Spinnerei gehörte, Brüder von John Thornton, der davor die Pottendorfer Spinnerei aufbaute und Vierteleigentümer war.

Dazu erwarb Josef Thornton eine Liegenschaft mit rund 10.000 Quadratklafter (= rund 35.000 Quadratmeter). Davon fielen zwei Drittel auf den Werkskanal. Für diesen baute er in der Triesting eine Wehranlage, wovon noch heute ein Steg vom Neubau der Wehr aus den 1930er Jahren besteht. Ein Mühlbach zu dem Fabriksareal (heute Trumauer Straße 1) sorgte für die nötige Fallhöhe. Das Unterwasser wurde durch die Gärten abgeleitet und wurde im Norden Münchendorfs vor der heutigen Bahnbrücke in die Triesting wieder eingeleitet.

Von mehreren eisernen Wasserrädern über Seile oder Riemen wurden die Maschinen in den Hallen angetrieben.

Als im Jahr 1823 Josef Thornton starb, musste John die Fabrik übernehmen, durfte sie aber laut Vertrag nicht selbst führen. So leitete ein Herr Girardoni das Unternehmen und der Sohn des 1812 geadelten John, Joseph von Thornton, trat als Gesellschafter ein. Dieser starb jedoch schon 1834. Girardoni leitete bis in die 1830 Jahre, bis er sich mit einer Spinnerei in Tattendorf selbständig machte. Seine Anteile übernahm John von Thorntons Frau Maria. Aus diesem Grund wurde John Edler von Thornton aber in Pottendorf eines Vertragsbruches beschuldigt. So trat er 1843 in der Pottendorfer Spinnerei zurück, 1847 starb er.

Ein weiterer Sohn, Carl von Thornton, trat in den 1840er an die Spitze der Münchendorfer Spinnerei. Im unteren Ort wurde auch eine Mühle in eine Spinnerei umgebaut, die Thornton ebenfalls betrieb. In dieser brannte es am 6. November 1865.

Die Arbeiter für die Spinnerei warb Thornton alle auswärts an, denn die einheimische Bevölkerung arbeitete in der Landwirtschaft. Sie stammten aus Böhmen, Bayern, Württemberg, Pommern aber auch aus Lothringen. Thornton baute dazu auch Arbeiterwohnhäuser im Bereich des heutigen Körnerhofes und Trumauer Straße. In dieser Zeit stieg die Einwohnerzahl um ca. 50 % auf 768 Einwohner im Jahr 1819. Im Jahr 1839 waren es etwa 890 Einwohner.

In der Fabrik waren die Arbeitsbedingungen der Zeit entsprechend nicht sehr sozial. Neben 15 Stunden Arbeitszeit war auch Kinderarbeit an der Tagesordnung. Den arbeitenden Kindern wurde nur Schulunterricht in der Mittagspause und am Sonntag zugestanden. Beim Dorflehrer Johann Wurth, der für Unterricht in der Spinnerei auch von Thornton entlohnt wurde, findet sich folgende Tagebucheintragung:

„August 1861: Heute nach der Nachmittagsschule kam ein Fabriksweib, deren siebenjähriges Mädchen ich in die Schule gefordert hatte, zu mir und klagte, sie könne unmöglich das Mädchen in die Schule schicken, denn sie könne kein Schulgeld zahlen. Sie klagte, sie sei in der drückendsten Lage, habe einen erwachsenen kranken Sohn zu Hause, dessen Verdienst sie und ihr Mann schwer vermissen. Acht Gulden verdienen sie und neun Gulden gehen auf die Kost wöchentlich auf, unter diesen Verhältnissen können sie nicht einmal ein Gewand anschaffen, viel weniger noch ein Schulgeld bezahlen.“

Johann Wurth

Der Amerikanische Bürgerkrieg (1861-1865) brachte Schwierigkeiten für das Unternehmen, da sich die Baumwolle um ein vielfaches verteuerte. Durch diesen Rohstoffmangel konnten viele Spinnereien nur mehr eingeschränkt arbeiten. 1865 kam es vorübergehend zum Produktionsstillstand der Fabrik.

Im Jahr 1909 wurde das Werk komplett umgebaut und modernisiert. So stellte die Münchendorfer-Theresienthaler Baumwollspinnerei, wie sie damals firmierte, von Mühlrädern auf eine Francis-Turbine mit einer maximalen Leistung von 100 Kilowatt um.

Im Ersten Weltkrieges wurde die Baumwollknappheit immer größer, was zur Einstellung der Produktion führte. Als Ersatz wurden Brennnesseln herangezogen.

Erst im Jahr 1930 nach dem Erwerb der Liegenschaft durch A. Gilles & Co konnte der Betrieb wieder aufgenommen werden. Arthur Gilles hatte zuvor einen Betrieb in Erlach. Von dort wurden der Maschinenpark nach Münchendorf übersiedelt. Auch Mitarbeiter wechselten ihren Beschäftigungsort. Die Baumwollspinnerei wurde in eine Vigogne- und Streichgarnspinnerei umgebaut. Für das notwendige Abfallgarn wurde eine Reisserei eingerichtet. Beschäftigt waren an den Spinnmaschinen pro Schicht 29 Mitarbeiter. Als Brandschutz wurde eine Sprinkleranlage mit der Versorgung aus dem Wasserturm eingerichtet.

Im Zweiten Weltkrieg musste der Betrieb abermals eingestellt werden. Eva Gilles, die Gattin von Arthur, wurde wegen Unterlassung der Kennzeichnungspflicht für Juden am 9. Juni 1943 verhaftet und nach Ausschwitz deportiert, wo sie am 6. Dezember ermordet wurde. Nach ihr wurde in Münchendorf der Eva Gilles-Weg benannt.

Zuletzt diente die Fabrik der Wehrmacht als Lager für Uniformen und sonstige Textilien.In den letzten Kriegstagen wurden die Gebäude in Brand gesteckt und fast zur Gänze zerstört.

Nachnutzung

Nachnutzung durch Gemeindeamt und Feuerwehr

Ein ehemaliger Webmeister von Gilles erwarb die Liegenschaft und richtete mit gebrauchten Webstühlen eine Weberei. Der achteckige Kamin wurde 1952 abgetragen und neu in runder Form aufgebaut. Die Weberei musst aber 1955 wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten schließen.

In den Jahren 1957 bis 1988 war die Standard Schuhfabrik Münchendorf, später Evelyn-Schuhfabrik im Objekt. Diese verfügte auch ab 1964 über eine eigene Betriebsfeuerwehr. Von 1990 war ein Baumarkt und eine Konsum-Filiale, die nach dem Konkurs durch den Zielpunkt abgelöst wurde und bis 1998 geöffnet hatte. Der Baumarkt wurde 2001 geschlossen. Im Herbst wurden sämtliche Objekte der ehemaligen Spinnerei abgerissen.

Die Gemeinde Münchendorf erwarb einen Teil der Liegenschaft und errichtete dort das Gemeindeamt und das Feuerwehrhaus der FF Münchendorf. Auf dem Rest wurden Wohnhäuser errichtet, eine Wiederansiedlung eines Nahversorgers ist bisher immer gescheitert.


Literatur

Petrus Kaserer: 200 Jahre Spinnfabrik Münchendorf in Heimatkundliche Beilagen zum Amtsblatt der BH Mödling, Ausgabe 2/2011

  • Gerhard A. Stadler: Das industrielle Erbe Niederösterreichs, 2006, ISBN 3-2577460-4 Online