Der Brocknerjack: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Der Brocknerjack''' war ein Zauberer und Übeltäter, der der Sage nach gemeinsam mit seinem Weib, der ''schönen Binderin'' im Mölltal in Kärnten und im Pustertal in Tirol sein Unwesen getrieben haben soll.
'''Der Brocknerjack''' war ein Zauberer und Übeltäter, der gemeinsam mit seinem Weib<ref group="A">Der Begriff Weib findet sich in den Primärtextfassungen und wurde deshalb in diesem Artikel ebenfalls verwendet.</ref>, der ''schönen Binderin'', im [[Mölltal]] ([[Kärnten]]) und im [[Pustertal]] ([[Tirol]]) sein Unwesen getrieben haben soll.


== Leben nach der Beschreibung in den Sagen ==
== Leben nach der Beschreibung in den Sagen ==
Der Brocknerjack und sein Weib<ref group="A">Der Begriff Weib findet sich in den Primärtextfassungen und wurde deshalb in diesem Artikel ebenfalls verwendet.</ref> treiben im Mölltal in Kärnten und im Pustertal in Tirol ihr Unwesen. Mehrmaligen Verhaftungen und einer Hinrichtung, die in Lienz stattfinden soll, kann sich der Brocknerjack dank seiner Zauberkräfte entziehen. Diese kann er stets nutzen, sobald er nur ein wenig die Erde berührt. Doch ist er nicht gänzlich unverwundbar. Als er in Bärengestalt einem reichen Bauern auf dem Grafenberg (heute Teil der Gemeinde [[Flattach]]) eine Kuh zerreißen will, verhindert dieser es mit Hilfe eines Steinschlags, der die Hüfte des Brocknerjacks trifft, worauf dieser den Bauern verflucht. Nachdem sein Weib als Hexe lebendig verbrannt wurde, wird der Brocknerjack jedoch unvorsichtig, und es gelingt seinen Häschern ihn endgültig zu fasse, indem sie verhindern, dass er dieses Mal die Erde berühren kann. Nachdem er einige Tage in einem eisernen Käfig gesperrt wurde, wird er auf dem Richtplatz in Lienz verbrannt. Sein Fluch gegen den Bauern erfüllt sich jedoch nach seinem Tod.<ref>Zusammenfassung im Wesentlichen nach der Textausgabe von Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50. Die Auswirkungen dieses Fluches werden nur in der Textausgabe in ''Carinthia'' I / 65, 1875, S. 233-236 erzählt.</ref>.
Der Brocknerjack und sein Weib treiben im Mölltal und im Pustertal ihr Unwesen. Mehrmaliger Festnahme und einer Hinrichtung, die in [[Lienz]] stattfinden soll, kann sich der Brocknerjack dank seiner Zauberkräfte entziehen. Diese kann er stets nutzen, sobald er nur ein wenig die Erde berührt. Doch ist er nicht gänzlich unverwundbar. Als er in Bärengestalt einem reichen Bauern auf dem Grafenberg (heute Teil der Gemeinde [[Flattach]]) eine Kuh zerreißen will, verhindert dieser es mit Hilfe eines Steinschlags, der die Hüfte des Brocknerjacks trifft, worauf dieser den Bauern verflucht. Nachdem sein Weib als Hexe lebendig verbrannt wurde, wird der Brocknerjack jedoch unvorsichtig, und es gelingt seinen Häschern ihn endgültig zu fassen. Nachdem er einige Tage in einen eisernen Käfig gesperrt wurde, wird er auf dem Richtplatz in Lienz verbrannt. Sein Fluch gegen den Bauern erfüllt sich jedoch nach seinem Tod<ref>Nur in der Textausgabe in ''Carinthia'' I / 65, 1875, S. 233-236.</ref>.<ref>Zusammenfassung im Wesentlichen nach der Textausgabe von Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50ff.</ref>
   
   
== Merkmale der Figur des Brocknerjacks ==
== Merkmale der Figur des Brocknerjacks ==
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== Die üblen Taten des Paares ==
== Die üblen Taten des Paares ==
Die Sagen beschränken sich meistens darauf, dass das "üble" Paar sein Unwesen treibt, ohne dass konkrete Übeltaten näher beschrieben werden. Einmal versucht der Brocknerjack in Bärengestalt eine Kuh zu reißen, ansonsten werden noch Schadenszauber, der gegen das Vieh gerichtet ist, Wetterzauber gegen die Ernte (Hagel, Überschwemmungen) und das Verursachen von Bränden erwähnt. Auf die Opfer des Paares, die aus der bäuerlichen Bevölkerung sein dürften, wird nicht näher eingegangen, direkt erwähnt wird nur der Bauer vom Grafenberg. Die Motivation für die Untaten des "üblen" Paares wird nicht gegeben.
Die Sagen beschränken sich meistens darauf, dass das "üble" Paar sein Unwesen treibt, ohne dass konkrete Übeltaten näher beschrieben werden. Einmal versucht der Brocknerjack in Bärengestalt eine Kuh zu reißen, ansonsten werden noch Schadenszauber, der gegen das Vieh gerichtet ist, Wetterzauber gegen die Ernte (Hagel, Überschwemmungen) und das Verursachen von Bränden erwähnt. Auf die Opfer des Paares, die aus der bäuerlichen Bevölkerung sein dürften, wird nicht näher eingegangen, direkt erwähnt wird nur der Bauer vom Grafenberg. Eine Motivation für die Untaten des "üblen" Paares fehlt.


== Übeltäter oder auch Volksheld? ==
== Übeltäter oder auch Volksheld? ==
Die Figur des Brocknerjack ist in den Sagen auf der Erzählebene eindeutig negativ besetzt. Er ist ein böser Unhold, den letztlich sein verdientes Ende ereilt. Eine gewisse Ambivalenz lässt sich aber im Zusammenhang mit seiner ersten Hinrichtung entdecken:  
Die Figur des Brocknerjack ist in den Sagen eindeutig negativ besetzt. Er ist ein böser Unhold mit magischen Fähigkeiten, den letztlich sein verdientes Ende ereilt. Eine gewisse Ambivalenz lässt sich aber im Zusammenhang mit seiner ersten Hinrichtung entdecken:  
< br>"''Auf der Höhe des Berges kam den Leuten<ref group="A">Es handelt sich dabei um Leute aus dem Mölltal in Kärnten die auf dem Weg nach Lienz sind, um sich dort die Hinrichtung des Brocknerjack anszusehen.</ref> ein unbekannter, alter Mann nachgeeilt und frug einen nach dem andern, wohin er gehe, und auf den Bescheid: "nach Lienz, um den berüchtigten Brocknerjack verbrennen zu sehen", sagte der Fremde mit höhnischem Lächeln, da müsse er auch dabei sein; denn ohne ihn könne das interessante Schauspiel nicht stattfinden.''"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref> Gegen den Strich gelesen könnte die Sage um die schief gegangenen Hinrichtung auch als dreister Streich gegen die Obrigkeit gedeutet werden, der bei einem Volkshelden durchaus positiv besetzt ist.  
<br /> "''Auf der Höhe des Berges kam den Leuten<ref group="A">Es handelt sich dabei um Leute aus dem Mölltal in Kärnten die auf dem Weg nach Lienz sind, um sich dort die Hinrichtung des Brocknerjack anszusehen.</ref> ein unbekannter, alter Mann nachgeeilt und frug einen nach dem andern, wohin er gehe, und auf den Bescheid: "nach Lienz, um den berüchtigten Brocknerjack verbrennen zu sehen", sagte der Fremde mit höhnischem Lächeln, da müsse er auch dabei sein; denn ohne ihn könne das interessante Schauspiel nicht stattfinden.''"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref>
Auch was die Mölltaler (Kärntner) wenig später auf dem Richtplatz in Lienz erleben, würde eine solche Deutung zu lassen:
<br />Gegen den Strich gelesen, könnte die Sage um die schief gegangene Hinrichtung auch als dreister Streich gegen die Obrigkeit gedeutet werden, was bei einem Volkshelden durchaus positiv ist.
< br>"''In Lienz auf dem Richtplatze angekommen, fanden sie wohl einen schönen Scheiterhaufen, doch keinen armen Sünder; die Tiroler selbst aber standen mit langen Gesichtern und offenen Mäulern vor dem Gerichtshause, und die Häscher und Schließer, der Scharfrichter und seine Knechte krochen umsonst vom tiefsten Kerker bis auf den Dachboden und in die Rauchfänge. Der Brocknerjack war und blieb verschwunden.''"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref>
 
Daneben sind hier vielleicht auch "nationale" Untertöne auszumachen, als Düpierte werden hier eindeutig Tiroler gezeigt, die Mölltaler (Kärntner) sind dagegen nur die Augenzeugen.
<br />Auch was die Mölltaler (Kärntner) wenig später auf dem Richtplatz in Lienz erleben, würde eine solche Deutung zu lassen:
<br /> "''In Lienz auf dem Richtplatze angekommen, fanden sie wohl einen schönen Scheiterhaufen, doch keinen armen Sünder; die Tiroler selbst aber standen mit langen Gesichtern und offenen Mäulern vor dem Gerichtshause, und die Häscher und Schließer, der Scharfrichter und seine Knechte krochen umsonst vom tiefsten Kerker bis auf den Dachboden und in die Rauchfänge. Der Brocknerjack war und blieb verschwunden.''"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref>
Daneben sind hier vielleicht auch "nationale" Untertöne auszumachen, denn als Düpierte werden hier die Tiroler gezeigt, die Mölltaler (Kärntner) sind dagegen nur Augenzeugen.


== Motive mit Assoziationen zu anderen Stoffen ==
== Motive mit Assoziationen zu anderen Stoffen ==
* "''<...> denn er durfte nur ein klein wenig die Erde berühren, und die Freiheit war ihm durch seine Zauberkünste gewiss.''"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref> Das Motiv
"''<...> denn er durfte nur ein klein wenig die Erde berühren, und die Freiheit war ihm durch seine Zauberkünste gewiss.''"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref> Dieses Moti findet sich bereits in der griechischen Mythologie bei einem Gegner von [[w:Herakles|Herakles]]: [[w:Antaios|Antaios]].
* Der eiserne Käfig hat hier wohl auch dramaturgische Gründe, ... Assoziationen zur Täuferbewegung


== Historische Hinweise? ==
== Historische Hinweise? ==
* Die Zeitangabe in den Sagen "vor einigen hundert Jahren"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref> verweist auf das späte Mittelalter bzw. die frühe Neuzeit.
* Die Zeitangabe in den Sagen "vor einigen hundert Jahren"<ref>vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): ''Sagen aus Österreich'', S. 50</ref> verweist auf das späte Mittelalter bzw. die frühe Neuzeit.
* Das geographische Umfeld, in dem die Sagen um den Brocknerjack und seine Ehefrau stattfinden, sind Teile in den österreichischen Bundesländern Kärnten und Tirol, die im Spätmittelalter die meiste Zeit unter der Herrschaft der Grafen von Görz standen. Bei der Stadt Lienz, für das "üble" Paar der zuständige Gerichtsort, befand sich das Schloss Bruck, das einer ihrer wichtigsten Herrschaftssitze war.   
* Das geographische Umfeld, in dem die Sagen um den Brocknerjack und seine Ehefrau stattfinden, sind Teile in den österreichischen Bundesländern Kärnten und Tirol, die im Spätmittelalter die meiste Zeit unter der Herrschaft der [[w:Grafen von Görz|Grafen von Görz]] standen. Bei der Stadt Lienz, für das "üble" Paar der zuständige Gerichtsort, befand sich das [[Schloss Bruck (Lienz)|Schloss Bruck]], das einer ihrer wichtigsten Herrschaftssitze war.   


== Primärliteratur ==
== Primärliteratur ==
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