Helene Kottannerin: Unterschied zwischen den Versionen

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== Charakterbild ==
== Charakterbild ==
Wegen ihrer "Denkwürdigkeiten" gehört Helene Kottannerin zu den für das Mittelalter seltenen Persönlichkeiten, bei denen Rückschlüsse auf ihren Charakter anhand einer "Primärquelle" möglich sind. Helene entstammte der deutschsprachigen bürgerlich-adeligen Gesellschaft einer damals in westlichen Teil des ungarischen Königreichs gelegenen Handelsstadt. Die ungarische Sprache verstand sie zwar, konnte sie aber nicht selbst sprechen. Vermutlich bereits zuvor, spätestens aber nach ihrer Heirat mit dem Bürgermeister Peter Székeles zählte sie zur städtischen "Elite"-Schicht von Ödenburg. In ihrer Position als Gattin eines Bürgermeisters oder früheren Bürgermeisters dürfte sie entsprechende Erfahrungen gesammelt haben, die später für ihre Karriere am Hof der Königin von Vorteil waren. In ihren "Denkwürdigkeiten" zeigt sie sich als kluge und tatkräftige Frau mit der Fähigkeit zu selbständigen Handeln, die aber auch nicht vergisst, für das, was sie leistet, entsprechenden Lohn zu fordern, den sie, wie das Geschenk des Gutes Kisfalud zeigt, auch einzufordern verstand. Ihr weiteres Leben, soweit aus einigen Urkunden verfolgbar, bestätigt das Bild von ihr, das sich aus den "Denkwürdigkeiten" ergibt.<ref>vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Leben im mittelalterlichen Wien.'' Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1998, ISBN 3-205-98913-9, S. 167f.</ref>
Wegen ihrer "Denkwürdigkeiten" gehört Helene Kottannerin zu den für das Mittelalter seltenen Persönlichkeiten, bei denen Rückschlüsse auf ihren Charakter anhand einer "Primärquelle" möglich sind. Helene entstammte der deutschsprachigen bürgerlich-adeligen Gesellschaft einer damals im westlichen Teil des ungarischen Königreichs gelegenen Handelsstadt. Die ungarische Sprache verstand sie zwar, konnte sie aber nicht selbst sprechen. Vermutlich bereits zuvor, spätestens aber nach ihrer Heirat mit dem Bürgermeister Peter Székeles zählte sie zur städtischen "Elite"-Schicht von Ödenburg. In ihrer Position als Gattin eines Bürgermeisters oder früheren Bürgermeisters dürfte sie entsprechende Erfahrungen gesammelt haben, die später für ihre Karriere am Hof der Königin von Vorteil waren. In ihren "Denkwürdigkeiten" zeigt sie sich als kluge und tatkräftige Frau mit der Fähigkeit zu selbständigen Handeln, die aber auch nicht vergisst, für das, was sie leistet, entsprechenden Lohn zu fordern, den sie, wie das Geschenk des Gutes Kisfalud zeigt, auch einzufordern verstand. Ihr weiteres Leben, soweit aus einigen Urkunden verfolgbar, bestätigt das Bild von ihr, das sich aus den "Denkwürdigkeiten" ergibt.<ref>vgl. [[w:Ferdinand Opll|Ferdinand Opll]]: ''Leben im mittelalterlichen Wien.'' Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1998, ISBN 3-205-98913-9, S. 167f.</ref>


== Sekundärliteratur ==
== Sekundärliteratur ==

Version vom 7. Februar 2018, 19:18 Uhr

Helene Kottannerin, auch Helene Kottanner, Helene Wolfram oder Helene Székeles (* um 1400, vermutlich in Ödenburg, damals Königreich Ungarn[1]; † um 1470 / 1477)[2], ist eine der wenigen Frauen, die im mittelalterlichen Wien gelebt haben und über die etwas mehr als der Name bekannt ist. Ihre "Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin" gelten heute als eine der wertvollsten historischen und literarischen Quellen aus jener Zeit.[2]

Herkunft und Familie

Helene Kottanner war die Tochter des Ödenburger Bürgers Peter Wolfram († nach 1432) [2], der dem örtlichen niederen Adel angehörte.[1] Der Name ihrer Mutter († um / nach 1442) ist nicht überliefert. Sie war eine Ödenburger Einwohnerin, die später im Haus ihres Schwiegersohnes lebte. 1440 lieferte sie Nelkenwein an den Hofhalt von Königin Elisabeth.[3]

Helene Kottanner war zweimal verheiratet[2]:
∞ in 1. Ehe mit dem Patrizier Peter Székeles (* im 14. Jahrhundert, vermutlich um 1375; † um 1430 / 1431), 1402 Ratsherr, 1408-1421 Bürgermeister von Ödenburg[4];
∞ in 2. Ehe seit 1432 mit Johann Kottanner (Hans Kottanner dem Jüngeren) (* um 1408[4]; † nach 1470[5]), einem Bürger der Stadt Wien[2]. Dieser war damals Kammerherr des Dompropstes von St. Stephan in Wien, außerdem ist er als Hausbesitzer für Wien belegt[1]. Die zweite Ehe erfolgte mit der Zustimmung ihres Vaters und ihrer nächsten Verwandten, mit der Erlaubnis des Ödenburger Stadtrates und auf Empfehlung des Wiener Stadtrates und des Wiener Dompropstes.[6]

Helene Kottannerin hatte aus beiden Ehen Kinder, namentlich belegt sind:

  • Wilhelm Székeles, aus der 1. Ehe
  • Katharina Kottanner, aus der 2. Ehe[4] ∞ in 1. Ehe vor 1468 Jörg Ritter von Pellendorf († um 1484 / 1490), Adeliger des Herzogtums Österreich, 1462-1468 Stadtanwalt des Landesfürsten im Stadtrat Wien[2][7]

Leben

Seit 1436 ist Helene Kottannerin am Hof der späteren Königin Elisabeth, der Ehefrau von Herzog Albrecht V. von Österreich (dem späteren römisch-deutschem König Albrecht II.), nachgewiesen, zunächst als Erzieherin der jüngeren Tochter.[8] Nach Albrechts Tod († 27. Oktober 1439) war sie weiterhin im Dienst von Elisabeth, für die sie im Februar 1440 die Stephanskrone aus der Plintenburg holte[A 1]. Nach ihrer eigenen Darstellung war sie zu dieser Zeit die engste Vertraute der Königin.[8] Nicht geklärt ist, ob Helene Kottannerin, nachdem Königin Elisabeth Ladislaus und ihre Tochter Elisabeth König Friedrich III. übergeben hatte, auch weiterhin bei ihnen geblieben ist, wie in der Sekundärliteratur häufig angenommen wird.[9]

1452 erhielten Helene Kottannerin und ihr zweiter Ehemann von König Ladislaus Postumus beziehungsweise von Johann Hunyady, der damals als Gubernator für diesen über das ungarische Königreich herrschte, das Gut Kisfalud auf der Schüttinsel als Geschenk.[2] Diese Schenkung wurde 1470 von König Matthias Corvinus bestätigt.[8] Das Gut gehörte später der Tochter Katharina.

Helene Kottannerin war 1451 die Besitzerin des Hauses in Wien, das sich auf der späteren Kurrentgasse 2 befand. Sie kaufte, vermutlich zusammen mit ihrem Mann, 1454 ein Haus bei der damaligen Wiener Burg, das nach ihrem Tod auf ihre Tochter Katharina überging.[10] Sie und ihr zweiter Ehemann besaßen noch weitere Häuser in Wien, außerdem Weingärten und Fleischbänke.[4].

Charakterbild

Wegen ihrer "Denkwürdigkeiten" gehört Helene Kottannerin zu den für das Mittelalter seltenen Persönlichkeiten, bei denen Rückschlüsse auf ihren Charakter anhand einer "Primärquelle" möglich sind. Helene entstammte der deutschsprachigen bürgerlich-adeligen Gesellschaft einer damals im westlichen Teil des ungarischen Königreichs gelegenen Handelsstadt. Die ungarische Sprache verstand sie zwar, konnte sie aber nicht selbst sprechen. Vermutlich bereits zuvor, spätestens aber nach ihrer Heirat mit dem Bürgermeister Peter Székeles zählte sie zur städtischen "Elite"-Schicht von Ödenburg. In ihrer Position als Gattin eines Bürgermeisters oder früheren Bürgermeisters dürfte sie entsprechende Erfahrungen gesammelt haben, die später für ihre Karriere am Hof der Königin von Vorteil waren. In ihren "Denkwürdigkeiten" zeigt sie sich als kluge und tatkräftige Frau mit der Fähigkeit zu selbständigen Handeln, die aber auch nicht vergisst, für das, was sie leistet, entsprechenden Lohn zu fordern, den sie, wie das Geschenk des Gutes Kisfalud zeigt, auch einzufordern verstand. Ihr weiteres Leben, soweit aus einigen Urkunden verfolgbar, bestätigt das Bild von ihr, das sich aus den "Denkwürdigkeiten" ergibt.[11]

Sekundärliteratur

  • Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 584. digital
  • Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert? Die autobiographischen Schriften einer Frau und zweier Männer im Vergleich. Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin (1439-1440). Des Andreas Lapitz Zug nach Rom 1451 und andere denkwürdige Geschichten. Hanns Hierszmanns, Thürhüthers Herzog Albrecht VI. von Österreich, Bericht über Krankheit und Tod seines Herrn, 1463 und 1464. Diplomarbeit (ungedruckt), Wien, 1994
  • Ferdinand Opll: Leben im mittelalterlichen Wien. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1998, ISBN 3-205-98913-9, S. 165-168 (Biographie)
  • Franz Theuer: Der Raub der Stephanskrone. Der Kampf der Luxemburger, Habsburger, Jagiellonen und Hunyaden im pannonischen Raum, Edition Roetzer, Eisenstadt 1994, ISBN 3-85374-242-4

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Kottanner, Freie Universität Berlin, eingesehen am 28. Dezember 2017
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 584.
  3. vgl. Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?", 1994, S 16
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 vgl. Ferdinand Opll: Leben im mittelalterlichen Wien, 1998, S. 165
  5. vgl. Ferdinand Opll: Leben im mittelalterlichen Wien, 1998, S. 168
  6. vgl. Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?", 1994, S 16f.
  7. vgl. Ferdinand Opll: Leben im mittelalterlichen Wien, 1998, S. 166
  8. 8,0 8,1 8,2 vgl. Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?", 1994, S 17
  9. So zum Beispiel bei Franz Theuer: Der Raub der Stephanskrone, 1994, S. 143f.
  10. vgl. Ferdinand Opll: Leben im mittelalterlichen Wien, 1998, S. 165f.
  11. vgl. Ferdinand Opll: Leben im mittelalterlichen Wien. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1998, ISBN 3-205-98913-9, S. 167f.

Anmerkungen

  1. Diese Aktion wird auch in der wissenschaftlichen Literatur als der "Raub der Stephanskrone" bezeichnet, obwohl es sich juristisch betrachtet um keinen Raub, sondern einen Einbruch handelte.
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