Chronologische Entwicklung der Flüchtlingskrise im Burgenland im September 2015: Unterschied zwischen den Versionen

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=== 18. September: Zwischenbilanz 81.000 Flüchtlinge zwischen 4. und 15. September ===
=== 18. September: Zwischenbilanz 81.000 Flüchtlinge zwischen 4. und 15. September ===
Der für Asylfragen zuständige burgenländische [[w:Landesregierung (Österreich)|Landesrat]] [[w:Norbert Darabos|Norbert Darabos]] gab bekannt, dass im Zeitraum zwischen 4. und 15. November insgesamt 81.000 Flüchtlinge durchs Land gezogen waren. 1742 Asylwerber befanden sich an diesem Tag in der Grundversorgung, wodurch das Burgenland die Quote mit 100,24 Prozent erfüllt hatte.<ref>[http://derstandard.at/2000022448478-2353/81-000-Fluechtlinge-zogen-durchs-Burgenland 81.000 Flüchtlinge zogen durchs Burgenland], Webseite derstandard.at, abgerufen am 18. September 2015</ref>
Der für Asylfragen zuständige burgenländische [[w:Landesregierung (Österreich)|Landesrat]] [[w:Norbert Darabos|Norbert Darabos]] gab bekannt, dass im Zeitraum zwischen 4. und 15. September insgesamt 81.000 Flüchtlinge durchs Land gezogen waren. 1742 Asylwerber befanden sich an diesem Tag in der Grundversorgung, wodurch das Burgenland die Quote mit 100,24 Prozent erfüllt hatte.<ref>[http://derstandard.at/2000022448478-2353/81-000-Fluechtlinge-zogen-durchs-Burgenland 81.000 Flüchtlinge zogen durchs Burgenland], Webseite derstandard.at, abgerufen am 18. September 2015</ref>


In der Zwischenzeit spitzte sich die Lage in Kroatien immer weiter zu, sodass zahlreiche Flüchtlinge von kroatischen Bussen an die ungarische Grenze befördert wurden und dort in ungarische Busse umstiegen.<ref>[http://derstandard.at/2000022449740/Kroatien-schickt-Busse-Richtung-Ungarn Kroatien schickt Busse Richtung Ungarn], Webseite derstandard.at, abgerufen am 18. September 2015</ref>
In der Zwischenzeit spitzte sich die Lage in Kroatien immer weiter zu, sodass zahlreiche Flüchtlinge von kroatischen Bussen an die ungarische Grenze befördert wurden und dort in ungarische Busse umstiegen.<ref>[http://derstandard.at/2000022449740/Kroatien-schickt-Busse-Richtung-Ungarn Kroatien schickt Busse Richtung Ungarn], Webseite derstandard.at, abgerufen am 18. September 2015</ref>

Version vom 16. November 2018, 21:59 Uhr

Die Chronologische Entwicklung der Flüchtlingskrise im Burgenland im September 2015 ist eine tagesgenaue Beschreibung der Vorkommnisse, die sich im Rahmen der Flüchtlingskrise in Europa im September 2015 im Burgenland ereigneten bzw. eine Beschreibung von überregionalen Ereignissen, welche einen Einfluss auf die Situation im Burgenland hatten.

Chronologische Entwicklung der Flüchtlingskrise im September 2015

1. bis 3. September: Ausreisesperre in Ungarn

Schlafende Flüchtlinge auf dem Bahnhof Keteli in Budapest am 4. September 2015
Protestierende Flüchtlinge im Vorfeld des Bahnhofes Keteli am 3. September 2015

Ungarn reagierte umgehend auf die Kritik aus Deutschland und Österreich und sperrte den Bahnhof Keteli.[1] Daraufhin kam es zu Protesten von Flüchtlingen im Vorfeld des Bahnhofes. Am Vormittag des 3. Septembers schließlich schien es, als ob die Polizei den Weg nach Westen wieder freigeben würde, denn gegen elf Uhr konnten 400 Personen einen Zug besteigen, der sie offiziell nach Österreich bringen sollte. Tatsächlich hielt er in Bicske, 37 km westlich von Budapest, von wo aus die Menschen in ein Lager gebracht werden sollten.[2]

4. September: Deutschland und Österreich erlauben die Einreise

Da man in die ungarischen Behörden kein Vertrauen mehr hatte, brach am Nachmittag des 4. Septembers eine Gruppe von 1200 Flüchtlingen zu einem 175 km langen Fußmarsch vom Bahnhof Keteli in Richtung österreichischer Grenze auf.[3] In Österreich hatte sich in der Zwischenzeit eine Facebook-Initiative gegründet, die dazu aufrief, am Sonntag, dem 6. September, in einem Konvoi nach Ungarn zu fahren, um von dort Flüchtlinge in Privatautos nach Österreich zu bringen. Die österreichische Polizei riet daraufhin in einer Presseaussendung davon ab, an diesem Konvoi teilzunehmen, weil man sich damit in beiden Ländern strafbar gemacht hätte.[4]

Am Abend wurde bekannt, dass sich Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann, nach intensiver Rücksprache mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban darauf verständigt hatte, dass die Flüchtlinge in Österreich und auch in Deutschland einreisen dürfen. Die Ungarn begannen daraufhin noch in der Nacht das Gelände um den Bahnhof zu räumen und die Flüchtlinge in Bussen in Richtung Österreich abzutransportieren.[3]

5. September: Über 10.000 Menschen überquerten zu Fuß die Grenze bei Nickelsdorf

Mehrere Tausend Personen bestiegen am 5. September Züge nach Deutschland.

Im Laufe der Nacht überquerten 4000 Menschen den österreichisch-ungarischen Grenzübergang bei Nickelsdorf. Die Menschen mussten im strömenden Regen über die Grenze gehen, weil sich die Ungarn weigerten, ihre Busse nach Österreich fahren zu lassen.[5] Wie das ungarische Innenministerium später mitteilte, waren im Auftrag der Regierung 4500 Flüchtlinge mit Bussen an die Grenze transportiert worden.[6] Die burgenländische Polizei schätzte am Abend die Zahl der in Nickelsdorf angekommenen Personen schon auf mindestens 6500.[7]

Die Menschen wurden vornehmlich mit Zügen in Richtung Wien und Salzburg weitertransportiert. Bereits am Vormittag kam der erste Zug aus Nickelsdorf am Wiener Westbahnhof an, wo die Flüchtlinge von zahlreichen Freiwilligen mit Applaus empfangen und versorgt wurden. Anders als in Ungarn standen auch Dolmetscher bereit, mit denen die Flüchtlinge in ihrer Muttersprache kommunizieren konnten.[6] Bis zum Abend zählten die deutschen Behörden bereits 7000 eingereiste Personen. Prompt kritisierte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann die Entscheidung von Angela Merkel die Grenze zu öffnen als "falsches Signal innerhalb Europas".[8]

Im Laufe des Tages besuchten der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl und der für Asylfragen zuständige Landesrat Norbert Darabos den Grenzübergang Nickelsdorf und bedankten sich bei Einsatzkräften und den freiwilligen Helfern. Landesrat Darabos nutzte die Gelegenheit für heftige Kritik am Nachbarn Ungarn.[9]

6. September: Entspannung der Lage, Autokonvoi nach Ungarn

Bei einer Pressekonferenz in Nickelsdorf gaben Landespolizeidirektor Hans Peter Doskozil und Vertreter des Roten Kreuz bekannt, dass seit Samstag etwa 14.000 Personen über die Grenze kamen. Am Sonntag blieb die Lage hingegen weitgehend ruhig.[10]

Trotz Warnungen der Polizei und des Außenministeriums[11] versammelten sich, laut Angaben der Veranstalter ca. 500 Personen mit 300 Autos, laut Angaben der Polizei waren es 150 Autos, beim Wiener Ernst-Happel-Stadion zum über Facebook organisierten Hilfskonvoi. Viele der Autos waren mit Hilfsgütern wie Kleidung, Decken, Schlafsäcken, Lebensmitteln und Hygieneartikeln beladen. Die österreichische Polizei begleitete den Konvoi bis zur Staatsgrenze. In Ungarn wurde dann nach längerem Hin- und Her von einigen Aktivisten der Bahnhof Keteli in Budapest angefahren und dort die mitgebrachten Hilfsgüter verteilt. Die ganze Aktion litt etwas unter der Tatsache, dass fast alle Flüchtlinge bereits am Vortag die vom Konvoi angefahrenen Stationen schon verlassen hatten.[11]

7. September: Kanzler Faymann in Bratislava, UNHCR rechnet mit 400.000 Flüchtlingen

Bundeskanzler Werner Faymann traf in Bratislava mit dem tschechischen Ministerpräsidenten Bohuslav Sobotka und dem slowakischen Regierungschef Robert Fico zusammen, um für eine Aufteilung der Flüchtlinge innerhalb der EU nach fixen Quoten zu werben. Aber sowohl Fico als auch Sobotka konnten dem Vorschlag von Österreichs Bundeskanzler wenig abgewinnen. Die Statistik über die Anzahl der Asylwerber sprach überdies eine eindeutige Sprache, denn während in Österreich bis Ende August 28.317 Personen Asyl beantragen, waren es in Tschechien 765 und in der Slowakei bis Ende Juni 105 Flüchtlinge.[12]

Ein Sprecher der Wiener Polizei gab bekannt, dass im Laufe dieses Tages 7000 Flüchtlinge durch Wien gereist seien, so gut wie alle mit dem Ziel Deutschland.[13]

Das UNHCR meldete, dass es aufgrund seiner schwierigen finanziellen Lage, die Unterstützung von 229.000 Syrern in Jordanien einstellen musste. Die UN-Organisation rechnete außerdem mit 400.000 Flüchtlingen, die bis zum Jahresende über das Mittelmeer versuchen werden, Europa zu erreichen.[13]

8. September: Bericht aus ungarischem Auffanglager Röszke

Die ungarischen Behörden hatten am Wochenende in Röszke an der Grenze zu Serbien ein Auffanglager errichtet, in dem es Flüchtlinge registrieren wollte, die über den Grenzübergang Horgoš nach Ungarn einreisten. Das Camp war eine Zeltstadt, das ein vier Meter hoher Stacheldrahtzaun umgab, und erinnerte somit eher an ein Internierungslager wie ein Reporter der Tageszeitung Der Standard seine Eindrücke beschrieb. Die Kapazität mit 1000 Schlafplätzen war bereits nach der ersten Nacht erschöpft, sodass viele Menschen im Freien übernachten mussten.[14] Im Laufe der Woche besuchten einige österreichische Freiwillige das Lager, um Hilfsgüter dort abzuliefern, dabei wurden sie zufällig Augenzeugen der dramatischen Umstände, die in Röske herrschten. Das Video, das sie dabei anfertigten und auf YouTube[15] einstellten, erregte große Aufmerksamkeit. Die ungarische Polizei verteidigte ihr Verhalten mit der besonders belasteten Situation für die Polizisten und leitete ihrerseits ein Verfahren gegen die Aktivisten ein.[16]

9. September: über 6000 Grenzübertritte in Nickelsdorf

Im Laufe des Tages kamen über 6000 Flüchtlinge in Nickelsdorf an, davon rund 3700 erst in der Nacht auf Donnerstag.[17]

10. September: Wieder 1600 Flüchtlinge in Nickelsdorf, angespannte Lage in Budapest

Am Nachmittag trafen 1000 Flüchtlinge zu Fuß am Grenzübergang in Nickelsdorf ein, wodurch die Zahl der dort versammelten Menschen auf 4700 anstieg. Am Nachmittag erreichten weitere 600 den österreichischen Grenzort. Viele der Flüchtlinge waren erschöpft und müde, auch viele Kinder waren unter ihnen. Die meisten wollten weiter nach Deutschland reisen und nur wenige stellten einen Asylantrag.[17]

Der Krisenstab, der den Weitertransport zu organisierten hatte, kämpfte einerseits mit dem dürftigen Informationsfluss der ungarischen Behörden und andererseits mit mangelnden Transportkapazitäten. Anders als am letzten Wochenende standen weniger Transportkapazitäten auf der Schiene zur Verfügung, daher wurde die Busflotte mit 18 Bussen der Firma Dr. Richard verstärkt.[18]

11. September: Offener Brief des Bürgermeisters von Nickelsdorf

Am 11. September veröffentlicht der Bürgermeister von Nickelsdorf, Gerhard Zapfl, einen offenen Brief an Bundeskanzler Werner Faymann und Innenministerin Johanna Mikl-Leiter mit folgendem Wortlaut (auszugsweise wiedergegeben):

„... Die Entwicklung des Flüchtlingsstromes nimmt immer dramatischere Formen an. Das vergangene Wochenende, an dem rund 13.000 Personen unseren Ort belagerten, wurde von einer Welle von Hilfsbereitschaft von vielen Freiwilligen aus unserem Dorf geprägt. Die Situation hat sich nun drastisch verändert. So werden die vielen Menschen, die heute unser Ortsgebiet bevölkern zu einem ernsthaftem Problem... Heute ab 7 Uhr begann eine wahre Völkerwanderung von mehreren Tausend Flüchtlingen (in den letzten 24 Stunden kamen ca. 10.000 nach Nickelsdorf), erst zum Bahnhof und als bekannt wurde, dass nun doch keine Züge verkehren, in den Ort hinein, was bei unseren Einwohnern zu großer Sorge und Angst führt! Und der Strom reißt nicht ab! ... Diese Entwicklung war absehbar, die politischen Entscheidungsträger auf Bundesebene haben leider nichts in der nötigen Form entgegengesetzt...“

– Facebook - Gemeinde Nickelsdorf[19]

12. September: Holocaust-Vergleich von Faymann

An diesem Samstag erschien im deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel ein Interview mit Bundeskanzler Werner Faymann, in dem dieser wortwörtlich meinte:

„Flüchtlinge in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woandershin fahren, weckt Erinnerungen an die dunkelste Zeit unseres Kontinents.“

– Spielgel-Interview Werner Faymann[20]

Faymann stellte damit einen historischen Vergleich zu dem Verhalten Ungarns im Jahre 1944 an, als Hunderttausende ungarische Juden unter tatkräftiger Mithilfe der Behörden ins Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau transportiert wurden und so dem Holocaust zum Opfer fielen. Dieser Vergleich belastete die schon seit Tagen angespannten Beziehungen zwischen den Nachbarländern noch mehr. So wurde für den darauffolgenden Montag der österreichische Botschafter ins ungarische Außenministerium beordert.[21]

Die burgenländische Polizei gab bekannt, dass etwa 6600 Flüchtlinge an diesem Tag die Grenze überquert hätten. Die meisten dieser Menschen wurden im Laufe des Tages mit vier Sonderzügen und zahlreichen Bussen von Nickelsdorf weggebracht.[22] Zum ersten Mal kamen im Laufe des Samstages auch in Moschendorf im südlichen Burgenland 70 Flüchtlinge über die Grenze. Für die Nacht auf Sonntag rechnete die Polizei mit Hunderten weiteren Neuankömmlingen in der kleinen burgenländischen Gemeinde.[23]

Die Flüchtlingskrise wirkte sich über die österreichischen Grenze hinweg aus. Die Stadt München kam nach 40000 Migranten, die sie im Laufe der Woche schon aufgenommen hatte, und 10000 weiteren Menschen, die angekündigt waren, an die Grenzen ihrer Aufnahmefähigkeit. Europaweit fanden an diesem Tag unter dem Titel "#EuropeSaysWelcome" Kundgebungen in 100 Städten und 30 Ländern statt. Zehntausende gingen in London und Kopenhagen auf die Straße, um für die Aufnahme von mehr Einwanderern in ihren Ländern zu werben. In Prag, Warschau und Bratislava protestierten nicht nur Befürworter sondern auch Gegner der Aufnahmepolitik.[22]

13. September: ?

14. September: 20.000 Aufgriffe, der absolute Höhepunkt

In den Morgenstunden des 14. Septembers kamen bei Heiligenkreuz immer mehr Immigranten über die ungarische Grenze, sodass die Lage zwischenzeitlich zu eskalieren drohte. Bis zu 4500 Personen mussten am Gelände des Businessparks Heiligenkreuz[24] gleichzeitig von Polizei, Rotem Kreuz, Freiwilliger Feuerwehr und ehrenamtlichen Helfern versorgt werden. Die Polizei versuchte mit dem Aufstellen von Absperrgittern die Situation unter Kontrolle zu bringen. Gegen 14 Uhr entspannte sich die Lage wieder, weil Busse begannen viele Flüchtlinge nach Graz zu bringen. Auch in Ortschaften des Bezirkes Jennersdorf konnten Quartiere wie in den Pfarrheimen von Jennersdorf und Rudersdorf geschaffen werden.[25]

An diesem Tag erfolgten im gesamten Burgenland 19.736 Aufgriffe von Flüchtlingen, das sollte bis auf weiters der höchste Tageswert bleiben. Man gewann den Eindruck, dass Ungarn alle Lager räumte, bevor am 15. September die verschärften Einwanderungsgesetze in Kraft traten.[26]

15. September: Verschärfte Einwanderungsgesetze traten in Ungarn in Kraft

Ungarn hatte in der letzten Nacht die Grenze zu Serbien hermetisch abgeriegelt. Es galten jetzt die verschärften Einwanderungsgesetze, die unter anderem Haftstrafen für Menschen vorsahen, die unerlaubt eingereist waren. Kam auch eine Sachbeschädigung hinzu, wie zum Beispiel das Durchschneiden des Grenzzaunes, dann drohten bis zu fünf Jahre Haft. Auch eine sofortige Abschiebung nach Serbien war statt einer Haftstrafe möglich.[27]

Nach den Rekordzahlen vom Vortrag sank die Anzahl der Neuankömmlinge auf 8.000, davon 550 in Heiligenkreuz, der Rest kam in Nickelsdorf über die Grenze. Nur mehr 49 Personen mussten in den Notschlafstellen in Nickelsdorf und Oberwart übernachten, daher wurde das Notquartier Oberwart am nächsten Tag geräumt.[28]

16. September: Ausschreitungen an ungarisch-serbischen Grenze

Flüchtlinge an der ungarisch-serbischen Grenze bei Röszke

Am nun geschlossenen Grenzübergang zwischen dem ungarischen Röszke und dem serbischen Horgos kam es zu Ausschreitungen von Flüchtlingen, die nach Ungarn wollten, um weiter nach Österreich und Deutschland reisen zu können. Die ungarische Polizei ging mit Tränengas und Wasserwerfern gegen sie vor.[29]

Im Burgenland kehrte nun Ruhe ein, denn bis 14.00 Uhr waren im gesamten Bundesland nur 113 Personen aufgegriffen worden.[28]

17. September: 300 Asylwerber in Heiligenkreuz

In der Nacht auf 18. September überquerte eine weitere Gruppe von ca. 300 Immigranten die Grenze bei Heiligenkreuz. Die Personen wurden mit Bussen nach Graz transportiert.[30]

In der Nacht von 17. auf 18. September verlegte das Kärntner Jägerbataillon 25 mit drei seiner vier Kompanien ins Burgenland, um im Rahmen des Assistenzeinsatzes des Bundesheeres die Polizei zu unterstützen.[31]

18. September: Zwischenbilanz 81.000 Flüchtlinge zwischen 4. und 15. September

Der für Asylfragen zuständige burgenländische Landesrat Norbert Darabos gab bekannt, dass im Zeitraum zwischen 4. und 15. September insgesamt 81.000 Flüchtlinge durchs Land gezogen waren. 1742 Asylwerber befanden sich an diesem Tag in der Grundversorgung, wodurch das Burgenland die Quote mit 100,24 Prozent erfüllt hatte.[32]

In der Zwischenzeit spitzte sich die Lage in Kroatien immer weiter zu, sodass zahlreiche Flüchtlinge von kroatischen Bussen an die ungarische Grenze befördert wurden und dort in ungarische Busse umstiegen.[33]

19. September: neuerlich 9000 Flüchtlinge in Nickelsdorf und Heiligenkreuz

Obwohl es sich angekündigt hatte, dass wieder Flüchtlinge nach Österreich kommen würden[34], war deren Zahl mit 6700 in der Zeit von Mitternacht bis 8.30 Uhr doch etwas überraschend. 2500 waren bis zu diesem Zeitpunkt in Nickelsdorf und 4200 in Heiligenkreuz angekommen. Bis zum Abend erhöhte sich deren Zahl auf 4000 in Nickelsdorf und 5000 in Heiligenkreuz.[35]

Vor allem in der südburgenländischen Ortschaft brachte dies einige Probleme mit sich, weil dieser Grenzübergang nicht über die Kapazitäten und Infrastruktur wie der von Nickelsdorf verfügt. Die Verantwortlichen, 50 Polizisten und 240 Mann des Jägerbataillons 25[36], waren bemüht, die Flüchtlinge so schnell wie möglich abtransportieren zu lassen, wie zum Beispiel mit Sonderzügen, die von Jennersdorf nach Salzburg und Passau fuhren.[37]

Bei den Flüchtlingen handelte es sich um jene Personen, die am Vortag von kroatischen Behörden an Ungarn überstellt und von den dortigen Behörden umgehend nach Österreich weitertransportiert wurden.[36] Zwischen beiden Ländern kam es im Laufe des Tages zu politischen Differenzen, weil die Kroaten angekündigten weiterhin ankommende Flüchtlinge an die ungarische Grenze zu transportieren. Ungarn wiederum riegelte bis zum Abend die 41 km lange Landesgrenze zum Nachbarnland mit einem Stacheldrahtzaun ab.[38]

20. September: Entspannung im Süden, bis zu 10.000 Menschen im Norden

Nur 250 der 5000 am Vortag in Heiligenkreuz angekommenen Menschen musste die Nacht am Grenzübergang in Zelten des Bundesheeres verbringen. Alle anderen waren am Vortag bzw. in der Nacht abtransportiert worden.

In Nickelsdorf hielten sich hingegen an diesem Sonntagmorgen etwa 4700 Flüchtlinge auf.[39][40] Diese Zahl stieg im Laufe des Tages auf ca. 7000 an und fiel dann bis zum Abend auf 4500, da viele Menschen mit Zügen, Bussen und vielen Taxis in Quartiere anderer Bundesländer abtransportiert worden waren. Das Innenministerium gab bekannt, dass es mit ca. 21000 Ankünften an diesem Wochenende rechne. Die Ostautobahn musste aus Sicherheitsgründen in der Zeit zwischen 14:55 Uhr und 19:00 Uhr von der Polizei gesperrt werden.[41] Die Schätzungen für die an diesem Tag in Nickelsdorf durchgeschleusten Menschen schätzte man im Nachhinein auf ungefähr 10.000.[42]

21. September: Besuch des Landeshauptmannes in Nickelsdorf, Kritik an der Transport-Koordination des Bundesheeres

Auch der Montag brachte wieder einen großen Ansturm von Flüchtlingen. Insgesamt zählte das Rote Kreuz 11.000 Ankünfte, wobei 8600 Menschen in betreuten Notquartieren übernachteten, 800 in Sammelstellen. Der Fernverkehr von Salzburg von und nach Bayern wurde an diesem Tag eingestellt und sollte frühestens am 4. Oktober wieder aufgenommen werden. Als Grund für diese Maßnahme der deutschen Behörden wurde das Münchener Oktoberfest vermutet, das am 4. Oktober endete.[43]

Kritik gab es vor allem von privaten Busunternehmen an der Transport-Koordination des Bundesheeres, welche diese vor gut einer Woche von der Polizei übernommen hatte und in der Verkehrsleitzentrale der ÖBB durchführte. Hier galt es den Transport mit dem Zug bzw. mit Bussen, wenn der Zugsverkehr eingestellt war, nach Deutschland zu koordinieren, oder den Abtransport der Flüchtlinge in Notquartiere. Ein Problem stellte der Mangel an Unterkünften dar, sodass angeblich manche vollbesetzte Busse von Nickelsdorf weg fuhren ohne das Ziel ihrer Reise zu kennen. Diese "Geisterbusse" irrten dann oft stundenlang in Österreich umher und fuhren manchmal zeitgleich mit einem geplanten Transport das gleiche Notquartier an. Das Bundesheer bestritt wiederum, dass Busse ohne Ziel auf Reise geschickt würden und vermutete, dass es sich dabei um "Eigeninitativen" handelte, die ohne Rücksprache mit der Verkehrsleitzentrale Flüchtlinge transportierten.[42]

Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl Niessl unter Begleitung von Landesrätin Astrid Eisenkopf und Landesrat Norbert Darabos sowie weiteren Abgeordneten der SPÖ (SPÖ) den Grenzübergang Nickelsdorf, wo er den dort eingesetzten Kräften und freiwillige Helfern seinen Dank aussprach.[42]

22. September: 4500 Flüchtlinge waren schon Routine

Für diesen Tag wurden von den ungarischen Behörden drei Sonderzüge mit jeweils 1500 Personen angekündigt. Die ersten 1500 Menschen trafen zu Mittag in Nickelsdorf ein. Laut Auskunft der Polizei war in der Zwischenzeit die Logistik schon derart optimiert worden, dass 5000 Menschen an einem Tag für die Organisatoren keine größeren Probleme verursachten.[44]

Zwischen Kroatien und Serbien kam es indes zu diplomatischen Spannungen, weil die Kroaten die Grenze zu Serbien vor einigen Tagen geschlossen hatten und nun der Güterverkehr zwischen beiden Ländern still stand. In Kroatien wurden allein in den letzten sechs Tagen 35.000 Flüchtlinge gezählt, von denen ein Großteil mit Bussen an die ungarische Grenze transportiert worden war. Im nördlich gelegenen Slowenien wurden hingegen im gleichen Zeitraum nur 3600 Flüchtlinge gezählt. Aus dieser Tatsache ging somit klar hervor, dass das Burgenland nach wie das Eintrittstor der Asylsuchenden nach Österreich blieb, während die Grenzübergänge in der Steiermark und in Kärnten von der Flüchtlingswelle verschont blieben.[45]

23. September: Über 7000 Flüchtlinge in Nickelsdorf

Im Laufe des Mittwochs kamen vier Sonderzüge im Bahnhof von Hegyeshalom an, von dem aus die Flüchtlinge zu Fuß den Weg zum Grenzübergang Nickelsdorf fortsetzten. Bis zum Nachmittag war es den österreichischen Behörden gelungen, den Grenzübergang wieder zu räumen. Die letzten Personen wurden mit sechs Reisebussen von Nickelsdorf nach Oberösterreich transportiert. Auch in Heiligenkreuz kam an diesem Tag wieder ein kleineres Kontingent von 330 Personen an. Unter welchem Druck die Flüchtlinge standen, zeigte die Tatsache, dass viele bei schlechtem Wetter über Nacht an der Salzach-Brücke in Freilassing ausharrten. Sie fürchteten ihre Platz in der Warteschlange für die Einreise nach Deutschland zu verlieren und nicht mehr ins Land gelassen zu werden. Unter den geschwächten Menschen befanden sich auch zahlreiche Kinder, von denen einige wegen des widrigen Wetters krank wurden und deswegen in Spitäler gebracht werden mussten.[46]

In Brüssel kam es indes zum EU-Sondergipfel der Regierungschefs. Dabei wurde der am Vortag von den EU-Innenminister ausgehandelte Plan von der Aufteilung von 120.000 Flüchtlinge, die sich momentan in Italien und Griechenland aufhielten, beschlossen. In diesen Ländern sollten außerdem die schon lange angekündigten Hotspots für die Registrierung der Immigranten ab November 2015 ihre Arbeit aufnehmen. Dem UNHCR wurden für die Flüchtingslager im Nahen Osten mindestens eine Milliarde Euro als Soforthilfe zugesagt.[47] Während des Gipfeltreffens kam es zu einem offenen Schlagabtausch zwischen Bundeskanzler Werner Faymann und Ungarns Regierungschef Viktor Orban.[48]

24. September: 7200 Flüchtlinge in Nickelsdorf, Spannungen auf dem Balkan

An diesem Tag kamen 7200 Menschen in Nickelsdorf an, 200 weitere bei Heiligenkreuz.[49]

Die Flüchtlingswelle sorgte auf dem Balkan für eine weitere Verschärfung der Situation zwischen Serbien und Kroatien. Nachdem die Kroaten schon vor Tagen die meisten Grenzübergänge zum ehemaligen Kriegsgegner sperrten, verhängte Serbien ein Importverbot für kroatische Waren. Die Kroaten forderten von ihren Nachbarn, dass sie nicht alle Flüchtlinge nach Kroatien durchlassen sondern zumindest die Hälfte nach Rumänien zu überstellen hätten. Bis zu diesem Tage waren mindestens 50.000 Menschen über die grüne Grenze von Serbien nach Kroatien gekommen, von denen die Kroaten 40.000 nach Ungarn weiterreichten, die dann über Nickelsdorf und Heiligenkreuz in Österreich einreisten.[50]

Am späten Nachmittag berichtete die ungarische Nachrichtenagentur MTI von einem neuen Zaunprojekt zwischen Ungarn und Slowenien. Beim ungarischen Grenzübergang Tornyiszentmiklos hatten Soldaten und Polizisten mit der Errichtung einer provisorischen Sperre aus NATO-Stacheldraht begonnen. Ob dieser Zaun die gesamte Grenze in der Länge von 102 km abriegeln sollte, war zunächst nicht bekannt.[51]

Am Donnerstagabend kritisierte der deutsche Innenminister Thomas de Maizière in der Fernsehsendung Maybrit Illner die deutsche Kanzlerin Angela Merkel indirekt mit den Worten mit den Worten:

„Außer Kontrolle geraten ist es mit der Entscheidung, dass man aus Ungarn die Menschen nach Deutschland holt. Das war eine so große Zahl, dass es nicht mehr geordnet ging. Wir sind jetzt dabei, die Dinge wieder etwas zu ordnen.“

– ZDF-Sendung Maybrit Illner[52]

25. September: Verteidigungsminister Klug in Nickelsdorf, Viktor Orbán in Wien

Ein Hubschrauber des Typs Alouette III stand für den Assistenzeinsatz zur Verfügung.

Am Vormittag besuchte Verteidigungsminister Gerald Klug den Grenzübergang Nickelsdorf. In einer Aussendung gab das Bundesheer bekannt, dass 1458 Angehörige der Kaderpräsenzeinheiten[53], die in 10 KPE-Kompanien gegliedert waren, sich im Assistenzeinsatz befanden, die meisten davon im Burgenland. Neben zahlreichen Kraftfahrzeugen standen auch drei Hubschrauber (eine Alouette III, ein OH-58 und eine AB 212) für Transport- und Aufklärungsaufgaben in der Steiermark und im Burgenland bereit.[54]

Bis zum Abend meldete das Landespolizeikommando Burgenland 8900 Ankünfte in Nickelsdorf und 100 in Heiligenkreuz und das an einem Tag, an dem es in Ostösterreich immer wieder regnete.[55] Diese Zahl musste aber am nächsten Morgen noch einmal korrigiert werden, denn endgültig wurden 10.500 Ankünfte in Nickelsdorf und 200 in Heiligenkreuz gezählt.[56] Die Hilfsorganisationen vorort, das Rote Kreuz und der Arbeiter-Samariter-Bund, mussten wegen dieses großen Andrangs ihre Einsatzbereitschaft wieder hochfahren. Beide Organisationen plagten nach Wochen des Dauereinsatzes immer größere Personalsorgen, denn es fehlte auch immer mehr an Verstärkungen aus anderen Bundesländern, da die anderen Länderorganisationen ihr Personal oft selbst für ihre eigenen Flüchtlingseinrichtungen benötigten.[57] Das Rote Kreuz Burgenland setzte daher über Facebook einen Aufruf zwecks freiwilliger Helfer für Nickelsdorf ab.[58] Aber nicht nur am burgenländischen Grenzübergang sondern auch in Wien verschlechterten sich die Zustände immer mehr, wie aus einer Stellungnahme der "Freiwilligen RechtsberaterInnen Hbhf & Wbhf" hervorging, welche der burgenländische Europa-Abgeordnete Michel Reimon auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte.[59]

Der Besuch von Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán in Wien, der den Charakter einer Beschwichtigungstour hatte, war nur mäßig erfolgreich. Nach Gesprächen mit Bundeskanzler Werner Faymann und Vize-Kanzler Rudolf Mitterlehner kam es zu keiner gemeinsamen Pressekonferenz. Auf österreichischer Seite sah Kanzler Faymann keine konkreten Schritte zur Annäherung, während Vize-Kanzler Mittlehner Verständnis für die ungarische Position zeigte. Orban verzichtete auf Anraten seiner politischen Berater auf ein Treffen mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.[60]

Die schwerste Krise seit Ende des Jugoslawien-Krieges zwischen Serbien und Kroatien konnte während des Tages unter Vermittlung der EU beigelegt werden. Die beiderseitigen Grenzsperren wurden am späten Nachmittag aufgehoben. Nach Kroatien waren seit der Schließung der ungarisch-serbischen Grenze 63.800 Flüchtlinge eingereist.[61]

26. September: 12.000 Flüchtlinge in Nickelsdorf, kein Zaun zwischen Ungarn und Slowenien

Insgesamt kamen an diesem Samstag 12000 Flüchtlinge ins Burgenland, 240 in Heiligenkreuz, alle anderen in Nickelsdorf. 3000 Personen wurden im Laufe des Tages mit Bussen und Zügen in Transitquartiere gebracht. Ein Großteil fuhr hingegen mit bereitstehenden Taxis weiter, wodurch die staatliche Transportlogistik merklich entlastet wurde.[56][62]

Laut einer Statistik von Eurostat lag der Anteil von Kinder und Jugendlichen, die im ersten Halbjahr 2015 einen Asylantrag in Österreich stellten, bei einem Drittel. Nur Schweden hatte von allen EU-Staaten prozentuell einen höheren Anteil an asylsuchenden jungen Menschen.[63]

Das Österreichische Rote Kreuz gab bekannt, dass sich an diesem Tag 14000 durchreisende Flüchtlinge in Österreich aufhielten, 11000 davon waren in Notquartieren untergebracht.[63]

Auf dem Balkan kam es auch nach der Grenzöffnung zwischen Serbien und Kroatien zu politischen Geplänkeln. Der kroatische Innenminister unterstellte den Serben, dass sie einen Korridor zu Ungarn geöffnet hätten, da nun weniger Menschen nach Kroatien kommen würden. Serbiens Premierminister Aleksandar Vučić wies diese Anschuldigung umgehend zurück. Wie bekanntgegeben wurde, hatten die Kroaten am Freitag 7895 Flüchtlinge nach Ungarn überstellt, aus Serbien seien einige Hundert dazugekommen. Die ungarischen Behörden hatten diese Menschen mit Zügen umgehend in Richtung Österreich abtransportiert. Der in Bau befindliche Grenzzaun zu Slowenien, der entlang einer Binnen-Schengen-Grenze errichtet werden sollte, wurde von Ungarn wieder abgebaut. Der ungarische Innenminister sprach bei einem Zusammentreffen mit der slowenischen Botschafterin in Budapest von einem Missverständnis und entschuldigte sich.[64]

27. September: 8000 Flüchtlinge wurden erwartet, triumphaler Sieg der FPÖ in Oberösterreich

Bis zu Mittag waren 5000 Menschen über die Grenze bei Nickelsdorf gekommen. Am Nachmittag traf ein weiterer Sonderzug im ungarischen Hegyeshalom ein, ein weiterer wurde von der Polizei für die Zeit zwischen 21 und 22 Uhr erwartet, sodass die Polizei mit insgesamt 8000 Personen für diesen Tag rechnete.[56]

In Ungarn selbst ging die Einreise etwas zurück. Etwa 6200 Flüchtlinge reisten an diesem Tag von Kroatien ein, weitere 200 aus Serbien. Dies erhöhte die Anzahl der seit 1. Jänner in Ungarn eingereisten Personen auf 275.000. Gegen 256 Personen wurden aufgrund der seit 15. September in Kraft getretenen strengen Einwanderergesetze Strafverfahren eingeleitet.[65]

In Salzburg herrschte kurz Aufregung, weil das Gerücht umging, dass Deutschland keine Sonderzüge mehr schicken wolle, um die Flüchtlinge aufzunehmen. Die deutsche Bundesregierung veröffentlichte umgehend ein Dementi und schickte noch am Sonntag einen Zug, der 400 Menschen nach Deutschland brachte. Laut Rotem Kreuz und Caritas drohte an der an der Saalachbrücke bei Freilassing, wo viele Flüchtlinge auf die Einreise nach Deutschland warteten, eine "humanitäre und sanitäre Katastrophe.[66]

Bei den Landtagswahlen in Oberösterreich fuhr die FPÖ einen triumphalen Wahlsieg ein, und konnte ihren Stimmenanteil beinahe verdoppeln. Der Wahlkampf war durch die Flüchtlingskrise überschattet, welche der Freiheitlichen Partei in die Karten spielte.[67][68]

28. September: 3900 Flüchtlinge im Burgenland, 5800 in Kroatien

Einen relativ ruhigen Tag gemessen an den Erfahrungen der letzten Wochen hatten die Einsatzkräfte in Nickelsdorf verbracht. Bis zu Mittag kamen 3700 Flüchtlinge am Grenzübergang an, die bald abtransportiert oder abgereist waren, sodass am Nachmittag das Areal weitgehend verwaist war. In Heiligenkreuz wurden 200 Flüchtlinge gezählt, die beinahe schon übliche Tagesfrequenz.[69]

Kroatische Stellen meldeten, dass an diesem Tag 5800 neue Flüchtlinge registriert wurden. Sie erhöhten damit die Anzahl, der in Kroatien angekommenen Menschen seit der Grenzschließung zwischen Serbien und Ungarn auf 85.000. Die UN meldete, dass eine halbe Million Flüchtlinge seit Jahresbeginn über das Mittelmeer nach Europa kamen. 383.000 gingen in Griechenland an Land, weitere 129.000 in Italien.[69]

29. September: Schließt Deutschland die Grenzen?

Im Burgenland reisten an diesem Tag etwa 6900 Personen über Nickelsdorf und weitere 110 über Heiligenkreuz ein.[70] Außerdem wurde bekannt, dass sich etwa 11000 Personen in Notquartieren aufhielten und dass seit Beginn der Flüchtlingskrise etwa 16000 Asylanträge gestellt worden waren. Dies entsprach ungefähr zehn Prozent, der nach Österreich eingereisten Flüchtlinge. Der anderen 90 Prozent waren nach Deutschland oder Skandinavien weitergereist.[71]

Nachdem sich bereits länger hartnäckig Gerüchte hielten, dass Deutschland keine Sonderzüge mit Flüchtlingen mehr annehmen würde[71], ließ Innenministerin Johanna Mikl-Leitner vor dem routinemäßig stattfindenden Ministerrat mit folgender Bemerkung aufhorchen:

„Man muss sich bewusst sein, wenn es keine internationale Lösung gibt, gibt es nur zwei Möglichkeiten: entweder die Vorgangsweise wie bisher oder dann eben ein strenges Vorgehen an den Grenzen, das heißt, auch mit Gewalteinsatz. ... Dann entstehen Bilder so wie in Mazedonien, dessen muss sich jeder bewusst sein.“

– Johann Mikl-Leitner[69]

Manche Beobachter sahen diese Aussage im Zusammenhang mit Gerüchten aus Regierungskreisen stehen, demnach die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel dem österreichischen Kanzler in Telefongesprächen erklärt hätte, dass Deutschland schön langsam an seine Belastungsgrenzen bezüglich der Aufnahme von Asylwerbern käme. Laut Schätzungen des österreichischen Bundeskanzleramtes hatten seit Anfang September 160.000 Flüchtlinge die deutsch-österreichische Grenze überquert, 133.000 davon mit der Bahn. Österreich wappnete sich daher, den sich im Fall von Grenzschließungen bildeten Rückstau bewältigen zu können. Ein angedachtes Szenario war dabei die Überlegung, in Grenznähe zu Deutschland große Flüchtlingslager zu errichten. Christian Konrad, der Flüchtlingskoordinator der Bundesregierung, war zumindest in dieser Phase der Flüchtlingskrise damit beschäftigt große Lagerhallen anzumieten.[71]

Die Regierung versprach bei einem Treffen mit Vertretern von NGOs (Rotes Kreuz, Arbeiter-Samariter-Bund, Caritas und Diakonie) diesen als Sofortmaßnahme für erbrachte Leistungen 15 Millionen Euro bereitzustellen. Außerdem beabsichtigte man für die Zukunft Mitarbeitern dieser Organisationen den Status von Verwaltungshelfern des Innenministeriums zuzugestehen, um diesen Personen bei ihrer Arbeit Rechtssicherheit zu gewährleisten. Eine weitere Absichtserklärung gab es hinsichtlich der Einführung eines Integrationsjahres für Asylberechtigte, im Rahmen dessen diese dann als Hilfskräfte bei den NGOs eingesetzt werden konnten.[72]

30. September: Geheimpapier zu Flüchtlingskosten, russische Luftangriffe in Syrien

Im ORF Radio wurden die Zahlen eines Geheimpapiers veröffentlicht, das angeblich zur Vorbereitung einer Regierungsklausur erstellt worden war. Diesem Papier lag ein Szenario zugrunde, dass die Zahl der Asylwerber für 2015 mit 80.000 und für 2016 mit 130.000 veranschlagte und von 25.000 positiven Asylbescheiden ausging. Die Kosten hätten demnach für den Zeitraum von 2016 bis 2016 6,5 Milliarden Euro betragen sollen. Rechnete man die Gesamtausgaben für alle Flüchtlinge, inklusive des Familiennachzuges, ein, müsste man bis 2019 mit 12,3 Milliarden Euro rechnen.[73] Das Finanzministerium dementierte in einer Aussendung im Einvernehmen mit der Bundesregierung umgehend das Vorhandensein eines derartigen Geheimpapieres.[70]

Entlang der Grenze zu Österreich führten die tschechische Armee und die Polizei eine Grenzschutzübung durch, an der sich etwa 500 Polizisten und 300 Soldaten beteiligten. Geübt wurde die Besetzung von 20 Grenzposten und die Kontrolle der grünen Grenze, um illegale Einwanderung zu verhindern.[70]

Der Bürgermeister von Nickelsdorf, Gerhard Zapfl, kritisierte in der Wochenzeitung BVZ die Grenzkontrollen von Pendlern auf der Autobahn als reine Alibihandlung, während die Flüchtlinge unkontrolliert ins Land strömten.[74] Zur Situation am Grenzübergang meinte er:

„Derzeit wird geschaut, wie wir in der kalten Jahreszeit über die Runden kommen. Es wird nicht einfacher durch den Winter. Alle sind ratlos, wie es weitergeht, wie viele noch kommen werden. Das hemmt die Arbeit von Einsatzkräften und Freiwilligen.“

– Gerhard Zapfl, Bürgermeister von Nickelsdorf[74]

In Syrien kam es an diesem Tag zu ersten Luftangriffen der russischen Luftwaffe auf Stellungen von Gegnern der syrischen Regierungstruppen.[75] Damit trat der Bürgerkrieg in eine neue Phase, den Zwischenfälle mit dem NATO-Land Türkei und den dort stationierten Flugzeugen der United States Air Force waren vorprogrammiert.[76]

Mit Stichtag 30. September sind bei der NÖ Gebietskrankenkasse 11.431 Asylwerber versichert. Das ist die höchste Zahl im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Im Burgenland waren es mit 1.814 die wenigsten in Österriech[77]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ungarische Polizei sperrte Flüchtlinge aus dem Bahnhof, Webseite wirtschaftsblatt.at, abgerufen am 18. September 2015
  2. Ungarn betrügt Flüchtlinge, Webseite wirtschaftsblatt.at, abgerufen am 18. September 2015
  3. 3,0 3,1 Geflüchtete dürfen aus Ungarn einreisen, Webseite www.tagesschau.de, abgerufen am 18. September 2015
  4. Betrifft Aufruf zum privaten Flüchtlingskonvoi, Webseite www.ots.at, abgerufen am 18. September 2015
  5. ORF-Reporter Andreas Riedl aus Nickelsdorf (ZIB 9:00, 05.09.2015) - 2, Webseite www.youtube.com, abgerufen am 21. September 2015
  6. 6,0 6,1 10.000 Flüchtlinge: Völkerwanderung auf der Autobahn, Webseite mopo24.de, abgerufen am 21. September 2015
  7. Flüchtlinge: Aktuelle Lage in Nickelsdorf (ZIB 1, 05.09.2015) - 1, Webseite www.youtube.com, abgerufen am 21. September 2015
  8. Tausende Flüchtlinge aus Ungarn kommen in Deutschland an, Webseite www.sueddeutsche.de, abgerufen am
  9. Niessl: Helfen im Vordergrund, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am
  10. 14.000 Flüchtlinge über Nickelsdorf gereist, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 26. September 2015
  11. 11,0 11,1 Weitere 1.600 Flüchtlinge angekommen, Webseite wien.orf.at, abgerufen am 26. September 2015 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „orf2730132“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  12. Tschechien und Slowakei weiterhin gegen Flüchtlingsquoten, Webseite diepresse.com, abgerufen am 26. September 2015
  13. 13,0 13,1 Tausende Flüchtlinge weiter auf dem Weg nach Europa, Webseite diepresse.com, abgerufen am 26. September 2015
  14. Flüchtlingsroute: Eilig auf dem Weg nach Norden, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  15. Flüchtlingslager Röszke 09092015, Webseite www.youtube.com, abgerufen am 27. September 2015
  16. Ermittlungen nach Video aus ungarischem Flüchtlingslager Röszke, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  17. 17,0 17,1 Weitere 1.600 Flüchtlinge angekommen, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 26. September 2015
  18. http://www.nachrichten.at/nachrichten/politik/innenpolitik/Tausend-Fluechtlinge-aus-Ungarn-zu-Fuss-nach-Nickelsdorf;art385,1968388 Tausend Flüchtlinge aus Ungarn zu Fuß nach Nickelsdorf, Webseite www.nachrichten.at, abgerufen am 25. September 2015
  19. Facebook - Gemeinde Nickelsdorf - offener Brief, Webseite , aufgerufen am 26. September 2009
  20. Ungarn: Österreichs Kanzler vergleicht Orbáns Flüchtlingspolitik mit Holocaust, Webseite www.spiegel.de, abgerufen am 27. September 2015
  21. Ungarn: Österreichs Kanzler vergleicht Orbáns Flüchtlingspolitik mit Holocaust, Webseite www.spiegel.de, abgerufen am 27. September 2015
  22. 22,0 22,1 Tausende Flüchtlinge überquerten Grenze, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 27. September 2015
  23. Moschendorf nur Zwischenstopp, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 27. September 2015
  24. Businesspark Burgenland - Heiligenkreuz, Webseite www.businesspark-sued.at, abgerufen am 18. September 2015
  25. Region bleibt in Alarmbereitschaft, Print-Ausgabe 38/2015 der BVZ, Seite 9
  26. Fast 20.000 Aufgriffe am Montag im Burgenland, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 18. September 2015
  27. Flüchtlingen drohen Haftstrafen, Webseite orf.at, abgerufen am 24. September 2015
  28. 28,0 28,1 Ankünfte im Burgenland gehen zurück: Nur 49 Schlafplätze belegt, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 24. September 2015
  29. Tränengas gegen Flüchtlinge in Ungarn, Webseite www.tagesschau.de, abgerufen am 24. September 2015
  30. 300 Menschen überquerten Grenze bei Heiligenkreuz, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 18. September 2015
  31. Nickelsdorf: Jägerbataillon 25 im Einsatz, Webseite www.bundesheer.at, abgerufen am 24. September 2015
  32. 81.000 Flüchtlinge zogen durchs Burgenland, Webseite derstandard.at, abgerufen am 18. September 2015
  33. Kroatien schickt Busse Richtung Ungarn, Webseite derstandard.at, abgerufen am 18. September 2015
  34. 3500 Menschen unterwegs: Ungarn soll Flüchtlinge aus Kroatien nach Österreich transportieren, Webseite m.focus.de, abgerufen am 18. September 2015
  35. Wieder Tausende Flüchtlinge angekommen, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 20. September 2015
  36. 36,0 36,1 Wieder tausende Flüchtlinge angekommen, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 18. September 2015
  37. Tausende Flüchtlinge im Burgenland angekommen - Ansturm "überraschend", Webseite diepresse.com, abgerufen am 18. September 2015
  38. Kroatien: "Werden Ungarn weiter zwingen, Flüchtlinge anzunehmen", Webseite diepresse.com, abgerufen am 18. September 2015
  39. Flüchtlinge: Polizei rechnet wieder mit „einigen Tausend“, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 20. September 2015
  40. Rund 4.700 Personen in Nickelsdorf, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 20. September 2015
  41. Flüchtlinge: Zahl in Nickelsdorf auf 4500 geschrumpft, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 20. September 2015
  42. 42,0 42,1 42,2 Niessl dankte Einsatzkräften in Nickelsdorf, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 20. September 2015
  43. Zugverkehr Salzburg-München bleibt bis 4. Oktober eingestellt, Webseite diepresse.com, abgerufen am 22. September 2015
  44. Drei Sonderzüge mit 4.500 Flüchtlingen, Webseite burgenland.orf.at, abgerufen am 22. September 2015
  45. Balkanroute: Flüchtlingsansturm wird noch zunehmen, Webseite diepresse.com, abgerufen am 22. September 2015
  46. 7.000 Menschen kamen seit Mitternacht an, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 24. September 2015
  47. EU-Gipfel in Brüssel - Milliardenhilfen gegen die Flüchtlingskrise, Webseite www.stuttgarter-nachrichten.de, abgerufen am 24. September 2015
  48. EU-Gipfel: Offener Schlagabtausch zwischen Faymann und Orban, Webseite diepresse.com, abgerufen am 24. September 2015
  49. Erneut tausende Flüchtlinge erwartet, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 25. September 2015
  50. Kroatien/Serbien: Am Balkan brechen Ressentiments wieder auf, Webseite diepresse.com, abgerufen am 24. September 2015
  51. Ungarn baut Zaun auch an slowenischer Grenze, Webseite www.lr-online.de, abgerufen am 24. September 2015
  52. [http://www.zdf.de/maybrit-illner/maybrit-illner-5990162.html ZDF-Sendung Maybrit Illner vom 24. September 2015, ca. ab Minute 33
  53. Kräfte für internationale Operationen – Kaderpräsenzeinheiten (KIOP-KPE), Webseite www.bundesheer.at, abgerufen am 24. September 2015
  54. Bundesheer 10 Tage im Assistenzeinsatz, Webseite www.bundesheer.at, abgerufen am 25. September 2015
  55. Klug besuchte Assistenzsoldaten in Nickelsdorf, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 25. September 2015
  56. 56,0 56,1 56,2 11.000 Flüchtlinge kamen am Freitag, 2.600 seit Mitternacht, Webseite www.bvz.at, abgerufen am 26. September 2015
  57. Andrang im Burgenland, Ruhe an steirischer Grenze, Webseite derstandard.at, abgerufen am 25. September 2015
  58. Facebook - Burgenländisches Rotes Kreuz, Webseite www.facebook.com, abgerufen am 25. September 2015
  59. Facebook - Michel Reimon, Webseite www.facebook.com, abgerufen am 25. September 2015
  60. Orbán auf Beschwichtigungstour in Wien, Webseite derstandard.at, abgerufen am 25. September 2015
  61. Serbien nimmt Grenzbeschränkungen gegen Kroatien zurück, Webseite derstandard.at, abgerufen am 25. September 2015
  62. Flüchtlingsrückstau in Salzburg, Webseite diepresse.com, abgerufen am 27. September 2015
  63. 63,0 63,1 8.700 Flüchtlinge kamen am Samstag ins Burgenland, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  64. Ungarn baut Stacheldrahtzaun an slowensicher Grenze wieder ab – Erneut tausende Übertritte an kroatisch-ungarischer Grenze, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  65. 8.700 Flüchtlinge kamen am Samstag ins Burgenland, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  66. Flüchtlinge: Berlin dementiert Einstellung der Sonderzüge aus Salzburg, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  67. Grafik zur Oberösterreich-Wahl: Vorläufiges Endergebnis, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  68. Flüchtlingsthema dominierte klar, Webseite derstandard.at, abgerufen am 27. September 2015
  69. 69,0 69,1 69,2 Mikl-Leitner: Ohne internationale Lösung droht "Gewalteinsatz" an Grenzen, Webseite derstandard.at, abgerufen am 29. September 2015
  70. 70,0 70,1 70,2 12,3 Milliarden bis 2019: Finanzministerium kann Asylkosten nicht nachvollziehen, Webseite derstandard.at, abgerufen am 29. September 2015
  71. 71,0 71,1 71,2 Flüchtlingskrise: Merkel macht Druck auf Wien, Webseite diepresse.com , abgerufen am 29. September 2015
  72. Flüchtlinge: Regierung gibt NGOs Sonderbudget, Webseitediepresse.com , abgerufen am 29. September 2015
  73. Asylwerber: Milliarden Mehrkosten, Webseite oe1.orf.at, abgerufen am 30. September 2015
  74. 74,0 74,1 [Land fordert Unterstützung], Print-Ausgabe BVZ 40/2015, Seite 8
  75. Erste russische Luftangriffe auf Syrien, Webseite www.wienerzeitung.at, abgerufen am 6. Oktober 2015
  76. Türkei meldet weitere Luftraumverletzung, Webseite www.faz.net, abgerufen am 6. Oktober 2015
  77. NÖGKK versichert die meisten Asylwerber auf ORF-Niederösterreich vom 8. Dezember abgerufen am 8. Dezember 2015