Glaubhaftmachung: Unterschied zwischen den Versionen

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Version vom 1. Februar 2023, 20:02 Uhr

Glaubhaftmachung bedeutet im österreichischen Recht, dass eine Tatsache gegenüber einem Gericht oder einer Behörde bescheinigt, nicht aber bewiesen werden muss. Glaubhaftmachung ist also weniger als beweisen.

Bedeutung und Definition

Johann Christoph Adelung nennt als Beispiele für das Wort Glaubhaft: Ein glaubhafter Mann, ein glaubhaftes Zeugniß, dem man glauben kann. Im Sinne, dass etwas - ohne Beibringung eines Beweises - für wahr gehalten wird (geglaubt wird).[1] Das deutsche Rechtswörterbuch (drw) nennt unter dem Begriff: Glaubsamigkeit die Glaubwürdigkeit, das Vertrauen (von bzw. in Personen).[2] Im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS) wird unter Glaubhaftmachung der Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit der zu beweisenden Tatsache angeführt.[3]

Glaubhaftmachung bedeutet im heutigen österreichischen Recht, dass ein Vorbringen aufgrund der äußeren Umstände geglaubt wird, wenn es in der im Gesetz vorgesehen Form erfolgt. Es ist eine tatsächliche Behauptung bzw. eine Bescheinigung ohne Beweischarakter.[4] Bei der Glaubhaftmachung genügt es somit, dass für das Gericht oder die Behörde eine nach den Gesamtumständen und der Lebenserfahrung überwiegende Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der behaupteten Tatsachen gegeben ist.[5]

Das Verfahren zur Glaubhaftmachung ist daher nicht an die Förmlichkeiten des Beweisverfahrens im engeren Sinn gebunden und muss rasch durchgeführt werden. Die Bescheinigungsmittel müssen daher parat sein. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens gilt nicht immer. Ein vom Gesetzgeber als ausreichend erachtete Bescheinigungsverfahren bietet somit nicht jene Rechtsschutz- und Richtigkeitsgarantie, wie das beim einem Prozess geführte Beweisverfahren im engeren Sinn, dem ein höherer Beweismaßstab und auch die Möglichkeit, nicht parate Beweise aufzunehmen sind.[6]

Verwendung des Begriffs

Glaubhaftmachung kann es in jedem Verfahren vor Behörden oder Gerichten geben, in dem es der Feststellung von Tatsachen bedarf. In österreichischen Gesetzen wird der Begriff Glaubhaftmachung z. B. verwendet in:

  • § 8a der 1. Waffengesetz-Durchführungsverordnung
  • § 10 der 2. COVID-19-Basismaßnahmenverordnung
  • § 206 Aktiengesetz
  • §§ 6, 11, 21, 32, 40, 41, 52, 60, 62, Alkoholsteuergesetz 2022
  • § 43 Arbeiterkammer-Wahlordnung
  • Artikel 2 § 9 Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977
  • § 34b Arbeitsmarktservicegesetz
  • § 3 Auslandstitel-Bereinigungsgesetz
  • § 23 Berufsausbildungsgesetz
  • §§ 3, 12, 17, 18, 29 Biersteuergesetz 2022
  • § 138 und § 323e Bundesabgabenordnung
  • § 33a Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb
  • § 8 Bundes-Jugendförderungsgesetz
  • §§ 83, 254, 350 Bundesvergabegesetz 2018
  • § 94 Bundesvergabegesetz Konzessionen 2018
  • § 62 Bundesvergabegesetz Verteidigung und Sicherheit 2012
  • Anlage 1 in der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983
  • § 6 COVID-19-Verkehrsbeschränkungsverordnung
  • § 108c Einkommensteuergesetz 1988
  • § 2 Einrichtung des Fonds zur Instandsetzung der jüdischen Friedhöfe in Österreich
  • § 3 Entgeltfortzahlungs-Zuschuss- und Differenzvergütungs-Verordnung
  • § 3 Entgeltfortzahlungs-Zuschuss- und Differenzvergütungs-Verordnung für die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau
  • § 15 Entschädigungsfondsgesetz
  • § 13 EU-Verschmelzungsgesetz
  • §§ 49 und 418 Exekutionsordnung
  • Artikel 1 § 153 Finanzstrafgesetz
  • §§ 1 bis 4 Form der Glaubhaftmachung im Zusammenhang mit der Phase 2 des COVID-19-Ratenzahlungsmodells
  • § 19 Genossenschaftsspaltungsgesetz
  • §§ 52 und 55 Hochschülerinnen- und Hochschülerschaftswahlordnung 2014
  • §§ 70 und 74 Insolvenzordnung
  • § 22 und Anlage 14 Jachtverordnung
  • § 22 Jurisdiktionsnorm
  • § 37f Kartellgesetz 2005
  • § 5c Kinderbetreuungsgeldgesetz
  • § 4 Kriegsopferversorgungsgesetz 1957
  • §§ 29b, 39, 50 Markenschutzgesetz 1970
  • §§ 9, 12, 27, 32, 33, 44 Mineralölsteuergesetz 2022
  • §§ 25, 27, 87, 91 Mineralrohstoffgesetz
  • §§ 17, 36, 37 Musiktherapiegesetz
  • § 2 Namensänderungsverordnung 1997
  • § 117 Patentgesetz 1970
  • § 7 Produkthaftungsgesetz
  • §§ 21 und 30 Psychologengesetz 2013
  • §§ 17 und 28 Pyrotechnikgesetz 2010
  • §§ 9, 14, 15, 26 Schaumweinsteuergesetz 1995
  • § 32 Schiedsgerichtsordnung der Wiener Börse
  • § 13 Schiffsregisterordnung
  • Artikel 3, 4, 8 Schubabkommen - Übernahme von Personen an der Grenze (Frankreich)
  • § 17 Sortenschutzgesetz 2001
  • § 16 Spaltungsgesetz
  • § 7 Tabakmonopolgesetz 1996
  • 14, 19, 20 Tabaksteuergesetz 2022
  • § 12 Umweltmanagementgesetz
  • § 270 Unternehmensgesetzbuch
  • § 17 Vereinsgesetz 2002
  • 8 Versöhnungsfonds-Gesetz
  • § 30 Wehrgesetz 2001
  • §§ 13 und 14 Wertpapierbereinigungsgesetz
  • §§ 76, 149, 156, 164, 274 Zivilprozessordnung
  • §§ 5 und 38 Zollrechts-Durchführungsgesetz
  • § 7a Zulassungsstellenverordnung
  • § 7 Zuzugsbegünstigungsverordnung 2016

Beispiele

Gemäß Konkursordnung hat das Konkursgericht auf Antrag eines Gläubigers unverzüglich den Konkurs zu eröffnen (wenn der Antrag nicht offenbar unbegründet ist), wenn der Gläubiger glaubhaft macht, dass er eine - wenngleich auch nicht fällige - Konkursforderung hat und dass der Schuldner zahlungsunfähig ist. Dem Gläubiger obliegt es für die Konkurseröffnung z. B. mit dem Konkursantrag zu Bescheinigen, dass er eine unbezahlte Forderung hat.[6]

In Sozialrechtssachen hat das Gericht auf Antrag des Klägers dem beklagten Versicherungsträger eine vorläufige Leistung bis zur rechtskräftigen Beendigung des gerichtlichen Verfahrens durch Beschluss aufzuerlegen, wenn der Kläger seinen Anspruch dem Grunde und der Höhe nach glaubhaft macht. Gelingt dem Kläger jedoch die Glaubhaftmachung nicht, so ist sein Antrag abzuweisen.[7]

In Bezug auf den unbekannten Aufenthalt einer Person und die Zustellung an einen Kurator reicht es nicht, wenn eine Partei als Bescheinigungsmittel zur Glaubhaftmachung nur einen Unzustellbarkeitsvermerk der Post vorlegt oder behauptet, dass er in der Wohnung der Person angerufen habe, die unbekannten Aufenthalts sei. Es ist erforderlich, dass der Antragsteller den ernstlichen Versuch unternommen hat, den derzeitigen Aufenthalt des Empfängers zu ermitteln und gescheitert ist. Umfangreiche Erhebungen kommen zwar nicht in Betracht, jedoch können Erhebungen bei den Hausgenossen und Mitbewohnern der abwesenden Partei notwendig sein.

Einzelnachweise

  1. In seinem Werk Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart (1811), Suchwort: Glaubhaft.
  2. Glaubsamigkeit, Webseite: adw.uni-heidelberg.de.
  3. Glaubhaftmachung, Webseite: dwds.de.
  4. Siehe z. B. § 274 Abs. 1 ZPO.
  5. OGH in 6 Ob 251/00f; Fasching, Kommentar I, 208 Anm. 5 zu § 22 JN; OGH in 5 Ob 366/87.
  6. 6,0 6,1 OGH in 8 Ob 282/01f zum Konkursrecht; ÖBl 1981, 121; 8 Ob 27/88; 8 Ob 240/99y; Fasching, Kommentar I, 208 Anm. 5 zu § 22 JN; OGH in 5 Ob 366/87.
  7. Kuderna ASGG 399 Erl 9 zu § 74.