Heinrich, das Findelkind: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Heinrich von Kempen''', genannt ''Heinrich Findelkind'' oder ''Heinrich, das Findelkind'' (*um 1360<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 29</ref>; † nach 1407 und vor 1414<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 85</ref>) gilt als der Gründer des [[w:Hospiz St. Christoph am Arlberg|Hospizes zu St. Christoph am Arlberg]].
'''Heinrich von Kempten''', genannt ''Heinrich Findelkind'' oder ''Heinrich, das Findelkind'' (*um 1360<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 29</ref>; † nach 1407 und vor 1414<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 85</ref>) gilt als der Gründer des [[w:Hospiz St. Christoph am Arlberg|Hospizes zu St. Christoph am Arlberg]].


== Anfänge ==
== Anfänge ==
Heinrichs Herkunft ist nicht geklärt. Über seine Lebensumstände ist nur das bekannt, was er selbst mitgeteilt hat<ref name ="Büchner1">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 84</ref> Als Wickelkind und einziger Überlebenden einer Naturkatastrophe soll ihn ''Utz der Magyer von [[w:Kempten im Allgäu|Kempten]]''<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 37 und 162</ref> gefunden und zusammen mit seinen eigenen Kindern aufgezogen haben, daher sein Beiname. Noch als Kind musste Heinrich jedoch aus sozialen Gründen sein Zuhause und seine Ziehfamilie verlassen. Auf der Burg [[w:Burg Arlen|Arlen]] bei Nasserein (heute ein Teil von [[St. Anton am Arlberg]]), deren Burgherr damals Jakob von Überrhein (''Jaeklein über Rain'') († um 1406, in [[Pettneu am Arlberg]])<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 28f.</ref> war, fand er Arbeit<ref name ="Büchner2">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 29f.</ref>. <ref name ="Christoph1">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017</ref>
Heinrichs Herkunft ist nicht geklärt. Über seine Lebensumstände ist nur das bekannt, was er selbst mitgeteilt hat.<ref name ="Büchner1">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 84</ref> Als Wickelkind und einziger Überlebender einer Naturkatastrophe soll ihn ''Utz der Magyer'' von [[w:Kempten im Allgäu|Kempten]]<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 37 und 162</ref> gefunden und zusammen mit seinen eigenen Kindern aufgezogen haben, daher sein späterer Beiname. Noch als Kind musste Heinrich jedoch aus sozialen Gründen sein Zuhause und seine Ziehfamilie verlassen. Auf der [[w:Burg Arlen|Burg Arlen]] bei Nasserein (heute ein Teil von [[St. Anton am Arlberg]]), deren Burgherr damals [[Jakob von Überrhein]] (''Jaeklein über Rain'') († um 1406, in [[Pettneu am Arlberg]])<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 28f.</ref> war, fand er Arbeit<ref name ="Büchner2">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 29f.</ref>. <ref name ="Christoph1">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017</ref>


== Die Errichtung der Herberge auf dem Arlbergpass ==
== Die Errichtung der Herberge auf dem Arlbergpass ==
In den Jahren, wo er für den Burgherrn von Arlen arbeitete, erlebte er jedes Frühjahr die Beisetzung von Menschen, die bei der Überquerung des Arlbergs aufgrund der Wetterverhältnisse tödlich verunglückt waren. Um etwas dagegen zu unternehmen, begann er Spenden für den Bau einer Schutzhütte zu sammeln und machte sich auf die Suche für einen geeigneten Bauplatz auf der Höhe des Arlbergpasses. Nachdem er diesen gefunden hatte, gelang es ihm schließlich durch die Vermittlung Jakobs von Überrhein Herzog [[w:Leopold III. (Österreich)|Leopold III. von Österreich]], der damals über die [[w:gefürstete Grafschaft Tirol|Grafschaft Tirol]] herrschte, für dieses Projekt zu gewinnen. Dieser stellte am 27. Dezember 1385 in der Stadt [[Graz]] eine Stiftungsurkunde über das von Heinrich ausgewählte Grundstück aus und forderte seine Untertanen außerdem zur Unterstützung des Bauvorhabens auf. Bereits 1486 soll Heinrich mit Helfern, darunter [[Ulrich Moseck]] von St. Gallen<ref name ="Christoph2">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bau-der-schutzherberge</ref>, die Schutzhütte mit einem Hospiz, erbaut haben.<ref name ="Christoph1">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017</ref> Nach Heinrichs Tod wurde Ulrich Moseck Leiter des Hospizes. Seit ca. 1421 wurde die Schutzhütte als landesfürstliche Taverne betrieben.<ref name ="Büchner3">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 451</ref> Erst im 17. Jahrhundert kamen die Schutzhütte bzw. das Hospiz an die Bruderschaft St. Christoph, die sich um 1540 unter den Bauern des Stanzentals gebildet haben dürfte und 1647 ihre Statuten erhielt. Dass bereits Heinrich von Kempen die Betreuung seiner Herberge dieser Bruderschaft um / nach 1386 anvertraute<ref name ="Christoph1">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017</ref>, dürfte eine Legende sein.<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 85 und S. 431f.</ref>
[[Datei:Austria 1.jpg|thumb|Zeichnung des Hospizes von Gunther Rücker]]
In den Jahren, wo er für den Burgherrn von Arlen arbeitete, erlebte er jedes Frühjahr die Beisetzung von Menschen, die bei der Überquerung des Arlbergs aufgrund der Wetterverhältnisse tödlich verunglückt waren. Um etwas dagegen zu unternehmen, begann er Spenden für den Bau einer Schutzhütte zu sammeln und machte sich auf die Suche für einen geeigneten Bauplatz auf der Höhe des Arlbergpasses. Nachdem er diesen gefunden hatte, gelang es ihm schließlich durch die Vermittlung Jakobs von Überrhein [[Leopold III. von Habsburg|Herzog Leopold III. von Österreich]], der damals über die [[Grafschaft Tirol]] herrschte, für dieses Projekt zu gewinnen. Dieser stellte am 27. Dezember 1385 in der Stadt [[Graz]] eine Stiftungsurkunde über das von Heinrich ausgewählte Grundstück aus und forderte seine Untertanen außerdem zur Unterstützung des Bauvorhabens auf.<ref>vgl. Eva Bruckner: ''Formen der Herrschaftsrepräsentation und Selbstdarstellung habsburgischer Fürsten im Spätmittelalter'', phil. Dissertation (ungedruckt), Wien, 2009, [http://othes.univie.ac.at/5159/1/2009-01-21_9505008.pdf digital], S. 134f.</ref> Bereits 1486 soll Heinrich mit Helfern, darunter [[Ulrich Moseck]] von St. Gallen<ref name ="Christoph2">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bau-der-schutzherberge, eingesehen am 8. Juli 2017</ref>, die Schutzhütte mit einem Hospiz, erbaut haben.<ref name ="Christoph1">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017</ref> Nach Heinrichs Tod wurde Ulrich Moseck Leiter des Hospizes. Seit ca. 1421 wurde die Schutzhütte als landesfürstliche Taverne betrieben.<ref name ="Büchner3">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 451</ref> Erst im 17. Jahrhundert kamen die Schutzhütte bzw. das Hospiz an die Bruderschaft St. Christoph, die sich um 1540 unter den Bauern des Stanzentals gebildet haben dürfte und 1647 ihre Statuten erhielt. Dass bereits Heinrich von Kempten die Betreuung seiner Herberge dieser Bruderschaft um / nach 1386 anvertraute<ref name ="Christoph1">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/der-lebensretter-vom-arlberg, eingesehen am 8. Juli 2017</ref>, dürfte eine Legende sein.<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 85 und S. 431f.</ref>


== Weitere Gründungen, die auf Heinrich von Kempen zurückgeführt werden ==
== Weitere Gründungen, die auf Heinrich von Kempten zurückgeführt werden ==
1397 erlaubte Papst [[w:Bonifaz IX.|Bonifaz IX.]] Heinrich von Kempen den Bau einer Kapelle und stellte dazu einen Gnadenbrief aus. 1398 soll diese der damalige Bischof von Brixen dem Hl. Christopherus geweiht haben.<ref>https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bruderschaftskapelle, eingesehen am 8. Juli 2017</ref> Erst 1421 ist jedoch für diese Kapelle für kurze Zeit ein Kaplan nachgewiesen. Danach wurde die Kapelle viele Jahre von der Bewohnerschaft des innersten Stanzertales als Pfarrkirche genutzt<ref>vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 451</ref>, ehe sie im 17. Jahrhundert ebenfalls der Bruderschaft St. Christoph überlassen wurde.
1397 erlaubte Papst [[w:Bonifaz IX.|Bonifaz IX.]] Heinrich von Kempten den Bau einer Kapelle und stellte dazu einen Gnadenbrief aus. 1398 soll diese der damalige Bischof von Brixen dem Hl. Christopherus geweiht haben.<ref>https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bruderschaftskapelle, eingesehen am 8. Juli 2017</ref> Erst 1421 ist jedoch für diese Kapelle für kurze Zeit ein Kaplan nachgewiesen. Danach wurde die Kapelle viele Jahre von der Bewohnerschaft des innersten Stanzertales als Pfarrkirche genutzt<ref name ="Büchner3">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 451</ref>, ehe sie im 17. Jahrhundert ebenfalls der Bruderschaft St. Christoph überlassen wurde.


== Würdigungen ==
== Würdigungen ==
Heinrich wurde später wegen seiner Dienste an der Menschheit das Recht zur Führung eines Wappens verliehen, dies vermutlich von Herzog [[w:Leopold IV. (Habsburg)|Leopold IV. von Österreich]], einem der Söhne von Herzog Leopold III.<ref>vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bau-der-schutzherberge</ref> <ref name ="Büchner1">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 84</ref>
Heinrich wurde später wegen seiner Dienste an der Menschheit, vermutlich von Herzog [[Leopold IV. (Habsburg)|Leopold IV. von Österreich]], einem der Söhne von Herzog Leopold III., das Recht zur Führung eines eigenen Wappens verliehen.<ref name ="Christoph2">vgl. https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ueber-uns/unsere-geschichte/bau-der-schutzherberge, eingesehen am 8. Juli 2017</ref> <ref name ="Büchner1">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 84</ref>


== Heinrich von Kempen in Legende und Sage ==
== Heinrich von Kempten in Legende und Sage ==
Das sich um die Gründung von sozialen Einrichtungen Sagen und Legenden bilden, ist nicht ungewöhnlich. In diesem Fall kommt noch hinzu, dass der Gründer des Hospizes auf dem Arlberg ein Mann war, über den nicht viel übeliefert ist, wobei sich bereits einige Angaben aus seiner eigenen Lebensgeschichte, so z. B. die Zeitangaben, ob Heinrich tatsächlich als Schweinehirte gearbeitet hat etc., auf ihre Richtigkeit hinterfragen lassen<ref name ="Büchner2">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 29f.</ref>. Während hier vermutlich eine Stilisierung vorliegen könnte, dürfte es sich bei der Rolle, die die Bruderschaft St. Christoph im Spätmittelalter gespielt haben soll, um eine gezielte Legendenbildung handeln.
Dass sich um die Gründung von bekannten sozialen Einrichtungen Sagen und Legenden bilden, ist nicht ungewöhnlich. In diesem Fall kommt noch hinzu, dass der Gründer des Hospizes auf dem Arlberg ein Mann war, der aus einfachen Verhältnissen stammte und über den nicht viel überliefert ist, wobei sich bereits einige Angaben aus seiner eigenen Lebensgeschichte, so z. B. die zeitlichen Angaben oder ob Heinrich tatsächlich zuvor als Schweinehirte gearbeitet hat, auf ihre Richtigkeit hinterfragen lassen<ref name ="Büchner2">vgl. Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg'', S. 29f.</ref>. Während hier vermutlich eine Stilisierung vorliegen könnte, dürfte es sich bei der Rolle, die die Bruderschaft St. Christoph im Spätmittelalter gespielt haben soll, um eine gezielte Legendenbildung handeln.


=== Heinrich, das Findelkind, der Gründer des Hospizes zu St. Christoph auf dem Arlberg ===
=== Heinrich, das Findelkind, der Gründer des Hospizes zu St. Christoph auf dem Arlberg ===
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Robert Büchner: ''Heinrich Findelkind''. In: ders.: ''St. Christoph am Arlberg''. Die Geschichte von Hospiz und Taverne, Kapelle und Bruderschaft, von Brücken, Wegen und Straßen, Säumern, Wirten und anderen ... (Ende des 14. bis Mitte des 17. Jahrhunderts). Wien / Köln / Weimar: Boehlau Verlag, 2005. ISBN 978-3205772828, S. 27
* Robert Büchner: ''St. Christoph am Arlberg''. Die Geschichte von Hospiz und Taverne, Kapelle und Bruderschaft, von Brücken, Wegen und Straßen, Säumern, Wirten und anderen Menschen an einem Alpenpass (Ende des 14. bis Mitte des 17. Jahrhunderts). Boehlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2005. ISBN 978-3205772828
* Joseph Maria Mayer: ''Heinrich Findelkind''. In: ders.: ''Das Regentenhaus Wittelsbach oder: Geschichte Bayerns''. Regensburg 1880 (Aischines Verlag, 2015, Neudruck. ISBN 978-3738740202), S. 372-374
* Joseph Maria Mayer: ''Heinrich Findelkind''. In: ders.: ''Das Regentenhaus Wittelsbach oder: Geschichte Bayerns''. Aischines Verlag, Regensburg, 1880. (2015, Neudruck, 2015. ISBN 978-3738740202), S. 372-374
 
* [[Franz Xaver Hollnsteiner]]: ''Die Herberg zu Sankt Christoph: Eine Erzählung um Heinrich Findelkind'', 1954, Verlag St. Gabriel
* Tiroler Tageszeitung, 12. / 13. Juli 1997, abrufbar unter https://www.bruderschaft-st-christoph.org/sites/default/files/bruderschaft_bericht_in_der_tt_en_0.pdf, eingesehen am 8. Juli 2017


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ (Website Bruderschaft St. Christoph), eingesehen am 8. Juli 2017
* [https://www.bruderschaft-st-christoph.org/ Website der Bruderschaft St. Christoph], eingesehen am 8. Juli 2017
* [https://www.bruderschaft-st-christoph.org/sites/default/files/bruderschaft_bericht_in_der_tt_en_0.pdf Tiroler Tageszeitung], 12. / 13. Juli 1997, eingesehen am 8. Juli 2017


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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