Schlom: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Schlom''', auch '''Salomon''' (* im 12. Jahrhundert; † [[1196]], in [[Wien]]) war "Bankier" in Wien und herzoglicher Münzmeister. Er gilt als der erste namentlich bekannte jüdische Bewohner von Wien.
'''Schlom''', auch '''Salomon''' (* im 12. Jahrhundert; † [[1196]], in [[Wien]]) war "Bankier" in Wien und herzoglicher Münzmeister. Er gilt als der erste namentlich bekannte jüdische Bewohner von Wien und als erster namentlich bekannter Jude im Herrschaftsgebiet der Babenberger.


== Herkunft und Familie ==
== Herkunft und Familie ==
Über Schloms Herkunft und Familie ist bisher nichts Genaues bekannt.
Über Schloms Herkunft und Familie ist bisher nichts Genaues bekannt. Er dürfte vor 1194, wo er urkundlich genannt ist, ins [[Herzogtum Österreich]] gekommen sein. In der Geschichtsforschung wird vermutet, dass er aus der Stadt [[w:Regensburg|Regensburg]] beziehungsweise dem [[w:Herzogtum Bayern|Herzogtum Bayern]] stammte. Als weniger wahrscheinlich wird eine mögliche Herkunft aus dem [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Königreich]] eingestuft.<ref name ="ndb100">vgl. ''Neue Deutsche Biographie'', 2007, S. 100</ref>


== Leben ==
== Leben ==
Schlom war in den 1190er-Jahren das Haupt der damaligen jüdischen Gemeinde in Wien. Im Zusammenhang mit dem Lösegeld für [[Richard Löwenherz in Österreich|König Richard (I.) Löwenherz]] († 1199) gründete [[Leopold V. (Österreich)|Herzog Leopold (V.) von Österreich]] ("''Leopold dem Tugendreichen''") († 1194) das [[Gremium der Hausgenossen]] und machte ihn zu seinem Münzmeister. Schloms Aufgabe war es, den Anteil des Herzogs am Lösegeld, etwa 50.000 Mark, die 1194 als Silberbarren in Wien eintrafen, umzuprägen.<ref name ="Czeike">vgl. {{Czeike|5|100||Schlom}}</ref>
Schlom, erstmals 1194 urkundlich genannt,  dürfte damals das Haupt der jüdischen Gemeinde in Wien gewesen sein.<ref name ="Czeike">vgl. {{Czeike|5|100||Schlom}}</ref> Vermutlich wurde er bereits vor 1194 von [[Leopold V. (Österreich)|Herzog Leopold (V.) von Österreich]] ("''Leopold dem Tugendreichen''") († 1194) als dessen Münzmeister nach Wien berufen. Als dieser dürfte er besonders für die Lieferung von Silber an die Münzstätte in [[Krems an der Donau|Krems]] mit Silber zuständig gewesen sein.<ref name ="ndb100"/> Nach der älteren Forschung war er auch für die Umprägung des herzoglichen Anteils am Lösegeld, das [[Richard Löwenherz in Österreich|König Richard (I.) Löwenherz]] († 1199) gezahlt hatte und das 1194 als Silberbarren in Wien eintraf, zuständig.<ref name ="Czeike"/> Nach der neueren Forschung wird dagegen vermutet, dass er deshalb 1194 wegen der Gründung des [[Gremium der Hausgenossen|Gremiums der Hausgenossen]] sein Amt als Münzmeister verlor.<ref name ="ndb100"/> Der nächste herzogliche Münzmeister nach ihm ist erst um 1207 in Wien namentlich belegt und war kein Jude: [[Dietrich der Reiche]].<ref name ="Czeike"/>


1194 hatte Schlom außerdem wegen eines Weingartens in Baumgarten (heute Teil des [[Penzing (Wien)|14. Wiener Gemeindebezirks "Penzing"]]) einen Streit mit dem bayrischen [[w:Kloster Vornbach|Kloster Vornbach]]<ref group="A">Das ehemalige [[w:Kloster Vornbach|Kloster Vornbach]] befand sich im heutigen Bayern und somit außerhalb des damaligen [[Herzogtum Österreich|Herzogtums Österreich]]. Ihm gehörten aber im Mittelalter dort viele Besitzungen.</ref>, den bereits [[Friedrich der Katholische|Herzog Friedrich (I.) "''der Katholische''"]] († 1198), Leopolds Sohn und Nachfolger als Herzog von Österreich, schlichten musste.<ref name ="Czeike"/>  
1194 sprach der Herzog dem bayrischen [[w:Kloster Vornbach|Kloster Formbach (Vornbach)]]<ref group="A">Das ehemalige [[w:Kloster Vornbach|Kloster Formbach (Vornbach)]] befand sich im heutigen Bayern und somit außerhalb des damaligen [[Herzogtum Österreich|Herzogtums Österreich]]. Ihm gehörten aber im Mittelalter dort viele dort gelegene Besitzungen.</ref> einen in Baumgarten  (heute Teil des [[Penzing (Wien)|14. Wiener Gemeindebezirks "Penzing"]]) gelegenen Weingartens <ref group="A">Nach dem Historiker [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]] soll es dabei aber um einen, vermutlich in Grinzing (heute Teil des [[Döbling|19. Wiener Gemeindebezirks "Döbling"]]) gelegenen, Weinberg gegangen sein. Vgl. ''Neue Deutsche Biographie'', 2007, S. 100</ref> zu, um den das Kloster mit Schlom, der diesen Weingarten als Grundherr besessen haben dürfte, prozessiert hatte. 1195 bestätigte [[Friedrich der Katholische|Herzog Friedrich (II.) von Österreich]] ("''Friedrich den Katholischen''") († 1198), der inzwischen seinem Vater  Leopold (V.) revidiert, dem Kloster Formbach den Besitz des Weingartens, allerdings hatte dieses Schlom dafür eine Entschädigung zu zahlen.<ref name ="ndb100"/>


Schlom beschäftigte neben jüdischem auch christliches Personal. Im Jahr 1196 stahl ihm einer seiner Bediensteten, der sich einer auf der Reise ins Heilige Land in Wien weilenden [[w:Kreuzzug|Kreuzfahrergruppe]] angeschlossen hatte, 24 Mark. Als Schlom den Täter inhaftieren ließ, hetzte dessen Ehefrau Kreuzfahrer gegen Schlom auf, die ihn und weitere 15 Juden ermordeten. Herzog Friedrich (I.) ließ noch 1196 zwei der Rädelsführer enthaupten.<ref name ="Czeike"/> Erst um 1207 ist ein weiterer Münzmeister in Wien namentlich belegt: [[Dietrich der Reiche]], er war kein Jude.<ref name ="Czeike"/>
Schlom beschäftigte neben jüdischem auch christliche Mägde und Knechte. 1196 stahl ihm einer seiner christlichen Knechte 24 Mark. Als Schlom den Täter deshalb gerichtlich belangen ließ, beklagte sich dessen Ehefrau darüber bei einer [[w:Kreuzzug|Kreuzfahrergruppe]], die sich auf ihrem Weg ins Heilige Land vorübergehend in Wien aufhielten. Daraufhin drangen einige dieser Kreuzfahrer in Schloms Haus ein und erschlugen ihn mit 15 anderen Juden. Herzog Friedrich (I.) ließ noch 1196 zwei der Rädelsführer enthaupten.<ref name ="Czeike"/><ref name ="ndb100"/>  


== Besitzverhältnisse ==
== Besitzverhältnisse in der Stadt Wien ==
Schlom besaß in der damaligen Stadt Wien vier in der heutigen Seitenstettengasse 4 und 6 gelegenen Grundstücke, angrenzend an die spätere Synagoge in der Judengasse (Seitenstettengasse 2 / Judengasse 14).<ref name ="Czeike"/> Noch im 13. Jahrhundert wurde die Wiener Judenansiedlung aus dem Gebiet der Seitenstettengasse auf den heutigen Judenplatz verlegt.<ref name ="wienwiki">vgl. {{WiWi|Schlom}}, abgerufen am 25. Februar 2024</ref>
Schlom besaß in der damaligen Stadt [[Wien]]<ref group="A">Die Stadt Wien war damals die größte Stadt im [[Herzogtum Österreich]] und gehörte zu dessen [[w:Landstände|Landständen]]. Sie war unter der Herrschaft der [[Babenberger]] seit [[Heinrich II. (Österreich)|Herzog Heinrich (II.)]] ("''Heinrich Jasomirgott''") Sitz des Herzogs von Österreich und gehörte zu den wichtigsten Residenzen der [[Habsburger]]. Im 15. Jahrhundert behauptete Wien sich als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns", aber erst im 17. Jahrhundert wurde es die Hauptstadt des "Habsburgerreiches". Bis Mitte des 19. Jahrhunderts umfasste die Stadt Wien im Wesentlichen jenen Stadtteil, der heute den ersten Bezirk bildet. Erst Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Wiener Bezirke 2-9. Ende des 19. Jahrhunderts beziehungsweise in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entstanden durch Eingemeindung die Bezirke 10-23.</ref> vier Grundstücke (Hofstätten) im Bereich der heutigen Seitenstettengasse (heute in etwa Seitenstettengasse 4 und 6 / Desider-Friedman-Platz). Neben diesen ließ er eine Synagoge ("''scola iudeorum''") erbauen (heute etwa im Bereich Seitenstettengasse 2 / Judengasse 14), die noch 1204 als solche bestand.<ref name ="Czeike"/><ref name ="ndb100"/> Noch im 13. Jahrhundert wurde die Wiener Judenansiedlung aus dem Gebiet der Seitenstettengasse auf den heutigen Judenplatz verlegt.<ref name ="wienwiki">vgl. {{WiWi|Schlom}}, abgerufen am 25. Februar 2024</ref>


== Eine zeitgenössische Quelle ==
== Eine zeitgenössische Quelle ==

Version vom 25. Februar 2024, 23:05 Uhr

Schlom, auch Salomon (* im 12. Jahrhundert; † 1196, in Wien) war "Bankier" in Wien und herzoglicher Münzmeister. Er gilt als der erste namentlich bekannte jüdische Bewohner von Wien und als erster namentlich bekannter Jude im Herrschaftsgebiet der Babenberger.

Herkunft und Familie

Über Schloms Herkunft und Familie ist bisher nichts Genaues bekannt. Er dürfte vor 1194, wo er urkundlich genannt ist, ins Herzogtum Österreich gekommen sein. In der Geschichtsforschung wird vermutet, dass er aus der Stadt Regensburg beziehungsweise dem Herzogtum Bayern stammte. Als weniger wahrscheinlich wird eine mögliche Herkunft aus dem böhmischen Königreich eingestuft.[1]

Leben

Schlom, erstmals 1194 urkundlich genannt, dürfte damals das Haupt der jüdischen Gemeinde in Wien gewesen sein.[2] Vermutlich wurde er bereits vor 1194 von Herzog Leopold (V.) von Österreich ("Leopold dem Tugendreichen") († 1194) als dessen Münzmeister nach Wien berufen. Als dieser dürfte er besonders für die Lieferung von Silber an die Münzstätte in Krems mit Silber zuständig gewesen sein.[1] Nach der älteren Forschung war er auch für die Umprägung des herzoglichen Anteils am Lösegeld, das König Richard (I.) Löwenherz († 1199) gezahlt hatte und das 1194 als Silberbarren in Wien eintraf, zuständig.[2] Nach der neueren Forschung wird dagegen vermutet, dass er deshalb 1194 wegen der Gründung des Gremiums der Hausgenossen sein Amt als Münzmeister verlor.[1] Der nächste herzogliche Münzmeister nach ihm ist erst um 1207 in Wien namentlich belegt und war kein Jude: Dietrich der Reiche.[2]

1194 sprach der Herzog dem bayrischen Kloster Formbach (Vornbach)[A 1] einen in Baumgarten (heute Teil des 14. Wiener Gemeindebezirks "Penzing") gelegenen Weingartens [A 2] zu, um den das Kloster mit Schlom, der diesen Weingarten als Grundherr besessen haben dürfte, prozessiert hatte. 1195 bestätigte Herzog Friedrich (II.) von Österreich ("Friedrich den Katholischen") († 1198), der inzwischen seinem Vater Leopold (V.) revidiert, dem Kloster Formbach den Besitz des Weingartens, allerdings hatte dieses Schlom dafür eine Entschädigung zu zahlen.[1]

Schlom beschäftigte neben jüdischem auch christliche Mägde und Knechte. 1196 stahl ihm einer seiner christlichen Knechte 24 Mark. Als Schlom den Täter deshalb gerichtlich belangen ließ, beklagte sich dessen Ehefrau darüber bei einer Kreuzfahrergruppe, die sich auf ihrem Weg ins Heilige Land vorübergehend in Wien aufhielten. Daraufhin drangen einige dieser Kreuzfahrer in Schloms Haus ein und erschlugen ihn mit 15 anderen Juden. Herzog Friedrich (I.) ließ noch 1196 zwei der Rädelsführer enthaupten.[2][1]

Besitzverhältnisse in der Stadt Wien

Schlom besaß in der damaligen Stadt Wien[A 3] vier Grundstücke (Hofstätten) im Bereich der heutigen Seitenstettengasse (heute in etwa Seitenstettengasse 4 und 6 / Desider-Friedman-Platz). Neben diesen ließ er eine Synagoge ("scola iudeorum") erbauen (heute etwa im Bereich Seitenstettengasse 2 / Judengasse 14), die noch 1204 als solche bestand.[2][1] Noch im 13. Jahrhundert wurde die Wiener Judenansiedlung aus dem Gebiet der Seitenstettengasse auf den heutigen Judenplatz verlegt.[3]

Eine zeitgenössische Quelle

Details zur Ermordung des herzoglichen Münzmeisters und seiner Leidensgenossen finden sich in einer zeitgenössische hebräische Quelle, dem "Erinnerungsbuch" des Bonner Rabbiners und Chronisten Ephraim bar Jakob († um 1200).[4]

Literatur

  • Felix Czeike (Hrsg.): Schlom. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 100.
  • Robert-Tarek Fischer: Österreichs Kreuzzüge. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230. Böhlau Verlag, Wien / Köln, 2021. ISBN 978-3-205-21376-5, S. 172-173
  • Johann Jandrasits (Hrsg.): Judentum im Mittelalter. Schloß Halbturn 4.5.-26.10. 1978, Eisenstadt, 1978, S. 176, S. 185, S. 254 und Katalog-Nr. 2a-d
  • Das Österreichische Jüdische Museum, Wien, 1988, Katalog, S. 2
  • Klaus Lohrmann: Schlom. In: Neue Deutsche Biographie, Duncker & Humblot, Berlin, 2007, Bd. 23, S. 100 online
  • Klaus Lohrmann - Ferdinand Opll: Regesten zur Frühgeschichte von Wien (= (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 10), Verein für Geschichte der Stadt Wien [et al.], Wien, 1981, Nr. 250 und Nr. 283
  • Ignaz Schwarz: Geschichte der Juden in Wien bis zum Jahre 1625. In: Geschichte der Stadt Wien. Hrsg. vom Altertumsverein zu Wien. Holzhausen, Wien, 1901, Band 5, siehe Register
  • Danielle Spera: 100 x Österreich: Judentum, Amalthea Signum Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-903217-47-8

Weblinks

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 vgl. Neue Deutsche Biographie, 2007, S. 100
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Schlom. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 100.
  3. vgl. Schlom im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 25. Februar 2024
  4. vgl. Robert-Tarek Fischer: Österreichs Kreuzzüge, 2021, S. 173


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