Leopold III. (Österreich): Unterschied zwischen den Versionen

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== Herkunft und Familie ==  
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Leopold "''der Heilige''" entstammte einer Herrscherfamilie, die heute als die [[Babenberger]] bezeichnet wird. Er war der einzige Sohn von [[Leopold II. (Österreich)|Markgraf Leopold "''dem Schönen''"]] aus dessen Ehe mit [[Itha von Babenberg|Itha]] und vermutlich zweimal verheiratet.<ref name ="kleindelstammtafel">vgl. Walter Kleindel: ‚''Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur''. Wien / Heidelberg: Ueberreuter 1978, Stammtafel der Babenberger (im Anhang)</ref>
Leopold "''der Heilige''" entstammte einer Herrscherfamilie, die heute als die [[Babenberger]] bezeichnet wird. Er war der einzige Sohn von [[Leopold II. (Österreich)|Markgraf Leopold "''dem Schönen''"]] aus dessen Ehe mit [[Itha von Babenberg|Itha]] und vermutlich zweimal verheiratet.<ref name ="kleindelstammtafel">vgl. Walter Kleindel: ‚''Österreich Chronik. Daten zur Geschichte und Kultur''. Wien / Heidelberg: Ueberreuter 1978, Stammtafel der Babenberger (im Anhang)</ref>
<br />in 1. Ehe mit einer [[N.N. von Babenberg|Adeligen]], deren Identität nicht eindeutig gesichert ist
<br />in 1. Ehe mit einer [[N.N. von Babenberg|Adeligen]], deren Identität nicht eindeutig gesichert ist
:* [[Adalbert der Andächtige|Adalbert "der Andächtige"]] († um 1138)
:* vermutlich [[Adalbert der Andächtige|Adalbert "der Andächtige"]] († um 1138)<ref>vgl. [[w:Tobias Weller (Historiker)|Tobias Weller (Historiker)]]: ''Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert'' (=  (Rheinisches Archiv. Veröffentlichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universität Köln. Bd. 149). Böhlau, Köln / Weimar / Wien, 2004. ISBN 3-412-11104-X, S. 341f.</ref>
in 2. Ehe (Eheschließung am 7. August 1106<ref name ="scheibelreiter161">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 161</ref> ) mit [[Agnes von Hohenstaufen|Agnes]] († 1143), Tochter von [[w:Heinrich IV. (HRR)|Kaiser Heinrich IV.]] (1084–1105) ([[w:Salier|Salier]]), Witwe von [[w:Friedrich I. (Schwaben)|Herzog Friedrich (I.)]] von [[w:Herzog von Schwaben|Schwaben]] ([[w:Hohenstaufen|Hohenstaufen]])<ref name ="kleindelstammtafel"/> Aus dieser Ehe soll er 18 Kinder gehabt haben, von denen sieben jung verstorben sind.<ref name ="lechnerLeopold22">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 22</ref>
in 2. Ehe (Eheschließung am 7. August 1106<ref name ="scheibelreiter161">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 161</ref> ) mit [[Agnes von Hohenstaufen|Agnes]] († 1143), Tochter von [[w:Heinrich IV. (HRR)|Kaiser Heinrich IV.]] (1084–1105) ([[w:Salier|Salier]]), Witwe von [[w:Friedrich I. (Schwaben)|Herzog Friedrich (I.)]] von [[w:Herzog von Schwaben|Schwaben]] ([[w:Hohenstaufen|Hohenstaufen]])<ref name ="kleindelstammtafel"/> Aus dieser Ehe soll er 18 Kinder gehabt haben, von denen sieben jung verstorben sind.<ref name ="lechnerLeopold22">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 22</ref>
:* [[Heinrich II. (Österreich)|Heinrich (II.) "Jasomirgott"]]<ref name ="kleindelstammtafel"/>, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Baiern, Markgraf / Herzog von Österreich
:* [[Heinrich II. (Österreich)|Heinrich (II.) "Jasomirgott"]]<ref name ="kleindelstammtafel"/>, Pfalzgraf bei Rhein, Herzog von Baiern, Markgraf / Herzog von Österreich
:* [[Leopold (Bayern)|Leopold (IV.) "der Freigiebige"]]<ref name ="kleindelstammtafel"/>, Herzog von Baiern, Markgraf von Österreich
:* [[Leopold (Bayern)|Leopold (IV.) "der Freigiebige"]]<ref name ="kleindelstammtafel"/>, Herzog von Baiern, Markgraf von Österreich
:* [[Bertha von Babenberg|Bertha]] († um 1150) mit Burggraf Heinrich (III.) von [[w:Regensburg|Regensburg]] aus der Familie der [[w:Babonen|Babonen]]. Zu ihren Nachkommen gehören jene Dichter, die als der [[w:Burggraf von Regensburg|Burggraf von Regensburg]] und als der [[w:Burggraf von Rietenburg|Burggraf von Riedenburg]] bekannt sind.<ref name ="scheibelreiter227">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 227</ref>  
:* [[Bertha von Babenberg|Bertha]] († um 1150) mit Burggraf Heinrich (III.) von [[w:Regensburg|Regensburg]] aus der Familie der [[w:Babonen|Babonen]]. Zu ihren Nachkommen gehören jene Dichter, die als der [[w:Burggraf von Regensburg|Burggraf von Regensburg]] und als der [[w:Burggraf von Rietenburg|Burggraf von Riedenburg]] bekannt sind.<ref name ="scheibelreiter227">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 227</ref>  
:* [[w:Agnes von Babenberg|Agnes]] († im Januar 1163, in [[w:Altenburg|Altenburg]])) mit [[w:Władysław II. (Polen)|Herzog Wladislaw von Schlesien]] († 1159), zeitweise polnischer König<ref name ="kleindelstammtafel"/>, sie gilt als eine "Stammmutter" der Herzöge von Schlesien<ref name ="lechnerLeopold19">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 19</ref>
:* [[Agnes von Schlesien|Agnes]] († 25. Jänner, vor 1159) mit [[w:Władysław II. (Polen)|Herzog Wladislaw von Schlesien]] († 1159), zeitweise polnischer Herzog<ref name ="kleindelstammtafel"/>, sie gilt als eine "Stammmutter" der Herzöge von Schlesien<ref name ="lechnerLeopold19">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 19</ref>
:* Ernst († nach 1137)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* Ernst († nach 1137)<ref name ="kleindelstammtafel"/>, urkundlich letztmals 1137 genannt, wurde nach dem "Chronicon pii marchionis" in Stift Heiligenkreuz beigesetzt<ref name ="Weller348">vgl. [[w:Tobias Weller (Historiker)|Tobias Weller (Historiker)]]: ''Die Heiratspolitik des deutschen Hochadels im 12. Jahrhundert'' (=  (Rheinisches Archiv. Veröffentlichungen des Instituts für geschichtliche Landeskunde der Rheinlande der Universität Köln. Bd. 149). Böhlau, Köln / Weimar / Wien, 2004. ISBN 3-412-11104-X, S. 348</ref>
:* [[w:Otto von Freising|Otto]], Propst von [[Stift Klosterneuburg|Klosterneuburg]], Abt von [[w:Kloster Morimond|Morimund]], Bischof von [[w:Erzbistum München und Freising|Freising]] († 1158)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* [[w:Otto von Freising|Otto]], Propst von [[Stift Klosterneuburg|Klosterneuburg]], Abt von [[w:Kloster Morimond|Morimund]], Bischof von [[w:Erzbistum München und Freising|Freising]] († 1158)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* [[Konrad von Passau|Konrad]], Bischof von Passau, dann Erzbischof von Salzburg<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* [[Konrad von Passau|Konrad]], Bischof von Passau, dann Erzbischof von Salzburg<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* Elisabeth († 1143) mit Hermann von Winzenburg<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* [[Gertrud von Böhmen|Gertrud]] († 1151) ⚭ mit dem [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Herzog und König]] [[w:Vladislav II.|Wladislaw (II.)]] († 1174)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* Judith mit [[w:Wilhelm V. (Montferrat)|Markgraf Wilhelm (V.) von Montferrat]] († 1191)<ref name ="kleindelstammtafel"/> Sie war die Mutter von [[w:Konrad (Montferrat)|Markgraf Konrad von Montferrat ]] († 1192), dem Herren von Tyrus, der eine entscheidende Rolle auf dem sogenannten [[w:Dritter Kreuzzug|Dritten Kreuzzug]] spielte und 1192 durch seine Ehe mit [[w:Isabella I. (Jerusalem)|Isabella (I.) von Jerusalem]] kurze Zeit König von Jerusalem war. Seine Enkelin war [[w:Isabella II. (Jerusalem)|Isabella (II.)]] († 1228), eine der Ehefrauen von [[w:Friedrich II. (HRR)|Kaiser Friedrich II.]] († 1250)
:* [[Elisabeth von Winzenburg|Elisabeth]] († um / nach 1143) mit [[w:Hermann II. von Winzenburg|Hermann (II.) von Winzenburg]], Landgraf von Sachsen († 1152)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* Gertrud († 1151) ∞ mit dem [[w:Königreich Böhmen|böhmischen Herzog und König]] [[w:Vladislav II.|Wladislaw (II.)]] († 1174)<ref name ="kleindelstammtafel"/>
:* [[Jutta von Babenberg|Jutta (Ita, Judith)]] ⚭ mit [[w:Wilhelm V. (Montferrat)|Markgraf Wilhelm (V.) von Montferrat]] († 1191)<ref name ="kleindelstammtafel"/> Sie war die Mutter von [[w:Konrad (Montferrat)|Markgraf Konrad von Montferrat ]] († 1192), dem Herren von Tyrus, der eine entscheidende Rolle auf dem sogenannten [[w:Dritter Kreuzzug|Dritten Kreuzzug]] spielte und 1192 durch seine Ehe mit [[w:Isabella I. (Jerusalem)|Isabella (I.) von Jerusalem]] kurze Zeit König von Jerusalem war. Seine Enkelin war [[w:Isabella II. (Jerusalem)|Isabella (II.)]] († 1228), eine der Ehefrauen von [[w:Friedrich II. (HRR)|Kaiser Friedrich II.]] († 1250)


== Herrschaften ==
== Herrschaften ==
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Unter seiner Herrschaft ist um 1120/22 mit dem Amt eines Truchsesses das erste der sogenannten Hausämter belegt, die gewöhnlich nur für Höfe der Herzöge und Könige charakteristisch sind.<ref name ="lechnerLeopold20">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 20</ref>
Unter seiner Herrschaft ist um 1120/22 mit dem Amt eines Truchsesses das erste der sogenannten Hausämter belegt, die gewöhnlich nur für Höfe der Herzöge und Könige charakteristisch sind.<ref name ="lechnerLeopold20">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 20</ref>


== Leben ==
== Anfänge ==
[[File:Wien 1 -011120 - 01 Leopold Figl-Gasse, Denkmal Hl. Leopold 1936.jpg|thumb|Der Heilige Leopold, Mosaik von Leopold Schmid aus dem Jahr 1936, Ecke Herrengasse-Leopold Figl-Gasse, Wien 1]]
[[File:Wien 1 -011120 - 01 Leopold Figl-Gasse, Denkmal Hl. Leopold 1936.jpg|thumb|Der Heilige Leopold, Mosaik von Leopold Schmid aus dem Jahr 1936, Ecke Herrengasse-Leopold Figl-Gasse, Wien 1]]
Leopold soll 1104 die "Schwertleite" erhalten haben.<ref name ="neukam86">Susanna Neukam: ''Schweigen ist Silber, Herrschen ist Gold''. Die Babenbergerinnen und ihre Zeit. Amalthea Signum Verlag, Wien, 2013. ISBN 978-3-85002-822-6, S. 86</ref> Für seine Karriere erwies es sich als äußerst vorteilhaft, dass er, gemeinsam mit seinem Schwager, dem böhmischen König, 1105 im Krieg zwischen [[w:Heinrich IV. (HRR)|Kaiser Heinrich IV.]] und seinem gleichnamigen Sohn, dem späteren Kaiser [[w:Heinrich V. (HRR)|Heinrich V.]] vor der entscheidenden Schlacht am Fluss Regen von der Seite des Vaters auf die Seite des Sohnes wechselte.<ref name ="wachaleopold25">vgl. [[w:Georg Wacha|Georg Wacha]]: ''Leopold III. als Symbol in Österreichs Geschichte''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 25</ref> Der Preis für diesen Seitenwechsel, der sich politisch für ihn auszahlen sollte, war die prestigeträchtige Ehe mit der verwitweten Kaisertochter Agnes.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 160f.</ref> Dieser Seitenwechsel, inklusive möglicher Ursachen, wurde in der Geschichtsforschung entweder entschuldigt, positiv umgedeutet oder auch kritisch gesehen.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 156-161</ref> In einem neueren Heiligenlexikon wird der Seitenwechsel unter dem Aspekt eines später "zur Ehre der Altäre Erhobenen" als Verhinderung eines Krieges nicht nur positiv gedeutet, sondern durch die Information ergänzt, dass Markgraf Leopold politische Konflikte weitgehend vermied und während seiner Herrschaft über die Markgrafschaft Österreich, die etwa 41 Jahre dauerte, selbst keinen einzigen Krieg von sich aus führte.<ref name ="spitzer">vgl. Bernadette Spitzer: ''Von Bischofsstab bis Besenstil'', 2020, S. 330</ref> Um 1118/19 kam es allerdings zu Grenzstreitigkeiten mit dem ungarischen König [[w:<ref name ="Lohrmann236">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1, S. 236</ref>|Stephan II.]] († 1131). Dabei lässt sich eine zunehmende Unabhängigkeit des Markgrafen vom Kaiser erkennen. Im Unterschied zu früheren Unternehmungen, welche die Markgrafen im Verbund mit dem königlich-kaiserlichen Heer unternommen hatten, handelte Markgraf Leopold offensichtlich sozusagen im Alleingang, als er, gemeinsam mit seinem Schwager, dem böhmischen Herzog Bořivoj (II.), die ungarischen Heerscharen auf ungarisches Gebiet verfolgte. Dort gelang es ihm eine Festung einzunehmen und diese in Brand zu stecken. Das Zusammenwirken mit dem böhmischen Herzog erfolgte offensichtlich auch nicht mehr, weil dieser mit dem König beziehungsweise Kaiser verbündet war.<ref">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1, S. 249 und S. 250</ref>
Bei jemandem, der im Mittelalter gelebt hat, dessen Anfänge in die Zeit des sogenannten "[[w:Erster Kreuzzug|Ersten Kreuzzugs]]" fallen und der noch vor dem 20. Jahrhundert heilig gesprochen wurde, überrascht, dass er an keiner der damaligen Militärzüge ins Heiligen Land teilgenommen hat. Noch überraschender aber ist, dass es auch keine zeitgenössischen Belege dafür gibt, dass der Markgraf tatsächlich die Kreuzzugbewegung in irgendeiner Form unterstützt hätte, wenn einmal von der Teilnahme seiner Mutter an einer dieser Unternehmung abgesehen wird.<ref>vgl. [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge''. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230. Böhlau Verlag, Wien / Köln, 2021. ISBN 978-3-205-21376-5, S. 21 und S. 23</ref> Das ist insofern interessant, da sein Herrschaftsgebiet zur gängigen Route jener Kreuzfahrerheere gehörte, die auf dem Landweg ins Heilige Land zogen.<ref name="Fischer22">vgl. [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge''. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230. Böhlau Verlag, Wien / Köln, 2021. ISBN 978-3-205-21376-5, S. 22</ref> Information, dass Leopold den Ersten Kreuzzug zumindest finanziell unterstützt hätte, findet sich erst bei späteren Geschichtsschreibern und Chronisten aus der Zeit um und nach 1500.<ref>vgl. [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge''. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230. Böhlau Verlag, Wien / Köln, 2021. ISBN 978-3-205-21376-5, S. 22f.</ref> Für die Gründe, warum der Markgraf sich vom Glaubenskrieg um 1096 weitgehend fernhielt, lässt sich nur mutmaßen. Naheliegend ist, dass ihm die damalige Kreuzzugsbewegung zeitlich recht ungelegen kam, da er nur wenige Monate zuvor, die Nachfolge seines Vaters angetreten hatte.<ref name="Fischer21">vgl. [[w:Robert-Tarek Fischer|Robert-Tarek Fischer]]: ''Österreichs Kreuzzüge''. Die Babenberger und der Glaubenskrieg 1096-1230. Böhlau Verlag, Wien / Köln, 2021. ISBN 978-3-205-21376-5, S. 21</ref> Erst 1104 soll der Markgraf seine "Schwertleite" erhalten haben.<ref name ="neukam86">Susanna Neukam: ''Schweigen ist Silber, Herrschen ist Gold''. Die Babenbergerinnen und ihre Zeit. Amalthea Signum Verlag, Wien, 2013. ISBN 978-3-85002-822-6, S. 86</ref> Die Sicherung seiner Herrschaft und vielleicht auch ihr Ausbau dürften für den jungen Markgrafen Priorität gehabt haben.<ref name="Fischer21"/>


Es war allerdings keineswegs erst die Ehe mit Agnes, welche Leopolds Familie eine angesehene Position unter den Reichsfürsten verschaffte. Bereits in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts hatten seine Familie mit dem Erwerb des [[w:Herzogtum Schwaben|Herzogtums Schwaben]] und den Marken im bairischen [[w:Nordgau (Bayern)|Nordgau]] eine bedeutende Position im Süden des Reiches gehabt, die allerdings wieder verloren gegangen war. Nachdem seine direkten Vorfahren ihre Herrschaft in der Mark "Österreich" zunächst mit Unterstützung des Königs beziehungsweise des Kaisers und dann durch eine kluge Ehepolitik und eine Annäherung an den reformkirchlichen Adel gestärkt hatten, bedeutete die Ehe des Markgrafen Leopold (III.) "''des Heiligen''" mit Agnes eine erneute Stärkung der Beziehungen zum König beziehungsweise Kaiser, die aber nun keine einseitige Abhängigkeit von diesem mehr bedeutete, wie dies noch um die Mitte des 11. Jahrhunderts der Fall gewesen war. Als günstig sollte es sich zudem erweisen, dass die Nachkommen der Markgräfin aus ihren beiden Ehen in den nächsten Generationen gewöhnlich Verbündete und nicht Konkurrenten waren.<ref name ="scheibelreiter162"/>
== Der "Seitenwechsel" am Regen und seine Folgen ==
Für die Karriere des Markgrafen erwies es sich als äußerst vorteilhaft, dass er, gemeinsam mit seinem Schwager, dem böhmischen König, 1105 im Krieg zwischen [[w:Heinrich IV. (HRR)|Kaiser Heinrich IV.]] und seinem gleichnamigen Sohn, dem späteren Kaiser [[w:Heinrich V. (HRR)|Heinrich V.]] vor der entscheidenden Schlacht am Fluss Regen von der Seite des Vaters auf die Seite des Sohnes wechselte.<ref name ="wachaleopold25">vgl. [[w:Georg Wacha|Georg Wacha]]: ''Leopold III. als Symbol in Österreichs Geschichte''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 25</ref> Der Preis dafür, der sich politisch für Leopold (III.) auszahlen sollte, war die prestigeträchtige Ehe mit der verwitweten Kaisertochter Agnes.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 160f.</ref> Dieser Seitenwechsel, inklusive möglicher Ursachen, wurde in der Geschichtsforschung entweder entschuldigt, positiv umgedeutet oder auch kritisch gesehen.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 156-161</ref> In einem neueren Heiligenlexikon wird der Seitenwechsel unter dem Aspekt eines später "zur Ehre der Altäre Erhobenen" als Verhinderung eines Krieges nicht nur positiv gedeutet, sondern durch die Information ergänzt, dass Markgraf Leopold kriegerische Konflikte weitgehend vermied und während seiner Herrschaft über die Markgrafschaft Österreich, die etwa 41 Jahre dauerte, selbst keinen einzigen Krieg von sich aus führte.<ref name ="spitzer">vgl. Bernadette Spitzer: ''Von Bischofsstab bis Besenstil'', 2020, S. 330</ref>  


Nachdem Kaiser Heinrich V. 1125 gestorben war, wurde Markgraf Leopold von den bairischen Adeligen als Nachfolgekandidat präsentiert, nachdem der bairische Herzog [[w:Heinrich IX. (Bayern)|Heinrich (IX.) "''der Schwarze''"]] († 1126) sich nicht selbst zur Wahl stellte. Das spricht nicht nur für sein Ansehen im Reich, sondern dürfte auch ein Indiz dafür sein, dass er im Stammesherzogtum Bayern nach dem bairischen Herzog als der angesehenste Adlige galt. Zudem wäre der Markgraf mit Blick auf die beiden aussichtsreichsten Kandidaten ein guter Kompromisskandidat gewesen, war er doch einerseits ein Schwager des verstorbenen Kaisers und andererseits auch ein Mann er "Reformkirche" und somit wohl für viele akzeptabel. Allerdings ersuchte der Markgraf selbst, von seiner Wahl abzusehen.<ref name ="scheibelreiter166">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 166</ref> Ob diese Entscheidung tatsächlich wegen seines "hohen" Alters und der großen Anzahl seiner Söhne geschah, wie überliefert ist, wird in der neueren Forschung hinterfragt. Über seine tatsächlichen Gründe beziehungsweise weitere Gründe kann jedoch nach der Quellenlage nur geschlussfolgert werden.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010., S. 166ff.</ref> Deutungen aus der Geschichtsforschung des 19. und 20. Jahrhundert sind von der jeweiligen Geschichtssicht der Historikerin beziehungsweise des Historikers beeinflusst.<ref name ="scheibelreiter166"/>
== Stellung des Markgrafen im Reichsverband ==
Es war allerdings keineswegs erst die Ehe mit Agnes, welche Leopolds Familie eine angesehene Position unter den Reichsfürsten verschaffte. Bereits in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts hatten seine Familie mit dem Erwerb des [[w:Herzogtum Schwaben|Herzogtums Schwaben]] und den Marken im bairischen [[w:Nordgau (Bayern)|Nordgau]] eine bedeutende Position im Süden des Reiches gehabt, die allerdings der Familie wieder verloren gegangen war. Nachdem Leopolds direkte Vorfahren ihre Herrschaft in der Mark "Österreich" zunächst mit Unterstützung des Königs beziehungsweise des Kaisers und dann durch eine kluge Ehepolitik und eine Annäherung an den reformkirchlichen Adel gestärkt hatten, bedeutete die Ehe des Markgrafen Leopold (III.) "''des Heiligen''" mit Agnes eine erneute Stärkung der Beziehungen zum König beziehungsweise Kaiser, nun aber keine einseitige Abhängigkeit von diesem mehr, wie dies noch um die Mitte des 11. Jahrhunderts der Fall gewesen war. Als günstig sollte es sich zudem erweisen, dass die Nachkommen der Markgräfin aus ihren beiden Ehen in den nächsten Generationen gewöhnlich als Verbündete und nicht als Konkurrenten agierten.<ref name ="scheibelreiter162"/>


In den Jahren nach der Königswahl hielt sich der Markgraf vorwiegend in seiner Mark auf und widmete sich fast ausschließlich dieser. Auf das Geschehen um das Königtum nahm er keinen Einfluss mehr, soweit sich das heute noch feststellen lässt. Über die Gründe lässt sich nur schlussfolgern. Vielleicht versuchte er eine offene Konfrontation mit dem neuen König [[w:Lothar III. (HRR)|König Lothar]] zu vermeiden. Die offene Gegnerschaft seiner Stiefsöhne [[w:Friedrich II. (Schwaben)|Friedrich]] († 1147) und [[w:Konrad III. (HRR)|Konrad]] († 1152) zu diesem dürfte für ihn eine schwierige Lage bedeutet haben. Daneben wäre auch vorstellbar, dass er eine offene Konfrontation auch deswegen zu vermeiden trachtete, weil diese für ihn Probleme mit der "Reformkirche" gebracht hätte.<ref name ="scheibelreiter175">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 175</ref>
== Die Grenzstreitigkeiten mit dem ungarischen König um 1118/19 ==
Wie die Grenzstreitigkeiten mit dem ungarischen König [[w:Stephan II. (Ungarn)|Stephan II.]] († 1131) um 1118/19 zeigen, hielt sich der Markgraf allerdings nicht von kriegerischen Auseinandersetzung fern, wenn dies für ihn erforderlich war.<ref name ="Lohrmann236">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1, S. 236</ref> Während dieser verfolgte der Markgraf mit seinem Schwager, dem böhmischen Herzog Bořivoj (II.), die ungarischen Heerscharen bis auf das Herrschaftsgebiet des ungarischen Königs, wo es ihm gelang, eine Festung einzunehmen und diese in Brand zu stecken. Im Unterschied zu früheren Unternehmungen gegen ungarische Könige, bei welcher der Kaiser bzw. römische König unterstützt wurde, waren diese Kämpfe ein Alleingang des österreichischen Markgrafen und des böhmischen Herzogs und erfolgte nicht mehr auf Befehl des König beziehungsweise Kaiser oder aus einer Bündnisverpflichtung diesem gegenüber. Politisch lässt sich hier eine zunehmende Unabhängigkeit des Markgrafen vom Herrscher des Heiligen Römischen Reich erkennen.<ref">vgl. [[w:Klaus Lohrmann|Klaus Lohrmann]]: "''Die Babenberger und ihre Nachbarn''". Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2020. ISBN 978-3-205-20636-1, S. 249 und S. 250</ref>  


In seinen letzten Lebensjahren erlebte Markgraf Leopold noch einen verheerenden Einfall aus dem [[w:Königreich Ungarn|ungarischen Königreich]], nachdem es dort nach dem Tod von [[w:Stephan II. (Ungarn)|König Stephan (II.)]] (1131) zu einem Nachfolgestreit kam.<ref name ="scheibelreiter177"/> In der Forschung wird gewöhnlich davon ausgegangen, dass der Markgraf bei einem Jagdunfall starb.<ref name ="röhrigleopold39">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Die Heiligkeit des Weltmannes''. Gedanken über Leopold III. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 39</ref> Nach den Annalen des Klosters St. Peter in [[w:Erfurt|Erfurt]] soll er auf der Jagd getötet worden sein.<ref name ="lechnerLeopold21">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 21</ref> Ob der Markgraf tatsächlich ermordet wurde, wie die dort verwendete Formulierungen andeutet und wie in einigen seriösen Forschungsarbeiten behauptet wird, ist nicht eindeutig geklärt. Dazu, dass es sich um einen Mord oder zumindest einen Unfall gehandelt hat, gibt es keine Angaben in weiteren Quellen. Das päpstliche Trostschreiben an Markgräfin Agnes, indem [[w:Innozenz II.|Papst Innozenz II.]] ihr versichert, dass er dem Markgrafen postum die Absolution erteilt habe, deutet zwar auf einen plötzlichen Tod des Markgrafen hin, doch könnte dessen Ursache auch ein Schlaganfall oder ein Jagdunfall gewesen sein.<ref >vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 178f.</ref> Die Gebeine des Markgrafen wurden 1936 genauer untersucht.<ref name ="röhrigleopoldkunst49">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Der Heilige Leopold in der Kunst''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 49</ref> Das Ergebnis unterstützt keine Mordtheorie, allerdings fehlt ihm ein Stück im Unterkiefer.<ref name ="scheibelreiter178">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 178</ref>
== Die "Kaiserwahl" von 1125 ==
Nachdem Kaiser Heinrich V. 1125 gestorben war, wurde Markgraf Leopold von den bairischen Adeligen als Nachfolgekandidat präsentiert, nachdem der bairische Herzog [[w:Heinrich IX. (Bayern)|Heinrich (IX.) "''der Schwarze''"]] († 1126) sich nicht selbst zur Wahl stellte. Das spricht nicht nur für sein Ansehen im Reich, sondern dürfte auch ein Indiz dafür sein, dass er im Stammesherzogtum Bayern nach dem bairischen Herzog als der angesehenste Adlige galt. Zudem wäre der Markgraf mit Blick auf die beiden aussichtsreichsten Kandidaten ein guter Kompromisskandidat gewesen, war er doch einerseits ein Schwager des verstorbenen Kaisers und andererseits auch ein Mann der "Reformkirche". Allerdings ersuchte der Markgraf selbst, von seiner Wahl abzusehen.<ref name ="scheibelreiter166">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 166</ref> Ob diese Entscheidung tatsächlich wegen seines "hohen" Alters und der großen Anzahl seiner Söhne geschah, wie überliefert ist, wird in der neueren Forschung hinterfragt. Über seine tatsächlichen Gründe beziehungsweise weitere Gründe kann jedoch nach der Quellenlage nur geschlussfolgert werden.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010., S. 166ff.</ref> Deutungen aus der Geschichtsforschung des 19. und 20. Jahrhundert sind von der jeweiligen Geschichtssicht der Historikerin beziehungsweise des Historikers beeinflusst.<ref name ="scheibelreiter166"/>
 
== Letzte Lebensjahre ==
In den Jahren nach der Königswahl hielt sich der Markgraf vorwiegend in seiner Mark auf und widmete sich fast ausschließlich dieser. Auf das Geschehen um das Königtum nahm er keinen Einfluss mehr, soweit sich das heute noch feststellen lässt. Über die Gründe lässt sich wieder nur schlussfolgern. Vielleicht versuchte er nur eine offene Konfrontation mit dem neuen König [[w:Lothar III. (HRR)|König Lothar]] zu vermeiden, denn die Gegnerschaft seiner Stiefsöhne [[w:Friedrich II. (Schwaben)|Friedrich]] († 1147) und [[w:Konrad III. (HRR)|Konrad]] († 1152) zu diesem dürfte für ihn eine schwierige Lage bedeutet haben. Daneben wäre auch vorstellbar, dass er eine offene Konfrontation auch deswegen zu vermeiden trachtete, weil diese für ihn Probleme mit der "Reformkirche" gebracht hätte.<ref name ="scheibelreiter175">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 175</ref>
 
In seinen letzten Lebensjahren erlebte Markgraf Leopold noch einen verheerenden Einfall aus dem [[w:Königreich Ungarn|ungarischen Königreich]], nachdem es dort nach dem Tod von [[w:Stephan II. (Ungarn)|König Stephan (II.)]] (1131) zu einem Nachfolgestreit kam.<ref name ="scheibelreiter177"/>  
 
In der Forschung wird gewöhnlich davon ausgegangen, dass der Markgraf bei einem Jagdunfall starb.<ref name ="röhrigleopold39">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Die Heiligkeit des Weltmannes''. Gedanken über Leopold III. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 39</ref> Nach den Annalen des Klosters St. Peter in [[w:Erfurt|Erfurt]] soll er auf der Jagd getötet worden sein.<ref name ="lechnerLeopold21">vgl. [[w:Karl Lechner (Historiker, 1897)|Karl Lechner]]: ''Markgraf Leopold III., seine Stellung in Kirche, Reich und Land''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 21</ref> Ob der Markgraf tatsächlich ermordet wurde, wie die dort verwendete Formulierungen andeutet und wie in einigen seriösen Forschungsarbeiten behauptet wird, ist nicht eindeutig geklärt. Dazu, dass es sich um einen Mord oder zumindest einen Unfall gehandelt hat, gibt es keine Angaben in weiteren Quellen. Das päpstliche Trostschreiben an Markgräfin Agnes, indem [[w:Innozenz II.|Papst Innozenz II.]] ihr versichert, dass er dem Markgrafen postum die Absolution erteilt habe, deutet zwar auf einen plötzlichen Tod des Markgrafen hin, doch könnte dessen Ursache auch ein Schlaganfall oder ein Jagdunfall gewesen sein.<ref >vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 178f.</ref> Die Gebeine des Markgrafen wurden 1936 genauer untersucht.<ref name ="röhrigleopoldkunst49">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Der Heilige Leopold in der Kunst''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 49</ref> Das Ergebnis unterstützt keine Mordtheorie, allerdings fehlt ein Stück im Unterkiefer.<ref name ="scheibelreiter178">vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 178</ref>


== Forschungsprobleme ==
== Forschungsprobleme ==
Einerseits gibt es zu Leopold (III.) "''dem Heiligen''" viele wissenschaftliche Arbeiten, und er ist auch heute noch in Österreich sehr präsent. Andererseits lassen die zeitgenössischen Quellen, auf die es ankommt, wenn es gilt, sich jenem Leopold anzunähern, der wirklich gelebt hat, nur wenig Individualität erkennen, sodass dieser keine wirkliche Gestalt gewinnt. In den zeitgenössischen Quellen wird er bei bedeutenden historischen Ereignissen gewöhnlich nur genannt, die Urkunden reduzieren ihn auf einen Amtsträger, der seine Rechtsgeschäfte tätigt. Vieles über ihn ergibt sich zudem erst aufgrund von späteren Auswirkungen.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 152f.</ref> Bei Markgraf Leopold "''dem Heiligen''" kommt noch hinzu, dass er von der Legendenbildung und seinem Nachleben stark vereinnahmt und zudem auch politisch von der Nachwelt genutzt wurde.
Einerseits gibt es zu Leopold (III.) "''dem Heiligen''" viele wissenschaftliche Arbeiten, und er ist auch heute noch in Österreich sehr präsent. Andererseits lassen die zeitgenössischen Quellen, auf die es ankommt, wenn es gilt, sich jenem Leopold anzunähern, der wirklich gelebt hat, nur wenig Individualität erkennen, sodass dieser keine wirkliche Gestalt gewinnt. In den zeitgenössischen Quellen wird er bei bedeutenden historischen Ereignissen gewöhnlich nur genannt, die Urkunden reduzieren ihn auf einen Amtsträger, der seine Rechtsgeschäfte tätigt. Vieles über ihn ergibt sich zudem erst aufgrund von späteren Auswirkungen.<ref>vgl. [[w:Georg Scheibelreiter|Georg Scheibelreiter]]: ''Die Babenberger'', 2010, S. 152f.</ref> Bei Markgraf Leopold "''dem Heiligen''" kommt noch hinzu, dass er von der Legendenbildung und seinem Nachleben stark vereinnahmt und zudem auch politisch von der Nachwelt genutzt wurde.


== Heiligsprechung ==
== Die Heiligsprechung Leopolds und ihre Folgen ==
Für die Heiligsprechung von Markgraf Leopold war entscheidend, dass die Dynastie der [[Habsburger]], welche den [[Babenberger|Babenbergern]] im Herzogtum Österreich nachgefolgt war, diese als ihre Vorfahren interpretierten und daher großes Interesse an der Heiligsprechung ihres "Vorfahren" hatten. Versuche, ihn vom Heiligen Stuhl zur Ehre der Altäre erheben zu lassen, finden sich seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, zunächst unter den Herzögen [[Albrecht II. (Österreich)|Albrecht "''dem Lahmen''"]] und [[Rudolf IV. (Österreich)|"''Rudolf dem Stifter''"]].<ref name ="wachaleopold27"/> 1358 beginnt Herzog Rudolf der Stifter einen Heiligsprechungsprozess für Leopold einzuleiten.<ref name ="röhrigleopold36">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Die Heiligkeit des Weltmannes''. Gedanken über Leopold III. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 36</ref> 1465 traten die Landstände des Herzogtums Österreich auf einem Landtag für die kirchliche Anerkennung des Leopoldikultes ein.<ref name ="wachaleopold27"/> [[Friedrich III. (HRR)|Kaiser Friedrich III.]] erreichte auf seinem "Zweiten Romzug" vom Papst die Zusage. Die feierliche Kanonisation wurde 1483 und 1484 eingeleitet. Der feierliche Akt der Heiligsprechung fand dann am Heiligkönigtag 1485 statt.<ref>vgl. [[w:Georg Wacha|Georg Wacha]]: ''Leopold III. als Symbol in Österreichs Geschichte''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 27f.</ref> 1505 erfolgte dann die feierliche Übertragung seiner Reliquien.<ref name ="röhrigleopold37">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Die Heiligkeit des Weltmannes''. Gedanken über Leopold III. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 37</ref>  
Für die Heiligsprechung von Markgraf Leopold war entscheidend, dass die Dynastie der [[Habsburger]], welche den [[Babenberger|Babenbergern]] im Herzogtum Österreich nachgefolgt war, diese als ihre Vorfahren interpretierten und daher großes Interesse an der Heiligsprechung ihres "Vorfahren" hatten. Versuche, ihn vom Heiligen Stuhl zur Ehre der Altäre erheben zu lassen, finden sich seit der Mitte des 14. Jahrhunderts, zunächst unter den Herzögen [[Albrecht II. (Österreich)|Albrecht "''dem Lahmen''"]] und [[Rudolf IV. (Österreich)|"''Rudolf dem Stifter''"]].<ref name ="wachaleopold27"/> 1358 beginnt Herzog Rudolf der Stifter einen Heiligsprechungsprozess für Leopold einzuleiten.<ref name ="röhrigleopold36">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Die Heiligkeit des Weltmannes''. Gedanken über Leopold III. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 36</ref> 1465 traten die Landstände des Herzogtums Österreich auf einem Landtag für die kirchliche Anerkennung des Leopoldikultes ein.<ref name ="wachaleopold27"/> [[Friedrich III. (HRR)|Kaiser Friedrich III.]] erreichte auf seinem "Zweiten Romzug" vom Papst die Zusage. Die feierliche Kanonisation wurde 1483 und 1484 eingeleitet. Der feierliche Akt der Heiligsprechung fand dann am Heiligkönigtag 1485 statt.<ref>vgl. [[w:Georg Wacha|Georg Wacha]]: ''Leopold III. als Symbol in Österreichs Geschichte''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 27f.</ref> 1505 erfolgte dann die feierliche Übertragung seiner Reliquien.<ref name ="röhrigleopold37">vgl. [[w:Floridus Röhrig|Floridus Röhrig]]: ''Die Heiligkeit des Weltmannes''. Gedanken über Leopold III. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 37</ref>  


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== Leopold in Sage und Legende ==
== Leopold in Sage und Legende ==
Leopold und Agnes sind durch die Gründung des Stiftes Klosterneuburg und deren Verknüpfung mit der "Schleierlegende" Hauptfiguren einer sehr bekannten Sage, von der es mehrere Fassungen gibt.<ref>vgl. [http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/niederoesterreich/wienerwald/gruendungklosterneuburg.html Der Markgräfin Schleier], [http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/niederoesterreich/wienerwald/schleierfuerklosterneuburg.html Ein Schleier für Klosterneuburg] oder [http://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/allgemein/Fraungruber/Gruendung_Klosterneuburg.html Die Gründung von Klosterneuburg], Sagen.AT, abgerufen am 22. Dezember 2018</ref> In der Bildenden Kunst ist die Schleierlegende erstmals auf einem der acht Pergamentblätter aus dem Jahr 1491 dargestellt, welche als Geschichte der Babenberger von [[w:Ladislaus Sunthaym|Ladislaus Sunthaym]] verfasst wurden.<ref name ="röhrigleopoldkunst44"/> Angeblich mussten in Klosterneuburg stets Jagdhunde gehalten werden, was ebenfalls auf die Schleierlegende zurückgeführt wird. Nach dieser waren es die Jagdhunde, welche den Schleier als erstes entdeckten und durch ihr Gebell den Markgrafen und seine Leute auf ihn aufmerksam gemacht haben.<ref name ="schmidtleopold55">vgl. [[w:Leopold Schmidt (Volkskundler)|Leopold Schmidt]]: ''Volksglaube und Volksbrauch am Festtag des heiligen Leopolds''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 55</ref>
Leopold und Agnes sind durch die Gründung des Stiftes Klosterneuburg und deren Verknüpfung mit der "Schleierlegende" Hauptfiguren einer sehr bekannten Sage, von der es mehrere Fassungen gibt.<ref>vgl. [https://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/niederoesterreich/wienerwald/gruendungklosterneuburg.html Der Markgräfin Schleier], [https://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/niederoesterreich/wienerwald/schleierfuerklosterneuburg.html Ein Schleier für Klosterneuburg] oder [https://www.sagen.at/texte/sagen/oesterreich/allgemein/Fraungruber/Gruendung_Klosterneuburg.html Die Gründung von Klosterneuburg], Sagen.AT, abgerufen am 22. Dezember 2018</ref> In der Bildenden Kunst ist die Schleierlegende erstmals auf einem der acht Pergamentblätter aus dem Jahr 1491 dargestellt, welche als Geschichte der Babenberger von [[w:Ladislaus Sunthaym|Ladislaus Sunthaym]] verfasst wurden.<ref name ="röhrigleopoldkunst44"/> Angeblich mussten in Klosterneuburg stets Jagdhunde gehalten werden, was ebenfalls auf die Schleierlegende zurückgeführt wird. Nach dieser waren es die Jagdhunde, welche den Schleier als erstes entdeckten und durch ihr Gebell den Markgrafen und seine Leute auf ihn aufmerksam gemacht haben.<ref name ="schmidtleopold55">vgl. [[w:Leopold Schmidt (Volkskundler)|Leopold Schmidt]]: ''Volksglaube und Volksbrauch am Festtag des heiligen Leopolds''. In: Helene Grünn - Franz Oswald - Hans Gruber (Hrsg.): ''Leopold III. und die Babenberger''. Beiträge zur österreichischen Jahrtausendfeier. Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten, 1975. ISBN 3-85326-4176. S. 55</ref>


== Leopolds Verehrung im heutigen Österreich ==
== Leopolds Verehrung im heutigen Österreich ==
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