Kollegium der Genannten: Unterschied zwischen den Versionen

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Die [[Wien|Wiener]] '''Hausgenossen''', auch als '''Gremium der Hausgenossen''' oder als '''Konsortium der Hausgenossen''' bezeichnet, waren im Mittelalter für die Münzprägung, die Geldwechsel und den Edelmetallhandel im [[w:Erzherzogtum Österreich|Herzogtum Österreich]]<ref group="A">Das Herzogtum Österreich entstand aus der [[Ostarrichi|Markgrafschaft Österreich]], die 1156 zum Herzogtum erhoben wurde. Das Areal des ursprünglichen Herzogtums Österreich umfasste das heutige Bundesland Wien und einige Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich. Später kam weitere Teile der heutigen Bundesländer Niederösterreich und Oberösterreich hinzu sowie 1417 die Stadt [[Steyr]] mit der gleichnamigen Herrschaft. Die Stadt Wiener Neustadt und die Grafschaft [[Pitten]] gehörten jedoch damals zum Herzogtum Steier. Im 15. Jahrhundert spaltete sich das Herzogtum Österreich in zwei Teilherzogtümer auf: Österreich ob der Enns (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich unter der Enns (heute im Wesentlichen: Niederösterreich)</ref> zuständig.
Die '''Genannten''' der Stadt [[Wien]]<ref group="A">Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich. Sie gehörte zu den [[w:Landstände|Landständen]] des Herzogtums und behauptete sich im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns". Unter den [[w:Babenberg|Babenbergern]] war Wien seit Herzog [[w:Heinrich II. (Österreich)|Heinrich (II.)]] von [[w:Erzherzogtum Österreich|Österreich]] ("''Heinrich Jasomirgott''") gewöhnlich der Sitz des Herzogs von Österreich. Wien gehörte zu den wichtigsten Residenzen der [[w:Habsburg|Habsburger]], wurde aber erst im 17. Jahrhundert endgültig die Hauptstadt ihres Reiches.</ref>, auch als '''Kollegium der Genannten''' oder '''Genanntenkollegium''' bezeichnet, waren ein politisches Gremium der Stadtverwaltung des Mittelalters.


Genannte, politisches Gremium der Stadtverwaltung des Mittelalters; das Genanntenkollegium erfüllte wichtige Aufgaben der allgemeinen Verwaltung, der Finanzverwaltung und der Rechtspflege, vertrat aber auch die Interessen der Stadt auf Gesandtschaftsreisen. Den Höhepunkt ihrer Bedeutung erlangten sie um die Mitte des 15. Jahrhunderts. Bei den Genannten im weiteren Sinn handelt es sich um einen Kreis von 100 (nach dem Stadtrecht von 1340 200) besonders angesehenen und qualifizierten Bürgern, die sich aus den Patriziern sowie hausbesitzenden Handwerkern, Gewerbetreibenden und sonstigen Bürgern zusammensetzten, die in ihrer Gesamtheit jährlich die 20 stimmberechtigten Ratsmitglieder wählten (Innerer Rat). Jeweils 12 Genannte wurden vom Stadtrichter als Beisitzer zu Gerichtsverhandlungen berufen. Wichtigere Rechtsgeschäfte der Bürger bedurften der Zeugenschaft von 23 Genannten.  
== Beschreibung ==
Die Wahl ins Gremium der Genannten erfolgte auf Lebenszeit; vakant gewordene Stellen wurden einmal jährlich vom Rat nachbesetzt. Man achtete grundsätzlich darauf, dass die vier Stadtviertel und die damaligen fünf Vorstädte gleichmäßig vertreten waren, wobei die Zahl der ansässigen Bürger zur Richtschnur genommen wurde. Wurde der Genannte in den Rat gewählt, so blieb er in der Genanntenliste verzeichnet, damit er nach seinem Ausscheiden aus dem Rat seine Funktion wieder übernehmen konnte. Die Genannten wählten alljährlich aus ihrem Kreis einen 40-köpfigen Ausschuss, der vom Inneren Rat zur Beschlussfassung in wichtigen Angelegenheiten herangezogen wurde; dieser Ausschuss führte bis 1408 die Bezeichnung "Äußerer Rat", danach sprach man lediglich von Genannten (im engeren Sinn); gleichzeitig ließ man die Bezeichnung "Innerer Rat" fallen. Nach dem Stadtrecht von 1517 hatten die 200 Genannten die Aufgabe, jeweils am 21. Dezember die Räte und den Bürgermeister zu wählen, hingegen fiel es dem Rat und dem Bürgermeister zu, die Genannten auf die erforderliche Zahl zu ergänzen; diese gegenseitige Bestellung sicherte der führenden gesellschaftlichen Schicht die Dominanz in beiden Gremien. Am 16. August 1522 wurde das Kollegium nach dem missglückten Aufstand Bürgermeisters Martin Siebenbürgers aufgehoben und in der Stadtordnung vom 12. März 1526 durch einen 76-köpfigen Inneren Rat ersetzt.
Das "Genanntenkollegium" der Stadt Wien war ein Kreis, der ursprünglich 100 besonders angesehene und qualifizierte Bürger umfasste, die sich aus den Patriziern und den Handwerkern (mit Hausbesitz), Gewerbetreibenden und sonstigen Bürgern zusammensetzten. Die Anzahl des "Genanntenkollegiums" wurde im Mittelalter einige Male angehoben. Im Stadtrecht von 1340 wurde ihre Zahl auf 200 erhöht.<ref name "wienwiki">vgl. {{WiWi|Genannte||Genannte}}, abgerufen am 2. Dezember 2018</ref>


== Beschreibung ==
In ihrer Gesamtheit oblag dem "Genanntenkollegium" das Recht, jährlich die 20 stimmberechtigten Ratsmitglieder, den "Inneren Rat" zu wählen. Jeweils 12 Genannte wurden vom Stadtrichter als Beisitzer zu Gerichtsverhandlungen berufen. Bei wichtigen Rechtsgeschäften zwischen den Bürgern waren als Zeugen 23 Genannten Vorschrift. Die Wahl ins Gremium der Genannten erfolgte auf Lebenszeit, frei gewordene Stellen wurden einmal jährlich vom Rat nachbesetzt. Grundsätzlich wurde darauf geachtet, dass die vier Wiener Stadtviertel und die damals fünf Vorstädte gleichmäßig vertreten waren, wobei die Zahl der ansässigen Bürger als Maßstab galt. Wenn ein "Genannter" in den Rat gewählt wurde, blieb er in der "Genanntenliste" verzeichnet, damit er nach seinem Ausscheiden aus dem Rat seine Funktion dort wieder übernehmen konnte.<ref name "wienwiki"/>
Die Gremium der "Hausgenossen" bestand aus 48 Wiener Bürgern, denen Münzprägung, Geldwechsel und Edelmetallhandel im Herzogtum Österreich vorbehalten war. Ihre 48 Anteile („Hausgenossenschaften") konnten vererbt und veräußert werden. Vorsteher der Hausgenossen war der [[w:Münzmeister|Münzmeister]], der vom Landesfürsten bestellt wurde und auch die Gerichtsbarkeit in Fachbelangen ausübte. Ihm zur Seite standen der Münzanwalt als Vertreter der landesfürstlichen Interessen und ein Münzschreiber (Kanzleileiter).<ref name "wienwiki">vgl. {{WiWi|Genannte||Genannte}}, abgerufen am 2. Dezember 2018</ref>
 
Die Genannten wählten alljährlich aus ihrem Kreis einen 40-köpfigen Ausschuss, der vom Inneren Rat zur Beschlussfassung in wichtigen Angelegenheiten herangezogen wurde. Dieser Ausschuss wurde bis 1408 als der "Äußere Rat" bezeichnet, danach wurde er nur mehr als "Genannte" im engeren Sinn bezeichnet. Gleichzeitig wurde auch die Bezeichnung "Innerer Rat" nicht mehr verwendet. Das "Genanntenkollegium" der Stadt Wien erfüllte wichtige Aufgaben der allgemeinen Verwaltung, der Finanzverwaltung und der Rechtspflege. Außerdem war es für die Vertretung der Interessen von Wien auf Gesandtschaftsreisen zuständig.<ref name "wienwiki"/>
Für die Durchführung der einzelnen Aufgaben gab es eigene Handwerkszweige. Für die technische Durchführung der Prägungen waren die Münzer zuständig, für den Geldwechsel auf den Wechselbänken die Wechsler, die von den Hausgenossen angestellt wurden. Das Rohmaterial wurde von der Kammer des Landesfürsten zur Verfügung gestellt, die Prägungen erfolgten jeweils im Einvernehmen zwischen dem Landesfürsten und den Hausgenossen, wobei der Gewinn zwischen beiden geteilt wurde.<ref name "wienwiki"/>
 
Nach dem Stadtrecht von 1517 hatten die damals 200 "Genannten" die Aufgabe, jeweils am 21. Dezember des Jahres die Stadträte und den Bürgermeister zu wählen. Dagegen hatten der Rat und der Bürgermeister nun die Aufgabe, die "Genannten" gegebenenfalls auf die erforderliche Zahl zu ergänzen. Mit dieser gegenseitigen Bestellung konnte sich die führende gesellschaftliche Schicht die Dominanz in beiden Gremien sichern.<ref name "wienwiki"/>vgl. {{WiWi|Genannte||Genannte}}, abgerufen am 2. Dezember 2018</ref>


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Bezeichnung "Hausgenossen" wird mit der Zugehörigkeit des Gremiums zur Residenz ("Haus") des Landesfürsten erklärt. In der Forschung wird davon ausgegangen, dass die Gründung des Gremiums der "Hausgenossen" gemeinsam mit der Gründung der Wiener Münzstätte zu Ende des Jahres 1193 erfolgte, als das Lösegeld für den englischen König [[w:Richard I. (England)|Richard (I.) Löwenherz]] (50.000 Mark Silber) in der Stadt Wien eintraf. Da es in Barren geliefert wurde, deren Münzprägung nur von einer größeren Gruppe bewältigt werden konnte, soll [[w:Leopold V. (Österreich)|Herzog Leopold (V.) von Österreich ("'Leopold der Tugendreiche''")]] das Gremium der "Hausgenossen" gegründet haben. Ein Bezug auf diese Gründung findet sich im Privileg von [[Rudolf I. (HRR)|König Rudolf I.]] aus dem Jahr 1277. Als eine Folge des [[Wiener Neustädter Blutgericht (1522)|Wiener Neustädter Blutgerichtes]] löste [[w:Ferdinand I. (HRR)|Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich]], der spätere Kaiser Ferdinand I., am 7. Juni 1522 das Gremium der Hausgenossen auf.<ref name "wienwiki"/>
Den Höhepunkt seiner Bedeutung erlangte das "Genanntenkollegium" in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Als eine Folge des [[Wiener Neustädter Blutgericht (1522)|Wiener Neustädter Blutgerichtes]] löste [[w:Ferdinand I. (HRR)|Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich]], der spätere Kaiser Ferdinand I., am 16. August 1522 "Genanntenkollegium" auf und ersetzte es in der Wiener Stadtordnung vom 12. März 1526 durch einen 76-köpfigen Inneren Rat.<ref name "wienwiki"/>
 
== Literatur ==
* [[Richard Perger]]: ''Die Wiener Ratsbürger 1396 – 1526'', Wien: Deuticke 1988 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 18), S. 18 ff.
* Walter Weinzettl: ''Die undatierte Genanntenliste der Wiener Ratstafel. Ein Beitrag zur Verfassungs- und Sozialgeschichte Wiens im 15. Jahrhundert'', in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Band 11. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1954, S. 3 ff.


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 6. November 2020, 16:05 Uhr

Die Genannten der Stadt Wien[A 1], auch als Kollegium der Genannten oder Genanntenkollegium bezeichnet, waren ein politisches Gremium der Stadtverwaltung des Mittelalters.

Beschreibung

Das "Genanntenkollegium" der Stadt Wien war ein Kreis, der ursprünglich 100 besonders angesehene und qualifizierte Bürger umfasste, die sich aus den Patriziern und den Handwerkern (mit Hausbesitz), Gewerbetreibenden und sonstigen Bürgern zusammensetzten. Die Anzahl des "Genanntenkollegiums" wurde im Mittelalter einige Male angehoben. Im Stadtrecht von 1340 wurde ihre Zahl auf 200 erhöht.[1]

In ihrer Gesamtheit oblag dem "Genanntenkollegium" das Recht, jährlich die 20 stimmberechtigten Ratsmitglieder, den "Inneren Rat" zu wählen. Jeweils 12 Genannte wurden vom Stadtrichter als Beisitzer zu Gerichtsverhandlungen berufen. Bei wichtigen Rechtsgeschäften zwischen den Bürgern waren als Zeugen 23 Genannten Vorschrift. Die Wahl ins Gremium der Genannten erfolgte auf Lebenszeit, frei gewordene Stellen wurden einmal jährlich vom Rat nachbesetzt. Grundsätzlich wurde darauf geachtet, dass die vier Wiener Stadtviertel und die damals fünf Vorstädte gleichmäßig vertreten waren, wobei die Zahl der ansässigen Bürger als Maßstab galt. Wenn ein "Genannter" in den Rat gewählt wurde, blieb er in der "Genanntenliste" verzeichnet, damit er nach seinem Ausscheiden aus dem Rat seine Funktion dort wieder übernehmen konnte.Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen

Die Genannten wählten alljährlich aus ihrem Kreis einen 40-köpfigen Ausschuss, der vom Inneren Rat zur Beschlussfassung in wichtigen Angelegenheiten herangezogen wurde. Dieser Ausschuss wurde bis 1408 als der "Äußere Rat" bezeichnet, danach wurde er nur mehr als "Genannte" im engeren Sinn bezeichnet. Gleichzeitig wurde auch die Bezeichnung "Innerer Rat" nicht mehr verwendet. Das "Genanntenkollegium" der Stadt Wien erfüllte wichtige Aufgaben der allgemeinen Verwaltung, der Finanzverwaltung und der Rechtspflege. Außerdem war es für die Vertretung der Interessen von Wien auf Gesandtschaftsreisen zuständig.Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen

Nach dem Stadtrecht von 1517 hatten die damals 200 "Genannten" die Aufgabe, jeweils am 21. Dezember des Jahres die Stadträte und den Bürgermeister zu wählen. Dagegen hatten der Rat und der Bürgermeister nun die Aufgabe, die "Genannten" gegebenenfalls auf die erforderliche Zahl zu ergänzen. Mit dieser gegenseitigen Bestellung konnte sich die führende gesellschaftliche Schicht die Dominanz in beiden Gremien sichern.Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namenvgl. Genannte im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 2. Dezember 2018</ref>

Geschichte

Den Höhepunkt seiner Bedeutung erlangte das "Genanntenkollegium" in der Mitte des 15. Jahrhunderts. Als eine Folge des Wiener Neustädter Blutgerichtes löste Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich, der spätere Kaiser Ferdinand I., am 16. August 1522 "Genanntenkollegium" auf und ersetzte es in der Wiener Stadtordnung vom 12. März 1526 durch einen 76-köpfigen Inneren Rat.Referenzfehler: Das öffnende <ref>-Tag ist beschädigt oder hat einen ungültigen Namen

Literatur

  • Richard Perger: Die Wiener Ratsbürger 1396 – 1526, Wien: Deuticke 1988 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 18), S. 18 ff.
  • Walter Weinzettl: Die undatierte Genanntenliste der Wiener Ratstafel. Ein Beitrag zur Verfassungs- und Sozialgeschichte Wiens im 15. Jahrhundert, in: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Band 11. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1954, S. 3 ff.

Einzelnachweise

  1. vgl. Genannte im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 2. Dezember 2018

Anmerkungen

  1. Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich. Sie gehörte zu den Landständen des Herzogtums und behauptete sich im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns". Unter den Babenbergern war Wien seit Herzog Heinrich (II.) von Österreich ("Heinrich Jasomirgott") gewöhnlich der Sitz des Herzogs von Österreich. Wien gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger, wurde aber erst im 17. Jahrhundert endgültig die Hauptstadt ihres Reiches.