Camilla Estermann: Unterschied zwischen den Versionen

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== Leben ==
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Camilla Estermann war die eheliche Tochter des Ehepaares Franz und Rosa Estermann, die in Linz eine Fleischhauerei betrieben. Camilla besuchte die Volksschule und erlernte den Beruf der ''Näherin''.
Camilla Estermann war die eheliche Tochter des Ehepaares Franz und Rosa Estermann, die in Linz eine Fleischhauerei betrieben. Camilla besuchte die Volksschule und erlernte den Beruf der ''Näherin''.


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* [http://www.nachkriegsjustiz.at/vgew/1080_landesgerichtweihestaette.php Weihestätte (ehemaliger Hinrichtungsraum)]
* [http://www.nachkriegsjustiz.at/vgew/1080_landesgerichtweihestaette.php Weihestätte (ehemaliger Hinrichtungsraum)]


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Aktuelle Version vom 13. Dezember 2020, 10:35 Uhr

Camilla Estermann (* 23. Jänner 1881 in Linz; † 21. November 1944 in Wien) wurde wegen Wehrkraftzersetzung in Linz verurteilt und in Wien hingerichtet.

Leben

Bild auf der Gedenksäule

Camilla Estermann war die eheliche Tochter des Ehepaares Franz und Rosa Estermann, die in Linz eine Fleischhauerei betrieben. Camilla besuchte die Volksschule und erlernte den Beruf der Näherin.

Sie wurde in ihrer Umgebung stets wegen ihrer Neigung zu karitativen Tätigkeiten bewundert. Am 7. November 1907 bat sie um Aufnahme im Redemptoristinnenkloster St. Anna in Ried im Innkreis und im wurde im Jahr darauf eingekleidet. Als Schwesternnamen nahm sie Maria Martina an, Martina war der Vorname ihrer leiblichen Schwester, die selbst als Sr. Maria in den Orden der Karmelitinnen in Linz eintrat. Schwester Maria Martina legte das einfache Gelübde bei Pater Cölestin Baumgartner, damals Superior in Stift Lambach, ab.

Sr. Martina war als Sängerin, Organistin, aber auch als Malerin und Schnitzerin äußerst begabt. Man findet noch einzelne Werke in diesem Kloster, die sie damals erschuf. Nur in die Gemeinschaft fügte sie sich kaum ein, sodass bei einer kanonischen Visitation Schwierigkeiten mit anderen Schwestern zutage traten. So schied Sr. Martina 1916 aus dem Orden aus. Sie meldete am 21. Oktober 1916 Sr. M. Martina ihren Austritt aus dem Orden. Da sie aber die Bedingung stellte, wenn sie es wünschte, später wieder in den Orden einzutreten, so wurde sie nur dispensiert, ihr Gelübde aber blieb aufrecht.

Da sie körperlich sowohl durch ein Fuß- als auch ein Augenleiden eingeschränkt war, stand sie in einem ständigen inneren Kampf mit ihrem Ehrgeiz zu helfen. So litt sie selber an Unzufriedenheit, ließ dies aber ihre Mitmenschen ebenfalls spüren.

Bei einem Besuch im Kloster in Ried im Sommer 1917 bereute sie ihren Austritt. Erst 1924 versuchte sie wiederum in ein Dominikanerinnenkloster einzutreten, verließ aber bereits nach dem Noviziat die Gemeinschaft. In der Folge zog sie zu ihrer älteren leiblichen Schwester, die bereits verwitwet war, nach Linz in die Klammstraße 7.

Für das Karmelitinnenkloster, wo auch die andere leibliche Schwester als Ordensschwester Maria Angelis bis 1940 war, übernahm sie Hilfsdienste, ebenso wie im Kloster St. Anna in Ried, wo sie nach wie vor Kontakte pflegte.

Am 18. Juli 1933 trat die ‚Kleinrentnerin‘ Camilla Estermann der Vaterländischen Front bei, die damals in Oberösterreich gerade im Aufbau war.

Im Jahr 1934 versuchte sie eine neuerliche Aufnahme im Kloster in Ried, wogegen aber nun das bischöfliche Ordinariat starke Bedenken anmeldete.

Als 1938 die Nationalsozialisten die Macht übernahmen, wurde sie vom Arbeitsamt der Linzer Bekleidungsfirma Norbert Hager, Langgasse 8, zugeteilt, wo auch französische Kriegsgefangene im Auftrag der NSDAP arbeiten mussten. Dort musste sie immer wieder mitansehen, wie Aufseher Mütter mit ihren Kindern schlugen, oder zehnjährige Mädchen oder Buben missbraucht wurden. Diese Beobachtungen teilte sie auch öfter ihrem Beichtvater Pater Augustin Etschmeier vom Linzer Kapuzinerkloster mit.

Im November 1943 wurde über sie vom leitenden Staatsanwalt beim Sondergericht gemeinsam mit einem Akt über den pensionierten Bezirksinspektor der Gendarmerie Franz Heger aus Ried wegen Verdachtes eines Verbrechens nach § 5 Abs. 1 Ziff. 1 KSStVO mit folgendem Wortlaut nach Berlin berichtet:

„Die genannten Personen wurden beschuldigt, im Sommer 1943 in Linz unter klerikal stark gebundenen Kreisen angebliche Prophezeiungen und Visionen als Hetzschriften weiterverbreitet zu haben, die sich gegen den Führer und das Zeitgeschehen richteten und "im höchsten Masse geeignet waren, die Widerstandskraft des deutschen Volkes zu zersetzen"“

Bei diesen angeblichen Hetzschriften handelte sich dabei um die Prophezeiung der hl. Ottilie und die Vision der Gräfin Cilante. Diese Prophezeiung wertet das Gericht als getarnte Schmähschrift.[1] Daraus waren im Moment aber keinerlei Konsequenzen, erkennbar und sie blieb wie der Gendarm auf freiem Fuß.

Im Jahr 1944 trat Estermann in den Orden des hl. Franziskus in Linz ein und legte dort die Ordensprofess mit dem Schwesternamen Elisabeth ab.

Schwester Elisabeth feierte täglich mit den Kapuzinern den Frühgottesdienst. Dabei sah sie es als ihre Pflicht an, den Kriegsgefangenen bei der Firma Hager zu helfen. Neben Kleidungsstücken, Medikamenten oder anderen erlaubten Gegenständen konnte sie auch manchmal Essen oder Zigaretten zustecken.

Vom Tag ihrer Verhaftung schreibt Pater Anton Wanner (OFM) in seiner Diplomarbeit:

„Am Abend des 25. September 1944 rollte ein Gestapowagen durch die Klammstraße und hielt vor dem Haus Nummer 7. Der "Besuch zu dieser Dämmerstunde" galt Frau Camilla Estermann, die Kraft des Gesetzes verhaftet und der Strafanstalt Linz-Urfahr überantwortet wurde. Die Anklageschrift lautete auf Wehrkraftzersetzung, weil man ihre "kriegsfeindliche Haltung" im Betrieb mehrmals beobachten konnte. Frau Estermann wurde konkret beschuldigt, am 25. September französischen Kriegsgefangenen eine Flasche Milch gegeben zu haben. Frau Estermann leugnete nicht, denn sie hatte tatsächlich mit einer Gefangenen ihre "Jause" geteilt. Am fraglichen Tag kaufte sie zusätzlich für die Kriegsgefangenen unter erheblichen Schwierigkeiten eine Flasche Milch, weil diese Lagerhäftlinge und besonders die Kinder nie einen Tropfen von diesem Grundnahrungsmittel bekamen. Obwohl man selbst auf Karten nur unregelmäßig Milch beziehen konnte und es ohnehin nur entrahmte Magermilch gab, die wie ein bläuliches Wasser aussah und im Volksmund unter "Donauwasser" begrifflich wurde, endete für Frau Camilla diese christliche Hilfstat mit einer Katastrophe. Mittels geübter Foltermethoden, die bei den "begünstigten" Kriegsgefangenen angewendet wurden, konnten Frau Estermann noch mehrere ähnliche Wohlfahrtsdienste nachgewiesen werden.“

P. Wanner (OFMCap)

Widersprüchlich dazu ist, dass das Urteil laut Abschrift ebenfalls am 25. September 1944 bereits erging.

„Der Volksgerichtshof spricht aufgrund der Hauptverhandlung vom 25. September 1944 gegen Franz Heger und Camilla Estermann das Todesurteil wegen Wehrkraftzersetzung durch Verbreitung von als Prophezeiungen getarnte Schmähschriften im Jahre 1941 und 1943 aus.“

Dem Richtersenat gehörte auch der damalige Linzer Oberbürgermeister Franz Langoth an. Estermann wurde am 14. November 1944 gemeinsam mit Franz Heger ins Wiener Landesgericht gebracht. Am 21. November 1944 wurden beide durch die Guillotine hingerichtet. Am Wiener Zentralfriedhof wurde ihr Leichnam in einem Massengrab (Schachtgräberanlage 40, Reihe 32, Grab 181) verscharrt.

Würdigung

Bildstock für Camilla Estermann und Pfarrer Heinrich Steiner in Kematen
  • in Kematen am Innbach wurde ein Bildstock vor dem Pfarrheim für sie und Pfarrer Heinrich Steiner, neben jenen von Franz Heger und Franz Jägerstätter zur Erinnerung errichtet. Initiiert wurde es von Pfarrer Konrad Waldhör.Erioll world.svg[2]

Literatur

  • Rudolf Zinnhobler: Camilla Estermann, als Gegnerin des Nationalsozialimus enthauptet (1881 - 1944), Online
  • Anton Wanner: Das Kapuzinerkloster während der NS-Zeit in: Archiv der Stadt Linz (Hg.): Historisches Jahrbuch der Stadt Linz, 1982. Linz 1984, S. 115 – 308.

Einzelnachweise

  1. Den Untergang des Dritten Reiches „geschaut“? abgerufen am 3. Juli 2020
  2. Gottfried Gansinger: Nationalsozialismus im Bezirk Ried im Innkreis: Widerstand und Verfolgung 1938-1945, 2016 Online

Weblinks