Alte Mühle von Tattendorf: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Mühle in Tattendorf''' war eine [[w:w:Mühle|Mahlmühle]] und befindet sich im niederösterreichischen [[w:Bezirk_Baden_(Niederösterreich)|Bezirk Baden]], unweit von [[w:Ebreichsdorf|Ebreichsdorf]].
Die '''Alte Mühle von Tattendorf''' war eine [[w:Mühle|Mahlmühle]] und befindet sich im gleichnamigen Dorf im [[Niederösterreich|niederösterreichischen]] [[Bezirk Baden]].


==Geschichte==
==Geschichte==
Der älteste urkundliche Nachweis über den Bestand dieser Mühle in [[Tattendorf]] findet sich anno 1258 im [[w:Stift_Klosterneuburg|Stift Klosterneuburg]], der damaligen [[w:Grundherrschaft|Grundherrschaft]] von Tattendorf. Als erster namentlich genannte Mühlenbetreiber scheint anno 1422 ''„Hanns Mulner von der Mül“'' im [[w:Grundbuch|Grundbuch]] des Stiftes Klosterneuburg auf<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch 18/5</ref>.
Der älteste urkundliche Nachweis über den Bestand dieser Mühle in [[Tattendorf]] findet sich anno 1258 im [[Stift Klosterneuburg]], der damaligen [[w:Grundherrschaft|Grundherrschaft]] von Tattendorf. Als erster namentlich genannter Mühlenbetreiber scheint anno 1422 ''„Hanns Mulner von der Mül“'' im [[w:Grundbuch|Grundbuch]] des Stiftes Klosterneuburg auf<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch 18/5</ref>.1682 erwarb  der Müller Georg Knötzl mit seiner Frau Maria die Mühle in Tattendorf von Martin und Sophiam Vischböck um 1.200 [[w:Gulden|Gulden]]<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Vb. 3a-2 (fol.225r)</ref> und erlitt ein schreckliches Schicksal: ''„er Knötzl, in dem 1683 geschehenen Türckhen und Tärtarischen Einfall, alda gleich oberhalb der Wuehr Niedergehaut, undt die Müll durch das feuer totaliter ruinirt worden ist“''<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch C (fol.172)</ref>. Knötzls Witwe konnte die Brandstatt allein nicht wieder aufbauen und verließ Tattendorf, um einen Müller aus Wiener Neustadt zu heiraten. Das Stift Klosterneuburg als [[w:Lehnswesen|Lehnsherr]] ließ die Mühle 1689 wieder aufbauen<ref name=":0">Stiftsarchiv Klosterneuburg Vb. 3a-3 (fol.71r)</ref>.


1682 erwarb  der Müller Georg Knötzl zusammen mit seiner Frau Maria die Mühle in Tattendorf von Martin und Sophiam Vischböck um 1.200 [[w:Gulden|Gulden]]<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Vb. 3a-2 (fol.225r)</ref> und erlitt ein schreckliches Schicksal: ''„er Knötzl, in dem 1683 geschehenen Türckhen und Tärtarischen Einfall, alda gleich oberhalb der Wuehr Niedergehaut, undt die Müll durch das feuer totaliter ruinirt worden“''<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch C (fol.172)</ref> ist. Knötzl’s Witwe konnte alleine die Brandstatt nicht wieder errichten und verließ Tattendorf, um einen Müller aus Wiener Neustadt zu ehelichen. Das Stift Klosterneuburg ließ als [[w:Lehnswesen|Lehnsherr]] die Mühle 1689 wieder neu erbauen<ref name=":0">Stiftsarchiv Klosterneuburg Vb. 3a-3 (fol.71r)</ref>. Vier Jahre später gelangte dass Anwesen mit allem Zubehör um 1.600 Gulden an Michael und Barbara Fleischhacker aus [[w:Burgau_(Steiermark)|Burgau in der Steiermark]]<ref name=":0" />. Als ''Barbara'' 1715 verstarb, heiratete der Witwer Michael Fleischhacker seine zweite Frau ''Salome''. Diese musste schnell Witwe geworden sein, denn im Grundbuch scheint ''Salome'' - nach Vergleich mit ihren 3 Kindern - als alleiniger Besitzerin auf<ref name=":1">Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.31)</ref>. Da zu dieser Zeit eine Frau nur eine gewisse Zeit einen Witwenbetrieb betreiben durfte, verheiratet sich die nunmehrige Mühlenbesitzerin 1730 mit Paul Ränkhl<ref name=":1" /> - auch sie verstarb nach nur drei Ehejahren. Der hinterlassene Ehemann schritt daraufhin im Jahre 1734 mit Maria Magdalena Haderer aus Tattendorf zum Traualtar<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.100)</ref> und wurde auch nicht alt - sein Tod ereilte ihn 1741.   
Vier Jahre später ging das Anwesen mit allem Zubehör um 1.600 Gulden an Michael und Barbara Fleischhacker aus [[w:Burgau_(Steiermark)|Burgau in der Steiermark]]<ref name=":0" />. Als ''Barbara'' 1715 starb, heiratete der Witwer Michael Fleischhacker seine zweite Frau ''Salome''. Diese muss bald verwitwet gewesen sein. Denn im Grundbuch ist Salome - nach einem Vergleich mit ihren 3 Kindern - als Alleinbesitzerin eingetragen<ref name=":1">Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.31)</ref>. Da eine Frau damals nur eine gewisse Zeit einen Witwenbetrieb betreiben durfte, heiratete  die nunmehrige Mühlenbesitzerin 1730 mit Paul Ränkhl<ref name=":1" /> - auch sie verstarb nach nur dreijähriger Ehe. Der hinterbliebene Ehemann trat dann 1734 mit Maria Magdalena Haderer aus Tattendorf vor den Traualtar<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.100)</ref> und wurde ebenfalls nicht alt - sein Tod ereilte ihn 1741.   


Nun heiratete Franz Anton Paur<ref>[http://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/baden-st-stephan/01%252C2%252C3-03/?pg=286 Baden, Pfarre Sankt Stephan - Tauf-, Trauungs und Sterbebuch 1695-1725 (fol.279)] auf [http://data.matricula-online.eu/de/ Matricula Online] Franz Anton Paur (*1713 in der Schäfflermühle zu Baden ; † 1772 in der Mühle Tattendorf) war ein österreichischer Müller</ref>, ein Sohn des Badener Mühlenbesitzers auf der ''Schäfflermühle,'' [[Johannes Georg Paur]] im Jahre 1742 die Witwe Maria Magdalena Ränkhl und wurde somit Mühlenbesitzer<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.143)</ref>. Für dreißig Jahre war jetzt einmal Schluss mit dem kurzzeitigen Besitzwechsel. Die Mühle erhielt in dieser Zeit im Wesentlichen ihr heutiges Aussehen. 1745 ließ Franz Anton Paur eine wunderschöne Stuckdecke in einer der Mühlenräumlichkeiten errichten, die die ''Mutter Gottes'' stehend auf einer Erdkugel, welche eine Schlange umschließt, sowie seine Initialen ''FAP'' einbauen. Aus der Ehe mit Maria Magdalena gingen 8 Kinder hervor, von denen 1776<ref name=":3">Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch D (fol.75)</ref> der älteste überlebende Sohn [[Johann Adam Paur]]<ref name=":2">Johann Adam Paur (*1748 in der Mühle zu Tattendorf; † 1795 ebenda) war ein österreichischer Müller und Ortsrichter von Tattendorf</ref>, gemeinsam mit seiner Ehefrau Josefa geb. Marksteiner, die Mühlenanlage erbte. Deren erstgeborener Sohn, [[w:Ignaz_Paur|Ignaz Paur]]<ref>Ignaz Paur (*1778 in der Mühle Tattendorf; † 1842 in Lichtenwörth) war ein österreichischer Müller und Erfinder</ref>, war der spätere Erfinder der ''Wiener Hochmüllerei''. 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Paur (*1781 in der Mühle Tattendorf; †1842 in Unterlanzendorf) </ref> ehelichte 1804 den Müllermeister ''[[Josef Paul Schmid (Mühleninhaber)|Josef Paul Schmid]]''<ref>Josef Paul Schmid (*1778 in Oberliesing (heute Wien-Liesing); †1857 in Unterlanzendorf) war ein österreichischer Müller auf der Freimühle in Unterlanzendorf </ref> aus Oberliesing in der Tattendorfer Pfarrkirche und wurde später Mühlherrin auf der Dominikalmühle in Unterlanzendorf (heute Gut Fabricius) sowie Ahnherrin der Müllerfamilien "''Schmid"'' und "''Polsterer"''. 1795 verstarb Johann Adam Paur<ref name=":2" /> und seine Witwe ehelichte Johann Frank<ref>Johann Frank (*1758 in Thurndorf, Bayern; † 1835 auf der Wieden in Wien) war ein bayrisch-österreichischer Müller in Tattendorf</ref>, einem aus Thurndorf in Bayern stammenden Müllermeister, mit dem diese aber keine Nachkommen hatte.  Im Jahre 1800 brannte die Mühle durch Selbstentzündung ab<ref name=":4">Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden'', 2014 S. 200</ref>, wurde aber wieder aufgebaut.  [[Datei:Mühle Tattendorf - Mutter Gottes - Stuckdecke von 1745.jpg|mini|250x250px|Stuckdecke von 1745 ]]Nach dem [[w:Frieden von Pressburg|Frieden von Pressburg]] mit Napoleon, Ende 1805, hatten die Tattendorfer Bürger französische Besatzungstruppen aufzunehmen und zu verköstigen. 8.000 Soldaten und 1.600 Pferde wurden in Tattendorf einquartiert. 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''Johanna'' modernisierte den Mühlenbetrieb, ließ um 1898 die Mühlräder abmontieren und durch eine [[w:Francis-Turbine|Francis-Turbine]], die Strom lieferte, ersetzen. Die Familie Polsterer war neben der Tattendorfer Mühle im Laufe der Zeit auch Eigentümer der ''Rössel-Mühle'' in Enzersdorf an der Fischa und der [[w:Kunstmühle|Kunstmühle]] [[w:Unterwaltersdorf|Unterwaltersdorf]]. 1918 verstarb die Mühleignerin Johanna Polsterer und deren Erben verpachteten den Betrieb an die ''"Landwirtschaftliche Genossenschaft Ebreichsdorf"'', die die Mühle 1953 im Eigentum erwarb<ref name=":4" />.
Nun heiratete Franz Anton Paur<ref>[http://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/baden-st-stephan/01%252C2%252C3-03/?pg=286 Baden, Pfarre Sankt Stephan - Tauf-, Trauungs und Sterbebuch 1695-1725 (fol.279)] auf [http://data.matricula-online.eu/de/ Matricula Online] Franz Anton Paur (*1713 in der Schäfflermühle zu Baden ; † 1772 in der Mühle Tattendorf) war ein österreichischer Müller</ref>, ein Sohn des Badener Mühlenbesitzers der ''Schäfflermühle,'' [[Johannes Georg Paur]], 1742 die Witwe Maria Magdalena Ränkhl und wurde damit Mühlenbesitzer<ref>Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.143)</ref>. Für dreißig Jahre war nun Schluss mit den kurzzeitigen Besitzwechseln. In dieser Zeit erhielt die Mühle im Wesentlichen ihr heutiges Aussehen. Im Jahre 1745 ließ Franz Anton Paur in einem der Mühlstuben eine wunderschöne Stuckdecke mit der Darstellung der Muttergottes, die auf einer Weltkugel steht, die eine Schlange umschlingt und seinen Initialen FAP anbringen. Aus der Ehe mit Maria Magdalena gingen 8 Kinder hervor, von denen der älteste überlebende Sohn [[Johann Adam Paur]]<ref name=":2">Johann Adam Paur (*1748 in der Mühle zu Tattendorf; † 1795 ebenda) war ein österreichischer Müller und Ortsrichter von Tattendorf</ref>, 1776<ref name=":3">Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch D (fol.75)</ref> mit seiner Frau Josefa geb. Marksteiner die Mühl erbte. Ihr erstgeborener Sohn [[w:Ignaz Paur|Ignaz Paur]] (1778-1842) war der spätere Erfinder der ''Wiener Hochmüllerei''. Seine Erfindung der doppelten Grießputzmaschine war die Voraussetzung für die industrielle Mehlproduktion. Die Tochter Clara Paur<ref>Clara Schmid geb. Paur (*1781 in der Mühle Tattendorf; †1842 in Unterlanzendorf) </ref> ehelichte 1804 in der Tattendorfer Pfarrkirche  den Müllermeister [[Josef Paul Schmid (Mühleninhaber)|Josef Paul Schmid]] (1778-1857) aus Oberliesing und wurde später Mühlherrin der Dominikalmühle in Unterlanzendorf (heute Gut Fabricius) und Stammmutter der Müllerfamilien "''Schmid"'' und "''Polsterer"''. 1795 starb Johann Adam Paur<ref name=":2" /> und seine Witwe heiratete Johann Frank<ref>Johann Frank (*1758 in Thurndorf, Bayern; † 1835 auf der Wieden in Wien) war ein bayrisch-österreichischer Müller in Tattendorf</ref>, einem aus Thurndorf in Bayern stammenden Müllermeister, mit dem sie jedoch keine Nachkommen hatte.  1800 brannte die Mühle durch Selbstentzündung ab<ref name=":4">Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden'', 2014 S. 200</ref>, wurde aber wieder aufgebaut.  [[Datei:Mühle Tattendorf - Mutter Gottes - Stuckdecke von 1745.jpg|mini|250x250px|Stuckdecke von 1745 ]]Nach dem [[w:Frieden von Pressburg|Frieden von Pressburg]] mit Napoleon Ende 1805 mussten die Tattendorfer französische Besatzungstruppen aufzunehmen und verpflegen. 8.000 Soldaten und 1.600 Pferde wurden in Tattendorf einquartiert. Der Mühlenbesitzer Johann Frank<ref name=":3" /> hatte nach den damaligen Aufzeichnungen den größten Teil der Soldaten aufzunehmen: 440 Mann und 157 Pferde mussten in der Mühle untergebracht und verpflegt werden<ref>Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden'', 2014, S. 148</ref>. Nach dem Tod von Josefa Frank geb. Marksteiner 1816<ref>[http://data.matricula-online.eu/de/oesterreich/wien/tattendorf/01%252C2%252C3-02/?pg=112 Pfarre Tattendorf - Tauf-, Trauungs- und Sterbebuch 1797-1828 (fol.108)] auf [http://data.matricula-online.eu/de/ Matricula Online]</ref> war der Müllermeister Johann Frank alleiniger Besitzer der Mühle<ref name=":3" />. 1823 übernahm sein Stiefsohn Leopold Paur mit seiner Frau Josefa geb. Fürst den Mühlenbetrieb<ref name=":3" />.  Im Zuge der Aufhebung der [[w:Grundherrschaft|Grundherrschaft]] im Revolutionsjahr 1848 verkaufte Leopold die Mühle 1849 an Franz und Franziska Lethmüller<ref name=":3" />, die den Betrieb um 1874 an ''Ludwig Polsterer''<ref>Ludwig Polsterer (*1845 in Oberrohrbach, Pfarre Leobendorf im Weinviertel; † 1906 in Enzersdorf/Fischa) war ein österreichischer Mühlenbesitzer in Enzersdorf an der Fischa</ref> verpachteten. Als Franz Lethmüller 1877 starb, erbte seine Frau Franziska seine Hälfte<ref name=":3" /> und verkaufte 1881<ref name=":3" /> den gesamten Betrieb an Johanna Polsterer<ref>Johanna Polsterer (*1840 in Oberrohrbach, Pfarre Leobendorf im Weinviertel; † 12. Dezember 1918 in der Mühle Tattendorf) war eine österreichische Mühlenbesitzerin in Tattendorf</ref>, eine Schwester von ''Ludwig Polsterer.'' Johanna modernisierte den Mühlenbetrieb, ließ um 1898 die Mühlräder abmontieren und durch eine [[w:Francis-Turbine|Francis-Turbine]] ersetzen, die Strom lieferte. Neben der Tattendorfer Mühle gehörten der Familie Polsterer im Laufe der Zeit auch die Rösselmühle in Enzersdorf an der Fischa und der [[w:Kunstmühle|Kunstmühle]] [[w:Unterwaltersdorf|Unterwaltersdorf]].  
Die Mühle in Tattendorf diente ausschließlich der Lohnmüllerei und war voll ausgelastet. Die kostenlose Wasserkraft ermöglichte eine konkurrenzfähige Produktion gegenüber ausländischen Produkten und trug zur Dotierung des Reservefonds der ''"Landwirtschaftlichen Genossenschaft Ebreichsdorf"'' bei. 1925 standen sieben Beschäftigte in Lohn und Brot und in den beiden Weltkriegen verbesserte diese die Ernährungssituation in Tattendorf. 1947 kam der Neubau einer großen Lagerhalle, an der Teesdorfer Straße gelegen, hinzu. Im Jahr 1961 kam das „Aus“ für den Mühlenbetrieb, die Mühle wurde aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen<ref>Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden'', 2014, S. 220</ref>.


1918 verstarb die Mühlenbesitzerin Johanna Polsterer und ihre Erben verpachteten den Betrieb an die "Landwirtschaftliche Genossenschaft Ebreichsdorf", die die Mühle 1953 zu Eigentum erwarb<ref name=":4" />. Die Mühle in Tattendorf diente ausschließlich der Lohnmüllerei und war voll ausgelastet. Die kostenlose Wasserkraft ermöglichte eine gegenüber dem Ausland konkurrenzfähige Produktion und trug zur Dotierung des Reservefonds der "Landwirtschaftlichen Genossenschaft Ebreichsdorf" bei. Im Jahr 1925 waren sieben Mitarbeiter beschäftigt, die während der beiden Weltkriege die Ernährungssituation in Tattendorf verbesserten. 1947 kam der Neubau einer großen Lagerhalle, an der Teesdorfer Straße gelegen, hinzu. 1961 kam das „Aus“ für den Mühlenbetrieb, die Mühle wurde aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen<ref>Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden'', 2014, S. 220</ref>.
==Nachnutzung==
==Nachnutzung==
Josef und Annas Maria Dachauer kauften 1985 die Mühle und eröffnete ein paar Jahre später darinnen ihr ''Weingut in der Mühle''. Anfänglich wurde in den eigens dafür adaptierten Mühlenräumlichkeiten ein Heurigenlokal eingerichtet das sich großer Beliebtheit erfreute. Auch wurde darinnen von Josef Dachauer sen. mit großer Liebe zum Detail ein Mühlenmuseum mit abwechselten Themen eingerichtet. Derzeit beherbergt die Mühle neben dem schon bestehenden Museum Fremdenzimmer und einen Biohofladen, der von Frau Dachauer mit viel Liebe geführt wird.
Josef und Annas Maria Dachauer erwarben die Mühle 1985 und eröffneten wenige Jahre später ihr "Weingut in der Mühle". Zunächst wurde in den dafür adaptierten Mühlenräumlichkeiten ein Heurigenlokal eingerichtet, das sich großer Beliebtheit erfreute. Mit viel Liebe zum Detail richtete Josef Dachauer sen. auch ein Mühlenmuseum mit wechselnden Themen ein. Heute beherbergt die Mühle neben dem bestehenden Museum auch Gästezimmer und einen Biohofladen, der von Frau Dachauer mit viel Liebe geführt wird.


==Grundbuchauszug==
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==Literatur==
==Literatur==
Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden,'' 2014
 
* Josef Mitterer: ''Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden,'' 2014, Marktgemeinde Tattendorf


==Einzelnachweise==
==Einzelnachweise==
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==Weblinks==
==Weblinks==
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Aktuelle Version vom 6. August 2023, 10:33 Uhr

Die alte Mühle in Tattendorf um 1900 [1]
Leopold Paur (1791-1855) Mühleninhaber von 1823 bis 1849

Die Alte Mühle von Tattendorf war eine Mahlmühle und befindet sich im gleichnamigen Dorf im niederösterreichischen Bezirk Baden.

Geschichte

Der älteste urkundliche Nachweis über den Bestand dieser Mühle in Tattendorf findet sich anno 1258 im Stift Klosterneuburg, der damaligen Grundherrschaft von Tattendorf. Als erster namentlich genannter Mühlenbetreiber scheint anno 1422 „Hanns Mulner von der Mül“ im Grundbuch des Stiftes Klosterneuburg auf[2].1682 erwarb der Müller Georg Knötzl mit seiner Frau Maria die Mühle in Tattendorf von Martin und Sophiam Vischböck um 1.200 Gulden[3] und erlitt ein schreckliches Schicksal: „er Knötzl, in dem 1683 geschehenen Türckhen und Tärtarischen Einfall, alda gleich oberhalb der Wuehr Niedergehaut, undt die Müll durch das feuer totaliter ruinirt worden ist“[4]. Knötzls Witwe konnte die Brandstatt allein nicht wieder aufbauen und verließ Tattendorf, um einen Müller aus Wiener Neustadt zu heiraten. Das Stift Klosterneuburg als Lehnsherr ließ die Mühle 1689 wieder aufbauen[5].

Vier Jahre später ging das Anwesen mit allem Zubehör um 1.600 Gulden an Michael und Barbara Fleischhacker aus Burgau in der Steiermark[5]. Als Barbara 1715 starb, heiratete der Witwer Michael Fleischhacker seine zweite Frau Salome. Diese muss bald verwitwet gewesen sein. Denn im Grundbuch ist Salome - nach einem Vergleich mit ihren 3 Kindern - als Alleinbesitzerin eingetragen[6]. Da eine Frau damals nur eine gewisse Zeit einen Witwenbetrieb betreiben durfte, heiratete die nunmehrige Mühlenbesitzerin 1730 mit Paul Ränkhl[6] - auch sie verstarb nach nur dreijähriger Ehe. Der hinterbliebene Ehemann trat dann 1734 mit Maria Magdalena Haderer aus Tattendorf vor den Traualtar[7] und wurde ebenfalls nicht alt - sein Tod ereilte ihn 1741.

Nun heiratete Franz Anton Paur[8], ein Sohn des Badener Mühlenbesitzers der Schäfflermühle, Johannes Georg Paur, 1742 die Witwe Maria Magdalena Ränkhl und wurde damit Mühlenbesitzer[9]. Für dreißig Jahre war nun Schluss mit den kurzzeitigen Besitzwechseln. In dieser Zeit erhielt die Mühle im Wesentlichen ihr heutiges Aussehen. Im Jahre 1745 ließ Franz Anton Paur in einem der Mühlstuben eine wunderschöne Stuckdecke mit der Darstellung der Muttergottes, die auf einer Weltkugel steht, die eine Schlange umschlingt und seinen Initialen FAP anbringen. Aus der Ehe mit Maria Magdalena gingen 8 Kinder hervor, von denen der älteste überlebende Sohn Johann Adam Paur[10], 1776[11] mit seiner Frau Josefa geb. Marksteiner die Mühl erbte. Ihr erstgeborener Sohn Ignaz Paur (1778-1842) war der spätere Erfinder der Wiener Hochmüllerei. Seine Erfindung der doppelten Grießputzmaschine war die Voraussetzung für die industrielle Mehlproduktion. Die Tochter Clara Paur[12] ehelichte 1804 in der Tattendorfer Pfarrkirche den Müllermeister Josef Paul Schmid (1778-1857) aus Oberliesing und wurde später Mühlherrin der Dominikalmühle in Unterlanzendorf (heute Gut Fabricius) und Stammmutter der Müllerfamilien "Schmid" und "Polsterer". 1795 starb Johann Adam Paur[10] und seine Witwe heiratete Johann Frank[13], einem aus Thurndorf in Bayern stammenden Müllermeister, mit dem sie jedoch keine Nachkommen hatte. 1800 brannte die Mühle durch Selbstentzündung ab[14], wurde aber wieder aufgebaut.

Stuckdecke von 1745

Nach dem Frieden von Pressburg mit Napoleon Ende 1805 mussten die Tattendorfer französische Besatzungstruppen aufzunehmen und verpflegen. 8.000 Soldaten und 1.600 Pferde wurden in Tattendorf einquartiert. Der Mühlenbesitzer Johann Frank[11] hatte nach den damaligen Aufzeichnungen den größten Teil der Soldaten aufzunehmen: 440 Mann und 157 Pferde mussten in der Mühle untergebracht und verpflegt werden[15]. Nach dem Tod von Josefa Frank geb. Marksteiner 1816[16] war der Müllermeister Johann Frank alleiniger Besitzer der Mühle[11]. 1823 übernahm sein Stiefsohn Leopold Paur mit seiner Frau Josefa geb. Fürst den Mühlenbetrieb[11]. Im Zuge der Aufhebung der Grundherrschaft im Revolutionsjahr 1848 verkaufte Leopold die Mühle 1849 an Franz und Franziska Lethmüller[11], die den Betrieb um 1874 an Ludwig Polsterer[17] verpachteten. Als Franz Lethmüller 1877 starb, erbte seine Frau Franziska seine Hälfte[11] und verkaufte 1881[11] den gesamten Betrieb an Johanna Polsterer[18], eine Schwester von Ludwig Polsterer. Johanna modernisierte den Mühlenbetrieb, ließ um 1898 die Mühlräder abmontieren und durch eine Francis-Turbine ersetzen, die Strom lieferte. Neben der Tattendorfer Mühle gehörten der Familie Polsterer im Laufe der Zeit auch die Rösselmühle in Enzersdorf an der Fischa und der Kunstmühle Unterwaltersdorf.

1918 verstarb die Mühlenbesitzerin Johanna Polsterer und ihre Erben verpachteten den Betrieb an die "Landwirtschaftliche Genossenschaft Ebreichsdorf", die die Mühle 1953 zu Eigentum erwarb[14]. Die Mühle in Tattendorf diente ausschließlich der Lohnmüllerei und war voll ausgelastet. Die kostenlose Wasserkraft ermöglichte eine gegenüber dem Ausland konkurrenzfähige Produktion und trug zur Dotierung des Reservefonds der "Landwirtschaftlichen Genossenschaft Ebreichsdorf" bei. Im Jahr 1925 waren sieben Mitarbeiter beschäftigt, die während der beiden Weltkriege die Ernährungssituation in Tattendorf verbesserten. 1947 kam der Neubau einer großen Lagerhalle, an der Teesdorfer Straße gelegen, hinzu. 1961 kam das „Aus“ für den Mühlenbetrieb, die Mühle wurde aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen[19].

Nachnutzung

Josef und Annas Maria Dachauer erwarben die Mühle 1985 und eröffneten wenige Jahre später ihr "Weingut in der Mühle". Zunächst wurde in den dafür adaptierten Mühlenräumlichkeiten ein Heurigenlokal eingerichtet, das sich großer Beliebtheit erfreute. Mit viel Liebe zum Detail richtete Josef Dachauer sen. auch ein Mühlenmuseum mit wechselnden Themen ein. Heute beherbergt die Mühle neben dem bestehenden Museum auch Gästezimmer und einen Biohofladen, der von Frau Dachauer mit viel Liebe geführt wird.

Grundbuchauszug

Jahr Grundbücherliche Besitzer der alten Mühle in Tattendorf [14] durch
1422 Mulner Hanns
Mülner Leopold
1514 Weyßs Christan, Müllner
1520 Weiss Christan, Müllner
1520 Newhawser Jorig und Regina Kauf
1525 Moser Leopold und Barbara Kauf
1544 Häberler Paul und Margaretha Kauf
1560 Lutz Michael und Margaretha Kauf
Lutz Michael und Barbara
1588 Häberler Matheus und Catharina Kauf
1597 Etthofer Hans Kauf
1631 Wilhelm Andreas, Herr von Prandis, Freyherr zu Leonburg

und Forstherr auf Rodaun und Eva Maria geb. Urschenpekhin

1646 Täschl Hanns und Regina Kauf
Moser Johann und Johann und Susanna geb. Täschl
1668 Vischböck Martin und Sophiam Kauf
1682 Knözl Geogen Müllner und Maria Kauf
1683 Zerstärung durch die Türken
1689 Wiederaufbau durch das Stift Klosterneuburg
1694 Fleischhackher Michael, Müllner und Barbara Kauf
1715 Fleischhackher Michael und Salome Heirat
Fleischhackher Salome Witwe Erbe
1730 Ränckhl Paul und Salome Heirat
Ränckl Paul, Witwer
1734 Ränckl Paul und Maria Magdalena Heirat
Ränckhl Maria Magdalena, Witwe Erbe
1743 Paur Franz Anton und Maria Magdalena verw. Ränckhl Heirat
1772 Paur Maria Magdalena, Witwe Erbe
1776 Pauer Johann Adam und Josepha Erbe
1795 Pauerin Josepha, Witwe Erbe
1795 Frank Johann und Josepha (Witwe) Erbe
1800 Zerstörung durch Brand infolge Selbstentzündung
1816 Frank Johann, Witwer Erbe
1823 Pauer Leopold und Josepha Übernahme
1849 Lettmüller Franz und Franziska Kauf
1877 Lettmüller Franziska Erbe
1881 Polsterer Johanna Kauf
1953 Landwirtschaftliche Genossenschaft Ebreichsdorf Kauf
1985 Dachauer Josef und Anna Maria Kauf

Literatur

  • Josef Mitterer: Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden, 2014, Marktgemeinde Tattendorf

Einzelnachweise

  1. Aquarell: aus dem Besitz der Familie Hietz
  2. Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch 18/5
  3. Stiftsarchiv Klosterneuburg - Vb. 3a-2 (fol.225r)
  4. Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch C (fol.172)
  5. 5,0 5,1 Stiftsarchiv Klosterneuburg Vb. 3a-3 (fol.71r)
  6. 6,0 6,1 Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.31)
  7. Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.100)
  8. Baden, Pfarre Sankt Stephan - Tauf-, Trauungs und Sterbebuch 1695-1725 (fol.279) auf Matricula Online Franz Anton Paur (*1713 in der Schäfflermühle zu Baden ; † 1772 in der Mühle Tattendorf) war ein österreichischer Müller
  9. Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch A (fol.143)
  10. 10,0 10,1 Johann Adam Paur (*1748 in der Mühle zu Tattendorf; † 1795 ebenda) war ein österreichischer Müller und Ortsrichter von Tattendorf
  11. 11,0 11,1 11,2 11,3 11,4 11,5 11,6 Stiftsarchiv Klosterneuburg - Grundbuch D (fol.75)
  12. Clara Schmid geb. Paur (*1781 in der Mühle Tattendorf; †1842 in Unterlanzendorf)
  13. Johann Frank (*1758 in Thurndorf, Bayern; † 1835 auf der Wieden in Wien) war ein bayrisch-österreichischer Müller in Tattendorf
  14. 14,0 14,1 14,2 Josef Mitterer: Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden, 2014 S. 200
  15. Josef Mitterer: Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden, 2014, S. 148
  16. Pfarre Tattendorf - Tauf-, Trauungs- und Sterbebuch 1797-1828 (fol.108) auf Matricula Online
  17. Ludwig Polsterer (*1845 in Oberrohrbach, Pfarre Leobendorf im Weinviertel; † 1906 in Enzersdorf/Fischa) war ein österreichischer Mühlenbesitzer in Enzersdorf an der Fischa
  18. Johanna Polsterer (*1840 in Oberrohrbach, Pfarre Leobendorf im Weinviertel; † 12. Dezember 1918 in der Mühle Tattendorf) war eine österreichische Mühlenbesitzerin in Tattendorf
  19. Josef Mitterer: Wenn Spuren von Menschen Geschichte werden, 2014, S. 220

Weblinks

 Alte Mühle von Tattendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

47.9564516.299689Koordinaten: 47° 57′ 23″ N, 16° 17′ 59″ O