Wiener Neustädter Blutgericht (1522): Unterschied zwischen den Versionen

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'''Das "Wiener Neustädter Blutgericht"''' fand 1522 in [[Wiener Neustadt]] stand und beendete die Auseinandersetzung von [[w:Ferdinand I. (HRR)|Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich]], dem späteren Kaiser Ferdinand I., mit den Ständen des [[w:Erzherzogtum Österreich|Herzogtums Österreich "unter der Enns"]]<ref group="A">Im 15.Jahrhundert waren aus dem Herzogtum Österreich die Teilherzogtümer Österreich "ob der Enns" (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich "unter der Enns" (heute im Wesentlichen: Niederösterreich) entstanden. Zum Herzogtum Österreich "unter der Enns" gehörten im 16. Jahrhundert das heutige Bundesland Wien und Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich.</ref>, bei denen sich besonders die Stadt [[Wien]]<ref group="A">Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich. Sie gehörte zu den [[w:Landstände|Landständen]] des Herzogtums und behauptete sich im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns". Unter den [[w:Babenberg|Babenbergern]] war Wien seit Herzog [[w:Heinrich II. (Österreich)|Heinrich (II.)]] von [[w:Erzherzogtum Österreich|Österreich]] ("''Heinrich Jasomirgott''") gewöhnlich der Sitz des Herzogs von Österreich. Wien gehörte zu den wichtigsten Residenzen der [[w:Habsburg|Habsburger]], wurde aber erst im 17. Jahrhundert endgültig die Hauptstadt ihres Reiches.</ref> hervorgetan hatte.
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== Vorgeschichte ==
== Vorgeschichte ==
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== Diverses ==
== Diverses ==
Eine weitere Hinrichtung, die ebenfalls am 9. August 1522 stattfand, betraf den Wiener Ratsherren Hans Schwarz, der wegen des Vergehens der Münzprägung zum Feuertod verurteilt worden war, aber dann zum Tod durch das Schwert begnadigt wurde. Er wurde auf der Richtstätte bei der "Spinnerin am Kreuz" außerhalb der Stadt Wiener Neustadt hingerichtet.<ref name ="gedächtnis"/>
Eine weitere Hinrichtung, die ebenfalls am 9. August 1522 stattfand, betraf den Wiener Ratsherren Hans Schwarz, der wegen des [[w:Falschgeld|Vergehens der Münzprägung]] zum Feuertod verurteilt worden war, aber dann zum Tod durch das Schwert begnadigt wurde. Er wurde auf der Richtstätte bei der "[[w:Spinnerin am Kreuz (Wiener Neustadt)|Spinnerin am Kreuz]]", die sich damals noch außerhalb der Stadtmauern von Wiener Neustadt befand, hingerichtet.<ref name ="gedächtnis"/>


== Historische Einschätzung ==
== Historische Einschätzung ==
Mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" demonstrierte der neue Herrscher Ferdinand seine Macht und stellte so klar, dass er eine Machtminderung keineswegs hinzunehmen bereit war. In der ständischen Erhebung nach dem Tod von Kaiser Maximilian spielte die Stadt Wien ein letztes Mal eine politische Rolle, in der es seine Macht als Landstand ausspielen konnte.  
Mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" demonstrierte der neue Herrscher Ferdinand seine Macht und stellte so klar, dass er eine Machtminderung keineswegs hinzunehmen bereit war. In der ständischen Erhebung nach dem Tod von Kaiser Maximilian spielte die Stadt Wien ein letztes Mal eine politische Rolle, in der es seine Macht als Landstand ausspielen konnte.  


Im Vergleich mit der politischen Lage und Entwicklung in anderen Ländern im ausgehenden Mittelalter und der beginnende Neuzeit handelte es sich bei der Auseinandersetzung zwischen Landesfürst und Landständen, Adel und Städte, um einen für diese Zeit typischen Konflikt, der im Herzogtum Österreich letztlich zugunsten des Landesfürsten entschieden wurde. Für die historische Forschung dürfte die Einschätzung und Beurteilung des "Wiener Neustädter Blutgerichtes" stark davon abhängig sein, für welche Seite die Historikerin oder der Historiker Partei selbst ergreifen oder welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tendenzen gerade vorherrschen.
Ein Vergleich mit der politischen Lage und Entwicklung in anderen Ländern im ausgehenden Mittelalter und der beginnende Neuzeit zeigt, dass es sich bei dem "Aufstand", der mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" endete, um eine Auseinandersetzung zwischen Landesfürst und Landständen, Adel und Städte handelte, ein Konflikt, der für diese Zeit charakteristisch ist und der im Herzogtum Österreich letztlich zugunsten des Landesfürsten entschieden wurde. Für die historische Forschung dürfte die Einschätzung und Beurteilung des "Wiener Neustädter Blutgerichtes" stark davon abhängig sein, für welche Seite die Historikerin oder der Historiker Partei selbst ergreifen oder welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tendenzen gerade vorherrschen.


== Zeitgenössische Berichte ==
== Zeitgenössische Berichte ==

Version vom 2. Dezember 2018, 12:37 Uhr

Das "Wiener Neustädter Blutgericht" fand 1522 in Wiener Neustadt stand und beendete die Auseinandersetzung von Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich, dem späteren Kaiser Ferdinand I., mit den Ständen des Herzogtums Österreich "unter der Enns"[A 1], bei denen sich besonders die Stadt Wien[A 2] hervorgetan hatte.

Vorgeschichte

Die Verwaltungsreformen von Kaiser Maximilian I.

Ende des 16. Jahrhunderts hatte Kaiser Maximilian I. in seine "Erblande" wesentliche Verwaltungsreformen vorgenommen, darunter die Schaffung von Behörden, die on bezahlten Beamten kollegial geführt wurden und in seinem Namen als Landesfürst die laufenden Regierungsgeschäfte in den "Erblanden" kollegial besorgten. Für die Herzogtümer Österreich "ob der Enns" und "unter der Enns", Steier[A 3], Kärnten[A 4] und Krain war sein "Regiment der fünf niederösterreichischen Lande" zuständig, das seinen Sitz in der Stadt Wien hatte. Als sich Maximilian in Wiener Neustadt aufhielt, erließ er am 20. November 1517 eine neue Wiener Stadtordnung (das Wiener "Stadtrechtsprivileg"). In diesem übertrug er seinem "niederösterreichischen Regiment" die nachträgliche Bestätigung der Wiener Ratswahl, verbunden mit dem Recht, nicht genehme Mandatare durch andere zu ersetzen. Außerdem sollte nun jedes Jahr ein anderer Bürgermeister gewählt und die Wiederwahl eines Kandidaten erst nach drei Jahren gestattet werden. Diese Ordnung bedeutete eine wesentliche Einschränkung der bisherigen Wiener Stadtrechte.

Die Entmachtung des "Regiments der fünf niederösterreichischen Lande"

Nach dem Tod von Kaiser Maximilian I. (1519) wurde sein Enkel, der spätere Kaiser Karl V., sein Nachfolger als Landesfürst in den Ländern und Herrschaften, die sich zum Teil oder zur Gänze in der heutigen Republik Österreich befanden. Allerdings hatte sich Karl zuvor außerhalb von diesen aufgehalten, zudem hatte es für ihn zunächst Priorität, die Nachfolge im Heiligen Römischen Reich zu sichern. Der Umstand, dass Karl V. nicht sofort vor Ort war oder Maßnahmen setzen ließ, welche in Bezug auf seine zukünftige Herrschaft in den "österreichischen" Ländern für Klarheit gesorgt hätten, schuf eine politisch instabile Lage, welche die Landstände des Herzogtums Österreich "unter der Enns" stärkte und dazu ermutigte, ihre eigenen Interessen nachhaltig zu behaupten und bereits verlorene Machtpositionen zurückzugewinnen. Letztlich wurde versucht, eine eigene Landesordnung zu schaffen, die eine Regierung der Landstände etabliert hätte.

Die oppositionellen Mitglieder der "österreichischen" Landstände, denen es gelungen war, in der Stadt Wien die Macht zu übernehmen, widersetzen sich dem "niederösterreichischen Regiment" und setzten eine "neues" Regiment durch. Als führende Persönlichkeit dieses neuen Regiment galt Martin Siebenbürger, Bürgermeister der Stadt Wien.[1]

Nachdem Karl V. die Verwaltung der "österreichischen Lande seinem jüngeren Bruder, Erzherzog Ferdinand I. übertragen hatte und dieser entschlossen war, diese Herrschaft auch selbst auszuüben, spitzte sich die Lage zwischen ihm und der ständischen Opposition im Herzogtum Österreich "unter der Enns" zu. Erzherzog Ferdinand war im Königreich Kastilien-Aragon am Hof seines anderen Großvaters, des Königs Ferdinand von Aragon ("Ferdinand der Katholische") aufgewachsen und damit für die seine Untertanen in den österreichischen Land zunächst nur ein "Fremder", der mit den dortigen politischen Verhältnissen, Rechten und Konflikten nicht wirklich vertraut war.

Verlauf

Nach seinem Eintreffen im Herzogtum Österreich rief Ferdinand I. ein Gericht unter seinem Vorsitz in Wiener Neustaddt ein, das auch von der Opposition gefordert worden war, und forderte die an der Entmachtung des "Alten Regiments" Beteiligten auf, vor diesem zu erscheinen. Dieses Gericht, das unter der Bezeichnung "Wiener Neustädter Blutgericht" in die Geschichte eingegangen ist, endete mit der Verurteilung, wobei acht Todesurteile wegen Hochverrats gefällt wurden. Am 9. August 1522 wurden die Adeligen Michael von Eytzing und Hans von Puchheim auf dem Wiener Neustädter Hauptplatz enthauptet, am 11. August 1522 der Wiener Bürgermeister Martin Siebenbürger, die früheren Wiener Bürgermeister Friedrich Piesch und Hans Rinner sowie die Wiener Ratsherren Stefan Schlagindweit, und Martin Flaschner.[1]

Diverses

Eine weitere Hinrichtung, die ebenfalls am 9. August 1522 stattfand, betraf den Wiener Ratsherren Hans Schwarz, der wegen des Vergehens der Münzprägung zum Feuertod verurteilt worden war, aber dann zum Tod durch das Schwert begnadigt wurde. Er wurde auf der Richtstätte bei der "Spinnerin am Kreuz", die sich damals noch außerhalb der Stadtmauern von Wiener Neustadt befand, hingerichtet.[1]

Historische Einschätzung

Mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" demonstrierte der neue Herrscher Ferdinand seine Macht und stellte so klar, dass er eine Machtminderung keineswegs hinzunehmen bereit war. In der ständischen Erhebung nach dem Tod von Kaiser Maximilian spielte die Stadt Wien ein letztes Mal eine politische Rolle, in der es seine Macht als Landstand ausspielen konnte.

Ein Vergleich mit der politischen Lage und Entwicklung in anderen Ländern im ausgehenden Mittelalter und der beginnende Neuzeit zeigt, dass es sich bei dem "Aufstand", der mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" endete, um eine Auseinandersetzung zwischen Landesfürst und Landständen, Adel und Städte handelte, ein Konflikt, der für diese Zeit charakteristisch ist und der im Herzogtum Österreich letztlich zugunsten des Landesfürsten entschieden wurde. Für die historische Forschung dürfte die Einschätzung und Beurteilung des "Wiener Neustädter Blutgerichtes" stark davon abhängig sein, für welche Seite die Historikerin oder der Historiker Partei selbst ergreifen oder welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tendenzen gerade vorherrschen.

Zeitgenössische Berichte

Erinnerungen an das "Wiener Neustädter Blutgericht" von 1522

  • In Wiener Neustadt erinnert an das "Wiener Neustädter Blutgericht" ein in der Südost-Ecke des "Grätzels" am Stadtplatz in den Boden eingelassener Stein mit der Jahreszahl 1522.[2] Im März 2018 wurde dort außerdem am "Grätzelhaus" eine Gedenktafel angebracht, einerseits zur Erinnerung an die Gründung von Wiener Neustadt im Jahr 1192 und andererseits im Gedenken an die Hinrichtungsstelle des "Wiener Neustädter Blutgerichts".[3]

Das "Wiener Neustädter Blutgericht" in Sage und Legende

Um das "Wiener Neustädter Blutgericht" haben sich keine Sagen oder Legenden gebildet, die heute noch bekannt oder zumindest überliefert sind. Innerhalb der Sekundärliteratur finden sich allerdings widersprüchliche Aussagen, bei denen das eine oder andere Detail einer Legendenbildung geschuldet sein könnte. So findet sich zum Beispiel so wohl die Behauptung, die Hingerichteten wären nach der Hinrichtung an Ort und Stelle vergraben worden[2], aber auch die gegenteilige Aussage, wonach die Leichen ihren Familien übergeben wurde, welche diese ehrenvoll beisetzen ließen.

Ausstellungen

  • "Ferdinand I. - Herrscher zwischen Blutgericht und Türkenkriegen". Sonderausstellung, Stadtmuseum in Wiener Neustadt, 26. September 2003 - 6. Jänner 2004[4]

Literatur

  • Karl Vocelka - Anita Traninger (Hrsg.): Wien. Geschichte einer Stadt. Die frühneuzeitliche Residenz (16.-18. Jahrhundert) (= Peter CsendesFerdinand Opll (Hrsg.): Wien. Wien. Geschichte einer Stadt. Bd. 2). Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2003, ISBN 3-205-99267-9, besonders S. 47-63

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. "Wiener Neustädter Blutgericht" 1522, Gedächtnis des Landes Niederösterreich.AT, abgerufen am 2. Dezember 2018
  2. 2,0 2,1 vgl. Stadtspaziergang, Zeitgeschichte-WN.AT, abgerufen am 2. Dezember 2018
  3. vgl. Peter Zezula. In: Mein Bezirk.AT, 29. März 2018 online, abgerufen am 2. Dezember 2018
  4. vgl. Presseaussendung, 9. September 2003, OTS.AT, abgerufen am 2. Dezember 2018

Anmerkungen

  1. Im 15.Jahrhundert waren aus dem Herzogtum Österreich die Teilherzogtümer Österreich "ob der Enns" (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich "unter der Enns" (heute im Wesentlichen: Niederösterreich) entstanden. Zum Herzogtum Österreich "unter der Enns" gehörten im 16. Jahrhundert das heutige Bundesland Wien und Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich.
  2. Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich. Sie gehörte zu den Landständen des Herzogtums und behauptete sich im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns". Unter den Babenbergern war Wien seit Herzog Heinrich (II.) von Österreich ("Heinrich Jasomirgott") gewöhnlich der Sitz des Herzogs von Österreich. Wien gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger, wurde aber erst im 17. Jahrhundert endgültig die Hauptstadt ihres Reiches.
  3. Das Herzogtum Steier(mark) umfasste damals im Wesentlichen das heutige Bundesland Steiermark sowie Teile des heutigen Sloweniens und der heutigen Bundesländer Niederösterreich (Grafschaft Pitten mit Wiener Neustadt).
  4. Das Gebiet des Herzogtums Kärnten umfasste damals im Wesentlichen die meisten Teile des heutigen Bundeslandes Kärnten. Einige Teile des heutigen Bundeslandes standen zu dieser Zeit aber noch unter der Herrschaft des Erzstiftes Salzburg und kamen erst im 18. Jahrhundert endgültig unter die Herrschaft der Habsburger als Herzöge von Kärnten.