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Version vom 10. Januar 2021, 09:11 Uhr
Als Hungerleider[1] wird – vielfach auch abschätzig – eine Person bezeichnet, die nicht in der Lage ist, sich regelmäßig mit ausreichend Nahrung zu versorgen, die also immer wieder Hunger leiden muss bzw. eine Person, die aus Geiz sich die notwendigsten Bedürfnisse selbst versagt.[2]
Dies hat auch zur Aufnnahme und Verwendung des Begrifs in den Schönen Künsten geführt und wurde der Begriff zum Eigennamen.
Begriff
Historisch werden mit dem Begriff Hungerleider arme Menschen, Arbeitslose, Bettler, Obdachlose, Stadtstreicher etc. in Verbindung gebracht, aber auch Personen, die zwar einen Beruf erlernt haben oder ausüben, von diesem aber nicht ausreichend leben können, meist weil ihnen die gesellschaftliche Anerkennung (noch) fehlt, z. B.: Hauslehrer, Poeten oder Maler und andere Künstler und die daher unterbezahlt sind (heute als Working Poor bezeichnet) oder sehr stark wechselnde Einkünfte haben (z. B. Schauspieler). Frank Williams galt während der Aufbauphase des von ihm gegründeten Formel-1-Rennstalls Williams F1 als Hungerleider der Formel 1, weil er unter anderem gebrauchte Reifen von Ferraris Abfallplatz übernahm und geschäftliche Gespräche von einer Telefonzelle aus führen musste, weil der Anschluss seiner Fabrik wegen nicht bezahlter Rechnungen abgeklemmt worden war.[3]
Der Philosoph, Dramatiker, Naturforscher, Politiker und Stoiker Lucius Annaeus Seneca (genannt Seneca der Jüngere, * etwa im Jahre 1; † 65 n. Chr.) hat zur Zeit des Römischen Reichs in diesem Zusammenhang Schauspieler als stolze verwegenen Helden auf den Bühnen bezeichnet, die in der Realität Hungerleider waren.
Die körperliche Erscheinung von Personen, die als Hungerleider bezeichnet werden, wird dabei klischeehaft mit unterernährt bzw. untergewichtig, hohlwangig, nur noch Haut und Knochen, wandelndes Gerippe, eingefallen, klapperdürr, knochendürr, spindeldürr, vom Fleisch gefallen etc. in Zusammenhang gebracht.
Orte
In der heutigen Tschechei befinden sich zwei Orte, die sich Hladov (dt.: Hunger) nennen: Hladov (Petrovice) und Hladov (Okres Jihlava). Beide werden übersetzt mit Hungertuch aber auch mit Hungerleiden. Die slowakische Gemeinde Hladovka soll hingegen nach dem Schultheiß Krištof Hlad benannt sein.
Personennamen
- Fritz Hungerleider (* 1920; † 1998 in Wien) war ein österreichischer Religionswissenschaftler, Autor und Zen-Lehrer und von 1955 bis 1976 Präsident der Buddhistischen Gemeinschaft Österreich.
- Leslie G. Ungerleider (1946–2020), US-amerikanische Psychologin
- Suzie Ungerleider (* 1971; Künstlername Oh Susanna), kanadische Singer-Songwriterin im Genre Alternative Country
- Robin Starveling[4], eine Figur in William Shakespeare Stück: Ein Sommernachtstraum (1596).
Erwähnung in den Schönen Künsten
Literatur über Hungerleider
- Fritz Backhaus: Im Heckhuß die Lahmen, Blinden und Hungerleider... : die sozialen Institutionen in der Frankfurter Judengasse..., in: Juden und Armut in Mittel- und Osteuropa, Köln 2000, Simon-Dubnow-Institut für jüdische Geschichte und Kultur, Böhlau Verlag.
- Josef Els: Die soziale Lage der Eifeler Lehrerschaft im 19. Jahrhundert : lange folgte ihnen der Ruf des Hungerleiders, in: Eifel-Jahrbuch 2003.
- Hans-Ulrich Grunder: Der Lehrer als Hungerleider und andere Lehrerbilder, in: Der Kerl ist verrückt! , Baltmannsweiler 2011, Schneider-Verlag, ISBN 978-3-83400-846-6 .
- Hans Heinz Hahnl: Hofräte, Revoluzzer, Hungerleider : vierzig verschollene österreichische Literaten, Wien 1990, Wiener Journal Zeitschr.-Verl. ISBN 3-9003-7947-5.
- Julius Keller: Der Hungerleider, Gesangstexte von Louis Herrmann, Wien 1896.
- Chantal Kröber: Hungerleider und Besserverdienende : "Armensuppen" in Jülich als Mittel gegen den Pauperismus, 1830 - 1850, Jülich 2005, Joseph-Kuhl-Ges., ISBN 978-3-932903-33-5.
- Heiner Link: Hungerleider, Verlag Reinbek bei Hamburg, Rowohlt-Taschenbuch-Verl. 2005, ISBN 978-3-499-23954-0.
- Will-Erich Peuckert: Noack oder die Hungerleider, Verlag Breslau, Süd-Ost-Deutscher Verlag, Leipzig 1925.
- Hanna Szelest: Martials Spottepigramme. Satirisches über Möchtegerndichter, Scheinheilige, Pfuscher, Neureiche und ewige Hungerleider, Hildesheim 1996.
Komödie
- Julius Keller, Louis Herrmann: Der Hungerleider, Ausstattungs-Komödie mit Gesang u. Ballet in 10 Bildern, Musik von Louis Roth, Berlin.
Hörspiel, Musik
- 1964: Ivan Cankar: Die Geschichte des Simen Hungerleider – Regie: Renate Thormelen (Hörspiel – Rundfunk der DDR).
- Louis Roth: Potpourri aus "Der Hungerleider" : Skizzen (für Klavier) , 1843-1929, verfügbar in ÖNB Musiksammlung, Signatur: Mus.Hs.5461.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ engl.: Starveling; franz.: La Famélique; schwed.: Utsvulten stackare; span.: Muerto de hambre.
- ↑ Hungerleider, Webseite: woerterbuchnetz.de.
- ↑ Mathias Brunner: Williams ist kein Rennstall mehr, Webseite: speedweek.com vom 15. April 2019.
- ↑ Starveling bedeutet im Englischen.: Hungerleider.