Hans Hierszmann’s, Thürhüthers Herzog Albrecht’s VI. von Oesterreich, Bericht über Krankheit und Tod seines Herrn 1463 und 1464: Unterschied zwischen den Versionen

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== Merkmale ==
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Hans Hierszmanns Bericht zählt zu den für das Mittelalter seltenen Dokumenten, in denen ein Vertreter des "niederen Personals" Rechenschaft über die letzten Tage seines Herrn ablegt.<ref>vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 35</ref> Wie die "[[Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin]]" liefert auch der Bericht von Hanns Hierszmann spannende Einblicke in ein historisches Geschehnis des Mittelalters<ref>Vgl. Beatrix Eichinger: ''Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?'', 1994, S. 29</ref>, über das ansonsten nur umstrittene Quellenaussagen von Zeitgenossen und Gerüchte<ref group="A">So zum Beispiel in [[w:Michel Beheim|Michael Beheims]] "Buch von den Wiener" oder der "Anonymen Chronik 1454-1467", vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 33f.</ref> überliefert sind. Der Bericht gilt als relativ zuverlässige Quelle, wobei allerdings gewisse Abstriche zu machen sind, die mit der Person des Verfassers und den Hintergründen für die Niederschrift zusammenhängen. Hans Hierszmann war zum Beispiel kein medizinischer Fachmann, was bei der Beschreibung der medizinischen Symptome zu berücksichtigen ist. Alles, was sich außerhalb der Privatgemächer des Herzogs abspielte, ist ausgeblendet, ebenso aber auch alles, was nicht unmittelbar mit der Krankheitsgeschichte des Erzherzogs zu tun hat.<ref>vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 50</ref>
Hans Hierszmanns Bericht zählt zu den für das Mittelalter seltenen Dokumenten, in denen ein Vertreter des "niederen Personals" Rechenschaft über die letzten Tage seines Herrn ablegt.<ref>vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 35</ref> Wie die "[[Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin]]" liefert auch der Bericht von Hanns Hierszmann spannende Einblicke in ein historisches Geschehnis des Mittelalters<ref>Vgl. Beatrix Eichinger: ''Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?'', 1994, S. 29</ref>, über das ansonsten nur umstrittene Quellenaussagen von Zeitgenossen und Gerüchte<ref group="A">So zum Beispiel in [[w:Michel Beheim|Michael Beheims]] "Buch von den Wiener" oder der "Anonymen Chronik 1454-1467", vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 33f.</ref> überliefert sind.  


Die Beschuldigung Jörgs von Stain, und Hinweise darauf, dass Hierszmann selbst Verdächtigungen ausgesetzt war, legen nahe, dass er großes Interesse daran hatte, die eigene "Seriosität" betonen.<ref>vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 36</ref> Auch die Verdächtigungen, die er in Bezug auf den Arzt und den Apotheker, nach seiner eigenen Aussage Verwandte des Wiener Bürgermeisters [[w:Wolfgang Holzer (Bürgermeister)|Wolfgang Holzer]], den der Erzherzog wenige Monate zuvor wegen Hochverrats hatte hinrichten lassen, äußert, sind mit Vorsicht zu werten<ref name ="Eichinger30"/>.
Der Bericht gilt als relativ zuverlässige Quelle, wobei allerdings gewisse Abstriche zu machen sind, die mit der Person des Verfassers und den Hintergründen für die Niederschrift zusammenhängen. Hans Hierszmann war zum Beispiel kein medizinischer Fachmann, was bei der Beschreibung der medizinischen Symptome zu berücksichtigen ist. Alles, was sich außerhalb der Privatgemächer des Herzogs abspielte, ist ausgeblendet, ebenso aber auch alles, was nicht unmittelbar mit der Krankheitsgeschichte des Erzherzogs zu tun hat.<ref>vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 50</ref> Die Beschuldigung Jörgs von Stain, und Hinweise darauf, dass Hierszmann selbst Verdächtigungen ausgesetzt war, legen nahe, dass er großes Interesse daran hatte, die eigene "Seriosität" betonen.<ref>vgl. Gerold Hayer: ''Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten'', 1998, S. 36</ref> Auch die Verdächtigungen, die er in Bezug auf den Arzt und den Apotheker, nach seiner eigenen Aussage Verwandte des Wiener Bürgermeisters [[w:Wolfgang Holzer (Bürgermeister)|Wolfgang Holzer]], den der Erzherzog wenige Monate zuvor wegen Hochverrats hatte hinrichten lassen, äußert, sind mit Vorsicht zu werten<ref name ="Eichinger30"/>.


== Historische Fakten ==
== Historische Fakten ==

Version vom 11. März 2018, 16:14 Uhr

Hans Hierszmann’s, Thürhüthers Herzog Albrecht’s VI. von Oesterreich, Bericht über Krankheit und Tod seines Herrn 1463 und 1464 ist ein autobiographischer Bericht aus der Mitte des 15. Jahrhundert über die letzte Lebenstage von Erzherzog Albrecht VI. von Österreich, der 1463 in Wien starb. Der Bericht gilt heute als eine der wenigen, "realistischen" Todesdarstellungen, die sich aus dem späten Mittelalter erhalten haben. Für die historische Forschung ist er auch eine wichtige Quelle zur Alltagsgeschichte des Spätmittelalter.

Autorenschaft

Über den Autor Hans Hierszmann ist kaum etwas bekannt. Seine Autorenschaft gilt als gesichert.

Handlung

Der Bericht gliedert sich in zwei Teile. Im ersten Teil berichtet Hierszmann in chronologischer Abfolge über die vier letzten Lebenstage von Erzherzog Albrecht, und was sich in den herzoglichen Gemächern in der Wiener Hofburg unmittelbar nach seinem Tod abspielte. Im zweiten Teil, der wesentlich kürzer ist, geht es um Nachforschungen und Verhöre, denen der Erzähler im Zusammenhang mit dem Verdacht einer unnatürlichen Todesursache ausgesetzt war und die Kommentare eines Consiliums von Ärzten der Wiener Universität, das eingesetzt wurde, um die tatsächliche Todesursache zu klären.[1] Zu Beginn findet sich der Hinweis, dass Jörg von Stain nach dem Tod von Erzherzog Albrecht VI. bezichtigt wurde, diesen vergiftet zu haben. In diesem Zusammenhang erklärt Hanns Hierszmann, dass er das, was er wisse, gesehen und gehört habe, berichten wird. Dann folgt eine ausführliche Beschreibung der Symptome und des Krankheitsverlaufes, von Gesprächen des Erzherzogs mit seinen Vertrauten, davon, wie der Arzt geholt wurde, welche Anweisungen dieser gab und welche Behandlungen er durchführen ließ, über den Tod des Erzherzogs, der Trauer um ihn und was danach mit seinen Habseligkeiten geschah. Hanns Hierszmanns Bericht endet mit einigen Hinweisen zu seinem weiteren Leben danach.[2]

Personen

Frauen kommen im Bericht nicht vor, erwähnt werden lediglich die Markgräfin von Baden und die Frau eines Ritters, der Erzherzog Albrecht beim Spiel ein Samttäschchen abgewonnen hatte. Im Mittelpunkt des Berichtes steht der Erzherzog, es scheint, dass er in seinen letzten Lebenstagen ausschließlich von Männern umgeben war: Koch, Kellermeister, Türhüter und Kammerdiener, höhere Hofbeamte und am Hof anwesende Landherren. Außer dem Erzähler wird mit Achaz Neidegger ein weiterer Bediensteter angeführt, der wie dieser dem Erzherzog ständig zur Verfügung zu stehen hatte. Hinzu kommt noch Meister Michel Schricken, wie der behandelnde Arzt im Bericht genannt wird. Erwähnt wird außerdem mit Hans Kirchheimer ein weiterer Arzt.

Merkmale

Hans Hierszmanns Bericht zählt zu den für das Mittelalter seltenen Dokumenten, in denen ein Vertreter des "niederen Personals" Rechenschaft über die letzten Tage seines Herrn ablegt.[3] Wie die "Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin" liefert auch der Bericht von Hanns Hierszmann spannende Einblicke in ein historisches Geschehnis des Mittelalters[4], über das ansonsten nur umstrittene Quellenaussagen von Zeitgenossen und Gerüchte[A 1] überliefert sind.

Der Bericht gilt als relativ zuverlässige Quelle, wobei allerdings gewisse Abstriche zu machen sind, die mit der Person des Verfassers und den Hintergründen für die Niederschrift zusammenhängen. Hans Hierszmann war zum Beispiel kein medizinischer Fachmann, was bei der Beschreibung der medizinischen Symptome zu berücksichtigen ist. Alles, was sich außerhalb der Privatgemächer des Herzogs abspielte, ist ausgeblendet, ebenso aber auch alles, was nicht unmittelbar mit der Krankheitsgeschichte des Erzherzogs zu tun hat.[5] Die Beschuldigung Jörgs von Stain, und Hinweise darauf, dass Hierszmann selbst Verdächtigungen ausgesetzt war, legen nahe, dass er großes Interesse daran hatte, die eigene "Seriosität" betonen.[6] Auch die Verdächtigungen, die er in Bezug auf den Arzt und den Apotheker, nach seiner eigenen Aussage Verwandte des Wiener Bürgermeisters Wolfgang Holzer, den der Erzherzog wenige Monate zuvor wegen Hochverrats hatte hinrichten lassen, äußert, sind mit Vorsicht zu werten[2].

Historische Fakten

Erzherzog Albrecht VI. starb am 2. Dezember 1463 in der Wiener Hofburg. Die tatsächliche Todesursache ist ungeklärt und dürfte nach den historischen Quellen nicht mehr zu klären sein.[7][A 2]

Politischer Hintergrund

Kaiser Friedrich III. hatte im "Vertrag von Korneuburg" (2. Dezember 1462) Erzherzog Albrecht VI. offiziell die Herrschaft über das Herzogtum Österreich unter der Enns mit der Stadt Wien überlassen müssen, nachdem dieser seit 1458 bereits die Herrschaft über das Herzogtum ob der Enns übernommen hatte. Der Konflikt zwischen den beiden und ihren Parteigängern, in den auch weitere Personen und Institutionen verwickelt waren, war damit allerdings nicht wirklich beigelegt, und Verhandlungen, die seit Herbst 1463 wieder aufgenommen worden waren, hatten bisher keine wirklichen Ergebnisse gebracht. Mit dem Tod Albrechts löste sich der Konflikt von selbst. Da er plötzlich starb, war es, mit Blick auf die politischen Verhältnisse, keineswegs überraschend, dass Gerüchte aufkamen, wonach Albrecht keines natürlichen Todes gestorben wäre.[8] In einem dieser Gerüchte, war der schwäbische Adelige Jörg von Stain, ein enger Vertrauter des Erzherzogs beschuldigt worden, diesen vergiftet zu haben. Jörg von Stain, der nach Angabe von Hirszmann bei Albrechts Tod persönlich anwesend war, verließ danach sofort die Stadt Wien.[1].

Überlieferung

Der Bericht über die Krankheit und den Tod des Erzherzogs war ursprünglich ein Brief von Hanns Hierszmann an den Tiroler Adligen Leonhard von Velsegk (Velseck, Felsenseck), der bei diesem Erkundigungen über den Tod des Erzherzogs eingeholt hatte. Aus einer Notiz am Ende des Briefes, die eine andere Person, vermutlich der Empfänger, hinzugefügt hatte, geht hervor, dass Leonhard von Velsegk diese Erkundigungen im Auftrag einer weiteren Person einholte, die aber nicht namentlich genannt ist.[1]

Das Original der Handschrift befindet sich heute im Wiener Haus-, Hof- und Staatsarchiv. Eine erste Publikation, in der jedoch nur der Text wieder gegeben ist, hat sich aus dem Jahr 1811 erhalten. Die erste, mit Blick auf die damaligen Standards der Geschichtsforschung, wissenschaftliche Publikation erfolgte 1859. Diese Publikation ist auch die Grundlage für die Ausgabe von 1936.[9]

Literatur

Primärliteratur (gedruckt)

  • Joseph von Hormayr: Kundschaft-Schreiben Ortolfs Greumann, Pflegers zu Kogel, an Erzherzog Sigmunden von Oesterreich-Tyrol wegen des plötzlichen Ablebens seines Vetters Erzherzogen Albrechts 1463. In: Archiv für Geographie, Historie, Staats- und Kriegskunst. 1811, S. 565ff. und S. 575ff.
  • Hans Hierszmann’s, Thürhüthers Herzog Albrecht’s VI. von Oesterreich, Bericht über Krankheit und Tod seines Herrn 1463 und 1464. In: Theodor Georg von Karajan: Kleinere Quellen zur Geschichte Österreichs. Wien, 1859, S. 31-51
  • Hans Hierszmann über Krankheit und Tod Herzog Albrechts VI. von Österreich. In: Hermann Maschek (Hrsg.): Deutsche Chroniken. In: Deutsche Literatur. Reihe Realistik des Spätmittelalters. Leipzig, 1936, Bd. 5, S. 271-285

Sekundärliteratur

  • Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert? Die autobiographischen Schriften einer Frau und zweier Männer im Vergleich. Die Denkwürdigkeiten der Helene Kottannerin (1439-1440). Des Andreas Lapitz Zug nach Rom 1451 und andere denkwürdige Geschichten. Hanns Hierszmanns, Thürhüthers Herzog Albrecht VI. von Österreich, Bericht über Krankheit und Tod seines Herrn, 1463 und 1464. Diplomarbeit (ungedruckt), Wien, 1994
  • Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten. Ein Augenzeugenbericht über die letzten Lebenstage Herzog Albrecht VI. von Österreich. In: Markus J. Weninger (Hrsg.): "du guoter tôt". Sterben im Mittelalter - Ideal und Realität (= Günther Hödl - Barbara Maier (Hrsg.): Schriftenreihe der Akademie Friesach. Bd. 3). Wieser Verlag, Klagenfurt, 1998. ISBN 3-85129-269-3. S. 31-50

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 35
  2. 2,0 2,1 vgl. Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?, Wien, 1994, S. 30
  3. vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 35
  4. Vgl. Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert?, 1994, S. 29
  5. vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 50
  6. vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 36
  7. vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 49
  8. vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 37f.
  9. Vgl. Beatrix Eichinger: Geschlechtstypisches Erleben im 15. Jahrhundert, 1994, S. 29f.

Anmerkungen

  1. So zum Beispiel in Michael Beheims "Buch von den Wiener" oder der "Anonymen Chronik 1454-1467", vgl. Gerold Hayer: Krankheit, Sterben und Tod eines Fürsten, 1998, S. 33f.
  2. Eine medizinisch-wissenschaftliche Obduktion seiner Überreste, die im Wiener Stephansdom in der Herzogsgruft beigesetzt wurden, könnte vielleicht noch Ergebnisse bringen, ist aber mit Blick auf die österreichische Gesetzeslage eher unwahrscheinlich.