Wiener Neustädter Blutgericht (1522): Unterschied zwischen den Versionen

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== Historische Einschätzung ==
== Historische Einschätzung ==
Mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" demonstrierte der neue Herrscher seine Macht und stellte so klar, dass er eine Machtminderung keineswegs hinzunehmen bereit war.
Mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" demonstrierte der neue Herrscher Ferdinand seine Macht und stellte so klar, dass er eine Machtminderung keineswegs hinzunehmen bereit war. In der ständischen Erhebung nach dem Tod von Kaiser Maximilian spielte die Stadt Wien ein letztes Mal eine politische Rolle, in der es seine Macht als Landstand ausspielen konnte.
 
Im Vergleich mit der politischen Lage und Entwicklung in anderen Ländern im ausgehenden Mittelalter und der beginnende Neuzeit handelte es sich bei der Auseinandersetzung zwischen Landesfürst und Landständen, Adel und Städte, um einen für diese Zeit typischen Konflikt, der im Herzogtum Österreich letztlich zugunsten des Landesfürsten entschieden wurde. Für die historische Forschung dürfte die Einschätzung und Beurteilung des "Wiener Neustädter Blutgerichtes" stark davon abhängig sein, für welche Seite die Historikerin oder der Historiker Partei selbst ergreifen oder welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tendenzen gerade vorherrschen.


== Zeitgenössische Berichte ==
== Zeitgenössische Berichte ==

Version vom 2. Dezember 2018, 11:45 Uhr

Das "Wiener Neustädter Blutgericht" fand 1522 in Wiener Neustadt stand und beendete die Auseinandersetzung von Erzherzog Ferdinand (I.) von Österreich, dem späteren Kaiser Ferdinand I., mit den Ständen des Herzogtums Österreich "unter der Enns"[A 1], bei denen sich besonders die Stadt Wien[A 2] hervorgetan hatte.

Vorgeschichte

Nach dem Tod von Kaiser Maximilian I. wurde sein Enkel, der spätere Kaiser Karl V. sein Nachfolger als Landesfürst in den Ländern und Herrschaften, die sich zum Teil oder zur Gänze in der heutigen Republik Österreich befanden. Allerdings hatte es für Karl zunächst Priorität seine Nachfolge im w:Heiligen Römischen Reich zu sichern. In seinen letzten Jahren hatte Kaiser Maximilian verwaltungstechnischen Maßnahmen begonnen, die zur Festigung der landesfürstlichen Herrschaft der "österreichischen" Ländern beitragen sollten, allerdings auch die Rechte der Stände und Städte beschränkten und daher bereits auf Widerstand gestoßen waren. Dazu gehörte eine neue Stadtordnung für Wien, welche die bisherigen Rechte der Stadt wesentlich einschränkte. Der Umstand, dass Karl V. nicht sofort Maßnahmen setzen ließ, welche in Bezug auf seine zukünftige Herrschaft in den "österreichischen" Ländern für Klarheit gesorgt hätten, schuf eine politische Lage, welche die ständische Opposition stärkte und dazu ermutigte, ihre eigenen Interessen nachhaltig zu behaupten und eine eigene Landesordnung, die letztlich eine ständische Regierung herbeiführen sollte, zu etablieren versuchten.

Nachdem Karl V. die Verwaltung der "österreichischen Lande seinem jüngeren Bruder, Erzherzog Ferdinand I. übertragen hatte und dieser entschlossen war, diese Herrschaft auch selbst auszuüben, spitzte sich die Lage zwischen ihm und der ständischen Opposition im Herzogtum Österreich "unter der Enns" zu. Erzherzog Ferdinand war im Königreich Kastilien-Aragon am Hof seines anderen Großvaters, des Königs Ferdinand von Aragon ("Ferdinand der Katholische") aufgewachsen und damit für die seine Untertanen in den österreichischen Land zunächst nur ein "Fremder", der mit den dortigen politischen Verhältnissen, Rechten und Konflikten nicht wirklich vertraut war.

Verlauf

Historische Einschätzung

Mit dem "Wiener Neustädter Blutgericht" demonstrierte der neue Herrscher Ferdinand seine Macht und stellte so klar, dass er eine Machtminderung keineswegs hinzunehmen bereit war. In der ständischen Erhebung nach dem Tod von Kaiser Maximilian spielte die Stadt Wien ein letztes Mal eine politische Rolle, in der es seine Macht als Landstand ausspielen konnte.

Im Vergleich mit der politischen Lage und Entwicklung in anderen Ländern im ausgehenden Mittelalter und der beginnende Neuzeit handelte es sich bei der Auseinandersetzung zwischen Landesfürst und Landständen, Adel und Städte, um einen für diese Zeit typischen Konflikt, der im Herzogtum Österreich letztlich zugunsten des Landesfürsten entschieden wurde. Für die historische Forschung dürfte die Einschätzung und Beurteilung des "Wiener Neustädter Blutgerichtes" stark davon abhängig sein, für welche Seite die Historikerin oder der Historiker Partei selbst ergreifen oder welche politischen, wirtschaftlichen und sozialen Tendenzen gerade vorherrschen.

Zeitgenössische Berichte

Erinnerungen an das "Wiener Neustädter Blutgericht" von 1522

In Wiener Neustadt erinnert an das "Wiener Neustädter Blutgericht" ein in der Südost-Ecke des "Grätzels" am Stadtplatz in den Boden eingelassener Stein mit der Jahreszahl 1522.[1]

Das "Wiener Neustädter Blutgericht" in Sage und Legende

Um das "Wiener Neustädter Blutgericht" haben sich keine Sagen oder Legenden gebildet, die heute noch bekannt oder zumindest überliefert sind. Innerhalb der Sekundärliteratur finden sich allerdings widersprüchliche Aussagen, bei denen das eine oder andere Detail einer Legendenbildung geschuldet sein könnte. So findet sich zum Beispiel so wohl die Behauptung, die Hingerichteten wären nach der Hinrichtung an Ort und Stelle vergraben worden[1], aber auch die gegenteilige Aussage, wonach die Leichen ihren Familien übergeben wurde, welche diese ehrenvoll beisetzen ließen.

Ausstellungen

  • "Ferdinand I. - Herrscher zwischen Blutgericht und Türkenkriegen". Sonderausstellung, Stadtmuseum in Wiener Neustadt, 26. September 2003 - 6. Jänner 2004[2]

Literatur

  • Karl Vocelka - Anita Traninger (Hrsg.): Wien. Geschichte einer Stadt. Die frühneuzeitliche Residenz (16.-18. Jahrhundert) (= Peter CsendesFerdinand Opll (Hrsg.): Wien. Wien. Geschichte einer Stadt. Bd. 2). Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 2003, ISBN 3-205-99267-9, besonders S. 47-63

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 vgl. Stadtspaziergang, Zeitgeschichte-WN.AT, abgerufen am 2. Dezember 2018
  2. vgl. Presseaussendung, 9. September 2003, OTS.AT, abgerufen am 2. Dezember 2018

Anmerkungen

  1. Im 15.Jahrhundert waren aus dem Herzogtum Österreich die Teilherzogtümer Österreich "ob der Enns" (heute im Wesentlichen: Oberösterreich) und Österreich "unter der Enns" (heute im Wesentlichen: Niederösterreich) entstanden. Zum Herzogtum Österreich "unter der Enns" gehörten im 16. Jahrhundert das heutige Bundesland Wien und Teile des heutigen Bundeslandes Niederösterreich.
  2. Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich. Sie gehörte zu den Landständen des Herzogtums und behauptete sich im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns". Unter den Babenbergern war Wien seit Herzog Heinrich (II.) von Österreich ("Heinrich Jasomirgott") gewöhnlich der Sitz des Herzogs von Österreich. Wien gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger, wurde aber erst im 17. Jahrhundert endgültig die Hauptstadt ihres Reiches.