Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz: Unterschied zwischen den Versionen
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Das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit kann in Zeiten einer Pandemie von überragender Bedeutung sein. Dies berechtigt den Gesetzgeber jedoch nicht, Maßnahmen nur zu Lasten einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern (Konsumenten ) zu treffen und andere zu bevorzugen (''Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz''), wenn diese Maßnahmen zudem mit der Pandemie selbst und der Gesundheit der Bevölkerung in keinem direkten Zusammenhang stehen. Gemäß dem Titel des Gesetzes, wurde dieses ''zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie'' erlassen. Es wurde also vom Gesetzgeber bewußt zu Lasten der Konsumenten, die von den ''Auswirkungen der COVID-19-Pandemie'' ebenfalls in gleicher oder noch größerem Maß betroffen sein können, dieses Gesetz erlassen. Ob solche Gründe zur Beschränkung der verfassunggesetzlich gewährleisteten tatsächlich ausreichend vorliegen, welche die Konsumenten in dieser Form belasten, wird von den Gerichten in Österreich daher noch zu prüfen sein. | Das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit kann in Zeiten einer Pandemie von überragender Bedeutung sein. Dies berechtigt den Gesetzgeber jedoch nicht, Maßnahmen nur zu Lasten einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern (Konsumenten ) zu treffen und andere zu bevorzugen (''Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz''), wenn diese Maßnahmen zudem mit der Pandemie selbst und der Gesundheit der Bevölkerung in keinem direkten Zusammenhang stehen. Gemäß dem Titel des Gesetzes, wurde dieses ''zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie'' erlassen. Es wurde also vom Gesetzgeber bewußt zu Lasten der Konsumenten, die von den ''Auswirkungen der COVID-19-Pandemie'' ebenfalls in gleicher oder noch größerem Maß betroffen sein können, dieses Gesetz erlassen. Ob solche Gründe zur Beschränkung der verfassunggesetzlich gewährleisteten tatsächlich ausreichend vorliegen, welche die Konsumenten in dieser Form belasten, wird von den Gerichten in Österreich daher noch zu prüfen sein. | ||
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In einem ersten Entwurf eines Gesetzes zur Rückzahlung von Vorauszahlungen für Pauschalreisen hatte die deutsche Bundesregierung ein Modell vorgesehen, welches ebenfalls nur eine verpflichtende Gutscheinlösung vorsah. Gegen diese Lösung hat sich die [[w:Europäische Kommission|Europäische Kommission]] klar ausgesprochen. In weiterer Folge musste der Gesetzesentwurf so abgeändert werden, dass keine verpflichtende Annahme eines Gutscheins durch den Kunden besteht und muss der Gutschein zudem insolvenzsicher ausgestaltet werden.<ref>Das Parlament, Nr. 28-29 vom 6. Juli 2020, S. 4.</ref> | |||
== Inhalt des Gesetzes == | == Inhalt des Gesetzes == |
Version vom 19. Juli 2020, 20:26 Uhr
Durch das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz (KuKuSpoSiG) vom 5. Mai 2020 fanden wesentliche Eingriffe in die Eigentumsfreiheit der Konsumenten in Österreich statt.[1] Durch dieses Gesetz werden Privatveranstalter eines Kunst-, Kultur- oder Sportereignisses dazu berechtigt, bereits bezahlte Tickets nicht direkt an den Käufer rückzuvergüten, sondern anstelle dessen ganz oder teilweise einen Gutschein auszustellen.
Begünstigte und Verpflichtete aus dem Gesetz
Begünstigte Veranstalter
Nach § 1 Abs. 7 KuKuSpoSiG können Veranstalter eines Kunst-, Kultur- oder Sportereignisses die Vorteile dieses Gesetzes für sich in Anspruch nehmen, wenn
- Betreiber oder Veranstalter des Kunst-, Kultur- oder Sportereignisses oder Betreiber der Kunst- oder Kultureinrichtung nicht der Bund, ein Land oder eine Gemeinde ist oder aber
- kein Rechtsträger ist, der entweder zumindest mehrheitlich im Eigentum des Bundes, eines Landes oder einer Gemeinde steht oder
- für den der Bund, ein Land oder eine Gemeinde haftet oder
- den Abgang dieses Betreibers oder Veranstalters trägt.
Durch das Gesetz sollen somit Privatveranstalter geschützt werden wie z. B. gewerbliche oder auf Gewinnerzielung ausgerichtete Fußballvereine. Der Titel des Gesetzes: Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz ist irreführend, das er lediglich der Sicherung bzw. dem Schutz der im Verhältnis wenigen Betreiber oder Veranstalter von Kunst-, Kultur- oder Sportereignissen oder Betreiber der Kunst- oder Kultureinrichtung dient, nicht aber dem Großteil der Menschen, die diesen Veranstaltern zuvor einen Teil ihres Vermögens (z. B. durch den Ticketvorverkauf) anvertraut haben.
Verpflichtete Konsumenten
Durch das KuKuSpoSiG werden Konsumenten verpflichtet zu Gunsten von Privatveranstaltern von Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse auf die Rückzahlung des Ticketpreises zeitweise ganz oder teilweise zu verzichten.
- Verfassungsmäßigkeit der Regelung
Grundsätzlich stehen die Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter sowie die Konsumenten aufgrund der restriktiven Maßnahmen der Regierung im Zuge der sogenannten COVID-19-Pandemie vor derselben Ausgangslage. Viele dieser Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter und Konsumenten haben aufgrund dieser restriktiven Maßnahmen der Regierung relevante Einkommenseinbußen. Es sind daher im Lichte des verfassungsgesetzlich zu gewährleistenden Gleichheitsgebots, des Verhältnismäßigkeitsprinzips und des Übermaßverbots sowie im Hinblick auf die Eigentumsfreiheit und Vertragsgestaltungsfreiheit gute Gründe erforderlich, warum der Gesetzgeber den Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter gegenüber den Konsumenten mehr Rechte einräumt und vor allem den Konsumenten auch das Unternehmerrisiko und Insolvenzgefahr aufbürdet und die Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter hingegen davon entlastet.
Das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz und das staatliche Handeln ist vom verfassungsrechtlich gewährleisteten Prinzip der Verhältnismäßigkeit (Verhältnismäßigkeitsprinzip) begrenzt. Jeder Eingriff in ein Grundrecht, mit dem persönliche Rechte beschränkt werden, ist im öffentlichen Interesses nur dann zulässig, wenn ein gewisses Maß eingehalten wird. Dieser Grundsatz gehört zu den elementaren modernen Konzepten eines Rechtsstaates. Vor und bei einem Eingriff ist daher in jedem Fall vom staatlichen Organ abzuwägen, ob die persönliche Rechte eines Individuums nicht höher zu bewerten sind, als das öffentliche Interesse an einer bestimmten Regelung. Dabei ist bei jedem staatlichen Handeln zu prüfen, ob dieses
- einen legitimen Zweck verfolgt,
- die Maßnahme oder das Handeln zur Zielerreichung überhaupt geeignet ist, und
- ob dieses überhaupt erforderlich ist und im Hinblick auf die gewählte Maßnahme auch
- angemessen ist.
Das Verhältnismäßigkeitsprinzip steht dabei in enger Beziehung zum Übermaßverbot und soll die Individuen vor allzu weitreichendem staatlichen Handeln (auch wenn dieses unter Umständen fürsorglich gemeint ist), schützen.
Das Interesse an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Gesundheit kann in Zeiten einer Pandemie von überragender Bedeutung sein. Dies berechtigt den Gesetzgeber jedoch nicht, Maßnahmen nur zu Lasten einer Gruppe von Wirtschaftsteilnehmern (Konsumenten ) zu treffen und andere zu bevorzugen (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz), wenn diese Maßnahmen zudem mit der Pandemie selbst und der Gesundheit der Bevölkerung in keinem direkten Zusammenhang stehen. Gemäß dem Titel des Gesetzes, wurde dieses zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie erlassen. Es wurde also vom Gesetzgeber bewußt zu Lasten der Konsumenten, die von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie ebenfalls in gleicher oder noch größerem Maß betroffen sein können, dieses Gesetz erlassen. Ob solche Gründe zur Beschränkung der verfassunggesetzlich gewährleisteten tatsächlich ausreichend vorliegen, welche die Konsumenten in dieser Form belasten, wird von den Gerichten in Österreich daher noch zu prüfen sein.
- Deutschland
In einem ersten Entwurf eines Gesetzes zur Rückzahlung von Vorauszahlungen für Pauschalreisen hatte die deutsche Bundesregierung ein Modell vorgesehen, welches ebenfalls nur eine verpflichtende Gutscheinlösung vorsah. Gegen diese Lösung hat sich die Europäische Kommission klar ausgesprochen. In weiterer Folge musste der Gesetzesentwurf so abgeändert werden, dass keine verpflichtende Annahme eines Gutscheins durch den Kunden besteht und muss der Gutschein zudem insolvenzsicher ausgestaltet werden.[2]
Inhalt des Gesetzes
Grundsätzlich ist jeder Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter, wie jeder andere Unternehmer, verpflichtet, wenn er eine Veranstaltung nicht durchführen kann, den Kaufpreis für das Ticket für den Eintritts- oder Teilnahmepreis zurückzuerstatten. Dies unabhängig davon, warum das Kunst-, Kultur- oder Sportereignis nicht stattfinden konnte. Den Käufer (z. B. Konsument) des Tickets trifft hingegen in der Regel keinerlei Verantwortung oder Haftung dafür.
Dieser Grundsatz wurde nun durch das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz vom 5. Mai 2020 im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Regierung aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 zu Lasten der Konsumenten geändert und diesen ein Teil des Unternehmerrisikos aufgebürdet. Dies ist insbesondere im Hinblick auch auf eine mögliche spätere Insolvenz eines Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter bedenklich, da dann diese Gutscheine praktisch wertlos sind und der Konsument sein Geld nicht zurückerstattet erhält.
Gutscheine anstelle der Entgeltrückzahlung
Zentraler Inhalt des Gesetzes ist, dass anstelle einer Entgeltrückzahlung, wenn ein Kunst-, Kultur- oder Sportereignis aufgrund der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 entfallen ist, ein Gutschein ausgegeben werden kann (siehe § 1 Abs. 1 KuKuSpoSiG). Dabei wird je nach Höhe des Entgeltes (Ticketpreises) differenziert (§ 1 Abs. 3 bis 6 KuKuSpoSiG):
- Entgelt bzw. Ticketpreis über 70 bis 250 Euro: der Veranstalter oder Betreiber kann sich bis zum Betrag von 70 Euro durch die Übergabe eines Gutscheins von seiner Rückzahlungspflicht befreien; den 70 Euro übersteigenden Teil des Entgelts hat er hingegen dem Besucher oder Teilnehmer zurückzuzahlen (Abs. 4). Dieser Punkt betrifft in der Praxis den Großteil der Veranstaltungen im Bereich Kunst-, Kultur- und Sport.
- Entgelt bzw. Ticketpreis über 250 Euro : der Veranstalter oder Betreiber hat dem Besucher oder Teilnehmer den Betrag von 180 Euro zurückzuzahlen; hinsichtlich des 180 Euro übersteigenden Teils des Entgelts kann er sich hingegen durch die Übergabe eines Gutscheins von einer sofortigen Rückzahlungspflicht befreien (Abs. 5).
- Abonnements: der Besucher oder Teilnehmer kann anstelle eines Gutscheins verlangen, dass das zurückzuzahlende Entgelt auf die Zahlung für ein folgendes Abonnement angerechnet wird (Abs. 6).
- Bei bereits teilweise konsumierten Veranstaltungen: Es ist nur der noch nicht konsumierte Teil des Tickets durch einen Gutschein zu erstatten (Abs. 3).
Übertragbarkeit und Einlösung des Gutscheins
Gemäß § 2 des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz kann der Besucher oder Teilnehmer, der ein z. B. Ticket etc. gekauft hat, den Gutschein an jede natürliche Person weitergeben. Der Inhaber des Gutscheins kann mit diesem bis zu dessen Wert das Entgelt für ein anderes Kunst-, Kultur- oder Sportereignis des Veranstalters oder für einen Besuch der Kunst- oder Kultureinrichtung nach deren Wiedereröffnung bezahlen. Er ist aber nicht dazu verpflichtet, den Gutschein für ein anderes Kunst-, Kultur- oder Sportereignis oder für einen anderen Besuch der Kunst- oder Kultureinrichtung einzulösen.
Nur dann, wenn der Inhaber des Gutscheins diesen nicht bis zum Ablauf des 31. Dezember 2022 eingelöst, hat ihm der Veranstalter oder Betreiber den Wert des Gutscheins auf Aufforderung unverzüglich auszuzahlen (§ 2 Abs. 3 KuKuSpoSiG). Es zeigt sich somit durch diese Bestimmung, dass es im Kern des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz nur um eine zeitliche begrenzte finanzielle Entlastung der Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter für einen bestimmten Zeitraum geht. Es werden durch das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz die Veranstalter oder Betreiber von Kunst-, Kultur- oder Sportveranstaltungen nicht verpflichtet, einen insolvenzfesten Rücklagenfonds oder insolvenzfeste Bankguthaben oder ähnliches zu schaffen, um dieser Zahlungsverpflichtung jedenfalls in Zukunft nachkommen zu können.
Kostenfreiheit und abweichende Vereinbarungen
Gemäß § 3 darf der Kunst-, Kultur- oder Sportveranstalter für die Ausstellung, Übersendung oder Einlösung des Gutscheins dem Besucher oder Teilnehmer oder dem späteren Inhaber des Gutscheins keine Kosten angelastet werden. Sind die Besucher, der Teilnehmer oder der Inhaber des Gutscheins ein Verbraucher (§ 1 KSchG), so sind Vereinbarungen, die von den vorstehenden Bestimmungen zu ihrem Nachteil abweichen, unwirksam.
Inkrafttreten und Außerkrafttreten; zeitlicher Anwendungsbereich
§ 4. (1) Das Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz trat mit 6. Mai, 0:00 Uhr, in Kraft und tritt mit Ablauf des 31. Dezember 2022 außer Kraft. Die Auszahlungsverpflichtung nach dem 31. Dezember 2022 ist auch über das Außerkrafttreten des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz anzuwenden (§ 4 bs. 3 KuKuSpoSiG).
Das Gesetz ist auf Rückzahlungspflichten für nach dem 13. März 2020 entfallene Kunst-, Kultur- oder Sportereignisse oder für nach dem 13. März 2020 durchgeführte Schließungen von Kunst- oder Kultureinrichtungen anzuwenden.
Vollziehung
Nach § 5 KuKuSpoSiG ist mit der Vollziehung des Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetzes die Bundesministerin für Justiz betraut.
Aufbau des Gesetzes
- § 1 (Übergabe eines Gutscheins anstelle der Entgeltrückzahlung)
- § 2 (Übertragbarkeit und Einlösung des Gutscheins)
- § 3 (Kostenfreiheit und abweichende Vereinbarungen)
- § 4 (Inkrafttreten und Außerkrafttreten; zeitlicher Anwendungsbereich)
- § 5 (Vollziehung)
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz zur Sicherung des Kunst-, Kultur- und Sportlebens vor weiteren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (Kunst-, Kultur- und Sportsicherungsgesetz – KuKuSpoSiG) beschlossen wird (BGBl. I Nr. 40/2020).
- ↑ Das Parlament, Nr. 28-29 vom 6. Juli 2020, S. 4.
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