Herbert Killian: Unterschied zwischen den Versionen

Aus ÖsterreichWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
(Artikel weiter ausgebaut)
K (kl. Ergänzung)
Zeile 24: Zeile 24:


Ungefähr 50 Jahre, nachdem er die Sowjetunion verlassen hatte, besuchte er im Jahr 2002 als erster Ex-Häftling aus dem Westen gemeinsam mit einem anderen Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Kriegsfolgenforschung Kolyma und alle dort befindlichen Orte, an denen er die Zeit seiner Haft und Verschleppung verbracht hatte.<ref>Alexa Gaspari: ''Alles überlebt mit Seiner Hilfe. Herbert Killian und ein paar Ohrfeigen, die ihm Jahre im sibirischen Gulag eingebracht haben.'' In: Vision 2000, Nr. 3/2014, S. 18.</ref>
Ungefähr 50 Jahre, nachdem er die Sowjetunion verlassen hatte, besuchte er im Jahr 2002 als erster Ex-Häftling aus dem Westen gemeinsam mit einem anderen Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Kriegsfolgenforschung Kolyma und alle dort befindlichen Orte, an denen er die Zeit seiner Haft und Verschleppung verbracht hatte.<ref>Alexa Gaspari: ''Alles überlebt mit Seiner Hilfe. Herbert Killian und ein paar Ohrfeigen, die ihm Jahre im sibirischen Gulag eingebracht haben.'' In: Vision 2000, Nr. 3/2014, S. 18.</ref>
Herbert Killian lebt mit seiner Frau in Wien.


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 1. Juni 2014, 10:29 Uhr

Herbert Killian (* 24. November 1926 in Korneuburg) ist ein emeritierter österreichischer Universitätsprofessor für Forstgeschichte an der Universität für Bodenkultur in Wien. Er war als Jugendlicher und junger Erwachsener über sechs Jahre (1947–1953) nach Sibirien deportiert und verbüßte davon drei Jahre in sowjetischer Haft in Kolyma.

Leben

Jugend, Schulzeit und Zweiter Weltkrieg

Herbert Killian ist das dritte Kind eines AHS-Lehrers. Er absolvierte die Volksschule in seiner Heimatstadt Korneuburg und von 1938 bis 1943 das Realgymnasium in Stockerau.

Im September 1943 wurde er als Luftwaffenhelfer eingezogen und diente als solcher in Fischamend und Ternitz. Nach Absolvierung des Reichsarbeitsdienstes in Polen wurde er zur Deutschen Wehrmacht einberufen. Er geriet im Jänner 1945 in Frankreich in amerikanische Kriegsgefangenschaft, aus der er zweimal zu flüchten versuchte. Der erste Versuch misslang bereits nach kurzer Zeit, der zweite im März 1945 hatte Erfolg, und er schlug sich, zunächst gemeinsam mit einem Kameraden, dann alleine über Verdun nach Lothringen und schließlich bis ins Rheinland durch. Von dort gelangte er im Juli 1945 auf abenteuerliche Weise wieder zurück in seine Heimat, die sich in der sowjetischen Besatzungszone befand.[1][2] Ab September 1945 besuchte er die 7. Klasse und anschließend die 8. Klasse des Realgymnasiums in Stockerau. Im Juni 1947 absolvierte er dort auch die schriftlichen Reifeprüfung.

Verschleppung, Verurteilung und Haft in der Sowjetunion

Wenige Tage vor Ablegung der mündlichen Reifeprüfung wurde Killian beim Studium durch lärmende Kinder sowjetischer Besatzungssoldaten vor seinem Zimmerfenster gestört, worauf er einen der Knaben ohrfeigte. Dies hatte verhängnisvolle Folgen für ihn, denn er wurde kurz darauf von den Sowjets verhaftet und anschließend von einem sowjetischen Militärgericht in Wien wegen „Rowdytums“ zu drei Jahren Haft verurteilt. Er sollte diese Haft allerdings nicht in Österreich verbringen, sondern wurde über Ödenburg (Sopron) und Lemberg nach Kolyma (Nordostsibirien) deportiert, wo er in diversen „Besserungsarbeitslagern“ (GULAG) inhaftiert war. Im selben 44-tägigen Bahntransport nach Wanino und Schiffstransport nach Magadan, der Hauptstadt von Kolyma, befanden sich unter einigen anderen Österreichern auch Karl Fischer und Kurt Seipel, die er jedoch damals nicht kennenlernte. Erst in den 1990er-Jahren lernte er Kurt Seipel in Österreich kennen.

Killian arbeitete in den Jahren der Haft unter unmenschlichen Verhältnissen beispielsweise im Bergbau und als Goldschürfer. Im ersten Band seiner dreiteiligen Autobiografie berichtet Killian ausführlich über diese Zeit, in der er mehrmals nur äußerst knapp mit dem Leben davonkam. Seine Familie in Österreich wusste über sein Schicksal in diesen Jahren nichts, Killian durfte keinen Schriftverkehr führen.[2][3]

1950 wurde Killian aus der Haft entlassen. Er konnte jedoch nicht nach Österreich zurückkehren, weil ihm von den Sowjets kein Ausreisevisum ausgestellt wurde. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich in Kolyma Arbeit zu suchen und sich auf diese Art durchzuschlagen. Er wurde in einem Krankenhaus in Jagodnyi als Sanitäter beschäftigt, wobei er sich durch seine Hilfsbereitschaft viele Freunde schuf. Ab dieser Zeit durfte er mit seinen Eltern in Österreich Kontakt aufnehmen. Seine Bemühungen um Erlangung eines Ausreisevisums, in denen er auch durch die österreichische Gesandtschaft in Moskau unterstützt wurde, hatten 1953 schließlich Erfolg: im November 1953 konnte Killian wieder nach Österreich zurückkehren, wobei sich auch die Rückreise äußerst abenteuerlich gestaltete. Über die Zeit als „Freigelassener“ in der Sowjetuion berichtet Killian im zweiten Band seiner Autobiografie.[2][4]

Wieder in Österreich

Am 9. November 1953 traf Killian wieder in Österreich ein. Das Leben hatte sich in der Zwischenzeit sehr verändert und er konnte zunächst nur sehr schwer wieder in ein normales Leben zurückfinden. Ab 1954 arbeitete Killian zunächst als Forstlehrling in einem herrschaftlichen Betrieb, ab 1955 in der Forstlichen Bundesversuchsanstalt Wien. 1954 heiratete Killian, der Ehe entstammen zwei Söhne. Über diese Zeit berichtet Killian im dritten Band seiner Autobiografie.[5]

In der Zeit von 1972 bis 1976 studierte er österreichische und osteuropäische Geschichte sowie Volkskunde. Er schloss diese Studien mit der Promotion zum Dr. phil. (mit Auszeichnung) ab. Ab 1978 hatte er an der Universität für Bodenkultur in Wien einen Lehrauftrag für Forstgeschichte. Er habilitierte sich 1989 als Dozent mit einer Arbeit über die Geschichte der Wildbach- und Lawinenverbauung. Erstmals wurde damit in Österreich die universitäre Lehrbefugnis für Forstgeschichte erteilt. Killian wurde im Jahr 1995 zum außerordentlichen Universitätsprofessor ernannt. Die Anzahl seiner wissenschaftlichen Arbeiten ist äußerst umfangreich (mehr als 30 Bücher, ungefähr 200 Publikationen).

Im Zusammenhang mit der persönlichen und auch wissenschaftlichen Aufarbeitung seiner eigenen Lebensgeschichte ist er auch als Mitarbeiter am Ludwig Boltzmann-Institut für Kriegsfolgenforschung in Graz tätig.[2][5][6]

1995 wurde sein Fall auf seinen eigenen Antrag hin von einem russischen Militärgericht neu aufgerollt und die ursprünglich verhängte Strafe von drei Jahren auf ein Jahr herabgesetzt.[2][7]

Ungefähr 50 Jahre, nachdem er die Sowjetunion verlassen hatte, besuchte er im Jahr 2002 als erster Ex-Häftling aus dem Westen gemeinsam mit einem anderen Mitarbeiter des Ludwig Boltzmann-Institutes für Kriegsfolgenforschung Kolyma und alle dort befindlichen Orte, an denen er die Zeit seiner Haft und Verschleppung verbracht hatte.[8]

Herbert Killian lebt mit seiner Frau in Wien.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Herbert Killian: Geraubte Jugend. Ein Österreicher kehrt zurück aus Sibirien. Kral Verlag, Berndorf 2010, S. 142-213, ISBN 978-3-902447-84-5.
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Seite des Kral-Verlages über Herbert Killian, abgerufen am 31. Mai 2014.
  3. Herbert Killian: Geraubte Jahre. Ein Österreicher verschleppt in den GULAG. Amalthea Signum Verlag, Wien 2005, 320 S., ISBN 3-85002-920-4.
  4. Herbert Killian: Geraubte Freiheit. Ein Österreicher verschollen in Nordostsibirien. Kral Verlag, Berndorf 2008, 280 S., ISBN 978-3-902447-39-5.
  5. 5,0 5,1 Herbert Killian: Geraubte Jugend. Ein Österreicher kehrt zurück aus Sibirien. Kral Verlag, Berndorf 2010, 267 S., ISBN 978-3-902447-84-5.
  6. Seite des Ludwig-Boltzmann-Institutes für Kriegsfolgenforschung: Biografie Herbert Killian, abgerufen am 31. Mai 2015.
  7. Herbert Killian: Geraubte Jugend. Ein Österreicher kehrt zurück aus Sibirien. Kral Verlag, Berndorf 2010, S. 223, ISBN 978-3-902447-84-5.
  8. Alexa Gaspari: Alles überlebt mit Seiner Hilfe. Herbert Killian und ein paar Ohrfeigen, die ihm Jahre im sibirischen Gulag eingebracht haben. In: Vision 2000, Nr. 3/2014, S. 18.

Weblinks