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'''Johann Georg Grasel''' (* [[4. April]] [[1790]], in {{WP-tauglich|Neu-Serowitz}}, heute [[w:Tschechien|Tschechien]]; † [[31. Jänner]] [[1818]], in [[Wien]]) war Anführer einer Räuberbande, die das [[Waldviertel|Viertel über dem Manhartsberg]] und die benachbarten Gebiete der damaligen [[w:Kronländer|Kronländer]] [[w:Böhmen|Böhmen]] und [[w:Mähren|Mähren]] heimsuchte. Nach seiner Gefangennahme und Hinrichtung wurde er zu einer Waldviertler Legende, die heute vor allem für den Tourismus genutzt wird.<ref>vgl. Robert Bouchal - Johannes Sachslehner: ''Waldviertel'', 2002, S. 75</ref> | '''Johann Georg Grasel''' (* [[4. April]] [[1790]], in {{WP-tauglich|Neu-Serowitz}}, heute [[w:Tschechien|Tschechien]]; † [[31. Jänner]] [[1818]], in [[Wien]]), im Volksmund auch als '''Hansjörg Grasel''' bekannt, war Anführer einer Räuberbande, die das [[Waldviertel|Viertel über dem Manhartsberg]] und die benachbarten Gebiete der damaligen [[w:Kronländer|Kronländer]] [[w:Böhmen|Böhmen]] und [[w:Mähren|Mähren]] heimsuchte. Nach seiner Gefangennahme und Hinrichtung wurde er zu einer Waldviertler Legende, die heute vor allem für den Tourismus genutzt wird.<ref>vgl. Robert Bouchal - Johannes Sachslehner: ''Waldviertel'', 2002, S. 75</ref> | ||
== Herkunft und Familie == | == Herkunft und Familie == | ||
Johann Georg Grasel war der Sohn der Eheleute Thomas und Regina Grasel aus Neuserowitz bei [[w:Znaim|Znaim]], die sich bald nach seiner Geburt in [[Hadersdorf am Kamp]] niederließen. | Johann Georg Grasel war der Sohn der Eheleute Thomas und Regina Grasel aus Neuserowitz bei [[w:Znaim|Znaim]], die sich bald nach seiner Geburt in [[Hadersdorf am Kamp]] niederließen. Thomas Grasel, welcher auch als der "Alte Grasel" bekannt war, hielt sich mit Diebstählen über Wasser und gehörte später zur Bande seines Sohnes.<ref name ="waldviertlerheimatbuch347">vgl. Adolf Kastner (Hrsg.): ''Waldviertler Heimatbuch'', 1994, S. 347</ref> Traurige Bekanntheit verdankte er dem Mord an dem Landwirt Michael Binder aus Wörnharts (heute Teil der Gemeinde [[Großschönau (Niederösterreich)]]), den er mit einem Messer abstach.<ref name ="waldviertlerheimatbuch349">vgl. Adolf Kastner (Hrsg.): ''Waldviertler Heimatbuch'', 1994, S. 349</ref> Regina Grasel stammte aus einer Abdeckerfamilie.<ref name ="waldviertlerheimatbuch347"/> | ||
== Der historische Johann Georg Grasel == | == Der historische Johann Georg Grasel == | ||
Johann Georg Grasel stammte aus der Unterschicht und war aufgrund seiner "unehrlichen" Herkunft von Jugend an ein gesellschaftlicher Außenseiter. In seiner Familie waren Kriminaldelikte an der Tagesordnung. Er war sicher kein "Sozialrebell" oder gar ein "Robin Hood des Waldviertels", zu dem ihn die Legende später verklärt hat. Als "gewöhnlicher" Gauner dürfte er jedenfalls nicht "unbegabt" für seine Profession gewesen sein, denn er verstand es geschickt, durch ein gut organisiertes Kontaktnetz und eine kompakte "Allianz" der "Waldviertler Unterprivilegierten" seine Einbrüche und Raubzüge so zu planen, dass es den öffentlichen Behörden längere Zeit nicht gelang, seiner habhaft zu werden. Seine Bande und er mordeten zwar nicht vorsätzlich, scheuten aber vor Gewalt keineswegs zurück, wenn die Opfer Geld oder Wertsachen nicht freiwillig herausrückten. Außer Diebstahl und Raub kam es auch zu schweren Totschlagdelikten und Raubmord. Als Grasels bekannteste Opfer gelten der Gastwirt Michael Witzmann aus Obergrünbach (heute Teil der [[w:Marktgemeinde|Marktgemeinde]] [[Lichtenau im Waldviertel]]), der sich auf die Jagd nach der "Grasel-Bande" gemacht hatte und von Grasel am 13. Juni 1813 mit sechs Messerstichen ermordet wurde, und Anna Maria Schindler, eine alleinstehende alte Frau, die von ihm und vier seiner Komplizen bei einem Einbruch in [[Zwettl-Niederösterreich|Zwettl]] in der Nacht vom 18. zum 19. Mai 1814 schwer misshandelt und dabei tödlich verletzt wurde. Mit Hilfe von David Mayer, der als Polizeispitzel tätig war, gelang es, Grasel und seiner Bande eine Falle zu stellen, worauf sie am 20. November 1815 im Dorfgasthaus von Mörtersdorf (heute Teil von [[Rosenburg-Mold]]) festgenommen wurden. Nach der Überführung nach Wien wurden sie verurteilt und Grasel gemeinsam mit Ignaz Stangl und Jakob Fähding, zwei seiner Komplizen, vor dem Neutor auf dem Glacis gehängt wurden.<ref>vgl. Robert Bouchal - Johannes Sachslehner: ''Waldviertel'', 2002, S. 75-78</ref> | Johann Georg Grasel stammte aus der Unterschicht und war aufgrund seiner "unehrlichen" Herkunft von Jugend an ein gesellschaftlicher Außenseiter. In seiner Familie waren Kriminaldelikte an der Tagesordnung. Er war sicher kein "Sozialrebell" oder gar ein "Robin Hood des Waldviertels", zu dem ihn die Legende später verklärt hat. Als "gewöhnlicher" Gauner dürfte er jedenfalls nicht "unbegabt" für seine Profession gewesen sein, denn er verstand es geschickt, durch ein gut organisiertes Kontaktnetz und eine kompakte "Allianz" der "Waldviertler Unterprivilegierten" seine Einbrüche und Raubzüge so zu planen, dass es den öffentlichen Behörden längere Zeit nicht gelang, seiner habhaft zu werden. Seine Bande und er mordeten zwar nicht vorsätzlich, scheuten aber vor Gewalt keineswegs zurück, wenn die Opfer Geld oder Wertsachen nicht freiwillig herausrückten. Außer Diebstahl und Raub kam es auch zu schweren Totschlagdelikten und Raubmord. Als Grasels bekannteste Opfer gelten der Gastwirt Michael Witzmann aus Obergrünbach (heute Teil der [[w:Marktgemeinde|Marktgemeinde]] [[Lichtenau im Waldviertel]]), der sich auf die Jagd nach der "Grasel-Bande" gemacht hatte und von Grasel am 13. Juni 1813 mit sechs Messerstichen ermordet wurde, und Anna Maria Schindler, eine alleinstehende alte Frau, die von ihm und vier seiner Komplizen bei einem Einbruch in [[Zwettl-Niederösterreich|Zwettl]] in der Nacht vom 18. zum 19. Mai 1814 schwer misshandelt und dabei tödlich verletzt wurde. Weitere namentlich bekannte Opfer waren die Witwe Katharina Androsch aus Zettenreith (heute Teil der Gemeinde [[Japons]]), die an Mißhandlungen verschied, die ihr die Graselbande bei einem Raub zugefügt hatte, der Tabakaufseher Sokolofsky, der nach einigen Monaten seinen Verletzungen erlag, nachdem er von der Grasel-Bande niedergestochen worden war, und der Fleischhauer Schwarzinger<ref name ="waldviertlerheimatbuch349"/>. Mit Hilfe von David Mayer, der als Polizeispitzel tätig war, gelang es, Grasel und seiner Bande eine Falle zu stellen, worauf sie am 20. November 1815 im Dorfgasthaus von Mörtersdorf (heute Teil von [[Rosenburg-Mold]]) festgenommen wurden. Nach der Überführung nach Wien wurden sie verurteilt und Grasel gemeinsam mit Ignaz Stangl (genannt der "Schöne Nazl") und Jakob Fähding (genannt "Gams"), zwei seiner Komplizen, vor dem Neutor auf dem Glacis gehängt wurden.<ref>vgl. Robert Bouchal - Johannes Sachslehner: ''Waldviertel'', 2002, S. 75-78</ref> | ||
== Legendenbildung um Johann Georg Grasel == | == Legendenbildung um Johann Georg Grasel == | ||
Johann Georg Grasel gehörte zu jenen Kriminellen, die nach ihrer Hinrichtung und nachdem sie keine Gefahr mehr waren, als "edle Räuber" verklärt wurden.<ref name ="waldviertlerheimatbuch349"/> Obwohl es dafür keine tatsächlichen Belege gibt, wurde ihm nachgesagt, dass er die Reichen beraube, um mit der Beute armen Leuten in Not zu helfen.<ref name ="waldviertlerheimatbuch347"/> Diese Geschichten um den großen "Hansjörg" wurden ergänzt und ausgeschmückt, zudem entwickelten sich "Gedenkorte", darunter zahlreiche "Grasel-Höhlen", in denen er angeblich gehaust haben soll, und Ähnliches.<ref name ="waldviertlerheimatbuch349"/> | |||
== Grasel-Gedenkstätten == | == Grasel-Gedenkstätten == | ||
* [[Drosendorf]]: In einem noch heute erhaltenen Turm in Drosendorf war Resi Hammer, eine Geliebte von Johann Georg Grasel, inhaftiert.<ref>vgl. Öffentliche Sicherheit 9-10 / 15, S. 43f. [http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2015/09_10/files/KRIMINALGESCHICHTE.pdf online]</ref> | * [[Drosendorf]]: In einem noch heute erhaltenen Turm in Drosendorf war Resi Hammer, eine Geliebte von Johann Georg Grasel, inhaftiert.<ref>vgl. Öffentliche Sicherheit 9-10 / 15, S. 43f. [http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2015/09_10/files/KRIMINALGESCHICHTE.pdf online]</ref> |
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