Einzelschicksale Riedlingsdorfer Soldaten im Zweiten Weltkrieg: Unterschied zwischen den Versionen
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Version vom 22. November 2015, 18:35 Uhr
In diesem Artikel werden einige Schicksale gefallener Riedlingsdorfer Soldaten im 2. Weltkrieg beschrieben. Ergänzend dazu gibt es auch eine statistische Auswertung der Daten der Gefallenen.
Adolf Bruckner
Adolf Bruckner wurde am 4. November 1921 in Riedlingsdorf geboren. Er diente als Gefreiter in der 7. Staffel des Kampfgeschwaders 26, welche zusammen mit der 8. und 9. Staffel die III. Gruppe des Geschwaders bildete. Am 22. Juli 1941 flog seine Staffel zusammen mit anderen Einheiten der Luftwaffe einen Angriff auf Moskau. Das Flugzeug von Adolf Bruckner, eine Heinkel He 111, stürzte entweder bei diesem oder einem anderen Einsatz an diesem Tag etwa 20 km ostwärts von Minsk ab. Bruckner fand dabei zusammen mit der Besatzung Leutnant Horst Ludwigs, Feldwebel Dietrich Zwicker und Gefreiter Georg Keil den Tod. Die Gräber der Flugzeugbesatzung konnten bis jetzt vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge noch nicht lokalisiert werden.[1]
In der einschlägigen Militärliteratur finden sich folgende Informationen über diesen Angriff:[2]
„Am 22.Juli aber starten nur einige mühsam zusammengeholte Kampfverbände zum ersten Angriff. Ganze 127 Flugzeuge: Ju 88 vom KG 3 und KG 54, H 111 vom KG 53 und KG 55. Aus dem Westen wird sogar das KG 28 mit seinen beiden Pfadfindergruppen, der Kampfgruppe 100 und der III./KG 26, herbeigerufen... 30 Kilometer vor Moskau leuchten die ersten Scheinwerfer auf dem Anflugweg der deutschen Bomber auf. Einzelne Gruppen kommen zwar fast unbehelligt bis über den Kreml. Doch plötzlich wird die Stadt zu einem feuerspeienden Vulkan. Dutzende von schweren und leichten Flakregimentern schützen die sowjetische Metropole. Über 300 Scheinwerfer blenden die deutschen Flugzeugbesatzungen an, die ihre Ziele kaum erkennen können. Moskau ist eine Luftfestung - fast ebenso stark verteidigt wie London zur Zeit des Blitzes über England. In dieser Nacht werfen die deutschen Angreifer 104 Tonnen Spreng- und 46000 Brandbomben ab. Aber eine geschlossene Wirkung wird nicht erzielt.“
Emmerich Hazivar
Emmerich Hazivar, geboren am 6. März 1922, war während des Krieges an vielen Fronten eingesetzt. Das Jahr 1942 verbrachte er als Angehöriger des Gebirgsjäger-Regimentes 141, das zur 6. Gebirgs-Division gehörte, an der Eismeerfront. Im Mai 1942 versuchte die Rote Armee diese und noch eine weitere Division zu zerschlagen. Der Angriff scheiterte jedoch am Widerstand der beiden deutschen Divisionen[3] und Emmerich Hazivar wurde in diesen Gefechten mit dem Infanteriesturmabzeichen und mit dem Eisernen Kreuz Zweiter Klasse ausgezeichnet. Am 1.12.1942 erhielt er seine Beförderung zum Leutnant der Reserve.
Im Jahre 1943 wurde er zum Jäger-Regiment 738 versetzt, das zur 118.Jäger-Division gehörte. Diese Division war im damaligen Jugoslawien als Besatzungstruppe eingesetzt. Im Oktober 1943 wurde ihm das Verwundetenabzeichen in Schwarz und am 8. Dezember 1943 das Eiserne Kreuz Erster Klasse verliehen.
Als die Rote Armee 1944/1945 in Ungarn eindrang, wurde die 118.Jäger-Division in den Raum südlich des Plattensees verlegt. Dort nahm sie an der letzten deutschen Offensive in Ungarn, dem Unternehmen Frühlingserwachen, teil. Dieses Unternehmen scheiterte und die Rote Armee trieb die deutschen SS-Panzer-Divisionen, welche nördlich des Plattensees kämpften, weit nach Westen zurück, während die Divisionen südlich des Plattensees die Front noch tagelang notdürftig halten konnten, bevor auch sie den Rückzug nach Österreich antreten mussten.
Bei diesen Kämpfen wurde Emmerich Hazivar schwer verwundet. Seine Kameraden nahmen ihn zwar bei dem fluchtartigen Rückzug noch mit, er starb aber an den Folgen der Verwundung und wurde daraufhin unterwegs von seinen Kameraden auf dem Gebiet des heutigen Slowenien an unbekannter Stelle begraben.
Berichte:
Emmerich Hazivar kehrte im März 1945 nach Ausheilung einer Verwundung wieder zu seiner Kompanie zurück, die nun südlich des Plattensees gegen die Rote Armee kämpfte. Am 27. März 1945 schrieb er seinen letzten Brief an seine Eltern:[4]
„Liebe Eltern!“
„Ich bin nun glücklich wieder bei meiner Kompanie. 2 Tage war ich bei der Annatante. Die Fahrt ging reibungslos vonstatten. Sie haben sich sehr gefreut, daß ich sie besucht hatte. In Rechnitz habe ich mit dem Lokomotivführer gesprochen, er ist dann im Ramon ganz langsam gefahren und ich konnte schön abspringen. Sie haben dann alles getan, um mir das Leben die zwei Tage so schön wie möglich zu machen. Dann hat mir der .. noch einen halben Schinken, 2 Seiten Speck, etliche Würste und die Annatante eine Strudel mitgegeben, ich habe es fast nicht mitbekommen und werde noch lange davon zehren können. DIe Verpflegung ist bei uns in der Zwischenzeit sehr schlecht geworden. Doch wir sorgen schon selbst für Verbesserung. Bei Gelegenheit wird der ... dem Papa einmal Tabak schicken. Er sagt, einen Blättertabak hätte er noch. Sonst lassen sie Euch schön grüßen, es geht allen gut. Mit der Bombardierung ist es auch nicht so arg, wenn auch manches hin ist, wie zum Beispiel die große Kirche. Der Schuh Hans ist inzwischen verwundet worden. Ich habe leider das Packerl schon vorher an ihn weggeschickt, bevor ich es erfahren habe. Ich habe mit dem Arzt gesprochen. Er sagt, die Verletzung ist nicht lebensgefährlich, aber es kann lange dauern. Es war Brustverletzung durch Splitter. Vielleicht kommt er ja auch nach Pinkafeld. Mir geht es vorläufig gut, gehe morgen wieder vor an die Front.“
„Es grüßt und küßt Euch alle herzlich Emmerich. Wenn Briefe an mich ankommen, alle hierher schicken. Haben nämlich alles nach Riedlingsdorf geschickt.“
Wenige Tage nachdem dieser Brief von Emmerich Hazivar geschrieben worden ist, wurde er an der Front sehr schwer verwundet. Nachdem für die deutschen Truppen die Front südlich des Plattensees unhaltbar geworden war, begann ein fluchtartiger Rückzug, auf der der verwundete Offizier noch mitgenommen wurde. Emmerich Hazivar starb aber an den Folgen der Verwundung auf dem Staatsgebiet des heutigen Sloweniens und wurde im Raum Luttenberg an unbekannter Stelle begraben.
Wenige Monate nach Ende des Krieges erhielten die Eltern von Emmerich Hazivar einen Brief von einem ehemaligen Soldaten der 118.Jägerdivision:[4]
„Geehrter Herr Oberlehrer! 18.XII.1945“
„Ihren werten Brief vom 29.XI. über Innsbruck erhalten, finde ich gerade jetzt nicht die genügende Zeit, um Ihnen ausführlich antworten zu können. Ihren Sohn kannte ich von der Kriegsschule her und traf ihn in Ungarn wieder, als er von der Heimat kam und dann zum Feldersatzbatallion versetzt wurde. Furchtbar war für uns der Rückzug, als ich selbst leicht verwundet war. Und so hat es auch Ihren Sohn getroffen und fiel, wie es sein Einheitsführer Ihnen von seinem Heldentod Mitteilung machte. Nehmen Sie meine Kürze der Antwort nicht übel, wenn ich Sie bitte, zu mir zu kommen. Dann will ich Ihnen gern alles ... als Mann zu Mann und Sie werden bemüßigt sein. Ob er beerdingt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis, denn er kam mit dem Sanitätswagen als Toter nach ... Raum Luttenberg, ob beerdigt weiß ich nicht, doch ist es ... Schreiben Sie mir bitte anhier, dann weiß ich um Ihr Urteil, ob Sie herkommen .., dann muß ich Ihnen den Brief schreiben. Vom 19.XII. bis 10.I.46 bin ich in Innsbruck. Würdige Weihnachten wünscht Ihnen Günter ..“
Adolf Kaipel
Adolf Kaipel wurde am 19. Mai 1915 in Riedlingsdorf geboren. Sein Lebensweg, vor allem seine Zeit in der Wehrmacht, lässt sich aufgrund einer Vielzahl von Briefen[5], die erhalten geblieben sind, sehr gut nachzeichnen.
Josef Lackner
Josef Lackner wurde am 29. September 1922 geboren und diente als Gefreiter in der 2. Kompanie des Gebirgspionier-Bataillons 99, das zur 7. Gebirgs-Division gehörte. Diese militärische Einheit war ab 1942 zusammen mit der 6. SS-Gebirgs-Division Nord im Mittelabschnitt der Finnlandfront eingesetzt. Im Jahre 1943 gab es im Bereich der 7.Gebirgs-Division ein größeres Angriffsunternehmen, dessen Ziel es war, eine Hügelkette, den sogenannten Bunkerrücken, zu erobern. Bei diesem Angriffsunternehmen ist Josef Lackner gefallen.
Der Divisionsgeschichte ist folgender Bericht über die Kampfhandlungen am Bunkerrücken entnommen:[6]
„Der Angriff auf den sogenannten Bunkerrücken durch die Kampfgruppe Schuler zählte 1943 in Karelien zur herausragenden Waffentat. Dieser Bergrücken, der im Abschnitt der sowjetischen 85.Marine-Schützen-Brigade südlich des Kangaschwara lag und den die Sowjets in rund eineinhalbjähriger Schanzarbeit zu einem festungsartigen Stützpunkt ausgebaut hatten, war auch nach der finnischen Offensive im Jahre 1941 in russischen Besitz geblieben. Es war eine Höhe, die mit dichtem Wald bedeckt war. Von ihr aus konnte derjenige, der sie besaß, das ganze Hinterland des Gegners einsehen....“
„Mit den ersten Vorbereitungen des Unternehmens war bereits im Juni 1943 begonnen worden. Die Sturmtruppen des II./Gebirgsjäger-Regiments 218 unter der Führung von Hauptmann H. sowie zwei Züge der 16. (Pz.Jg.) Kompanie, zwei Granatwerfergruppen, schwere Panzerbüchsentrupps und die 12./Gebirgsjäger-Regiment 218 unter Hauptmann St. wurden aus der Front herausgezogen und gründlich geschult. Hinzu kamen als weitere Sturmtruppen Gebirgspioniere der 2./Gebirgs-Pionier-Bataillon 99 mit ihren wirkungsvollen Flammenwerfern, Pak und schweren Waffen... Die Masse des II.Bataillons, verstärkt durch die 2./Pionier-Gebirgs-Bataillon 99 ... hatte...über die Landenge vorzustoßen und den Bunkerrücken zu nehmen. Sobald durch die vorderste Kompanie der Waldwärter ein am Nordhang des Bunkerrückens gelegener Bunker, der die Landenge voll beherrschte, genommen war, musste die nächste Kompanie folgen und die Feindanlagen nach rechts aufrollen...“
„Der Angriffsbeginn war bekanntlich für den 9. August 1943, und zwar um 12.35 Uhr, angesetzt. Die Kompanien erreichten ihre Sturmausgangstellungen vom Gegner unbemerkt und stürmten dann aus ihnen gegen das anvisierte Ziel vor. Dabei musste Bunker um Bunker, ihre Zahl war bedeutend größer, als man ursprünglich vermutet hatte, geknackt und erobert worden. Sie waren von den Russen in dem schlecht einzusehenden Waldgelände so geschickt angelegt worden, dass sie von den Gebirgsjägern erst aus nächster Nähe ausgemacht werden konnten... In einem beherzten Sprung war die 6. Kompanie an Sukkula herangekommen und brach in den Stützpunkt ein. Die 7. Kompanie überwand in kühnem Anlauf die Landenge, unterstützt durch die 2./Gebirgs-Pionier-Bataillon 99 unter der Führung von Oberleutnant Dennerlein, der schon einen Tag später, am 10. August 1943, fiel.“
Josef Lackner fiel wie sein Kompanieführer am 10. August 1943 auf dem Bunkerrücken. Sein Grab befindet sich auf dem Soldatenfriedhof von Salla.[7] mit der Endgrablage Block 6 Reihe 9 Grab 341.[1]
Johann Piff
Johann Piff wurde am 23. Oktober 1920 geboren und war Angehöriger der 1. Kompanie des Gebirgspionier-Bataillons 91, das zur 6. Gebirgs-Division gehörte. Als Ende April 1942 sowjetische Marineeinheiten in der linken Flanke dieser Division anlandeten und die wenigen Sicherungsposten überrannten, wurden ihnen verschiedene Alarmeinheiten, darunter auch das Gebirgspionier-Bataillon 91 entgegen geworfen. Bei diesem Einsatz in der sogenannten Seenenge fiel Johann Piff am 1. Mai.
Über dieses Gefecht finden sich in der einschlägigen militärischen Fachliteratur folgende Informationen:[3]
„Das Pionier-Bataillon 91 bestand aus dem Stab mit Nachrichtenzug (4:8:54), der 1. Kompanie (1:14:116), der 2. Kompanie (3:9:103) und der 3. Kompanie (2:10:90), insgesamt aus 10 Offizieren, 41 Unteroffizieren und 362 Mannschaften. Die Männer besaßen weder Tarnbekleidung noch Schi und waren nur mit leichten Infanteriewaffen ausgerüstet. Das Bataillon war am 29. April um 9 Uhr vormittags alarmiert worden ... und bis 20 Uhr geschlossen in der Seenenge...“
„Es erhielt den Auftrag die Landbrücke zwischen Ruf- und Kosubeck-See vom Feind zu säubern und gegen alle Angriffe der Russen zu halten...Als nun um 22 Uhr die 1. Kompanie Pi91 diese Höhe sehr schwungvoll stürmte, überschütteten sie die Marineinfanteristen von einer etwas 800 m östlich steil aufragenden Höhe mit einem Geschoßhagel aus schweren Maschinengewehren und verheerendem Granatwerferfeuer. Zwölf Tote und vierunddreißig Verwundete büßte bis 4 Uhr früh die Kompanie ein..“
Das Buch[3] enthält auch einen Auszug aus dem Gefechtsbericht des Pionier-Bataillons:
„1.5.42, 0.30 Uhr. Die Kampfgruppe tritt zum Angriff über die Höhe südlich Kosubeck-See an, erhält aber beim Überschreiten der Höhe sehr starkes Feuer aus Richtung Höhe 200. Der Führer der Kampfgruppe entschließt sich, Höhe 200 anzugreifen. Der Angriff gewinnt in starkem sMG- und Granatwerferfeuer nur langsam an Boden und bleibt schließlich liegen...“
Ein Augenzeuge wird in dem Buch[3] folgendermaßen zitiert:
„Der Befehl, über diese Landenge frontal anzugreifen, war meines Erachtens von vornherein zum Scheitern verurteilt, weil nach Überwinden des Inselberges die Truppe Hunderte von Metern über eine ungedeckte Fläche vorgehen mußte. Die Russen saßen auf der Höhe und brachten jeden einzelnen Mann ins Visier, ohne selbst gefährdet zu sein. Sie hätten durch Artillerie- und Granatwerferfeuerschläge niedergehalten werden müssen, aber es stand uns nichts davon zur Verfügung. Wir waren armselige Infanteristen und wurden wie die Hasen abgeschossen. Die Strecke von Osthang des Inselberges bis zur deckenden Westflanke dieser Höhe 200 war übersät von Verwundeten und Toten..'“
Johann Piff ruht heute auf dem Soldatenfriedhof von Parkkina/Petschenga, der seit einigen Jahren vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge hergerichtet wird.[8] Seine genaue Grablage ist nicht bekannt.[1]
Tragisches Detail am Rande: Adolf Piff, der Bruder von Johann Piff fiel nur wenige Stunden zuvor im Laufe des 30. Aprils als Angehöriger der 6. SS-Gebirgs-Divison Nord im Mittelabschnitt der Finnlandfront. Wie das Schicksal es wollte, wurde laut Zeitzeugen den Eltern einige Tage später zuerst am Vormittag und dann am Nachmittag des gleichen Tages die Nachricht überbracht, dass ein Sohn gefallen sei.
Josef Pöll
Josef Pöll wurde am 18. November 1916 geboren und war wie Adolf Kaipel Angehöriger des Infanterie-Regiments 131, einem Regiment der 44. Infanterie-Division. Er diente als Unteroffizier in der 10. Kompanie, die zum III. Bataillon gehörte. Der Roten Armee gelang im Kriegswinter 1941/42 beiderseits Isjums ein tiefer Einbruch in die deutsche Front. Josef Pölls Division hielt den Nordteil des Einbruchsraums bei Balakleja besetzt, dadurch ergab sich für die Wehrmacht eine günstige strategische Ausgangssituation für eine Gegenoffensive im Frühjahr. Aber auch die Rote Armee wollte nördlich und südlich von Charkow offensiv werden. Das Regiment von Josef Pöll wurde an den Brennpunkten der Schlacht eingesetzt und half mit den nördlichen Zangenarm des sowjetischen Angriffes zu stoppen. Bei diesen Kämpfen kam Pöll am 17. Mai 1942 ums Leben.
In der Divisionsgeschichte ist folgender Bericht über die Kämpfe dieser Tage nachzulesen:[9]
„Den Abschnitt der 44.Division sollte Anfang Mai für die bevorstehende deutsche Offensive die aus Frankreich herangeführte 71. Division übernehmen. Das IR 131 war gerade zu jenem Zeitpunkt in Balakleja durch das IR 194 abgelöst worden, als der russische Angriff nördlich und südlich von Charkow losbrach. Für das IR 194 wurde nun das IR 131 der 71.ID unterstellt und am 12.5. von Balakleja über Mospanowo-Malinowka-Tschugujew-Sarosnoje in den Raum Nepokrytaja in Marsch gesetzt, wo es am 15. eintraf...“
„Die 71.ID kam an der Babka mit Front nach Osten zur Sicherung des zurückgewonnenen Raumes zum Einsatz...“
„Der folgende Tag, der 17., sollte für das IR 131 einer der verlustreichsten Tage werden. Nach starken Artillerie- und Granatwerfereinsatz griff der Feind in immer neuen Wellen an. Nur unter schweren Verlusten, das Regiment verlor um Nepokrytaja 103 Mann an Toten und 27 an Verwundeten, konnte die Stellung gehalten werden.“
Leutnant Ernst Frank, ein Offizier aus Josef Pölls 10.Kompanie, schrieb folgenden Brief an die Witwe:[10]
„Im Felde, den 28.5.1942“
„Sehr geehrte Frau Pöll!“
„Erst heute bietet sich mir die Gelegenheit, Ihnen davon Mitteilung zu machen, daß Ihr Mann unser guter Kamerad, der Unteroffizier Josef Pöll, in Erfüllung seiner Pflicht für Führer und Vaterland am 17. Mai 1942 den Heldentod fand. Die Kompanie hatte am 15. Mai schwere Kämpfe nordostwärts Charkow zu bestehen. Bei dem Angriff auf einen kleinen Hügel, aus einem Wald heraus traf Ihren lieben Mann das tödliche Geschoß des Feindes, ein Brustschuß machte seinen jungen Leben ein Ende. An der Spitze seiner Truppe war er seinen Leuten Führer und Vorbild. Die Tatsache ist umso tragischer, als er erst vor kurzem wieder zu unserer Kompanie zurückkam. In der kurzen Zeit hatte er sich wieder recht gut eingelebt und fühlte sich sehr wohl unter seinen alten Kameraden. Ich habe Ihnen nun diesen schweren Verlust mitgeteilt und finde keine rechten Worte, die Ihnen Trost sein könnten, Ihren Schmerz lindern und Sie stark machen könnten in Ihrer Trauer. Ich kann Ihnen nur sagen, daß wir einen lieben Kameraden verloren haben, der in unserer Erinnerung weiterleben wird. Im Namen der Kompanie spreche ich Ihnen mein tiefempfundenes Beileid aus. Ich versichere Ihnen, daß Ihr Mann noch als Kamerad bei uns lebt. Er hat alles gegeben,...(Anmerkung des Verfassers: die nun im Brief angegebenen Propagandafloskeln werden nicht zitiert) Der Verlust ist schwer und die Trauer zuerst nicht zu ertragen und doch hebt uns eines aus dem großen Leid heraus, daß ist die Erinnerung an schöne glückliche Stunden, daß ist das Gedenken an Tage und vielleicht Jahre, die Sie mit Ihrem Manne glücklich waren. Diese Erinnerung sei Ihnen Trost und Kraft zugleich, das schwere Leid zu tragen.“
„Ich spreche Ihnen nochmals meine innigste Teilnahme aus und bin mit den besten Wünschen in dieser schweren Zeit. Ernst Frank, Leutnant“
Im Nachlass von Josef Pöll ist eine Skizze des Kampfgebietes erhalten geblieben, wo ein Waldstück mit einem roten X gekennzeichnet ist.[11] Vermutlich kennzeichnet diese Markierung sein Grab, denn die Deutsche Dienststelle (WAST) machte über die Grablage folgende Angabe: Reihengrab Waldstück 4,5 km ostwärts Petrowskoje/Charkow. Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge konnte bis jetzt noch nicht dieses Grab finden und Josef Pöll in einen Soldatenfriedhof umbetten.
Über den Tod von Josef Pöll gibt es ferner einen Hinweis in einem Brief von Adolf Kaipel (siehe oben), der diesen an seine Schwester Maria am 19. Mai 1942 schrieb:[12]
„Liebe Schwester!“
„Endlich komme ich wieder dazu einige Grüße zu schreiben. Auch erhielt ich heute an meinem Geburtstag Deinen Brief. Aber, liebe Schwester, ich muß Dich vorbereiten, das Schicksal ist unbarmherzig. Pöll Josef, der Mann von Fleck Liesl Nr.55, ist vorgestern gefallen. Jetzt bin ich schon solange Soldat, doch so schlimm war es noch nie. Ich bin auf alles gefaßt... Bisher sind 240 russische Panzer im Raum Charkow vernichtet worden...“
Zwei Monate nach diesem Brief war auch Adolf Kaipel tot und als das Jahr zu Ende ging, war die gesamte 44.Infanteriedivision im Kessel von Stalingrad dem Untergang nahe.
Johann Raas
Johann Raas, geboren am 2. November 1907, war Angehöriger der Nachschubtruppen (leichte Fahrkolonne 8/298) der 298. Infanterie-Division. Diese Division nahm an der Frühjahrsschlacht bei Charkow (siehe Josef Pöll) teil und wurde im September 1942 in die Sicherungsfront der 8. italienischen Armee als Korsettstange eingefügt. Diese Armee hatte die Aufgabe die weite linke Flanke der bei Stalingrad kämpfenden 6. deutschen Armee zu decken. Im Zuge der Gegenoffensive der Roten Armee im Winter 1942/43 wurde die 8. Armee zerschlagen und die 298. Infanterie-Division bei ihrem Rückzug zu der im Westen notdürftig aufgebauten neuen deutschen Frontlinie mehrfach eingeschlossen. Zwar konnten sich Reste der Division der totalen Vernichtung entziehen, die Verluste waren aber so groß, dass man die Überlebenden zur Neuaufstellung 378. Infanterie-Division verwendete.
In der Divisionsgeschichte der 298. Infanterie-Division wird die Phase der sowjetischen Gegenoffensive folgendermaßen beschrieben:[13]
„Am 18.12.41 durchbrach der Russe die Front der Division Celere südlich Kasanskaja. Auch gelang es ihm nordwärts Kasanskaja die italienische Sicherungslinie zu durchstoßen. Teile der 298.ID sind hier zum Gegenstoß angetreten. Südlich Werchnij-Mamon wurde die italienische Front auf den Bogutschar zurückgenommen. Hier ist auch die 27.PD im Einsatz, so das OKW. Das Zurücknehmen der italienischen Front ist sicher zu linde ausgedrückt, es war mehr eine Flucht. Teile der 298.ID halten südlich Kasanskaja noch die Front und versuchen, sich auf die eigene Linie zurückzukämpfen....Die 298.ID kämpft sich bis 25.12.42 weiter nach Südwesten durch, sie konnte aus der Luft versorgt werden.“
Johann Raas blieb dieser furchtbare Rückzug in Eis und Schnee erspart, weil er am 20. Dezember 1942 bei Nasaroff, noch in der ersten Woche des sowjetischen Angriffes, durch einen Granatvolltreffer fiel.
Am 4. Feber 1943, als die Reste der 298. Infanterie-Division die neu aufgebaute deutsche Frontlinie im Westen erreichten, schrieb der überlebende Kolonnenführer (entspricht Kompaniekommmandant) folgenden Brief an die Gattin von Johann Raas:[14]
„O.U., den 4.2.43“
„Hochverehrte Frau Raas!“
„Leider haben Sie schon längere Zeit vergeblich auf ein Lebenszeichen Ihres werten Herrn Gemahls gewartet. Endlich bin ich nun in der Lage Ihnen Aufschluß zu geben. Auf einem Marsche nach Meschkoff (Don) wurden wir angegriffen und hierbei wurde er beim Betreuen seiner Pferde von einer Granate getroffen und starb den Heldentod. Er war sogleich verschieden und konnte nicht mehr gerettet werden. Durch sein stets opferbereites Handeln und auch seine gute Fürsorge für alles Anvertraute war er den anderen Kameraden Vorbild und wird stets in unser Andenken bleiben. Auch werden wir in seinem Sinne weiterkämpfen, damit sein höchstes Opfer nicht umsonst war. Und Ihnen und den übrigen Angehörigen bringen wir unser aufrichtiges Beileid zum Ausdruck. Mögen Sie die Kraft finden bald über den harten und schweren Verlust hinwegzukommen.“
„In stiller Teilnahme“
„Schmidt(?), Oberleutnant und Kolonnenführer“
Sowohl dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge als auch der Deutschen Dienststelle sind keine Informationen über eine Grablage von Johann Raas bekannt.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Online Gräbersuche Volksbund, Webseite www.volksbund.de, abgerufen am 21. Oktober 2014
- ↑ Cajus Bekker: Angriffshöhe 4000: Ein Kriegstagebuch der deutschen Luftwaffe, ISBN-13: 978-3453870987
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 Karl Ruef: Winterschlacht im Mai,ISBN-13: 978-3702004729, Verlag: Stocker Leopold Verlag (Juni 1989)
- ↑ 4,0 4,1 Archiv Familie Hazivar, Riedlingsdorf
- ↑ Nachlass Adolf Kaipel
- ↑ Roland Kaltenegger: Schicksalsweg und Kampf der "Bergschuh"-Division : Die Kriegschronik der 7. Gebirgs-Division, vormals 99. Leichte Infanterie-Division, ISBN 3-7020-0499-8, Leopold Stocker Verlag, Graz/Stuttgart 1985
- ↑ Kriegsgräberstätte Salla, Webseite www.volksbund.de, abgerufen am 21. Oktober 2014
- ↑ Kriegsgräberstätte Petschenga, Webseite www.volksbund.de, abgerufen am 21. Oktober 2014
- ↑ Friedrich Dettmer, Otto Jaus, Helmut Tolkmitt: Die 44. Infanterie-Division. Reichs-Grenadier-Division Hoch- und Deutschmeister 1938–1945. Edition Dörfler im Nebel-Verlag, Eggolsheim 2004, ISBN 3-89555-177-5.
- ↑ Nachlass Josef Pöll
- ↑ Gefallenenverzeichnis Riedlingsdorf - Josef Pöll, Webseite abgerufen am 22. Oktober 2014
- ↑ Nachlass Adolf Kaipel
- ↑ Kameradschaft der 298.Inf.Div.: 298.Infanterie-Division Ruhm und Untergang 1940–1943, Selbstverlag
- ↑ Nachlass Johann Raas