Siegmund (Österreich-Tirol)
(Erz-)Herzog Siegmund von Österreich, Graf von Tirol, auch Sigismund, Sigmund oder Siegmund "der Münzreiche" (* 1427, vermutlich in Innsbruck[1]; † 4. März 1496, in Innsbruck[2]) herrschte im 15. Jahrhundert als "Tiroler Landesfürst" über Teile der heutigen Republik Österreich.
Herkunft und Familie
Erzherzog Siegmund von Österreich stammte aus der "älteren" Tiroler Linie, einer Nebenlinie des Leopoldinischen Familienzweigs der Herzöge und Erzherzöge von Österreich (Habsburger)[A 1]. Er war das einzige Kind des "Tiroler Landesfürsten", Herzog Friedrich IV. von Österreich ("Friedl mit der leeren Tasche") († 1439), aus dessen (zweiter) Ehe mit Herzogin Anna von Braunschweig(-Göttingen) († 1432), welches die Kindheit überlebte.[2]
Siegmund war 1430-1445 mit Prinzessin Radegunde († 1445), einer der beiden älteren Töchter des französischen Königs Charles VII. verlobt[A 2] und insgesamt zweimal verheiratet,
∞ in erster Ehe seit 1449 mit Eleonore von Schottland (Eleanor Tudor) († 1480), einer Tochter von König Jakob I. von Schottland[2],
∞ in zweiter Ehe seit 1484 mit Katharina von Sachsen (* 1468; † 1524), einer Tochter des Herzogs Albrecht von Sachsen ("Albrecht des Beherzten" und Enkelin des böhmischen Königs Georgs[2]. Nach Siegmunds Tod heiratete sie um 1496/97 Herzog Erich (I.) von Braunschweig(-Calenberg-Göttingen) (den Älteren), einen Verwandten von Siegmunds Mutter.
(Erz-)Herzog Siegmund hatte aus keiner seiner beiden Ehen Kinder[A 3].[2] Von seinen unehelichen Kindern soll er ca. 40 anerkannt haben.
Herrschaften - Überblick
Siegmund der Münzreiche herrschte seit 1439 ("de jure") beziehungsweise seit 1446 ("de facto") bis zu seiner Abdankung im Jahr 1490 über die Grafschaft Tirol[A 4] und über Teile der Vorderen Lande ("Oberösterreich"). 1458-1461 und seit 1463 herrschte er über das gesamte Gebiet, das als die "Vorderen Lande" bezeichnet wurde[A 5].
Relevante Geschehnisse für die österreichischen Bundesländer
- 1439-1446 unter der Vormundschaft von seinem Cousin, dem späteren Kaiser Friedrich III.
- 1451 Kauf der Hälfte der Grafschaft Bregenz[A 6] von Gräfin Elisabeth von Hachberg, der Erbtochter des Grafen Wilhelm (VII.) von Montfort-Bregenz († 1422).
- 1453 Eroberung des Kleinen Walsertals mit Tannberg und Mittelberg.
- 1458-1464 Konflikt mit dem Heiligen Stuhl beziehungsweise Nikolaus Cusanus, dem Bischof von Brixen, um die Herrschaft über das Inntal, das Eisacktal und das Pustertal, weswegen einige Jahre der (große) Kirchenbanns über ihn verhängt war.
- 1474 Kauf der Grafschaft Sonnenberg von Graf Eberhard I. von Waldburg-Sonnenberg.
- 1477 offizielle Erhebung zum Erzherzog von Österreich durch Kaiser Friedrich III.
- 1484 Verlegung der landesfürstlichen Münzprägestätte Tirols von Meran nach Hall, damals Zentrum des Tiroler Salzhandels und westliche Kopfstation der Inn-Schiff-Fahrt.
- 1486 Erstmalige Prägung des Guldiners, dem Vorbild für den späteren Taler.
- 1490 Abdankung zugunsten seines Neffen, des späteren Kaisers Maximilian I..
Erinnerungsstätten in Österreich
Tirol
Siegmund gilt als einer der baufreudigsten Landesfürsten unter den spätmittelalterlichen Herrschern aus dem Haus Österreich (Habsburg). In Tirol befinden sich mehrere profane und sakrale Bauwerke, deren Bau er entweder fortführte oder begann.[3] Bekannt sind vor allem jene sieben Schlösser, die seinen Namen tragen: Sigmundsburg am Fernsteinsee, Sigmundsried in Ried, Sigmundseck am oberen Inn, Sigmundslust oberhalb von Vomp, Sigmundsfried (Freundsberg) bei Schwaz, Sigmundsfreud bei Barwies und Sigmundskron bei Bozen.[4]
- Innsbruck war Siegmunds Hauptsitz, wo er die meiste Zeit seines Lebens verbracht haben dürfte. Von hier aus brach er gewöhnlich zu seinen Reisen auf und hier hielt er sich gewöhnlich auch an den meisten großen Festtagen auf. Als Residenz diente ihm zunächst der unter seinem Vater erbaute "Neuhof", den er wesentlich erweiterte und später der "Mitterhof" (oder "Mitterburg"), aus denen unter seiner Herrschaft die ersten Teile der Innsbrucker Hofburg entstanden. Nach seiner Abdankung verbrachte er seine letzten Lebensjahre wieder im "Neuhof".[5] Das Aussehen der damaligen Innsbrucker Hofburg wurde von Albrecht Dürer in Veduten festgehalten.[6]
- Siegmund wurde nach seinem Tod in der Herzogsgruft im Österreichischen Grab im Stift in Stams beigesetzt.
Wien
Siegmund hielt sich 1455 sowie 1456 in Wien auf, wo er mit König Ladislaus und 1456 auch mit Erzherzog Albrecht VI. von Österreich ("Albrecht den Freigiebigen") verhandelte. Bei den Verhandlungen um die Aufteilung des Erbes von König Ladislaus in Bezug auf das Herzogtum Österreich hielt er sich 1458 nochmals in Wien auf.[3]
Literatur
- Wilhelm Baum: Sigmund der Münzreiche. Zur Geschichte Tirols und der habsburgischen Länder im Spätmittelalter. Athesia, Bozen 1987. ISBN 88-7014-449-6
- Günther Hödl: Habsburg und Österreich 1273-1493. Gestalten und Gestalt des österreichischen Spätmittelalters. Verlag Böhlau, Wien / Köln / Graz, 1988, ISBN 3-205-05056-8
- Karl-Friedrich Krieger: Die Habsburger im Mittelalter. Von Rudolf I. bis Friedrich III. Verlag W. Kohlhammer, Stuttgart, 2., aktualisierte Auflage 1994, ISBN3-17-018228-5
Literatur zu Teilaspekten
- Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation und Selbstdarstellung habsburgischer Fürsten im Spätmittelalter. phil. Dissertation, Wien, 2009, S. 301-335 digital
Lexikonartikel
- Franz Krones: Sigmund, Erzherzog von Oesterreich. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Duncker & Humblot, Leipzig 1892, Band 34, S. 286–294 digital (inhaltlich von der neueren Forschung überholt, historiographisch interessant)
- Peter Schmid: Sigmund "der Münzreiche". In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Duncker & Humblot, Berlin, 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, Band 24, S. 362f. digital (gute, informative Zusammenfassung)
- Constantin von Wurzbach: Habsburg. Sigismund von Tirol. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien, 1861, 7. Theil, Nr. 282, S. 146–148 digital (inhaltlich von der neueren Forschung überholt, historiographisch interessant)
Einzelnachweise
- ↑ Das genaue Geburtsdatum und der genaue Geburtsort sind nicht gesichert: In der Literatur finden sich gewöhnlich als Geburtsdaten: 25. Juli oder 26. Oktober mit Geburtsort Innsbruck beziehungsweise der 28. Juni mit Geburtsort Graz, vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation, 2009, S. 301
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation, 2009, S. 301
- ↑ 3,0 3,1 vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation, 2009, S. 302
- ↑ vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation, 2009, S. 306
- ↑ vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation, 2009, S. 301 und 303
- ↑ vgl. Eva Bruckner: Formen der Herrschaftsrepräsentation, 2009, S. 303
Anmerkungen
- ↑ Als Folge der 1379 im Vertrag von Neuberg an der Mürz vereinbarten Länderteilung hatte sich das Haus Österreich (Habsburg) in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in zwei (gleichberechtigte) Familienzweige aufgeteilt, die "Albrechtinische" und die "Leopoldinische" Linie. Die Letztere spaltete sich eine Generation später in zwei weitere Linien auf, die nach ihrem wichtigsten Herrschaftsgebieten als "Steirische" und "Tiroler" Linie bezeichnet werden.
- ↑ Obwohl die Ehe wegen dem Tod von Radegunde nicht geschlossen wurde, findet sich Radegunde später in vielen historiographischen "Habsburger-Stammbäumen" als eine weitere Ehefrau von Siegmund.
- ↑ Dass es einen - verschiedentlich in der Literatur erwähnten - Sohn mit Namen Wolfgang (*/† 20. November 1480) gegeben hat, gilt inzwischen als widerlegt. Hier dürfte eine Verwechslung mit dem bereits als Kind verstorbenen gleichnamigen älteren Bruder des Herzogs vorliegen, vgl. Klaus Brandstätter: Die Tiroler Landesfürstinnen im 15. Jahrhundert. In: Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Margarete Maultasch. Zur Lebenswelt einer Landesfürstin und anderer Tiroler Frauen des Mittelalters. (= Schlern-Schriften 339). 2007, S. 180, Fußnote 30
- ↑ Das Gebiet der Grafschaft Tirol umfasste damals neben dem heutigen Bundesland Tirol (ausgenommen den Städten Rattenberg, Kitzbühel und Kufstein sowie Osttirol), auch Südtirol
- ↑ Ausnahmen bilden die Grafschaften Hohenberg und Haigerloch, die erst nach dem Tod von Mechthild von der Pfalz († 1480), der Witwe von Erzherzog Albrecht VI., unter seine Herrschaft kamen sowie Herrschaften wie die Landgrafschaft Nellenburg, die erst nach 1470 von Siegmund erworben wurden.
- ↑ Die andere Hälfte kaufte sein Urgroßneffe Herzog Ferdinand I. von Österreich 1523.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Siegmund (Österreich-Tirol) behandelt. Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit). |