Martin Siebenbürger
Martin Siebenbürger (* um 1475, in Hermannstadt, damals Fürstentum Siebenbürgen; † 11. August 1522, in Wiener Neustadt)[1], auch Mert Kapp oder Martin Kolonitz, genannt Capinius, war Bürgermeister der Stadt Wien[A 1]. Martin Siebenbürger gilt als das bekannteste Opfer des Wiener Neustädter Blutgerichts.
Herkunft und Familie
Martin Siebenbürger führte ein Wappen, dessen Schild die Buchstabengruppe C.M.I. zeigte, wobei aus dem Buchstaben M drei Rosen sproßen.[1] Er stammte aus Hermannstadt in Siebenbürgen.[2] Zu seiner Verwandtschaft zählten die Familien der Bürgermeister Sigmund Pernfuß, Wolfgang Kirchhofer und Hermes Schallautzer.[3] Seit 1508 war er mit Elena (oder Helena) († 1558), Tochter von Hans Kopp, verheiratet, die nach seinem Tod Hans Hofmann heiratete[4]. Sein Sohn Thoman Siebenbürger war später ebenfalls Bürgermeister von Wien.[2]
Martin Siebenbürger war ein Cousin des Wiener Stadtrichters Sigmund Siebenbürger.[5]
Leben
Anfänge und universitäre Laufbahn
Martin Siebenbürger war seinem Cousin Sigmund Siebenbürger nach Wien gefolgt, wo er erstmals 1491/92 erstmals in den Matriken der Wiener Universität genannt ist. Er studierte dort die Rechtswissenschaften (1497 "Magister artium", "Dr. jur."). Er gehörte vorübergehend dem geistlichen Stand an [2] und war Professor an der Wiener Universität. 1503 war er Prokurator der ungarischen Nation, 1505, 1510 und 1516 Dekan der juridischen Fakultät.[5]
Politische Karriere
Martin Siebenbürger, der auch Hausgenosse war[1], wohnte in einem Haus in Wien, das sich am Hohen Markt befand (heute: Wien 1, Hoher Markt 9). 1512 wurde er Stadtrichter von Wien. In dieser Funktion führte er den Korruptionsprozess gegen den kaiserlichen Beamten Lienhard Lauffner.[5]
1513 war er Ratsherr. 1514 und 1518 gehörte er zu jener städtischen Delegation, die in Innsbruck mit Kaiser Maximilian I. nach Innsbruck wegen dessen Verwaltungsreformen und dem neuen Stadtrecht verhandelte, alles Maßnahmen, die auf eine Einschränkung der Machtposition der Stadt Wien und der Landesstände in den "österreichischen Erblanden" abzielten. In der politisch unsicheren Zeit nach dem Tod Kaiser Maximilians I. (1519) galt er als die treibende Kraft bei der Vertreibung von dessen "niederösterreichischen Regiments" und der Durchsetzung einer provisorischen Regierung durch die Landstände.[5]
Er gehörte der ständischen Gesandtschaft an, die mit Maximilians Nachfolger als Landesfürst des Herzogtums Österreich, dem späteren Kaiser Karl V., Barcelona verhandelte.[5]
1520-1521 war er Bürgermeister der Stadt Wien, nach war er 1522 wieder Ratsherr. Er war Mitglied des "revolutionären Bürgerausschusses", der seit 1421 die ständische Machtposition des Herzogtums Österreich "unter der Enns" gegen Erzherzog Ferdinand I. von Österreich, dem späteren Kaiser Ferdinand I., zu verteidigen versuchte, nachdem dieser 1520 die Herrschaft über die "österreichischen Erblande" übernommen hatte.[6] Auf dem Prozess vor dem Wiener Neustädter Blutgericht wurde Martin Siebenbürger für schuldig befunden und zum Tode verurteilt. Gemeinsam mit einigen seiner Parteigänger, darunter den früheren Wiener Bürgermeistern Friedrich Piesch und Hans Rinner, wurde er enthauptet.[2]
Folgen der Hinrichtung
Martin Siebenbürger wurde nach der Hinrichtung im St. Stephan beigesetzt, vermutlich in der "Tiernakapelle". Seine Familie durfte sein Vermögen letztlich behalten, womit es seinem Sohn möglich war, später ebenfalls hohe Ämter der Stadt Wien zu bekleiden.[1]
Martin Siebenbürger als Gelehrter und Schriftsteller
Martin Siebenbürger war mit dem Gelehrten Konrad Celtes befreundet und Mitglied der von diesem begründeten "Sodalitas Danubiana (Donaugesellschaft). Er verfasste historische Schriften.[5]
Erinnerungen an Martin Siebenbürger
- An Martin Siebenbürger erinnert eine Gedenktafel an der Innenseite des nordwestlichen Pfeilers des Rathausturms, die am 11. August 1922 enthüllt wurde.[5]
- Nach ihm wurde die Siebenbürgerstraße genannt.[5]
Literatur
- Felix Czeike (Hrsg.): Siebenbürger Martin. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 215–216. digital
Weblinks
- Siebenbürger Martin, Website Stadt Wien, Wiener Bürgermeister - Lebensdaten
- Martin Siebenbürger im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- Martin Siebenbürger, Gedächtnis des Landes Niederösterreich.AT
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Siebenbürger Martin. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 215. digital
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 vgl. Siebenbürger Martin, Website Stadt Wien, eingesehen am 28. Jänner 2018
- ↑ vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Schallautzer (Schallauczer) Hermes. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 60.
- ↑ vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Siebenbürger Martin. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 215–216.
- ↑ 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 5,5 5,6 5,7 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Siebenbürger Martin. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7–216.digital
- ↑ vgl. Andreas Pittler: Die Bürgermeister Wiens. Die Geschichte der Stadt in Porträts. Verlag Carl Ueberreuter, Wien, 2003, ISBN 3-8000-3873-0, S. 23
Anmerkungen
- ↑ Wien war damals die größte Stadt im Herzogtum Österreich. Sie gehörte zu den Landständen des Herzogtums und behauptete sich im 15. Jahrhundert endgültig als Hauptstadt des Herzogtums Österreich "unter der Enns". Unter den Babenbergern war Wien seit Herzog Heinrich (II.) von Österreich ("Heinrich Jasomirgott") gewöhnlich der Sitz des Herzogs von Österreich. Wien gehörte zu den wichtigsten Residenzen der Habsburger, wurde aber erst im 17. Jahrhundert endgültig die Hauptstadt ihres Reiches.
Überregionale Aspekte dieses Themas werden auch in der Wikipedia unter dem Titel Martin Siebenbürger behandelt. Hier im ÖsterreichWiki befinden sich Informationen sowie Ergänzungen, die zusätzlich von regionaler Bedeutung sind (siehe Mitarbeit). |
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Hans Süß | Bürgermeister von Wien 1520-1521 | Gabriel Guetrater |