Spanische Grippe in Österreich
Zu Ende des Ersten Weltkrieg wurde die Welt von einer der schwersten Grippeepidemien seit jeher heimgesucht. In Österreich kostete die Spanische Grippe im Jahr 1916 rund 18.500 Menschen das Leben. Zu Beginn des Jahres 1919 verstarben weitere 2.400 Menschen an den Auswirkungen der Krankheit. Am meisten verbreitet war die Epidemie vor allem bei Menschen zwischen 14 und 40 Jahren. Die Medizin stand vor einem Rätsel, denn es konnten weder die Erreger noch die Art der Übertragung eruiert werden. Somit konnten auch keine vorbeugenden Maßnahmen zur Verhinderung der Ansteckung getroffen werden.
Die Erkrankten wurden von schweren Fieberschüben geplagt. Es kam häufig zu sekundären Infektionen mit Stphylokokken, die zu lebensgefährlichen Lunge- oder Rippenfellentzündungen führten. Bekannte Arzneimittel wie Aspirin, Chinin oder Pyramiden zeigten keinerlei Wirkung. Schließlich konnten mit der Verabreichung eines bestimmten Antistreptokokkenserums gute Behandlungsfortschritte erzielt werden. [1]
Als spanische Grippe bezeichnet man die hochansteckende Grippe nur deshalb, weil sie in den spanischen Zeitungen erstmals genauer beschrieben wurde. Im neutral gebliebenen Spanien herrschte - anders als in Österreich - Anfang 1918 keine Pressezensur.[2] Bis heute ist der Ausgangspunkt dieser verheerenden Infektion nicht definitiv bekannt [2], allerdings sind sich Historiker wie Virologen einig, dass das Ursprungsgebiet auf den Mittleren Westen der USA eingegrenzt werden kann. Vermutlich sprang das Virus Anfang des Jahres 1918 von Hausschweinen oder domestiziertem Zuchtgeflügel auf den Menschen über. [3]
Die Spanische Grippe in der Steiermark
Lebensumstände in der Steiermark
In der Steiermark gab es in der Zeit des Weltkriegs grundlegende wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen. Die Lebenserhaltungskosten stiegen drastisch an, während die Löhne dieser gallopierenden Inflation nicht Schritt halten konnten. Es waren jedoch nicht alle Gesellschaftsschichten gleichermaßen betroffen. Der Gegensatz Stadt-Land begann sich zunehmend zu verschärfen. Alle Bereiche der Lebensmittelversorgung wurden mit der Dauer des Krieges staatlich reglementiert, um die immer schlechter werdende Versorgung mit Lebensmitteln in den Griff zu bekommen. Der Milch kam im Zuge der Grippeepidemie eine besondere Rolle zu. Bereits im Juni 1918 waren in Wien die Milchzuweisungen an Influenzaerkrankte stark angestiegen. Sie war bekannt als eines der stärksten Gegenmittel für die Spanische Grippe.
Gegen Ende des Krieges lebte der Großteil der steirischen Bevölkerung in bescheidenen Verhältnissen. In den Häusern herrschten fürchterliche hygienische Bedingungen. Trotz der vorherrschenden Raumnot und den Hygieneumständen verschlangen die Wohnungskosten oft bis zu 30 % des Haushaltsbudgets. Im November 1918 spitzte sich die Wohnungssituation noch weiter zu, da aufgrund des Zerfalls der k.u.k. Monarchie eine enorme Zuwanderung von Deutschösterreichern einsetzte, die neuen Lebensraum suchten und zusätzlich die aus dem Kriege zurückkehrenden Soldaten ihre alte Wohnung beanspruchten. [4]
Verlauf
Am 9. Oktober 1918 reagierte der Grazer Stadtrat erstmals auf die steigende Erkranktenzahl , in einem Schreiben, dass an alle politischen Unterbehörden gerichtet war. Das Amt informierte darin, dass sie aufgrund vermehrt auftretender Influenza-Fälle ab folgendem Tage zu verschiedenen Maßnahmen berechtigt seien. Die Anweisung betraf unter Punkt 1 die Ermächtigung zur Schließung aller Volks- und Bürgerschulen „auf drei Wochen“ sobald „in einem Orte ein gehäuftes Auftreten von Grippeerkrankungen beobachtet wird.“ Die beiden nächsten Punkte dehnen diese Ermächtigung auch auf alle öffentlichen und privaten Mittelschulen sowie Handels-, Lehrlings-, Handfertigkeits- und Tanzschulen aus. Diese Maßnahme beinhaltete auch „das Verbot der Abhaltung gemeinsamer religiöser Übungen“. [4]
Außerdem sollen in Orten, in denen ein gehäuftes Auftreten von Grippeerkrankungen auftritt, die Kinos geschlossen. Die Bevölkerung wird aufgefordert, die Grippeerkrankten in einem eigenen Zimmer zu isolieren. Diese Anweisungen waren sehr vage formuliert und gaben der Bevölkerung einen großen Interpretrationsspielraum.
Schulschließungen
Infolge des Beschlusses der Steiermärkischen Stadthalterei betreffend Schulschließungen, startete ein reger Briefverkehr zwischen den ortsansässigen Schuldirektoren und den Bezirkshauptmannschaften, worin die Gründe für die Schulschließung dargelegt wurden. Die Schulleitung von St. Marein etwa berichtete, dass nahezu zwei Drittel aller Schüler erkrankt seien und die Schule aus diesem Grund für drei Wochen geschlossen wird. Andere Schulberichte geben zudem Aufschluss darüber, wie viele Kinder in welcher Klasse mit der Spanischen Grippe infiziert sind. Daraus lässt sich ableiten, dass jene Kinder stärker betroffen sind, welche näher am Erwachsenenalter sind. Oft mussten die Schulen längger als die vorgeschlagenen drei Wochen geschlossen bleiben oder nach der Wiedereröffnung gleich wieder geschlossen werden. Weiterführende Schulschließungen mussten dann aber von der Ärzteschaft begründet werden. Viele der Schulen verlängerten die Frist von drei Wochen, einige Schulen im Bezirk Bruck an der Mur öffneten den Lehrbetrieb erst nach Weihnachten wieder. Die Schulen am Land blieben deutlich länger geschlossen als in der Stadt. In den Grazer Schulen waren im Gegensatz zu den ländlichen Regionen keine Todesfälle von Schulkindern zu verzeichnen. [4]
Veranstaltungsverbot
Am selben Tag, an dem das Isolieren der Erkrankten angeordnet wurde, berichteten die Werkmeister der Firma Böhler in Kapfenberg, dass der Besuch von Influenza Erkrankten zu unterlassen sei. Obwohl dies nicht explizit von der Landesregierung angeordnet wurde, zeigten die meisten Gemeinden grippebedingte Todesfälle sofort bei den Bezirkshauptmannschaften an. Die Kinos in Graz wurden bereits am 10. Oktober geschlossen. Dies rief natürlich Unmut bei den Kinobesitzern hervor. Theater und Schauspielhäuser waren von der Sperre nämlich nicht betroffen. Dies führte zu kontrovers geführten Diskussionen innerhalb der Bevölkerung. [4]
Literatur
- Vorname Nachname: Buchtitel. Verlag, Ort Jahr, ISBN 978-3-5770-9102-2.
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Einzelnachweise
Weblinks
- ORF-Online
- Website: heute.de: Torsten Kleinz: - Die freiwilligen Schreiber im Verborgenen , 2. Januar 2019