Ulrich IV. von Matsch
Vogt Ulrich (IV.) von Matsch (* im 14. Jahrhundert; † 1402[A 1]) war ein einflussreicher Adliger der Grafschaft Tirol. Obgleich die Besitzungen der Familie vorwiegend im Vinschgau (heute Italien) lagen, wirkte seine Familie auch in Nordtirol.
Herkunft und Familie
In der älteren Forschungsliteratur finden sich widersprüchliche Angaben. Hinzu kommt noch, dass der Name Ulrich für die Familie häufig belegt ist und es daher immer wieder zu Verwechslungen gekommen sein dürfte.
Vogt Ulrich (IV.) von Matsch war mit Agnes, der Erbtochter des Grafen Wilhelm (I.) von Kirchberg († 1366) (aus der Hauptlinie der Grafen von Kirchberg), verheiratet. Durch diese Ehe gelangten die Vögte von Matsch vorübergehend in den Besitz der Reichsgrafschaft Kirchberg, in der Folge führten sie den Titel Vögt von Matsch, Graf von Kirchberg.[1]
Ulrich (IV.) dürfte der Vater von Utehild von Matsch und Elisabeth von Matsch († nach 1443) gewesen sein.
- Utehild von Matsch
- ∞ 1379 mit Graf Meinhard (VI.) von Görz. Durch ihre Ehe kam die Grafschaft Kirchberg als ihre Mitgift in den Besitz dieser Familie. Was die Besitzverhältnisse der Grafschaft Kirchberg danach betrifft, so gibt es in der Literatur zum Teil sehr widersprüchliche Angaben. Die Grafschaft dürfte 1459 in den Besitz der Grafen von Kirchberg-Wullenstätten, einer Nebenlinie ihrer ursprünglichen Lehensinhaber gelangt sein, nachdem sie bereits früher an diese verpfändet worden war.[1] Ob sich die Grafschaft Kirchberg zum Zeitpunkt ihrer Verpfändung an die Grafen von Kirchberg-Wullenstätten (angeblich um 1417/18) und bei deren endgültigen Erwerb im Besitz der Grafen von Görz oder der Vögte von Matsch befand oder bereits andere Besitzer hatte, ist unklar.
- Elisabeth von Matsch
- ∞ mit Graf Friedrich (VII.) von Toggenburg († 1436)
Leben
Ulrich (IV.) von Matsch
Nach dem Tod seines Schwiegervaters erbte Ulrich (IV.) 1366 zwei Drittel der Grafschaft Kirchberg. Das letzte Drittel konnte er im selben Jahr von Graf Heinrich von Werdenberg durch Kauf erwerben. Noch im September desselben Jahres erfolgte die Belehnung dieser Grafschaft durch [[w:Karl IV. (HRR)|Kaiser Karl IV.).
Trotz dieses Positionsverlustes führten die Vögte Ulrich III. und Ulrich IV. in den folgenden Jahren im Wettlauf mit dem Bf. um den Territorialausbau durch Kauf und Pfanderwerb eine erfolgreiche Akquisitionspolitik: Um 1360 erwarb Ulrich IV. die wichtige Burg Steinsberg bei Ardez (Unterengadin) als Pfand, ebenfalls 1360 überließen die → Werdenberger den mit ihnen verschwägerten M.ern für ein Militärbündnis ihre Rechte an der Burg Greifenstein oberhalb Filisur (Albulatal) mit Pertinenzen. Beide Burgen gingen 1421 nach Ablöse der Pfandsumme endgültig an den Churer Bf. verloren. Seine unter Gf. Meinhard III. erworbene Position als Hauptmann an der Etsch und im Gebirge nutzte Ulrich IV. v.a. unmittelbar nach dem Tod des Landesherrn am 13. Jan. 1363, um sich von dessen Mutter, Mgf.in Margarete, eine Reihe von Rechten bestätigen bzw. neu übertragen zu lassen oder anzupfänden: So das Amt des Landeshauptmanns, die Propstei Eyrs, das Gericht Hörtenberg (Oberinntal), das Gericht Nauders sowie Stadt und Gericht Glurns (Hörtenberg wurde 1405, Nauders sowie Glurns 1429 wieder ausgelöst). Unmittelbar nach der Herrschaftsübernahme der Habsburger in Tirol Ende Sept. 1363 ließ Hzg. Rudolf IV. Ulrich IV. von M. gefangensetzen und kassierte einige der Übertragungen Margaretes. Die Vögte Ulrich III. und Ulrich IV. mußten Ende Okt. mit ihren Burgen Unter- und Oberm., → Churburg, Tarasp und Hörtenberg in ein Vasallitäts- und Dienstverhältnis treten. Hzg. Rudolf bestätigte ihnen im Gegenzug zwar die Pfandschaft über die Propstei Eyrs, das Amt des Landeshauptmanns allerdings wurde Mitte Dez. 1363 mit Berchtold von Gufidaun neu besetzt. Der Wechsel in das Lager des neuen tirolischen Landesherrn öffnete andererseits neue Handlungsspielräume, zumal die Habsburger selbst in den Vorderen Landen expandierten und auf dem Churer Bf.sstuhl Parteigänger installieren konnten. Mit dieser politischen Rückendekkung gelang Ulrich IV. die Erwerbung der Burgen Alt-Süns im Domleschg (1365 von Gf.in Ursula von → Werdenberg) und v.a. Ramosch (Tschanüff) im Unterengadin, mit der Hzg. Leopold III. ihn 1368 zu Offenhausrecht belehnte. Die Belehnung mit Ramosch stand im Zeichen der habsburgischen Italienpolitik, für die Ulrich 50 Helme auf den oberitalienischen Kriegsschauplatz führte. Für die päpstliche Partei sicherte Vogt Ulrich um 1374 die Burg Chiavenna, die den südlichen Zugang zum Septimer und zum Splügen kontrollierte. 1373 erwarb der M.er von Hans von Reichenberg um 800 Mark Berner (Veroneser) Pfennige die Burg Reichenberg im Tauferer Tal (sie blieb bis zum Aussterben der Vögte tirolisches Lehen), 1382 schließlich vom Glurnser Richter den Turm zu Glurns, mit dem ihn Hzg. Leopold III. unmittelbar darauf belehnte (der Turm blieb bis 1495 im Lehnsbesitz der M.er).
1388 wählte das Churer Domkapitel Gf. Hartmann von → Werdenberg- → Sargans zum Bf., der zunächst wg. Erbansprüchen auf die Gft. → Feldkirch mit Hzg. Albrecht III. auf Konfrontationskurs ging. Nach der Einigung mit dem Habsburger 1392 entbrannte zwischen Bf. und Vögten eine langjährige, hart geführte und aufreibende Fehde (die sog. M.er Fehde), in deren Verlauf Kg. Sigmund 1415 über die M.er die Reichsacht erklärte, und die nach zahlr. Anläufen erst 1421 mit einem Urteilsspruch Hzg. Ernsts beigelegt werden konnte: Die Vögte von M. verloren die Immunitätsvogtei über die Churer Gotteshausleute (außer über jene in M.), die Kl.vogteien über Müstair und Marienberg und ihre Herrschaftsrechte im Puschlav; die Burgen Ramosch, Steinsberg und Greifenstein, die Bf. Hartmann zum Teil bereits seit 1394 besetzt hatte, fielen nach Rückzahlung des Pfandschillings bzw. einer Widerlegung von 2500 Mark Berner an Chur, während die Vögte Tarasp halten konnten. Eine direkte Folge des Urteilsspruches von 1421 war i.J. darauf eine innerfamiliäre Teilung der bisher gemeinschaftlich innegehabten Burgen, Rechte, Lehen, Pfandschaften, Güter und Leute in drei Teile: Ulrich VI. (gest. 1443/44) erhielt u. a. die Burgen Unterm. und → Churburg, die Brüder Ulrich VII. (gest. 1430/31) und Wilhelm (gest. 1429) die Burgen Reichenberg und Tarasp, ihr Vetter Ulrich VIII. (gest. 1461) die Burg Oberm. Unter dem übermächtigen Territorialisierungsdruck der Bf.e von Chur und der Gf.en von Tirol war der Versuch, eine eigene dauerhafte territoriale Herrschaft aufzubauen, damit endgültig gescheitert. Die durch die Herrschaftsteilung zusätzlich geschwächte Familie konnte zwar 1417-1428 mit Wilhelm, 1429-1430 mit Ulrich VII., 1431-1448 mit Ulrich VIII., schließlich 1471-1475 mit Ulrich IX. und 1478-1482 mit Gaudenz von M. das politisch wichtige und prestigereiche Amt des Tiroler Landeshauptmannes besetzen, als ernsthafte Konkurrenten des tirolischen Landesherrn und des Churer Bf.s waren sie aber spätestens 1421 abgetreten.
Literatur
- Gustav Pfeifer: Matsch. In: Werner Paravicini et al. (Hrsg.): Höfe und Residenzen im spätmittelalterlichen Reich. Grafen und Herren (= Residenzforschung. Hrsg. von der Residenzen-Kommission der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen. Bd. 15 / IV). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2012. ISBN 978-3-7995-4525-9. Teilband 1, S. 981-988 digital
- Justinian Ladurner: Die Vögte von Matsch, später auch Grafen von Kirchberg. In: Zeitschrift des Ferdinandeums für Tirol und Vorarlberg. Heft 16, 1871, S. 5–292 digital; Fortsetzung: Heft 17, 1872, S. 1–235 und Heft 18 (1874), S. 7–158