Römische Wasserleitung bei Rechnitz
Die römische Wasserleitung bei Rechnitz diente zur Versorgung der antiken Stadt Colonia Claudia Savaria, dem heutigen Szombathely/Steinamanger, die eine der wichtigsten Stationen an der Bernsteinstraße war. Die frostsicher angelegte Wasserleitung wies eine Länge von 22 Kilometern auf. Sie führte von Bozsok (ungarisch Poschendorf) beim heutigen Grenzübergang auf das Gemeindegebiet von Rechnitz, anschließend nach den Zollhäusern weiter nach Sé (ungarisch Scheibling) und von dort nach Steinamanger.[1]
Forschungen
Der im früheren Beruf als k.k. Gendarmerie-Bezirksinspektor tätige Karl Halaunbrenner führte ab 1933 drei Jahre lang Untersuchungen und Grabungen an zahlreichen Abschnitten der Leitung durch, dadurch konnte deren Verlauf auf österreichischer Seite erahnt werden. Weitere archäologische Bestandsaufnahmen erfolgten in den Jahren 1944, 1961 und 1982.
Laut Korabinsky wurde bereits eine Wasserleitung im Jahr 1786 nach Savaria freigelegt. Es besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass aus demselben Quellgebiet der Brunnen des ehemaligen Rechnitzer Schlosses gespeist wird. Der Ursprung der fast 22 Kilometer langen, antiken Wasserleitung lag im Günser Gebirge (Geschriebenstein). Diese Wasserleitung verlief über Bozsok und passierte die heutige österreichisch-ungarische Grenze an der Höhe von Rechnitz. Die Leitung machte wahrscheinlich einen Bogen um den Predigtstuhl in Richtung Südosten nach Bucsu (ungarisch Butsching). Sie begleitete den Rechnitzerbach bis nach Savaria bzw. Steinamanger. Das Aquädukt oder auch Endverteilerbecken konnte noch nicht gefunden werden.[2]
Bauweise
Die Wasserleitung entspricht ihrem Typus dem gängiger römischer Aquädukte. Die unterirdische Bauweise erfolgte wahrscheinlich aus sicherheitstechnischen und klimatischen Gründen. Die Freispiegelleitung verläuft in einer Tiefe von 0,5 bis 2,5 Meter unter der Erdoberfläche. Dazu erfolgte zuerst der Aushub eines Grabens, in welchem die Sohle aus Sand und Steinplatten gebildet wurde, auf die dann "opus caementitum" als Schlussschlicht gegossen wurde. Die Seitenwände des Kanals wurden mit Bruchsteinen aufgemauert, die Andeckung erfolgte mit flachen Steinplatten, welche einen dichtenden Mörtelabstrich erhielten. Zudem wurde der Innenraum, welcher in Kontakt mit dem Wasser kam, mit "opus signinum", einem wasserdichtenden Anstrich versehen. Viertelrundstäbe aus dem selben Material platzierte man in den Ecken der Leitung, um Ablagerungen in den Kanten zu verhindern.
Während im ersten Abschnitt der Wasserleitung die Abdeckung mit Steinplatten erfolgte, besteht ab dem Richtungswechsel nach Südosten die Abdeckung aus einem Gewölbe, außerdem ändern sich die Maße des Tunnels. Die lichte Breite ändert sich von 0,36 bis 0,43 Meter auf 0,65 bis 0,7 Meter und die lichte Höhe von 0,36 bis 0,39 Meter auf 0,8 bis 0,9 Meter. Dies ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sich in diesem Bereich zwei Arbeitsgruppen getroffen haben. Ein weiteres Indiz dafür ist das größere Gefälle. Die Feinnivellierung nahmen die Bautrupps selbst vor. Durch das zu flache Nivellement dürfte das nächste Baulos verfehlt worden sein. Deswegen gibt es ab diesem Punkt eine größeres Gefälle und damit einen höheren Wasserdruck. Dieser wurde durch Verbreiterung des Kanals ausgeglichen. Eine weitere Besonderheit der Wasserleitung ist das Ende der flach eingedeckten Leitung mit einer lichten Breite von 0,4 Meter und lichten Höhe von 0,3 Meter. Halaunbrenner vermutete an dieser Stelle einen Einstiegsschacht.[3]
Datierung
Bisher kann nicht genau gesagt werden, wann die Wasserleitung gebaut wurde, da keine aussagekräftigen Funde gemacht wurden. Angesichts der historischen Ereignisse, welche mit einer Stadternennung verbunden sind, z. B. steigende Einwohnerzahlen, ist diese Leitung eventuell mit einem Thermenbau in Savaria im 2. Jahrhundert nach Christus in Zusammenhang zu stellen. Gebaut wurde die Leitung wahrscheinlich in Zusammenarbeit von römischem Militär und ortsansässigen Unternehmen.[4]
Weitere Fundorte
Auch in ungarischem Staatsgebiet stieß man bei Grabungen auf Reste wie in Bucsu nahe der österreichischen Grenze.
Literatur
- Susanne Stökl, Josef Tiefenbach: Antike Ingenieurskunst am Beispiel der römischen Wasserleitung bei Rechnitz im Burgenland in Spuren römischen Lebens im Burgenland, Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland 124. 2008, ISBN 9783854051671.
Einzelnachweis
- ↑ Reste der römischen Wasserleitung auf der Seite des Naturparks Geschriebenstein-Írottkő abgerufen am 11. März 2021
- ↑ Susanne Stökl:Antike Ingenieurskunst am Beispiel der römischen Wasserleitung bei Rechnitz im Burgendland in Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland (WAB), S. 117-119;123 ,ISBN 9783854051671
- ↑ Susanne Stökl:Antike Ingenieurskunst am Beispiel der römischen Wasserleitung bei Rechnitz im Burgendland in Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland (WAB), S. 119-120 ,ISBN 9783854051671
- ↑ Susanne Stökl:Antike Ingenieurskunst am Beispiel der römischen Wasserleitung bei Rechnitz im Burgendland in Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland (WAB), S. 121-122 ,ISBN 9783854051671