Kärntnerturm

Aus ÖsterreichWiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen
BW

Der Kärntnerturm (Kärntner Turm), erbaut zu Beginn des 13. Jahrhunderts, war im Mittelalter ein wichtiges Teil der Wiener Stadtbefestigung und bestand bis ins 16. Jahrhundert. Als der angeblich wehrhafteste Turm der Stadtmauern und als berüchtigtes Stadtgefängnis, in dem viele prominente Gefangene inhaftiert waren, zählt der Kärntnerturm, der nicht erhalten ist, zu den bekanntesten Stadttürmen des mittelalterlichen Wiens.

Das Bauwerk

Der Kärntnerturm war Teil der Wiener Stadtbefestigung. Er befand sich auf dem Areal des ersten Wiener Gemeindebezirks zwischen Kärntner Straße 51, Walfischgasse 2 und Mahlerstraße 1.[1] Der Turm, der nicht erhalten ist, soll ausgedehnte unterirdische Gelasse gehabt haben, die als Gefängnis genutzt wurden. Er galt als der stärkste Turm der Wiener Stadtmauern.[2] Heute befindet sich dort, wo er einmal gestanden haben dürfte, das "Todesco-Palais".[1]

Geschichte

Der Kärntnerturm ist erstmals 1296 wird als "Charner puritor" beziehungsweise 1297 als "Cherner puritor" genannt.[1] In der Forschung wird gewöhnlich davon ausgegangen, dass er um 1200 im Zusammenhang mit der neuen Ringmauer erbaut wurde[A 1]. Seine ursprüngliche Aufgabe war die Sicherung des Kärntnertors, eines direkt an ihn angrenzenden Stadttors. Seine Funktion als Gefängnis findet sich bereits bei seiner ersten Nennung im Jahr 1296. Im Zusammenhang mit dieser räumte Herzog Albrecht (I.) von Österreich der Stadt Wien das Recht ein, in ihm widerspenstige Bürgerinnen und Bürger gefangen zu halten. Der Kärntnerturm diente als Gefängnis für Schwerverbrecherinnen und Schwerbrecher, später auch für politische Gefangene und Kriegsgefangene.[2]

Während der "Ersten Wiener Türkenbelagerung" (1529) zählte der Kärntnerturm zu jenen Teilen der Stadtmauer die besonders schwer beschädigt wurden. Am 14. Oktober 1429 wurde hier der letzte Angriff auf Wien zurückgeschlagen.[2] Danach wurde der Turm repariert und weiterhin als Stadt- und Staatsgefängnis genutzt.[1] Als Gefängnis erlangte er 1541 während eines "Studentenaufstandes" zwischen der Universität Wien und der Stadt Wien nochmals Bekanntheit, der erst durch das Eingreifen des Kaisers beigelegt wurde. In diesem Zusammenhang wurden sieben Studenten in jenem Gelass des Kärntnerturms inhaftiert, das sonst für die Schwerverbrecherinnen und Schwerverbrecher Verwendung fand.[1]

Vor 1589 wurde der Kärntnerturm demoliert.[2] Der genaue Zeitpunkt ist unbekannt. Dass er bereits um 1547 teilweise abgetragen worden war, wird bezweifelt, da auf einem zeitgenössischen Bild (aus dem Jahr 1566) des Malers Hans Sebald Lautensack ein mächtiges, aus der Stadtmauer hervorspringendes Bollwerk zu erkennen ist, das gewöhnlich mit dem Kärntnerturm identifiziert wird. Gesichert scheint dagegen die letzten Reste des Turms erst 1671 im Zuge der Errichtung eines neuen Kärntnertors demoliert wurden. Die letzten Spuren des Kärntnerturms sollen erst bei der Pulverexplosion am 15. Dezember 1752 verschwunden sein.[1]

Erinnerungen an den Kärntnerturm

Eine Gedenktafel auf dem Eckhaus Walfischgasse 2 erinnert an den Angriff vom 14. Oktober 1429 und auch an den Kärntnerturm.[2] Ihre Inschrift lautet: "Hier stand der Kärntnerthurm. Donnerstag den 14. Oktober 1529 wiesen an dieser Stelle Salm und Reischach auch den letzten und heftigsten Angriff Suleimanns zurück".

Personen, die namentlich bekannt sind und im Kärntnerturm gefangen gehalten wurden

  • Stibor Chrezzel († nach dem 19. Mai 1350), Küchenmeister von [[Albrecht II. (Österreich)|Herzog Albrecht (II.) von Österreich
  • Kristan Prenner († nach dem 16. Mai 1463), Bürgermeister der Stadt Wien
  • Christian von Rothausen, 1512 im Kärntnerturm inhaftiert, er soll angeblich im Auftrag der [[|w:Republik Venedig|Republik Venedig]] während der Auseinandersetzungen mit Kaiser Maximilian I. in den "Österreichischen Landen" als Brandstifter agiert haben[1]
  • Ulrich Grafenegger († 1487), Söldnerführer und Rat von Kaiser Friedrich III., ihm gelang mit mehreren seiner Leute, nach seiner Gefangensetzung im Kärntnerturm (im Herbst 1462) eine spektakuläre Flucht aus diesem und der Stadt Wien[1][3]
  • Ulrich Riederer († 1460), wurde zusammen mit Ulrich Grafenegger als Ratgeber von Kaiser Friedrich III. von Bürgermeister Wolfgang Holzer im Herbst 1462 im Kärntnerturm gefangen gesetzt
  • Caspar Tauber († 17. September 1524, in Erdberg bei Wien), gilt als einer der ersten evangelischen Märtyrer im heutigen Österreich
  • Balthasar Hubmaier († 10. März 1528, in Wien), Anführer der Wiedertäufer, er wurde zunächst im Kärntnerturm gefangen, ehe er auf die Burg Kreuzenstein (heute Teil der Gemeinde Leobendorf ) gebracht wurde[1]

Legenden um den Kärntnerturm

Immer wieder findet sich die Behauptung, dass der Kärntnerturm bereits in der Römerzeit bestanden haben soll. Dies trifft vielleicht auf seine Grundmauern zu, allerdings gibt nicht einmal dafür Beweise.[1]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 1,6 1,7 1,8 1,9 vgl. Kärntner Turm im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien, abgerufen am 27. August 2021
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Kärntner Turm. In: Historisches Lexikon Wien. Band 3, Kremayr & Scheriau, Wien 1994, ISBN 3-218-00545-0, S. 469.
  3. vgl. Elke Simon: Grundlagen, Möglichkeiten, Grenzen sozialen Aufstiegs im Spätmittelalter am Beispiel Andreas Baumkirchers. (Ungedruckte) Diplomarbeit, Universität Wien, 2000, S. 139

Anmerkungen

  1. Dieser Annahme, die sich in den meisten relevanten Büchern zur Wiener Stadtgeschichte findet, widerspricht der Historiker und Architekt Kurt Klaudy († 2009), der den Bau der neuen Wiener Stadtmauern zu einem späteren Zeitpunkt ansetzt. Mit überlegenswerten Argumenten vertritt er die These, dass die Stadtmauern erst um 1241 unter Herzog Friedrich dem Streitbaren aus Anlass der Bedrohung durch die Mongolen erbaut wurden. Vgl. Kurt Klaudy: Fragment Nr. 3. Über Friedrich, den Streitbaren - Versuch einer Ehrenrettung. In: Kurt Klaudy: Das Werden Wiens und seines Stephandoms. Neues Licht zur historischen Wissenschaft. Verlag Peter Lang, Frankfurt am Main, 2004. ISBN 3-631-51577-4, S. 32, S. 37ff. und S. 42