Alte Mühle von Tattendorf
Die Mühle in Tattendorf ist eine Mahlmühle und befindet sich im Bezirk Baden unweit von Ebreichsdorf.
Der älteste urkundliche Nachweis über den Bestand dieser Mühle in Tattendorf findet sich anno 1258 im Stift Klosterneuburg, der damaligen Herrschaft von Tattendorf. Als erster namentlich genannte Mühlenbetreiber scheint anno 1422 „Hanns Mulner von der Mül“ im Grundbuch des Stiftes Klosterneuburg auf.
1682 erwarb der Müllermeister Georg Knötzl zusammen mit seiner Frau Maria die Mühle in Tattendorf von Martin und Sophiam Vischböck um 1.200 Gulden und erlitt ein schreckliches Schicksal: „er Knötzl, in dem 1683 geschehenen Türckhen und Tärtarischen Einfall, alda gleich oberhalb der Wuehr Niedergehaut, undt die Müll durch das feuer totaliter ruinirt worden“ ist. Knötzel’s Witwe konnte alleine die Brandstatt nicht wieder erheben und verließ Tattendorf um einen Müller aus Wiener Neustadt zu ehelichen. Das Stift Klosterneuburg lies als Lehensherr die Mühle 1689 wieder neu erbauen und vier Jahre später gelangte dass Anwesen mit allem Zubehör um 1.600 Gulden an Michael und Barbara Fleischhacker aus Purgau in der Steiermark. Als Barbara 1715 verstarb heiratete der Witwer Michael Fleischhacker seine zweite Frau Salome. Diese musste schnell wieder Witwe geworden sein, denn im Grundbuch scheint - nach vergleich mit ihren 3 Kindern –Salome als alleiniger Besitzer auf. Die nunmehrige Mühlenbesitzerin ehelichte 1730 Paul Ränkhl und verstarb nach nur drei Jahren Ehe. Der Witwer Paul Ränkhel ehelichte daraufhin 1734 die Maria Magdalena Haderer aus Tattendorf - der Tod ereilte ihn 1741. Nun ehelichte Franz Anton Paur (1713-1772) ein Sohn des Badener Mühlbesitzers auf der Schäfflermühle Johannes Georg Paur im Jahre 1742 Maria Magdalena die Witwe nach Paul Ränkhl und wurde somit Besitzer. Für dreißig Jahre war jetzt einmal Schluss mit dem kurzzeitigen Besitzwechsel. Nun erhielt die Mühle im Wesentlichen ihr heutiges Aussehen. 1745 ließ Franz Anton Paur eine wunderschöne Stuckdecke in einer der Mühlenräumlichkeiten errichten die die „Mutter Gottes“ stehend auf der Erdkugel, welche eine Schlange umschloss und seine Initialen FAP einbauen. Aus der Ehe mit Maria Magdalena gingen 8 Kinder hervor und der älteste überlebende Sohn Johann Adam Paur (1748-1795) erbte 1776 nach dem Tod der Eltern die Mühlenanlage gemeinsam mit seiner Frau Josefa geb. Marksteiner.
Der erstgeborene Sohn Ignaz Paur (1778-1842) war der spätere Erfinder der „Wiener Hochmüllerei“ und kam 1778 in der Mühle zu Tattendorf auf die Welt. Seine Erfindung der doppelten Grießputzmaschine war die Voraussetzung für die industrielle Mehlproduktion.
Die Tochter Klara Schmid (1781-1844) ehelichte 1804 den Müllersohn Josef Paul Schmid (1778-1857) aus Oberliesing in der Tattendorfer Dorfkirche und wurde Dominikalmüllerin auf der Freimühle in Unterlanzendorf (heute Gut Fabricius) sowie Ahnherrin der Müllerfamilien Schmid und Polsterer.
Der zweite Sohn Ferdinand (1785-1814) heiratete in die Mühle Lichtenwörth ein, verstarb aber in jungen Jahren. Die Tochter Rosalia (1790-1870) heiratete den Müllermeister Georg Frank und wurde Mühlherrin auf der Rothmühle in Traiskirchen und der dritte und jüngste Sohn Leopold (1791-1855) übernahm in späteren Jahren die elterliche Mühle in Tattendorf. Die jüngste Tochter Anna Maria (1787-1833) ehelichte 1818 den Rotgerber Augustin Meiß in Leobersdorf.
1795 verstarb Johann Adam Paur und seine Witwe ehelichte Johann Frank, einen aus Thurndorf in Bayern stammenden Müllermeister mit dem diese aber keine Nachkommen hatte. Im Jahre 1800 brannte die Mühle durch Selbstentzündung ab, wurde aber wieder aufgebaut.
Nach dem Frieden von Pressburg mit Napoleon Ende 1805 hatten die Tattendorfer Bürger französische Besatzungstruppen aufzunehmen und zu verköstigen. 8.000 Soldaten und 1.600 Pferde wurden in Tattendorf einquartiert. Laut damaligen Aufzeichnungen hatte der Mühlenbesitzer Johann Frank den Hauptteil der Soldaten einzuquartieren: 440 Mann und 157 Pferde mussten in der Mühle beherbergt und verköstigt werden.
Nachdem Josefa Frank geb. Marksteiner 1816 verstarb, war der Müllermeister Johann Frank Alleinbesitzer der Mühle und 1823 übernahm sein Stiefsohn Leopold Paur mit Gattin Josefa geb. Fürst den Mühlenbetrieb. Im Zuge der Abschaffung der Lehenswirtschaft im Revolutionsjahr 1948 verkaufte Leopold 1849 die Mühle an Franz und Franziska Lettmüller die den Betrieb um 1874 an Ludwig Polsterer (1845-1906) verpachteten. Als Franz Lettmüller 1877 verstarb erbte seine Gattin Franziska dessen Hälfte und verkaufte den gesamten Betrieb an Johanna Polsterer (1840-1918), einer Schwester von Ludwig Polsterer. Johanna modernisierte den Mühlenbetrieb und ließ um 1898 die Mühlenräder abmontieren und durch eine Francis-Turbine, die Strom lieferte ersetzen. Die Familie Polsterer war neben der Tattendorfer Mühle im Laufe der Zeit auch Eigentümer der Rösselmühle in Enzersdorf an der Fischa und der Kunstmühle Unterwaltersdorf. 1918 verstarb die Mühleignerin Johanna Polsterer und deren Erben verpachteten den Betrieb an die „Landwirtschaftliche Genossenschaft Ebreichsdorf“, die die Mühle 1953 im Eigentum erwarb.
Die Mühle in Tattendorf diente ausschließlich der Lohnmüllerei und war voll ausgelastet. Die kostenlose Wasserkraft ermöglichte eine konkurrenzfähige Produktion gegenüber ausländischen Produkten und trug zur Dotierung des Reservefonds der „Landwirtschaftlichen Genossenschaft Ebreichsdorf“ bei. 1925 standen 7 Beschäftigte in Lohn und Brot und in den beiden Weltkriegen verbesserte diese die Ernährungssituation in Tattendorf. 1947 kam der Neubau einer großen Lagerhalle an der Teesdorfer Straße gelegen hinzu. Im Jahr 1961 kam das „Aus“ für den Mühlenbetrieb, die Mühle wurde aus betriebswirtschaftlichen Gründen geschlossen.
Josef und Annas Maria Dachauer kaufen 1985 die Mühle und eröffnete ein paar Jahre später darinnen das „Weingut in der Mühle“. Anfänglich wurde in den eigens dafür adaptierten Mühlenräumlichkeiten ein Heurigenlokal eingerichtet und erfreute sich großer Beliebtheit. Auch wurde von Josef Dachauer mit großer Liebe zum Detail ein Museum in der Mühle mit abwechselten Themen eingerichtet. Derzeit beherbergt die Mühle neben dem schon bestehenden Museum Fremdenzimmer und einen Biohofladen, der von Frau Dachauer mit viel Liebe geführt wird.