Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht

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Europaschutzgebiet in der Bregenzerachschlucht
Rafting im Europaschutzgebiet
Interessante Felsformation bei der Einmündung der Rothach in die Bregenzer Ache
Pegelmessstelle bei Kennelbach

Das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht (Natura-2000-Gebiet[1]) liegt in den Gemeinden Alberschwende, Bregenz, Buch, Doren, Kennelbach, Langen bei Bregenz und Wolfurt im Bezirk Bregenz in Vorarlberg.

Zweck des Europaschutzgebietes Bregenzerachschlucht ist der Schutz hier lebender gefährdeter wildlebender heimischer Pflanzen- und Tierarten und ihrer natürlichen Lebensräume sowie der Erhalt des Jahrhunderte alten Kulturlandes.

Rechtliche Grundlage

Normen

Das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht wurde gemäß § 26 und 35 Abs. 5 des Gesetzes über Naturschutz und Landschaftsentwicklung [2] durch eine einfache Verordnung der Landesregierung über das Europaschutzgebiet (Natura 2000 Gebiet) „Bregenzerachschlucht“ in Alberschwende, Bregenz, Buch, Doren, Kennelbach, Langen und Wolfurt ausgewiesen.[3] Bereits 1995 wurde das Gebiet teilweise unter Schutz gestellt.

Grundlage für die Unterschutzstellung 2018 als Europaschutzgebiet war die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie 92/43/EWG (FFH-Richtlinie) der Europäischen Union. Nach dieser Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie ist jedes Unionsmitgliedsland der EU ist verpflichtet, besondere Tier- und Pflanzenarten sowie Lebensräume zu schützen.

Verbote

Im Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht sind sehr umfangreiche Verbote in Kraft. Insbesondere ist es – mit Ausnahmen - verboten:

  • Veränderungen oder sonstigen Einwirkungen vorzunehmen, die geeignet sind den Schutzzweck erheblich zu beeinträchtigen, insbesondere
  • Anlagen wie Gebäude, Straßen, Wege, Brücken, Beleuchtungskörper, sonstige Befestigungen oder Sicherungen, Leitungen oder Einfriedungen zu errichten oder abzuändern; davon ausgenommen sind Anlagen, die der landwirtschaftlichen, forstlichen oder jagdlichen Bewirtschaftung dienen, nicht jedoch der Wegebau;
  • Geländeveränderungen vorzunehmen und Bodenbestandteile wegzunehmen, ausgenommen die händische Entnahme von Holz, Steinen, Sand und Kies aus dem Flussbett der Bregenzerach im Rahmen des Gemeingebrauchs;
  • Materialien zu lagern oder abzulagern, ausgenommen kurzfristige Lagerungen im Zuge der Nutzung land- und forstwirtschaftlicher Grundstücke;
  • nicht heimische Pflanzen durch Säen oder Anpflanzen einzubringen;
  • Pflanzen oder Pflanzenteile zu entfernen, ausgenommen Pflegemaßnahmen im Auftrag der Behörde im Zuge der Neophytenbekämpfung;
  • ohne zwingenden Grund Störungen durch Lärm, Licht oder auf sonstige Weise zu erregen;
  • Wohnmobile, Wohnwagen oder Zelte aufzustellen oder zu kampieren, sowie Abfälle zurückzulassen;
  • Uferbereiche, die zum Schutz von Wasservögeln zwischen Flusskilometer 8 und 14 im Zeitraum vom 1. April bis 15. Juli jeden Jahres gesperrt sind, zu betreten; die gesperrten Bereiche sind durch die Behörde mittels Hinweistafeln zu kennzeichnen.

Topografie und Hydrologie

Das Europaschutzgebiet Bregenzerach umfasst nur einen Teil der Bregenzerachschlucht. Der Begriff Bregenzerachschlucht ist räumlich in Bezug auf Beginn, Ende, Ausdehnung nicht genau definiert, auch nicht im Hinblick auf die historische, geologische und naturkundliche Ausdehnung. Ein Teil der Bregenzerachschlucht, etwa 1 Kilometer vor dem Bahnhof Doren in Richtung Flussmündung gesehen (= Gemeindegrenze Langen bei Bregenz/Doren/Alberschwende/Buch) bis zur Einmündung der Subersach bei Egg (etwa über sieben Kilometer Luftlinie) gehört auch zum grenzübergreifenden Naturpark Nagelfluhkette in den Allgäuer Alpen, zwischen der deutschen Region Allgäu und Vorarlberg. Rund zwei Kilometer sind gemeinsames Schutzgebiet des Naturparks Nagelfluhkette und des Europaschutzgebiets Bregenzerachschlucht.

Das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht beginnt auf der einen Seite in Kennelbach bzw. Wolfurt etwa bei Gewässerkilometer (GwKm) der Bregenzer Ache 6,73 und bezieht auf beiden Seiten auch noch etwa 100 bzw. 150 Meter davor liegenden Auwald in der Gemeinde Kennelbach und Wolfurt mit ein. Das Europaschutzgebiet hat die Bregenzer Ache als Mittelpunkt und in diesem Bereich etwa eine Breite von 300 Meter und liegt auf etwa 416 m ü. A. Welt-Icon47.4750489.766005

Das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht beginnt auf der anderen Seite in Langenegg bzw. Alberschwende etwa bei GwKm der Bregenzer Ache 16,85 und bezieht auf der südlichen Seite den Seitenspeicher Bozenau und den davor liegenden Auwald (nicht aber das Kraftwerk Alberschwende) ein. Auf der nördlichen Seite, Gemeindegebiet Doren, an der Grenze zu Lagenegg, bildet das Mittegerinne der Weißach den Beginn bzw. Abschluss des Europaschutzgebietes. Das Europaschutzgebiet hat auch hier die Bregenzer Ache als Mittelpunkt und in diesem Bereich etwa eine maximale Breite von 300 Meter und liegt auf etwa 461 m ü. A. Welt-Icon47.473339.85695

Das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht nimmt eine Fläche von 434,02 ha ein und liegt in einer Höhe von etwa 416 m ü. A. bis 620 m ü. A. Das Europaschutzgebiet ist rund zehn Kilometer lang (Luftlinie ca. sieben Kilometer) und von Osten nach Westen ausgerichtet. Es ist an der schmalsten Stelle, beim in der Nähe des Bozenauer Stegs (Bahnhof Doren der ehemaligen Bregenzerwaldbahn) etwa 170 Meter breit und an den breitesten Stellen etwa 800 bis 900 Meter breit.

Die Bregenzerach, welche die Schlucht gebildet hat, ist immer noch ein sehr dynamischer Fluss, der mit jedem Hochwasser sein Bett verändert. Im Durchschnitt fließen rund 46,5 m³ Wasser pro Sekunde ab (Wasserstand 142 cm beim Pegel Kennelbach), bei Spitzenhochwassern können auch bis zu 1350 m³/s abfließen (Wasserstand 575 cm beim Pegel Kennelbach).[4][5] Die Bregenzerach verursacht auch immer wieder Veränderungen im Uferbereich. So ist die Trasse der ehemaligen Bregenzerwaldbahn teilweise bereits stark beeinträchtigt.

Schutzzweck und -umfang

Gemäß § 2 der Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht hat die Unterschutzstellung folgende Zwecke:

  1. den günstigen Erhaltungszustand jener natürlichen Lebensräume und wildlebenden Tier- und Pflanzenarten im Schutzgebiet, die gemäß Z. 2 in der Rubrik „FFH-Schutzgebiete“ der Anlage zur Naturschutzverordnung, LGBl.Nr. 8/1998, in der Fassung LGBl.Nr. 36/2003 und Nr. 12/2007, für die Erklärung zum FFH-Schutzgebiet maßgeblich sind, zu bewahren bzw. wiederherzustellen;
  2. die einzigartige Schlucht- und Flusslandschaft in der montanen Höhenstufe in unmittelbarer Nähe zur Agglomeration Unteres Rheintal in ihrer weitgehenden Natürlichkeit zu bewahren;
  3. die Achtalschlucht in ihrer Eigenart und ihrem besonderen ästhetischen Reiz als wertvollen Naturerlebnisraum für die Bevölkerung zu sichern, insofern keine Verschlechterung der Schutzgüter zu erwarten ist.

Zulässig ist jedoch:

  • die Benützung, der Betrieb oder die Instandhaltung rechtmäßig bestehender Anlagen;
  • Einwirkungen, die sich aus der ordnungsgemäßen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung nach Maßgabe des Waldfachplanes, der jagdlichen oder fischereilichen Nutzung im Rahmen der jagd- bzw. fischereirechtlichen Vorschriften, oder aus dem naturschutzfachlichen Managementplan ergeben;
  • Einwirkungen, die mit notwendigen Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen der Anlagen Rotachbrücke, Rotachtunnel, Rickenbachtunnel und Rickenbachbrücke verbunden sind (ehemalige Bregenzerwaldbahn);
  • wasserbauliche Maßnahmen im Bereich der Bregenzerach, die im Interesse des Hochwasserschutzes oder im Interesse gewässerökologischer Maßnahmen zur Verbesserung oder Wiederherstellung des Fließgewässerkontinuums, insbesondere beim Wehr Kennelbach, notwendig sind;
  • kleinräumige, zeitlich befristete Einwirkungen im Einvernehmen mit dem Gebietsbetreuer.

Geschützt sind vor allem nach den Anhängen I und II der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie):[6]

  • prioritär die vorhandenen Auenwälder mit Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) und Gemeine Esche (Fraxinus excelsior) (Alno-Padion, Alnion incanae, Salicion albae);
  • prioritär die Schlucht- und Hangmischwälder Tilio-Acerion;
  • prioritär die Kalktuffquellen (Cratoneurion);
  • Waldmeister-Buchenwald (Asperulo-Fagetum);
  • mitteleuropäischer Orchideen-Kalk-Buchenwald (Cephalanthero-Fagion);
  • Frauenschuh (Cypripedium calceolus);
  • Gelbbauchunke (Bombina variegata);
  • Koppe bzw. Groppe (Cottus gobio)
  • alpine Flüsse und ihre krautige Ufervegetation
  • alpine Flüsse und ihre Ufergehölze mit Salix eleagnos

Weitere bemerkenswerte Arten sind z. B. der Weißrückenspecht (Dendrocopos leucotos) und der Schwarzspecht (Dryocopus martius).[5]

Nutzung

Die Bregenzerwaldbahn 1979 in Fahrrichtung Bregenz in der Bregenzerachschlucht
Zerstörtes Hangbrückenbauwerk der Bregenzerwaldbahn

Aktuell

Das Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht wird derzeit noch geringfügig touristisch genutzt (Wandern, Rafting). Nach wie vor wird das Schutzgebiet auch landwirtschaftlich genutzt. Die Bregenzerach ist durch die Kraftwerksnutzung stark beeinflusst (siehe: Seitenspeicher Bozenau, Kraftwerk Alberschwende, Kraftwerk Langenegg etc.).

Auf einem Teil der Strecke der ehemaligen Bregenzerwaldbahn, vom Rotachtunnel/Rotachbrücke (Doren) bis nach Egg, in der Bregenzerachschlucht, wurde 2012 bis 2014 mit wesentlicher Unterstützung durch die Europäischen Union (Interreg IV) um 4,1 Millionen Euro ein Wander- und Fahrradweg, der Achtalweg, angelegt. Da dieser Weg der ehemaligen Bahnanlage folgt, weißt er nur ein sehr geringes Gefälle/Steigung auf. Dieser Weg ist rund zehn Kilometer lang und führt von der Gemeinde Doren über Lingenauer und Langenegger Gemeindegebiet nach Egg entlang der Bregenzerach. Die Veränderung der Bregenzerachschlucht und des Bachbettes kann dabei gut beobachtet werden. Die Reste der Bahnanlage sind entlang dieses Weges ebenfalls gut erkennbar.[7]

Frühere Nutzung

Die Reste der früheren Bregenzerwaldbahn (1902 bis 1980) sind entlang des Europaschutzgebietes noch gut zu erkennen. Bei den Tunnel und Brücken besteht jedoch im Bereich von Kennelbach bis Doren (inkl. Rotachtunnel und Rotachbrücke) Betretungsverbot. Auch die ehemalige Kohle-Verladestelle beim Wirtatobel ist noch gut erkennbar.

Von der in der Bregenzerach über Jahrhunderte durchgeführten Holz-Trift sind heute kaum mehr Spuren vorhanden. Einige wenige Parzellenbezeichnungen erinnern noch daran (siehe auch: Holztrift (Bregenzerach)).

Weblinks

 Europaschutzgebiet Bregenzerachschlucht – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. Kennziffer: AT3404000. Siehe: AT3404000.
  2. LGBl.Nr. 22/1997.
  3. LGBl. 43/2008.
  4. Siehe Informationstafel am Pegel Kennelbach.
  5. 5,0 5,1 Bregenzerachschlucht.
  6. Siehe Pkt. 2 (FFH-Schutzgebiete) in der Vorarlberger Naturschutzverordnung, LGBl.Nr. 36/2003.
  7. Siehe Informationstafel beim ehemaligen Bahnhof Doren.

47.49269.8222Koordinaten: 47° 29′ 33″ N, 9° 49′ 20″ O