Richtstätte Lustenau

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Die Richtstätte in Lustenau (auch: Richtplatz oder Richtstatt)[1] war früher der Ort, an dem Verurteilte aus dem freien Reichshof Lustenau in Vorarlberg hingerichtet wurden.[2]

Ob, wie z.B. in Wien (siehe Wiener Hinrichtungsstätten), Hinrichtungen zur Abschreckung manchmal auch direkt am Tatort stattfanden, ist im Reichshof Lustenau nicht überliefert

Lage

Die Richtstätte in Lustenau war in der Parzelle Galgenfeld (401 m ü. A.) in der dem Reichshof zugehörigen Siedlung Hag in der Nähe des alten ÖBB-Bahnhofs. Es war dies die letzte und kleinste und abgelegenste Siedlungseinheit Lustenaus, durch die dennoch eine wichtige Verkehrsverbindung Richtung Höchst, Hard und Fußach führte. Es erinnert heute keine Inschrift oder ein Mahnmal an diesen Ort und dessen Bedeutung.

Recht zur Ausübung der Blutgerichtsbarkeit

Die Herren von Hohenems übten das Recht zur Tötung von Personen (Blutgerichtsbarkeit) grundsätzlich aufgrund des Besitzes des Reichshofes seit 1395 aus.

Unter Umständen blieb die Leiche eines Getöteten zur Abschreckung jahrelang am Galgen hängen.[3][4] Hingerichtete wurden in ungeweihter Erde begraben, oft direkt in der näheren Umgebung des Galgen. Die ausdrückliche Anordnung der Vergrabung der Hingerichteten beim Galgen oder einer vorher bestimmten Stelle bzw. der Asche von Hingerichteten, wie dies z. B. auch in Hohenems bei der dortigen Richtstätte überliefert ist, hängt auch mit der angeblich starken magischen Wirkung zusammen, die mit deren Überresten verbunden sein sollten.[5]

Wie bei vielen Richtstätten liegt die Entstehungsgeschichte auch im Reichshof Lustenau im Dunkeln und sind die ersten dort vorgenommenen Hinrichtungen in keinen Quellen verzeichnet. Wie viele Todesurteile hier vollstreckt wurden, ist daher unbekannt.

Galgen

Dreischläfriger Galgen in Beerfelden (Deutschland)

Der Galgen im Reichshof Lustenau war ein sogenannter dreischläfriger Galgen. Dabei wurden Drei Säulen so aufgestellt, dass sie die Eckpunkte eines ungefähr gleichseitigen Dreiecks bildeten. Diese Säulen trugen drei im Dreieck angeordnete Querbalken.[3]

1862 fielen zwei der drei Querbalken verfault herunter. Das Oberamt in Hohenems ordnete sofort die Wiederherstellung an, obwohl die letzte Hinrichtung an diesem Galgen 1737 bzw. 1749 waren, also mehr als 100 Jahre zurücklagen. Ein solcher Galgen galt als Zeichen der Herrschaftsgewalt und diente auch zur Abschreckung.[3]

Scharfrichter

In Bregenz ist Mitte des 16. Jahrhunderts erstmals ein eigener Scharfrichter belegt, Meister Mathis Pflug. Er war für die österreichische Herrschaften vor dem Arlberg zuständig, in den ersten Jahrzehnten auch noch für die Grafschaft Vaduz und für Churrätien, und im reichsunmittelbaren Gebiet Hohenems. Erst 1649 wurde in Hohenems ein eigener Henker angestellt. Dieser war für Hohenems, Lustenau und zeitweise auch für Feldkirch zuständig. Es wurde auch vermutet, dass die Anstellung eigener Scharfrichter in Bregenz und in Hohenems mit der ersten Welle der lokalen Hexenverfolgungen in Zusammenhang stehen könnte.[6]

Sagen

Überliefert ist die Sage vom Galliküng (Gallus Küng), einem berüchtigten Gesetzesbrecher aus Lustenau. Er soll als Straßenräuber sein Unwesen vor allem in Lustenau getrieben haben. Nachdem er verhaftet wurde, konnten ihm keine Straftaten nachgewiesen werden und der Graf von Hohenems ordnete ein Gottesurteil an. Der Angeklagte musste sich breitbeinig auf einen Räderpflug stellen und von der Lustenauer Kirche bis zur Achbrücke fahren. Diese qualvolle Prüfung habe zuvor noch keiner bestanden. Auch der Galliküng scheiterte kurz vor dem Ziel und wurde auf dem Galgenfeld gehängt.[7][8]

Einzelnachweise

  1. Duden online: Richtstätte und Richtplatz
  2. Die Begriffe Richtstätte etc. standen früher auch für den Ort, an dem Gericht gehalten wurde. Siehe zum Beispiel Historisches Lexikon der Schweiz, Artikel Richtstätte; Grimms Deutsches Wörterbuch, Artikel Richtplatz; Wörterbuch von Adelung (1793), Artikel Richtplatz
  3. 3,0 3,1 3,2 Das „Galgenfeld“ sollte vor allem abschrecken, Vorarlberger Nachrichten vom 30. Oktober 2020, S. B3.
  4. Peter Schuster, „Verbrechen, Opfer, Heilige“, „Die Geschichte des Tötens 1200-1700“, Stuttgart 2015, Klett-Cotta, ISBN 978-3-608-94845-5.
  5. Siehe für die Hexenverbrennungen: Bendedikt Bilgeri: Vorarlberger Volksglaube in der schriftlichen Überlieferung. 1954, S. 1.
  6. Scharfrichter in „Vorarlberg Chronik“.
  7. Galliküng Lustenau.
  8. Galliküng, Webseite: sagen.at.

47.4469619.663346Koordinaten: 47° 26′ 49″ N, 9° 39′ 48″ O