Bödeledütsch
Als Bödeledütsch (hdt.: Bödeledeutsch bzw. Bödele-Deutsch) wird eine Sprechweise der deutschen Sprache, die eine Gruppe von Personen in Vorarlberg im Bereich der Gemeinde Dornbirn spricht und die eine Mischung zwischen den Dialekten der Sprecher und dem Standarddeutschen (Hochdeutsch) darstellt, bezeichnet. Im Allgemeinen wird es als positives oder negatives Abgrenzungskriterium gesehen, je nachdem, ob ein Sprecher dieser Gruppe angehört (angehören will) oder nicht.
Name
Der Name Bödeledütsch leitet sich im ersten Wortteil vom Bödele ab, einem Gebiet oberhalb von Dornbirn, jedoch in der Gemeinde Schwarzenberg im Bregenzerwald gelegen, die ab dem Ende des 19. Jahrhunderts vor allem aus dem Dornbirner Raum als Wochenend-, Urlaubs- und Erholungsgebiet für die begüterte Mittel- und vor allem Oberschicht entdeckt wurde. Das Sprachgebiet des Bödeledeutschen umfasst die Alpe Oberlose und die Alpe Hochälpele sowie den Geißkopf.
Dütsch ist die regionale Variante für Deutsch.
Sprechweise und Sprechergruppe
Für das Bödeledütsch gibt es keine einheitliche Sprechweise und ist diese nicht auf einen bestimmten Raum oder Gruppe/Gesellschaftsschicht begrenzt, weswegen dies wohl nicht als Gruppensprache (Soziolekt im engeren Sinne) angesehen werden kann. Da das Bödeledütsch teilweise gemeinschaftsstiftend ist, kann es unter Umständen als Sondersprache betrachtet werden, obwohl es keine homogene oder eng definierbare Sprechergruppe gibt (Soziolekt im weiteren Sinne). Die Sprechweise zählt jedenfalls (auch) zum Hochalemannischen.
Bödeledütsch ist hauptsächlich eine gesprochene Ausdrucksform, zu der bislang keine vertiefende Literatur existiert.[1][2] Eine einheitliche Rechtschreibung gibt es nicht, diese lehnt sich an das Standarddeutsch und das Vorarlbergerische (meist Dornbirner Dialekt) an, soweit diese verschriftlicht wird. Das Verb ist im Dornbirner Dialekt: bödala
Beispiel
- im Dialekt: er bödalat,
- Bödeledütsch: er tut Bödeledeutsch reden,
- Standardsprache: er spricht Bödeledeutsch).
Beim Bödeledütsch werden z. B. überwiegend Lanvokale und Diphthonge oft durch standardsprachliche Varianten ersetzt, auslautendes n wird ausgesprochen während unbetontes e in Nebensilben wegfällt (z. B. fahrn statt fahren, schööns statt schönes haben).[3]
Beispiel
- Dialekt: i goo oo / i gang oo,
- Bödeledütsch: i gehe au / i geh au,
- Standardsprache: ich gehe auch.
Entstehung
Ursache
Die Ursache für die Entstehung des Bödeledeutsch liegt (vermutlich) in drei Hauptfaktoren:
- Abgrenzung zu anderen, „normalen“ dialektsprechenden Gruppen,
- (vermeintlich) bessere Verständlichkeit für Nichtvorarlberger,
- Mischehen zwischen eingesessenen Vorarlbergern (Dialektsprechern) und Zugezogenen,
Entstehungszeit
Eine genaue Entstehungszeit des Bödeledütsch ist nicht bekannt. Die Sprechweise hat sich allmählich seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts herausgebildet.
Ähnliche Sprachgruppen
Ähnliche Soziolekt im weiteren Sinne finden sich in Vorarlberg noch mehrere:
- in Feldkirch ist das Ganahldütsch (bezugnehmend auf die Familie und das Unternehmen Ganahl), * in Feldkirch und Frastanz das Getznerdütsch (bezugnehmend auf die Familie und das Unternehmen Getzner) oder
- in Bregenz das Pfänderdütsch (bezugnehmend auf den Pfänderhang, einen Wohnort in Lochau und Bregenz begüterter Bürger vor allem aus Bregenz) bekannt.
Auch in anderen Zusammenhängen sind solche Sprechweisen bzw. Soziolekt im weiteren Sinne bekannt bzw. benannt, z. B. das
- Kaiserjägerdeutsch (Sprechweise bei den Kaiserjägern),
- Patrizier-Berndeutsch in der Schweiz im Kanton Bern,
- Ottakringerdeutsch im 16. Wiener Gemeindebezirk.
Literatur
- Nikola Langreiter, Petra Zudrell (Hrsg.): Wem gehört das Bödele, Beitrag von Simone Berchtold und Oliver Schallert: Bödeledütsch – Einem Phantom auf der Spur, S. 124 ff.
- Eugen Gabriel, Hubert Klausmann: Vorarlberger Sprachatlas mit Einschluß des Fürstentums Liechtenstein, Westtirols und des Allgäus, Band 2, Bregenz 1985.
- Monika Dlugokecki: Der Stellenwert des Dialekts in den Vorarlberger Medien, Diplomarbeit, Innsbruck 2008.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Andrea Ender; Irmtraud Kaiser: Zum Stellenwert von Dialekt und Standard im österreichischen und Schweizer Alltag, in Zeitschrift für germanistische Linguistik, 37. Jahrgang, Heft 2, S. 271.
- ↑ Jahrbuch des Historischen Vereins für das Fürstentum Liechtenstein (HVFL), Band 95, Vaduz 1998.
- ↑ Simone Berchtold und Oliver Schallert: Bödeledütsch – Einem Phantom auf der Spur, S. 132.