Tursen

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Die Tursen oder Tursones waren eine im heutigen Niederösterreich ansässige Ministerialenfamilien[A 1], die sich in mehrere Familienzweige aufspaltete. Anders als die Kuenringer oder Maissauer zählten sie nicht zur Führungsspitze dieser Adelsgruppe, haben politisch fast keine Spuren hinterlassen und sind daher überwiegend in den sogenannten Privaturkunden dokumentiert.[1] Als frühere Besitzer der Burgen Rauheneck, Lichtenfels und Rauhenstein und in der Welt der Sage und Legende sind sie allerdings heute doch noch halbwegs bekannt.

Herkunft

Die Herkunft der Tursen wurde im 19. Jahrhundert auf einen Stammvater mit Namen Turso zurückgeführt, der ein Zeitgenossen von Kaiser Karl dem Großen gewesen sein soll, aber historisch nicht belegt ist.[2] Zu Beginn des 12. Jahrhunderts führten die Ministerialen außer ihren Vornamen gewöhnlich eine weitere Bezeichnung, die sich häufig auf ihre Stammherrschaft oder auch den Wohnsitz bezog. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts tauchen dann zusätzlich bei mehreren Familien Beiname auf. Turse oder Tursin dürfte ursprünglich ein solcher Beiname gewesen sein. In der Etymologie bezeichnet Turse einerseits einen kühnen und tapferen Helden, aber auch einen Riesen. In einem Gedicht des "Strickers" (zwischen 1260 und 1290), in welchem der vom Landesfürsten getragene Prozess der Territorialisierung erläutert wird, findet sich das Wort "Turs" als Synonym für einen Menschenfresser. Da von den ersten Tursen weder besondere Heldentaten noch Kannibalismus überliefert ist, könnte der Beiname vielleicht eine Anspielung auf ihre Körpergröße gewesen sein.[3] Auffallend ist, dass von jenen Familienmitgliedern, die dem Klerikerstand angehörten, nicht mehr überliefert ist, als dass sie den Namen Turse oder Tursin selbst geführt haben.[4]

Geschichte

Als Turs wird erstmals in einer Urkunde, die Herzog Leopold (VI.) "der Glorreiche" für das Stift Heiligenkreuz ausstellte, Otto (II.), Herr von Rauhenstein, bezeichnet.[5] Dieser Beiname wurde bald von allen Familienzweigen der Familie übernommen.[6]

Familienzweige der Tursen

  • Tursen von Rauheneck: Sie erwarben später große Besitzungen im Weinviertel und nannten sich zeitweise nach Asparn an der Zaya.[4]
  • Tursen von Rauhenstein: Nach Rauhenstein benannte sich erstmals Albero von Rauhenstein, der Sohn von Albero von Rauheneck und Enkel von Hartung von Rauheneck[7]
  • Tursen von Lichtenfels: Dieser im Waldviertel ansässige Familienzweig wurde von Hugo Turs von Lichtenfels begründet. Fast 100 Jahre zählten er und seine Nachkommen zu den Förderern des Stiftes Zwettl. 1335 wurde die Burg Lichtenfels verkauft. Möglicherweise waren der wenig später belegte Turse von Krumbach und die im Weinviertel ansässigen Tursen von Sunnberg Nachfahren dieses Familienzweiges.[4]

Bekannte Mitglieder der Familie

  • Hartung von Rauheneck (genannt um 1137), gilt als Begründer der Herren von Rauheneck, der späteren Tursen von Rauheneck
  • Albero von Rauhenstein, Enkel des Vorherigen, gilt als Begründer der Herren von Rauhenstein, der späteren Tursen von Rauhenstein
  • Hugo von Lichtenfels († 1294), Begründer der Tursen von Lichtenfels
  • Wilhelm Turs gilt als das letzte Mitglied aus dem Familienzweig der Tursen von Rauheneck. Er war Dompropst von St. Stephan.[8]

Die Tursen in der Welt der Sage und Legenden

Literatur

  • Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels. Geschichte und Genealogie eines niederösterreichischen Ministerialengeschleches. (Ungedruckte) Dissertation, Wien, 1981

Weblinks

Einzelnachweise

  1. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, siehe Einleitung
  2. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 4
  3. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 9 und S. 10ff.
  4. 4,0 4,1 4,2 vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 13
  5. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 9f.
  6. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 10
  7. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 7
  8. vgl. Anna Maria Sigmund: Die Tursen von Lichtenfels, 1981, S. 14

Anmerkungen

  1. Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.