Kartause Aggsbach

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Die ehemalige Kartause Aggsbach, aufgenommen von der Südseite
Die ehemalige Kartause Aggsbach, aufgenommen von der Ostseite
überaus beeindruckend, die lange Mauer, welche die Kartause noch heute umgibt

Die Kartause Aggsbach (gegründet im 14. Jahrhundert, um 1380) befindet sich in der Wachau. Sie gehört zu den drei im heutigen Bundesland Niederösterreich gelegenen ehemaligen Kartausen, welche im 14. Jahrhundert gegründet und unter Kaiser Joseph II. aufgehoben wurden. Im Unterschied zu den beiden anderen Kartausen wurde sie von der Familie der Maissauer, einer Landherrenfamilie, gegründet. Heute wird sie als Pfarrkirche, kulturelles Zentrum und Museum genutzt.

Die Kartause

Die frühere Kartause Aggsbach befindet sich in Aggsbach Dorf (Teil der Gemeinde Schönbühel-Aggsbach). Sie wurde von ca. 1776-1393 in einer Waldschlucht des Aggsbachtales erbaut.[1] Dieses Tal, das nach dem Aggsbach benannt ist, zählt zu den rechten Seitentälern der Donau. Es gehörte ursprünglich zum Herzogtum Österreich, war aber ein Lehen des bairischen Herzogtums.[2] Der Ort war zwar für das Stifterpaar vorteilhaft, nicht aber für die Kartause.[3]

Die frühere Klosterkirche und jetzige Pfarrkirche ist eine Marienkirche und heute der "Heiligen Mariä Himmelfahrt" geweiht.[4] Ursprünglich war sie Maria, allen Heiligen und Johannes dem Täufer geweiht und hatte den Namen "Porta beatae Maria" beziehungsweise "unser frawen porten". Die Mariendarstellung auf dem Gewölbeschlussstein im Chor verweist auf die jungfräuliche Maria als Mutter Jesu. Erst im 15. und 16. Jahrhundert wurde er auf die Himmelfahrt Mariens bezogen.[5] Für die Mal- und Glasarbeiten, mit welchen die Kirche ausgestaltet wurde, waren Handwerker aus Passau beauftragt.[6] Am 12. Februar 1385 wurden im Langhaus der Kirche zwei Altäre geweiht.[7]

Die Klosteranlage bestand aus zwei gotischen Kreuzgängen, dem Kapitelhaus, zu dem eine Bibliothek und ein Archiv gehörten und dem Zellengang, über den die zweistöckigen Eremitenhäusern zu erreichen waren. Ursprünglich für 13 Zellen ausgelegt, wurde ihre Anzahl 1389 auf 15 erhöht. Jede Zelle besaß einen kleine Garten, den der Mönch, der die Zelle bewohnte, zu bebauen hatte. Die Nachbarzelle war durch eine Mauer von seiner abgetrennt. Der kleinere Kreuzgang führte zur Sakristei, und über diese konnte die Kirche betreten werden, die zunächst Maria, allen Heiligen und Johannes dem Täufer geweiht war.[7]

In der Kirche finden sich mehrere Hinweise auf die Stifterfamilie. Beim Eingang in die Kirche findet sich das Wappen der Maissauer, das ein springendes Einhorn zeigt. Hinter diesem sind symbolische Darstellungen wie der Pelikan, der seine Brust aufreißt, der Löwe, der Phönix und ein weiteres Einhorn sowie eine Muttergottes am Ende des Chors.[7] Im Chor finden sich die Gräber des Stifterpaares und die ihrer Söhne Georg und Hans (IV.) von Maissau. Erhalten sind die Grabsteine von Heidenreich von Maissau, seine Ehefrau Anna von Kuenring und seines ältesten Sohnes Leopold, außerdem die Grabsteine seines Cousins Otto (IV.) und von dessen Ehefrau Agnes.[8]


Geschichte

Die Stiftung

Die Kartause Aggsbach wurde in den 1370er-Jahren von einer Landherrenfamilie des Herzogtums Österreich, den Maissauern, gegründet. Das Gründerpaar, Heidenreich von Maissau († um 1381), der Landmarschall des Herzogtums Österreich, und seine Ehefrau Anna von Kuenring († um 1385), zählte zum Zeitpunkt der Gründung zu den reichsten Adeligen im Herzogtum Österreich. Mit der Stiftung einer Kartause als neues Hauskloster und Grablege für die Familie, welche das bisherige Hauskloster, das Zisterzienserinnenstift St. Bernhard (heute Teil der Gemeinde St. Bernhard-Frauenhofen), ablösen würde, verfolgte das Ehepaar mit seiner Stiftung verschiedene Ziele. Neben der Sorge um das Seelenheil und dem Wunsch nach einer der errungenen Position angemessenen Grablege, welche die "Memoria" des Stifterpaares und seiner Familie für die Nachwelt erhalten sollten, dürfte auch wirtschaftliche und politische Gründung hinter dieser Stiftung gesteckt haben.[9] Für die Bewahrung der "Memoria" waren die Kartäuser (OCart), die im 14. Jahrhundert ihren Höhepunkt erlebten, der ideale Orden gewesen sein. Als ein sehr strenger Orden widmeten sie sich ausschließlich dem komplementären Leben. Ihre Aufgaben waren das und die Askese, daneben spezialisierten sie sich auf wissenschaftliche Bildung. Landwirtschaftliche Arbeit und auf Ertrag ausgerichtete Tätigkeiten zählten nicht zu ihren Aufgabe. Das hatte zur Folge, dass ein Kartäuserkloster, um seine Mönche versorgen zu können, auf relativ viel Besitz angewiesen war. Ein Kartäuserkloster benötigte somit großzügige und vermögende Stifterinnen und Stifter. Seine Gegenleistung bestand darin, das Gedächtnis von diesen mit Fürbitten, Gedenktagen und Gebeten nicht nur im Kloster, sondern im ganzen Orden aufrecht gehalten wurde.[10] Daneben war die Stiftung eines Kartäuserklosters aber auch war eine relativ kostspielige Angelegenheit, die sich nicht jede Klosterstifterin beziehungsweise jeder Klosterstifter leisten konnten. Insofern überrascht es nicht, dass Kartäuserkloster gewöhnlich von bedeutenden oder reichen Herrscherfamilien gestiftet wurden, wie zum Beispiel den Herzögen von Burgund und den Visconti von Mailand. Die beiden Kartausen von Mauerbach (gestiftet um 1314) und Gaming (gestiftet um 1330), die bisher im Herzogtum Österreich gestiftet worden waren, waren nicht zufällig landesfürstliche Stiftungen gewesen. Das Stifterehepaar war reich genug, um sich ein Kartäuserkloster leisten zu können und durchbrach mit seiner Stiftung eine Domäne, die bisher im Herzogtum ausschließlich den Habsburgern als Landesfürsten vorbehalten gewesen war.[11]

Nach einer Eintragung im Aggsbacher Archivkatalog dürfte die Grundsteinlegung des Klosters 1373 stattgefunden haben. Der Stiftungsbrief wurde aber erst am 13. Jänner 1380 ausgestellt. Zwar dürfte die Kirche zu diesem Zeitpunkt noch im Bau gewesen sein, aber da sicher bereits Teile fertig waren, könnte der Anlass für die Ausstellung dieses Dokumentes vielleicht der Einzug der Mönche gewesen sein. Zumindest wird am 5. März 1380 erstmals ein Prior genannt, was auf die Existenz eines bereits bestehenden Konvents verweist.[12] Für die Anlage der Kartause wurde ein Gebiet gewählt, welches in der Herrschaft Wolfstein lag, die Heidenreich von Maissau von den bairischen Herzögen zu Lehen besaß und die nach dem Aussterben des Dürnsteiner Zweiges der Familie der Kuenringer in den Besitz des Stifterpaares gekommen war.<ref">vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 282 und S. 284</ref> Mit der Wahl dieses Baugrundes dürfe Heidenreich von Maissau versucht haben, seinen Einfluss in diesem Gebiet abzusichern. Die Beteiligung seiner Ehefrau Anna als Mitstifterin betonte die Kontinuität zu den früheren Besitzern, den Kuenringern. Den realen Machtverhältnissen trug er insofern Rechnung, als er sowohl die österreichischen, als auch die bairischen Herzöge in seine Stiftung einbezog.[13]

Mit dem Bau der Klosterkirche wurde 1376 begonnen, der Bau der Kartause war spätestens 1393 abgeschlossen.[14] Die päpstliche Anerkennung der Stiftung, dessen Genehmigung zur Inkorporation und zur Stiftung der Kartause, erfolgte erst 1388 unter Papst Urban VI..[2] Schuld daran, dürften der Tod des Stifters, der bald nach der Ausstellung des Stiftungsbriefes erfolgte, der Beginn des Abendländischen Schismas und ein Passauer Bistumsstreit gewesen sein. Durch das Eingreifen anderer Familienmitglieder der Maissauer konnte die Kartause Aggsbach dann doch in der vorgeschriebener Weise ausgestattet werden.[15] In der Urkunde zur päpstlichen Anerkennung dieser ist ausdrücklich vermerkt, dass die bairische Herzöge als Besitzer des Grundes und Lehensträger keine Zustimmung zu dieser Stiftung gegeben hätten. Es existiert aber eine Urkunde aus dem Jahr 1376, nach welcher Kurfürst Otto (V.) von Brandenburg († 1413) und seine Neffen, die bairischen Herzöge Stephan (III.) "der Kneißel" († 1413), Friedrich "der Weise" († 1393) und Johann (II.) († 1397) als Lehnsherren auf ihre Ansprüche an dem Lehen zu Gunsten des gestifteten Klosters verzichtet hatten, wenn gleich dabei unklar bleibt, ob dieser Verzicht nur für sie und ihre Vorfahren Gültigkeit besaß oder auch für ihre Nachfahren. Nach dieser Urkunde wurde diese dem Kloster übereignet. Ebenfalls unklar ist, ob sie dafür in irgendeiner Form eine Entschädigung erhalten haben. Diese Unstimmigkeiten deuten daraufhin, dass die Stiftung keineswegs problemlos durchgeführt wurde.[2] Wenig später demonstrierte der österreichische Landesfürst ebenfalls seine Machtposition. Bald nach der Ausstellung des Stifterbriefes befreite Herzog Albrecht (III.) von Österreich ("Albrecht mit dem Zopfe") die Kartause von der herzoglichen Landgerichtsbarkeit mit Ausnahme der Blutsgerichtsbarkeit und von Mauten und Zöllen für den Eigenbedarf. Er stiftete für sie Gülten zu Seiterndorf und Salz aus Hallstatt.[3] Die Obervogtei behielt er sich selbst vor, erlaubte aber dem Kloster, sich ihren Vogt selbst wählen zu dürfen. Auch der Stifter Heidenreich von Maissau überließ die Wahl des Vogtes dem Stift.[16] Im Unterschied zur Kartause Gaming erhielt die Kartause Aggsbach nur das Präsentationsrecht und nicht das Einsetzungsrecht. Dieses behielt der Bischof von Passau.[6]

Die Dotierung der Stiftung erfolgte mit Lehen, welche Heidenreich von Maissau und Anna von Kuenring durch die bairischen und die österreichischen Herzöge verliehen worden waren und aus Eigengütern der Maissauer. Der Großteil dieser Güter stammte aus dem Erbe der Kuenringer.ref name="Rigele285">vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 285</ref> 1388 schenkten Hans (IV.) und Georg (I.) von Maissau, die Söhne des Stifterpaares, dem Stift die benachbarte Pfarre Gerolding mit Vogtei, welche diesem mit päpstlicher Zustimmung inkorporiert wurde. Diese Pfarre hatten die Brüder 1384 durch einen Tausch gegen die Pfarre von Schönberg am Kamp mit Vogtei, einem Kirchenlehen des Hochstiftes Passau, erworben.[17]

Die Kartause bis zur Aufhebung

Von Dezember 1385 bis 1387 war Michael von Prag († 1401) Prior der Kartause Aggsbach.[18]

Bis zu seiner Aufhebung war die Kartause im Besitz mehrere im heutigen Niederösterreich gelegener Herrschaften wie Purgstall, Seiterndorf, Großmugl, Külb, Kühbach und Strohdorf (heute Teil der Gemeinde Bischofstetten) – 1723 waren es insgesamt zwölf.[19]

Als Folge der Kirchenreform unter Kaiser Joseph II. wurde die Kartause Aggsbach 1782 zusammen mit den beiden anderen im heutigen Niederösterreich gelegenen Kartausen aufgehoben.

Die Kartause Aggsbach nach der Aufhebung

Die Klosterkirche der Kartause wurde 1784 zur Pfarrkirche umfunktioniert und Sitz der Pfarre Aggsbach Dorf, welche für die Betreuung der Orte Aggsbach Dorf, Aggstein und Wolfstein zuständig ist. Heute ist sie dem Dekanat Göttweig im Bistum St. Pölten unterstellt.[4] In der früheren Klosteranlage ist ein Museum untergebracht, dessen Thema die Geschichte der Kartause Aggsbach und der Kartäuser ist. Außerdem kann eine frühere Kartäuserzelle des Klosters dort als Schauzelle besichtigt werden. In der Anlage der Kartause gibt es heute einen "Meditationsgarten".[20]

Umgebung der Kartause

Im Ort Aggsbach Dorf befinden sich in der Nähe der früheren Kartause die Hammerschmiede Pehn und das Mineralienzentrum Steinstadel, die in einem früheren Wirtschaftsgebäude des Klosters untergebracht sind.[21]

Literatur

  • Brigitte Rigele: Die Maissauer. Landherren im Schatten der Kuenringer. (Ungedruckte) Dissertation, Universität Wien, 1990

Weblinks

 Kartause Aggsbach – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 282 und S. 288
  2. 2,0 2,1 2,2 vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 282
  3. 3,0 3,1 vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 283
  4. 4,0 4,1 vgl. Pfarre Aggsbach Dorf, Pfarre.Aggsbachdorf.AT, abgerufen am 15. August 2021
  5. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 285 und S. 259
  6. 6,0 6,1 vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 288
  7. 7,0 7,1 7,2 vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 289
  8. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 290
  9. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 280
  10. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 280f.
  11. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 281
  12. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 281, S. 282f., S. 285 und S. 286
  13. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 284
  14. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 282 und S. 288
  15. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 286
  16. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 283 und 285
  17. vgl. Brigitte Rigele: Die Maissauer, 1990, S. 287
  18. vgl. Michael von Prag, App.Uni-Regensburg.DE, abgerufen am 15. August 2021
  19. Haus-, Hof- und Staatsarchiv, Klosterakten Aggsbach Karton 7, Blatt 117.
  20. vgl. Tickets, Kartause-Aggsbach.AT, abgerufen am 15. August 2021
  21. vgl. Christines Blog, Christine.Aggsbachdorf.AT, abgerufen am 15. August 2021