Zeitzeugen
Im Rahmen des Geschichtsprojektes "Rodaun Heritage" wurden zahlreiche Video-Interviews mit Menschen geführt, die einen wichtigen Teil ihres Lebens in Rodaun verbracht haben. Persönliche Erinnerungen (oral history) aus diesen Gesprächen werden hier dokumentiert.
Gertrude Djumovic (geb. Schultes / verh. Knoll)
(* 5. 22. Mai 1920 in Rodaun)
Videointerview am 29.3.2017
Das Interview mit Frau Djumovic führte Marcus Marschalek
"Die Mama war im Elternhaus in der Bäckerei Schultes am Hauptplatz in Rodaun (Hochstraße 2). Der Papa war bei Schöller-Bleckmann, das war eine Firma, eine Eisenfirma glaube ich. Wir haben immer ein Kindermädchen gehabt. Mein Bruder ist vier Jahre jünger gewesen wie ich und bis zu meinem sechsten Jahr, bin ich dauernd unter Aufsicht gewesen. Es war eine ältere Kinderfrau zur Betreuung von der Mama eingeteilt, hier im Haus. Wir waren sehr verschreckt, mein Bruder überhaupt, ich auch. Bis auf einmal, Irgendetwas hat ihr nicht gepasst, oben in der Wohnung, da haut die mir eine rein. Ich fliege hinaus an die Wand. Das war dann das Ende meiner Kindheit.
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Der Papa war zufällig - wir haben die ganze obere Wohnung gehabt - zufällig einmal zuhause, oder hatte Heimarbeit, das weiß ich nicht, ich war ja ein Kind. Ich bin hinein gerannt, brüllend zum Papa. Der Papa an Ort und Stelle - wahrscheinlich hat er das gleich gesehen - an Ort und Stelle hat diese Frau rausgeschmissen. Nehmen sie ihr Klumpert und verschwinden sie von meiner Wohnung. Und was er ihr noch gesagt hat weiß ich nicht, ich war ja noch ein Kind. Von damals an war es für mich dann schön.
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Ich bin dauernd dann bei der Großmutter oben gewesen in der Bäckerei, a junges Mädchen haben's dann genommen, statt der Alten. Jedenfalls war meine Mutter sehr ungehalten, dass der Papa das gemacht hat, die rausgeschmissen hat. Sie sagte, schließlich sei sie ja ich dazu da. Was ihr der Papa gesagt hat, das weiß ich alles nicht. Harmoniert haben sie beide nicht.
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Jedenfalls mir ist es dann einmalig gut gegangen, wie sonst nicht. Im Geschäft haben sie zur Mama gesagt, gut dass sie die Alte hinausgeschmissen haben, die Kinder waren ja total verschreckt. Diese Anna, Anna Wunderbar, oder was weiß ich, wie die geheißen hat. Das ist ja wahr.
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Das Haus war immer da, in der oberen Wohnung war ich meistens bis zu meine sechsten Lebensjahr.
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Oben beim Bäckerhaus, bei der Großmutter ist es mir nur gut gegangen, bis es soweit war, in die Schule, in Rodaun. In das Pensionat, konnte man erst ab der 3. Volksschule eintreten. Oben in St. Christiana. Da haben sie gewartet, die Mama, nicht die Großmutter. Mir hat man nur gesagt, einen Satz, den weiß ich bis an mein Lebensende: “des Mensch muss weg”. Ich bin so verwöhnt worden, die zwei Jahre dann. Hinauf ins Internat. Ich bin da zuhause und musste im Internat leben, schlafen. Ich war kein braves Kind. Mehr kann ich nicht sagen. Ich war sechs Jahre im Internat. Ich kenne den Orden innen und außen und was sich abgespielt hat die Ungerechtigkeiten noch und noch und noch. Ich habe genug erlebt. Ich war kein braves Kind.
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Ungerecht. Das waren so große Unterschiede. Meine Leute haben viel gezahlt für mich. Haben genug gehabt. Der Papa hat verdient, die Mama oben im Bäckenhaus, das war umsonst. Jedenfalls habe ich mich sehr gekränkt. Ich bin hier zuhause und musste da oben schlafen und leben. Das war im 9er Jahr.
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In Rodaun hatte damals der Hofmannsthal gelebt. Und das wieß ich noch ganz genau. In Rodaun sind immer drei Leute gestorben. Das war der Hofmannsthal, sein Sohn der war Syphilitiker und meine Großmutter. Die drei waren damals. Die Oberin läßt mich rufen. Ich habe das Zügenglöckerl gehört. Die laßt mich rufen, Trude setz dich her, hin und her. Sag ich, sie brauchen mir gar nichts mehr sagen, die Großmutter ist tot. DIe war ganz weg. Ich war weder vorlaut. Ich habe mich sehr gekränkt über die Großmutter, für mich war das fürchterlich. Ich habe das gespürt.
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Mir brauchst nichts erzählen. Ich bin römisch-katholisch. Für mich gibt es nur einen Gott. Aber für Schwestern habe ich nichts über. Ich habe meine Erlebnisse gehabt, das können sie mir glauben.
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Im Hof, Spiele, ungarisch. Da waren Ungarinnen, so reiche Leute. das weiß ich heute noch. Ungarische Spiele. Ich habe ganz gut Ungarisch können, da waren meistens Ungarinnen oben. Da haben wir gespielt. Dann sonderbare Spiele auch. Zum Beispiel. Allah ist groß, da haben wir Turnübungen gemacht und Mohammed. Dann sind wir gehüpft. Turnübungen. Heute wäre das Spott. Eigentlich. Das ist wahr. Sechs Jahre Kloster sind vergangen bei mir.
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Nach diesem Kloster bin ich dann nach Laxenburg in die Haushaltungsschule dasselbe in grün, geistliche Schwestern sehr lustig gewesen. Zur Strafe haben wir müssen aufwaschen, entweder in der Küche oder im Gang oder in einer Kammer, da hat mir dann eine andere gsagt, melde dich gleich für die Kammer. Dosen sind dort aufgestellt mit Keks und alles mögliche, die war selber schon dort. Ich hab das dann ausprobiert, auch gut, na dann is das vergangen, … die andere Zeit.
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In Rodaun war ein Kino, in den Ferien bin ich nach Haus gekommen, ich hab mich nur erkundigt, dass ich Neuigkeiten über Rodaun höre, da hab ich dann schon meine ghabt. Da waren Zechmeister, Schwestern, Prinz Marian, Stifftermizzi, also gleichaltrig mit mir, nur i war im Internat und die waren heraußen und haben mehr gesehen wie i.
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Die Plach Mizzi, mit`m was i wir, habens hinter in der hinten in der Lanche, da haben sie`s trieben, da haben sie`s trieben, na lauter so blöde sagen, Kinder halt. Hoch interessant gewesen.
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Jedenfalls war das dann eh alles beendet, Laxenburg auch, na dann ist der Umsturz gekommen. Wir haben alle Deutsche geheiratet. Das ganze Regiment war bei uns im Kloster. Da in Rodaun, ich bin ja da zu Hause, das war ja auch ein Internat, da war ich ja in der Schule, das war eine Wirtschaftsschule.
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Mich hat das eigentlich nie betroffen, es war sehr interessant, wir jungen Menschen, die Uniformen, hin und her. Wir waren fünfe die haben alle Deutsche geheiratet in Rodaun damals. Die Prinz Marian, die Prinz Fritzi, die Zechmeister, die Knoll Trude, die Knoll Trude war i, die haben die Deutschen geheiratet.
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Der Rodauner Hauptplatz, a PDM, das Haus steht eh noch. Ich bin dann gleich in den deutschen Arbeitsdienst gekommen, als Arbeitsmaid. Das ist das Lager, da war ich in der Niederlausitz, in Brandenburg, nicht in Rodaun. Ich war ja dann sehr viel in Deutschland.
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Wie es beendet war, bin ich nicht nach Deutschland, ich bin da geblieben und hab von der Kommandantur aus, der russischen eine Aufenthaltsbestätigung gebraucht, damit ich da sein kann. Hab ich auch bekommen, bin da geboren, aber das ist alles wahr ge. Und durch meinen deutschen Mann ich bin nicht weg.
Die Prinz Marian und die Stifft Mizzi die sind nach Deutschland, die Zechmeister nach München.
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Mein Mann ist nach Deutschland, der war verwundet auch, mir scheint, ich weiß es nimmer genau, das ist schon so lang her.
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dann haben wir, wie ich klein war, der Papa, zweimal Hunde gebracht fürs Beckenhaus oben, englische Bulle, englische, die habens dann oben, meine Verwandten haben da ganz schöne Häuser gehabt oben; das Hanglhaus, die Maierhof und heroben das Schulteshaus, was dann striegl wurde. Dann haben sie den hund ins Hanglhaus hinüber und den zweiten hat mein Papa auch gebracht, den hat ein Wehrmachtsauto direkt vorm Geschäft zusammengeführt.
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Die Lina ist die Schwester von der Mama gewesen, von meiner Mama, da waren drei Kinder im Schulteshaus. Dei Mama, die Tante Lina und der Karl Onkel. Karl Onkel hat sich versoffen, damals war nicht modern Tee mit Rum, sonder Schwarzer mit Rum. Meine Großmutter hats auch, meine Großmutter, die ist ja früh gestorben.
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In Rodaun gar nicht, da sind sie rauf in Kloster, ins Pensionat; keiner Schwester ein Haar gekrümmt. In Kaltenleutgeben sind angeblich Überfälle gewesen, in Rodaun nicht.
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Das kleine Rodaun, ich müsste sich anlügen, harmlos.
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Na das war interessant, da war eine Ausspeis, da hat können jeder hingehen essen, ob sie arm sind oder sonst was, da hab ich auch fotografien. Ich hab damals vom Papa einen Voigtländer bekommen und da hab ich die alle fotografiert. In der Mayerhofgasse war die Ausspeis, drinnen im Maierhof war einquartieren, in der Bäckerei waren auch welche einquartiert. Damals harmlos, gutmütig, so lauter Landleute waren die Soldaten, die was da waren.
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Ich bin in den deutschen Arbeitsdienst, als Arbeitsmaid, was bleibt dir denn da über. Nach Deutschland bin ich
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Ja, eine alte Familie oben da am Hauptplatz, ein altes Liebespaar, ich weiß es von der Bäckerei, waren eines Tages weg , da haben sie gesagt die sind im 2 Bezirk, da ist ein Haus wo sie ein paar alte Juden zusammentun, die sind dann eh umgekommen. Also von die Seper weiß ich ganz genau und dann in der Ketzergasse, wo die Greißlerei war, da war eine alte Dame, die Miss Mayer, eine alte englische Jüdin. Diese haben sie dann auch dorthin verfrachtet, die hat privat immer Klavierunterricht gegeben, eine alte liebe Dame, bei der hat die Mama schon Klavierunterricht genommen, die hat das privat gemacht.
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Ja die oben, ein altes Ehepaar oben im Stock irgendwas mit Grün, na ich weiß nimmer genau.
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Ich hab dann sofort eine Anstellung bekommen bei der deutschen Reichspost. Den ich war vom Amt, da hats gegeben A09, hat das geheißen, das war die telefonische Telegramm Annahme. Danach sind erst die Fernschreiber gekommen. und da hab ich mich dann nach Berlin gemeldet, nach dem Fernschreiber, aber bei A09 weiß ich ganz genau am Börseplatz, den haben sie wahrscheinlich auch schon weggerissen,da war unser A09 und da kann ich mich noch genau erinnern. Nach dem Nachtdienst haben wir frei gehabt und einen Tag und einen halben dann wieder im Dienst. Da bin ich gekommen sagen die: herst du hast was versäumt da war was los, die Mayer haben sie geholt. zwei Betriebsleiter sind gekommen zu der Mayer ihrem Platz und haben sie mitgenommen. Von der Frau Mayer hat man nie wieder was gehört.
Und zwar war der Grund der, das die hat sich über den Hitler geäußert und alle Telefonate sind abgehört worden, das weiß ich genau, ich weiß nicht was sie gesagt hat, aber das war der Grund-
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Und ich hab ein anderes Erlebnis gehabt: der Betriebsleiter, sehr freundlich zu mir, auf einmal es möchte mich jemand kennenlernen. War meine Stimme sympathisch, Sie müssen sich vorstellen Name so und so und eine Nummer. Der wollte mich sehen ein Mann, ein trumm Mannsbild, im Ledermantel damals. Na sag ich, freundlich war er zu mir der Betriebsleiter und er sagt: da unten sitzt er schon in der Halle. Ich soll nur hingehen er wird mich schon sehen. Ich geh runter in die Halle und kommt so eín trumm Mannsbild auf mich zu. Ein Berliner, ein Obernazist mehr oder weniger.
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Ich hab mich mit dem privat getroffen und da hab ich sehr viel gehört, was interessant war. Ich weis nicht in welchem Weinlokal ich mit ihm war, geweint hat er, da hat er getrunken und gesagt was ich gesehen hab, scheußlich, auf Karre, ich weiß nicht was er mir da alles erzählt hat, waren eh schon halbert tot und die haben sie dann auch noch. Das war in wien am Börseplatz in Wien.
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Und das A09 war das erste und die Frau Mayer wurde abgehört; bei mir war das das Gegenteil der hätte mich wieder mitgenommen, aber so Gott will ich hätte können meinen Platz nicht verlieren als Schreibkraft, mit ihm. Weil der war auf Urlaub da, aber ich hab das nicht wollen. Das war eine Gabe Gottes und dann war schon im Getto, aber er hat mir erzählt im Rausch fürchterliche Sachen, obwohl er selbst dabei war.
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Solang ich in Wien war bin ich mit der Straßenbahn gefahren. Ich hab mich ja dann nach Berlin gemeldet. Manche haben sich nach Amsterdam, das war damals Holland auch gleich an der Reihe am Anfang, und ich nach Berlin.
Und wie ich in Wien war bin ich dauernd hin und her mit der Straßenbahn. Da war ja nix und manchmal auch gegangen von Mauer nach Rodaun um 11, allein und es ist nicht passiert. Das kannst heute nicht mehr machen.
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Kaltenleutgeben, na das war ja eh bekannt, da hinten, hab ich gut gekannt, sind viele auch gekommen von der Stadt raus.
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Ich war fast nie da, ich hab mich dann weggemeldet nach Berlin. Nach Berlin war ich im Sozialministerium, da war ich da. In einer fürchterlichen Abteilung, in der Opferfürsorge Abteilung, und da hab ich eben viel gewusst und viel gesehen.
Da war ich Jahre lang und dann bin ich in Pension.
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Es hat Greislereien zu genüge gegeben. Da wiesawie Fleischhauer, gegenüber ein Milchgeschäft. Die Kosldamen, der Laden ist zu. Nach der Brücke auf der rechten Seite ist zu, heute auch, das war die 3 Koslweiber. Da hast bekommen 10 Deca Butter, 5 Deca Salami, Hefte für die Schule, Holz und Kohle zum heizen, das hat es alles gegeben, beim Kosel.
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Gasthäuser, Wirtshäuser; da oben an der Ecke, wo die Straßenbahn die Biegung macht, da war ein Wirtshaus, schräg gegenüber Kaffeehaus mit Wirtshaus, auf der drüberen Seite, an der Ecke ein Gasthaus, da sind heute Italiener drinnen, mir scheint der Schneiderwirt.
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Ja zum Heurigen dann schon eine Zeit lang, den Deutsch denen hat das ja gefallen. Nein, mit meinem Mann, ich war ja verheiratet mit einem Deutschen, mit dem Horn, Horn hat er geheißen.
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Bei uns war ein altes Bad, die Wieselmühle, ich weiß nicht ob ihnen der Name etwas sagt, Wieselmühlbad, dann haben sie das Stelzerbad erst gemacht, wie ich ganz klein war war das die Wieselmühle. Und zwar die Wiener Gasse hinunter, wo jetzt das Kaffeehaus ist, um die Ecke und da war dann ein liebes altes Bad und das haben sie dann zugeschüttet und dann ist schon hinten gebaut worden beim Stelzergrund.
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Ich erinner mich noch ans Stelzerhaus meine Verwandten haben da auch Brot hingebracht. Und wie dann die Deutschen gekommen sind wurde dort natürlich dann getanzt in der Veranda, da war so eine große Veranda, wie ein Saal, da sind wir gerne hingegangen.
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Und dann haben sie drüben das große Bad, das stelzerbad, aber davor, wie ich ein Kiond war, ist dort eine Quelle gewesen und daneben die Schwab. Die Leute sind damals mit der Wäsche min Schubkarren ins die Schab geheißen, dort bei der Quelle, das ist heute verschüttet. Da steht heute die Tierhandlung steht, die haben sie zugeschüttet, die hab ich vor mir, sehr interessant. Mit Trinkwasser und gegenüber war das Hotel und da waren auch Kabinen, das war zu meiner Zeit in der Monarchie, hab ich dann gehört, kleine Bäder keine Kabinen.
Das war ein kaltes Wasser, Schwefelhaltig, das war aber ein besonders Wasser damals. Aber warum sie es zugeschüttet haben, das weiß ich ja alles nicht.
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Dort war der Stelzer. Von der Monarchie hat es geheißen die Reichen sind von der stadt zum Stelzer gefahren. Das war was ganz besonderes der Stelzer. Und meine Verwandten haben auch das Brot und das Gebäck zum stelzer geliefert.
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Da hab ich alleweil Rodaun ist nichts besonders. In Perchtoldsdorf das war immer sehr groß, das war immer sehr groß, alles, in Rodaun, das war nix besonderes, ja einen kleinen Kirtag.
Aber dann hat das alles angefangen, am Kirchenplatz, aber wie ich ein Kind war, erst dann später. Da gabs einen Kirtag oder Standeln.
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Also wenn ich jetzt da rauf komm ich hab das alte vor mir, was einmal Schultes war, das hat dann Striegel übernommen, der Onkel Karl war tot, Tante Lina ihr Mann, die Schwester von der Mama war die Karoline Striegel, und deren Kinder dann, der eine ist jetzt ein Friseur mir scheint, Striegel Friseur, der Bur hat Mehlallergie gehabt, da will ich mich nicht weiter äußern, da bin ich diskret. Und jedenfalls der Lina ihr Mann der ist mit drei Geschäften zu Grunde gegangen und hier die Verwandtschaft der Bur ist heute auch ein alter Mann, gleich alt gewesen, wie mein verstorbener Bruder. Das war alles Pleite, die Striegel haben auch 3 Geschäfte gehabt, in Rodaun, in Kalksburg und in Perchtoldsdorf, aber heute hörst du das Wort Schultes, was der Ursprung ist nicht mehr.
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so viel weiß ich das jedes Jahr Überschwemmungen waren, herausgetreten, die Au, die Stelzau, das is ja alles verbaut, da waren nur Wiesen.; zu meiner Zeit
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Ja da ist gearbeitet worden und da weiß ich nur, dass die Rodauner geschimpft haben: Die machen lauter Blödsinn, lauter Blödheiten; das weiß ich noch und dann haben sie das wieder weggerissen und dann haben sie Steine, wieder weg, lauter Blödheiten gemacht.
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Und interessant war das: Die Deutsch waren da, in der Kaserne oben, dann waren die Russen da, nicht ein Haar wurde gekrümmt. Die Russen haben nichts getan, man darf ja nicht über russen schimpfen.
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Al ich kleiner war, waren Pferde. Da is bei der Bäckerei, da haben wir keine Autos gehabt, da so war ein Wagen mit einer Platten und zwei Resser, da war hinten der stall oben. Wunderschöne Pferde und zwei, drei Sau waren auch und Händln und na alle möglichen Viecher, oben im Beckenhaus, hinten.
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Viele Leute haben tiere auch gehabt, die Distel zum Beispiel, wird Ihnen ein Name sein, nicht nur vom Wein, da sind die Leute mit der Milch hin, mit den Scherben, 1 Liter,2 Liter; alle gelebt, Butter gemacht, Topfen, alles mögliche; das waren eine Menge
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Da im Haus; die kleine Wohnung hinten da war ein Gärtner drinnen. Da haben wir ein Glashaus hinten gehabt im Garten, der hat sogar Blumen verkauft, ein großer Garten, ist noch da, mein Bruder hat zwar 3 Testamente gemacht für seinen Teil, mein Teil kann er nicht angreifen, den hab ich meiner Tochter gegeben, ich hab ja nur noch eine.
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Also daneben weiß ich das war ein kleiner Elektriker, ein Geschäft man konnte Schalter kaufen, aber alles klein, aber es war alles da, das weiß ich noch ganz genau. Und gegenüber das war ein Herrschaftshaus, die Polack. Nach dem alten Stil und da waren Kinder und Kindeskinder, zum Beispiel eine Polaktochter hat wieder einen geheiratet, oder wie weiß ich, da waren dann wieder vor mir Gleichaltrige. Da war ich dann schon zu mir nach Deutschland in die Heide, in die Merksche Heide.
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Seidl, heißt er, hat er geheißen, a da war ja die Hochzeit um Gottes willen. Eine Russin war da, die hat er geheiratet in Mödling und ich hab dann gefragt, oder die Rosi hat dann gefragt, na da war dann eine Tafel irgendwo, na auf einen Kaffee sind sie gegangen und dann hat sie gezahlt.
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Na der Vater war auch so versoffen, ein Zeichner war das.
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Also mein Großvater, Gott hab ihn seelig, Schult hat man selber, am Gieshübel ein paar Weingärten waren dort und der Großvater hat immer ausgesteckt gehabt und der Karl Onkel noch wie er gelebt hat, im August, und dann haben sie keinen Wein mehr gehabt und er hat so schön hergerichtet alles; der stall war so schön tapeziert mit Tannen und allem. Da sind Gäste aus Wien gekommen und haben gemeint, herst besorg einen Wein wenn du keinen mehr hast, aber wir wollen da nicht raus gehen.Das hör ich heute noch.
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Das Hanglhaus das ist heute nix und daneben sehen Sie jetzt eine Garage, das war das Hanglhaus. Das große Gebäude am Hauptplatz jetzt, ich weiß nicht was jetzt drinnen ist. Auf der rechten seite am Hauptplatz, zwischen Wienergasse und Hochstraße, dort wo früher die alte Volksschule war.
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Meine Großeltern haben allerHand Besitz gehabt und wie gesagt Karl Onkel war tot und die Kinder von der Tante Lina, der Strigl Bua hat dann auch wieder Kinder gehabt.
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Ich werde Ihnen etwas sagen, der Strigl Bua, die Tante Lina ist gestorben und da waren wir gemeinsam beim Distl Heurigen da und das war 60 Jahre danach und da sagt der zu mir: Trude erinnerst du dich noch, wie du beleidigend warst zu mir? Vor 60 Jahren das hat der Bua nicht vergessen. Damals hat er mich amal vertratscht. Als Kind; und ich hab gesagt du gehörst doch da überhaupt nicht eine. Das hat mir der, ich glaube, bist zu Totenbett nicht vergessen. Das is die Wahrheit. Ihr gehörts da überhaupt nicht her und du vertratscht mich, schaum dich.
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Da hab ich hinten beim Zaun irgend ein Ding gehabt, ich war ja eh nie daheim und wenn ich mal da war, in den Ferien, dann war ich halt auch ein bissi aufgeweckt. Aber er hat mich vertratscht und nach 60 Jahren hat er mir das nicht vergeben, mit dem ihr gehört da gar nicht her. ,,Schneidest du dich nicht? Ihr gehört da gar nicht her, wortwörtlich.
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Ich hab keine schönen Erinnerungen gehabt, wenn ich ehrlich bin. Ich hab dann einen sehr feschen Kerl kennengelernt nachdem Erich.
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Da muss ma nach Mauer zum Dannheim oder nach Perchtoldsdorf, abet´r in Rodaun selber; ja beim Schneiderwirt war einmal ein Ball, jedes Jahr, beim Schneiderwirt, was heute der Italiener ist. Geschäfte waren, Auxberger, die waren wieder verwandt mim Schneiderwirt und hin und her, aber jeder hat Geld gehabt.
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Na jeder hat viel Grundstücke waren; die sind halt auch veräußert worden. Aber ich weiß, dass viele Grundstücke waren.
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Na Weinbauern nicht, wenig, ein paar schon; aber manche sind arbeiten gegangen in die Zementfabrik hintere, bei Kaltenleutgeben, die is auch nicht weit weg gewesen. Oder manche sind nach Wien.
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Nein die waren, was ich weiß, na manchmal war schon schotter, aber meistens waren sie asphaltiert.
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Mit dem Wagen, die Pferde, die sind da mit den zwei Resser da nach Kalksburg ins Gutenbachtal nach hinten gefahren zum Doppler und haben ein Brot hingebracht, weil Schultes das Brot verlangt haben. Wir kennen heute Striegel, aber Schultes von dem das alles stammt. Der doppler war ein Gasthaus in Gutenbach, ja nach dem Bauernhof und auf der rechten Seite ist dann schon der Lainzer Tiergarten.
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Da war ich ein Kind im Hofmannsthal, da haben sie gesagt, zwei Söhne waren da und der Vater. Der einen Sohn ist nach Paris und ist schwer krank wieder zurück gekommen. Der zweite ist dann mit der Titanic umgekommen. Und in dem Jahr is die Großmutter gestorben, das waren dann 3 Tote. Der alte Hoffmann und der Syphilitiker; waren auch drei in dem Jahr von meiner Großmutter. Und in Rodaun hat es geheißen auf jeden Fall sterben drei Leute, wenn dann sind es drei und das hat sich immer bewahrheitet.
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Und das vergess ich auch nicht, natürlich wirst du boshaft und schlimm. Der Kirchenchor das war etwas besonderes,eine Begünstigung, da hast du Honig bekommen und Malzzucker, aber die Behandlung war anders. Da war eine zweite und ich und wir wollten auch im Chor, so schöne Stimmen haben wir auch gehabt wie die anderen, aber uns haben sie nicht genommen und da sind wir boshaft geworden. Und da war eine alte, kleine Schwester, Leonie hat die geheißen, und die hat zu mir gesagt: Trude du bist ein schlimmes Kind, aber ein gutes, da hab ich mich so darüber gefreut, dass mich einmal jemand lobt, ich bin ja sonst nie gelobt worden ich hab mich so gefreut und bin noch ekelhafter geworden und hab es noch mehr getrieben.
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Blöd war ich nie, rechnen hab ich nicht können, aber für Geschichte war ich immer da, das hat mich besonders immer interessiert.
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Ein Pfarrer, das Pfarrhaus oben, ich weiß nicht ob es heute noch steht, ein niederes Haus, dem Pfarrer sein Haus. Ich hab nie was zu tun gehabt mit dem. Ich war ja dauernd im Kloster und dann weg.
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Die Adelheid haben nicht einmal die Russen hinausgehaut so schiarch war die. Sei konnte nichts dafür, lauter Narben hat die gehabt im Gesicht. Ich glaub da haben sogar die Russen a Angst gehabt vor der. Die war da, da waren nur noch drei, aber die war da.
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Da ist mein Kind in Rodaun auf der Liesingerstraße in Rodaun gegangen, so ein Menscherl war sie und da kommt eine Klosterschwester, so eine hässliche hab ich gehört, mit einem Gesicht, und hat sie aufgehalten und gesagt: Bist du das Kind von der Knoll Trude? Des hat sie mir Jahre noch erzählt. Die hat mein Kind aufgehalten, also haben wir Ähnlichkeit gehabt im Gesicht wahrscheinlich.
55:00
Und dort wo die Apotheke war, war gegenüber der Zechmeister und das waren Fuhrwerker, alte Fuhrwerker; da ist heute noch am Haus so ein Zeichen, Fuhrwerker, früher mit Pferde, dann hat die Doni hat dann schon ein Auto gehabt. Immer die zwei Menschen, die Doni ned, haben a Deutsche geheiratet, san nach München. Das war in der Ketzergasse, Zechmeister, Fuhrwerker, keine kleinen.
56:13
In Liesing war doch die Brauerei, da war doch ein Braumeister, und der hat einen Sohn gehabt. Der hat das Kind aufgezogen. Bei der Geburt von dem Kind ist die Mutter gestorben und der Vater hat dem Burm aufgezogen und das war der Herbert. Statzberger Herbert ist zum deutschen Arbeitsdienst, zur selben Zeit wie ich, haben wir uns noch geschrieben und dann ist er sofort übernommen worden zum Militär und der erste Einsatz war in Pole und da ist er gleich umgekommen und der Vater ist narrisch geworden, den haben sie dann müssen in eine Anstalt.
57:23
Ja der Doktor Wimmer, ein bekannter Arzt. Und daneben (im wimmerhaus) war der Doktor Keckes.
57:55
Ja viel, überall waren die Fahnen. Die waren draußen, natürlich haben sie sie rausgesteckt bei irgendwelchen Wirtshäusern das es besser ausschaut. Es waren nicht so viele überzeugte Nazis in Rodaun, aber es war halt; überzeugte waren das keine glaub ich. Zwar dann hat es schon geheißen Obernazis, Obernazis.
58:37
Ein paar Leute sind verschwunden, die warnen dann weg, wie die Deutsch gekommen, wie zum Beispiel die alten Juden. Die waren dann im zweiten Bezirk in einem Heim, sind dann eh altersbedingt gestorben. Und die alte Miss Mayer, die Jüdin, das war immer di Miss Myer, obwohl Wort englisch war, bekannt.
59:34
Ein paar Halbritter, Obernazi hat es geheißen dann, die haben sich sehr hervorgetan manche, manche. Von denen hast du dann auch nix mehr gehört. Vom Halbritter, dem seine Eltern haben auch eine kleine Greißlerei gehabt, Greißlerin waren ja genug in Rodaun
01:00:33
1)
Na ich bin bestimmt, die alte Hebamme, hab ich ihnen das Bild gezeigt mit dem Hund, die alte Navatnie, die ist in die Häuser gegangen entbinden helfen.
01:00:57
Spazieren im Wald so wie bis zu meinem sechsten Jahr mit der Kinderfrau im Wald. Und die hat uns wohin gesetzt den kleinen Burm mim Wagerl und mich, hat Harz gekratzt von den Bäumen und das irgendwie veräußert, das weiß ich heute noch. Das ist streng verboten, aber sie hat es halt gemacht. Bis zu der Watschengschicht mit mir das war das Ende.
01:01:44
Viel Wald, Wald haben wir genug gehabt oben der Berg noch und noch und der Park ,der schöne Park, der Klosterpark. Steinbruch, Kletterschule war der Steinbruch, da ist sehr viel passiert, abgestürzt beim Üben, nicht einmal. In Rodaun die Kletterschule vis-a-vis vom Kloster hinein.
Rudolf Fritzsche
Sr. Franziska Sucharipa
Alois Wallner
(* 5. 22. Mai 1920 in Rodaun; † 13. April 2019 in Rodaun)
Martin Wallner
Karl Fuchs
Hannes Radl
Brigitta Gisser
Inge Ambrosi
Sibylle Zangerl
Catriel Fuchs
(*15. März 1925 in Wien, )
Aus einem Brief am 13. Mai 2004
"Ich wurde im Dezember 1925 in Wien geboren, verbrachte meine ersten vier Lebensjahre in Landsee (St. Martin) im Burgenland und übersiedelte anschließend nach Rodaun, das damals noch zu Niederösterreich gehörte, wo ich auch die erste und zweite Volksschulklasse besuchte. Und damit bin ich ein G'scherter. Wir - Vater, Mutter, meine kleine Schwester Ruth und ich - waren die einzige jüdische Familie in Rodaun und lebten in ziemlich ärmlichen Verhältnissen. Ich verstand nie richtig, warum ich nicht mit allen anderen Schülern in die Bergkirche gehen durfte und hin und wieder "Gottesmörder" geschimpft wurde. Mein Vater, Frontsoldat im Ersten Weltkrieg, in dem er ein Auge verlor, war oft und länger unterwegs, und ich weiß eigentlich fast nichts über ihn. Irgendwann in den frühen Dreißigerjahren sah er sich veranlaßt oder gezwungen, aus Österreich zu fliehen; wahrscheinlich als Schutzbündler aus politischen Gründen. Ich sah ihn leider nie wieder. Da unsere Mutter uns nicht erhalten und versorgen konnte, wurden wir gnadenhalber als "Halbwaisen" in Wiener Waisenhäusern untergebracht. Ich besuchte die Schule in der Selzergasse im 14. Bezirk bis zur dritten Hauptschulklasse. Abgesehen von einigen Straßenraufereien, gelegentlichen Beleidigungen und rassistischen Demütigungen durch manche Mitschüler im Großen und Ganzen auf ganz normale Weise. Meinen damaligen Mitschülern verzeihe ich gerne, sie waren meines Alters und haben die Vorurteile und Verleumdungen von ihren Eltern gehört. Die meisten von ihnen fanden den Tod auf den Schlachtfeldern Rußlands, Frankreichs und Afrikas. Und dann - nach dem Anschluß im Jahr war alles plötzlich radikal anders. Wir wurden aus der Schule ausgeschlossen und zu "Freiwild" erklärt. "Juden und Hunden ist der Eintritt verboten", Ausgangssperre, Schindereien, das Waisenhaus wurde beschlagnahmt, wir wurden auf die Straße gesetzt und waren jugendlichen Schlägertruppen schutzlos ausgeliefert. Meine Mutter wurde aus Rodaun verbannt, welches dann stolz als "Judenrein" erklärt wurde. Sie fand nur im 2. Bezirk eine Einzimmerwohnung, die sie mit einer anderen Frau teilen mußte. Mit anderen willkürlich aufgegriffenen Frauen, älteren, oft gebrechlichen Personen und Kindern wurde sie des Öfteren gezwungen, eine der Brücken über den Donaukanal mit einer Zahnbürste zu putzen, unter dem Gespött der SA und Teilen der Bevölkerung. Ich wurde dreizehneinhalbjährig zur Zwangsarbeit eingezogen und arbeitete in einer Ziegelfabrik und bei einer Baufirma. Der "große Krieg" war schon ausgebrochen, und meine "Mitarbeiter" waren polnische und französische Kriegsgefangene. Ende 1939 gelang es der Israelitischen Kultusgemeinde - nach Bestechung und Bezahlung an die Gestapo - einer Gruppe Jugendlicher die Flucht über das Karawankengebirge zu Fuß nach Jugoslawien zu ermöglichen. Allerdings wurde ich bei Maribor in Slowenien von der Gendarmerie eingefangen und zurück in das "Großdeutsche Reich" abgeschoben. In Wien um Mitternacht angekommen, klopfte ich bei meiner Mutter an, die zuerst sicher war, daß ein so spätes Klopfen nur die Gestapo sein konnte, um sie zum Abtransport nach Osten zu holen. Als sie mich, den sie schon in Sicherheit im Ausland glaubte, sah, fiel sie fast in Ohnmacht. Ich lebte als "U-Boot" einige Monate in Wien, konnte dann noch einmal - im harten Winter abenteuerlich nur in kurzer Hose und Hemd, über Berge und durch Wälder bis Zagreb fliehen, wo mich die dortige jüdische Gemeinde sofort nach meiner Ankunft mit 40 Grad Fieber und Lungenentzündung ins Krankenhaus brachte und mich weiter betreute. Auch dort lebte ich ein illegales Untergrund-Dasein, wurde einige Male von der Polizei bei Razzien erwischt, tagelang mit Illegalen aller Arten in Zellen gesperrt, die für zehn Insassen bestimmt waren und mit wiederholter Abschiebung bedroht. Jedes Mal jedoch wurde ich von der Gemeinde gegen gehörige Bestechung befreit. Welches Glück ich eigentlich hatte! Einzelheiten würden hier zu weit führen. Mit dem letzten schon versiegelten Zug verließen wir Jugoslawien, als deutsche Truppen schon Belgrad bombardierten. Unser Zug wurde dann kurz nach der griechischen Grenze von italienischen Flugzeugen beschossen, wobei mir alle meine Familienfotos, Schulzeugnisse und Dokumente verloren gingen, als wir im Dreck neben der Böschung Deckung nahmen. Nun war es endgültig - meine offizielle Persönlichkeit war ausgelöscht, futsch - es gab mich nicht mehr. Abenteuerlich ging es weiter durch die Türkei, Syrien und den Libanon, bis ich im damaligen Palästina ankam und in einem Kibbutz aufgenommen wurde. Ich lernte eine neue Sprache (nach Serbisch) - die hebräische, arbeitete in der Landwirtschaft und gewann langsam meine Selbstachtung und mein Selbstvertrauen wieder. Kaum 18 Jahre alt, meldete ich mich als Freiwilliger zur britischen Kriegsmarine. Nach Kriegsende und meiner Demobilisierung war ich Mitglied der Untergrundorganisation "Hagana" und von 1947 bis 1950 Soldat der regulären israelischen Armee. Als ich schon in britischer Matrosenuniform war und überzeugt davon, daß ich den Krieg nicht überleben werde, beschlossen Hilde und ich 1944 zu heiraten. Ich überlebte jedoch und 1948 wurde unser Sohn Josef geboren (nach Hildes Vater benannt) und 1952 unsere Tochter Ruth-Helene (nach meiner Schwester und Mutter benannt). Von meiner gesamten Familie (Eltern, Geschwister, Onkel, Tanten, Kusinen und Großeltern) hat niemand überlebt - ich sah keinen je wieder. Nach längeren Nachforschungen meldete mir das Rote Kreuz nur, daß meine Mutter und Schwester (12jährig) im Jahre 1942 in Minsk ermordet wurden. Nun, ich meine, fürs Erste wäre es mit diesem knappen Tatsachenbericht genug. Über die Ängste, das Mutterseelenallein sein, das Gefühl des totalen Verlassenseins und die Aussichtslosigkeit damals, das langsame Wiedergewinnen von Selbstvertrauen, Dazugehörigkeit und Selbstachtung können wir uns ja in Zukunft unterhalten, sowie über alles, was euch interessieren sollte. Hoffend euch bald persönlich kennen zu lernen. Mit lieben Grüßen Catriel Fuchs.