Erika Pircher
Erika Pircher (geb. 1956 in Bozen) ist eine aus Südtirol stammende Sozialwissenschaftlerin, Organsationsentwicklerin, Business Coach, Hochschullektorin, Feministin, Genderforscherin und Fotografin. Sie lebt und arbeitet in Salzburg, München und Bozen.
Leben
Pircher studierte Politikwissenschaft, Publizistik und Kommunikationswissenschaft an der Paris-Lodron Universität Salzburg und promovierte 1985 über den politischen Entscheidungsprozess zum österreichischen Gleichbehandlungsgesetz 1979. 1986 erforschte sie im Auftrag der Österreichischen Nationalbank in Kooperation mit dem Institut für Friedensforschung Stadt Schlaining und Südtiroler Sozialwissenschaftlern das Phänomen des Nationalismus und Neofaschismus unter den Wählern der italienischen Sprachgruppe in Bozen. Sie gilt als eine der Mitbegründerinnen der österreichischen Frauen- und Geschlechterforschung in den 80er und 90er Jahren. Gemeinsam mit der in Salzburg tätigen Sozialwissenschaftlerin Birgit Buchinger beschrieb sie 1992 die Mechanismen der Gläsernen Decke für Frauen und definierte den aus dem US-amerikanischen Wissenschaftsdiskurs stammenden Begriff des glass ceiling erstmals für den deutschsprachigen Raum.
Im Auftrag des österreichischen Frauenministeriums, zunächst unter Johanna Dohnal, dann unter Helga Konrad und Barbara Prammer, arbeitete sie am Institut für Alltagskultur Salzburg gemeinsam mit der Psychotherapeutin und Behindertenaktivistin Aiha Zemp in zwei pionierhaften Forschungsprojekten zum Thema der sexuellen Gewalt. In diesen empirischen Studien (1995, 1997), in denen Frauen und Männer mit körperlicher und geistiger Behinderung, die in österreichischen Einrichtungen der Behindertenhilfe lebten, befragt wurden, konnte erstmals weltweit das erschreckende Ausmaß von sexueller Gewalt, denen Menschen mit Behinderung ausgesetzt sind, wissenschaftlich nachgewiesen werden.
1996 gründete sie mit der Erziehungswissenschaftlerin Elfriede Ch. Neubauer die Firma GenderLink, Netzwerk für Sozialforschung, mit dem Schwerpunkt auf die Durchführung von sozialwissenschaftlichen Gender- und Diversityprojekten.
In der zweiten Hälfte der 90er Jahre entwickelte sie als Projektleiterin auf EU-Ebene mit Managing E-Quality (MEQ), einem Führungskräftetraining für die Sensibilisierung für Gleichstellung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben für Frauen und Männer, europaweit eines der ersten Instrumente des Gender Mainstreaming auf betrieblicher Ebene.
Von 2002 bis 2008 war Erika Pircher als Dozentin für Genderforschung an der Freien Universität Bozen, Fakultät für Bildungsforschung, für die Lehrgänge Soziale Arbeit und Sozialpädagogik tätig.
Seit 2008 arbeitet Erika Pircher hauptsächlich als Organisations- und Unternehmensentwicklerin bei der Salzburger Genossenschaft conSalis Entwicklungsberatung wie auch als Business Coach in eigener Praxis in Salzburg und München.
Erika Pircher ist auch künstlerisch als Fotografin tätig. Diesbezügliche Ausbildungen erhielt sie am Fotohof Salzburg bei Herman Seidl und Elisabeth Wörndl und in Workshops bei Gérard Pleynet und Sabine Klem in München.
Auszeichnungen
1997 Gabriele-Possanner-Förderungspreis für wissenschaftliche Arbeiten, die der Geschlechterdemokratie förderlich sind, für das Handbuch „Johanna Bond & das Geheimnis der gläsernen Decke“
Schriften (Auswahl)
- Pircher, Erika/Max Preglau, Produktion und Reproduktion: Ungleichheiten in den Bereichen der Erwerbsarbeit sowie der unbezahlten Haus- und Sorgearbeit und des Ehrenamts, in: Ethnische Differenzierung und soziale Schichtung in Südtirol, Atz, Hermann/Max Haller/Günther Pallaver (Hg.), Baden-Baden 2016, S.135-165
- Pircher, Erika, Vom Wunderkind zur erfolgreichen Unternehmerin, Coaching an der Schnittstelle zur Organisationsentwicklung, in: Sulz, Serge K. D., Burkhard, Sabine (Hg.): Das Coaching-Fallbuch, 13 Berichte über effektives Business-Coaching, München 2014
- Pircher, Erika, Geschlechterverhältnisse und Gleichstellungspolitik in Südtirol, in: Südtirol 360 Grad – eine Landschaft auf dem Prüfstand, Hg. Kreisel/ Ruffini/, Reeh/Pörtge, Lana 2010
- Pircher, Erika/Maria Schwarz-Wölzl, Managing Diversity - theoretische Herausforderungen und betriebliche Praxis, in: SWS-Rundschau 4/2005, S. 533-576 - Buchinger, Birgit/ Pircher, Erika/ Ulrike Gschwandtner/ Gabriele Reinstadler: 1 x 1 ist mehr als Eins, Stationen auf dem Weg zur Chancengleichheit, Hg. IG Metall, TRANSNET, Frankfurt/Main 2002 - Pircher, Erika/ Eugene Sensenig-Dabbous: 7 Schritte zur Gleichstellung, Handbuch zu Gleichstellung und Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Hg. Frauenbüro der Stadt Wien/MA 57, Wien 2001
- Pircher, Erika/ Elfriede Ch. Neubauer, Frauenbericht 2000, Die Lebens- und Arbeitssituation von Frauen in Südtirol. Hg. Autonome Provinz Bozen, Bozen 2000
- Buchinger, Birgit/ Erika Pircher/ Ulrike Gschwandtner, Equal Opportunities and collective bargaining in Austria, In: Transfer, European Review of Labour and Research, 2/2000, S. 272-289
- Zemp, Aiha/ Erika Pircher/ Elfriede Ch. Neubauer, Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Frauen mit Behinderung, in: Amann, Gabriele/Rudolf Wipplinger (Hg.), Sexueller Missbrauch, Überblick zu Forschung, Beratung und Therapie, Ein Handbuch, Tübingen 1997, 2. Auflage 1998, S. 738-755
- König, Ilse/ Erika Pircher/ Birgit Buchinger, „Managing E-Quality“ – ein Werkstattbericht, in: Im Aufbruch, Betriebliche Frauenförderung in Österreich, Hg. Bendl, Regine/Ulrike Papouschek/Ulli Pastner, Wien 1998, S. 209-220
- Zemp, Aiha/Erika Pircher, “Weil das alles weh tut mit Gewalt”, Sexuelle Ausbeutung von Mädchen und Frauen mit Behinderung, Schriftenreihe der Frauenministerin Bd. 10, Wien 1996
- Birgit Buchinger/ Erika Pircher, Johanna Bond und das Geheimnis der gläsernen Decke, Ein Handbuch, um Diskriminierungen in der Arbeitswelt auf die Schliche zu kommen, Hg. Bundesministerin für Frauenangelegenheiten, Wien 1995
- Rudolf Benedikter/Norbert Dall’O/Karl A. Kumpfmüller/Giorgio Mezzalira, Erika Pircher (Hg.), Nationalismus und Neofaschismus in Südtirol, Forschungsprojekt des Österreichischen Instituts für Friedensforschung und Friedenserziehung, Wien 1987
- Pircher, Erika, Frauenförderung in Italien: Positive Aktionen, in: Jansen, Mechtild (Hgin), Halbe-Halbe, Der Streit um die Quotierung, Berlin 1986
- Pircher, Erika, Fraueninteressen und Gleichbehandlung am Beispiel des Gleichbehandlungsgesetzes, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 4/1984, S. 443-456
Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Pircher, Erika |
KURZBESCHREIBUNG | Sozialwissenschaftlerin, Hochschullektorin und Feministin |
GEBURTSDATUM | 1956 |
GEBURTSORT | Bozen |