Ottokar II. Přemysl
König Ottokar (II.) von Böhmen, auch Otakar Přemysl, Přemysl Otakar, Ottokar II. Przemysl oder Przemysl Ottokar II. (* im 13. Jahrhundert; † 26. August 1278) aus der Dynastie der Przemysliden herrschte im 13. Jahrhundert über Teile der späteren Republik Österreich.
Herkunft und Familie
König Ottokar (II.)[A 1] war ein Sohn von König Wenzel (I.) von Böhmen aus dessen Ehe mit Kunigunde von Schwaben, einer Enkelin von Kaiser Friedrich I. Barbarossa. Er war zweimal verheiratet,
∞ in erster Ehe (1252-1261) mit Margarete von Österreich († 1266)[1], Schwester von Herzog Friedrich II. von Österreich ("Friedrich dem Streitbaren") und verwitwete Schwiegertochter von Kaiser Friedrich II., kein Nachkommen;
∞ in zweiter Ehe mit Kunigunde von Halitsch († 1285)[2], die nach seinem Tod eine zweite Ehe mit Zawisch von Falkenstein schloss. Der Sage nach soll sie als Weiße Frau in der Wiener Hofburg spuken.
Aus seiner zweiten Ehe hatte König Ottokar mehrere Kinder, darunter
- Prinzessin Kunigunde von Böhmen († 1321)
- Prinzessin Agnes von Böhmen († 1296)
- König Wenzel (II.) von Böhmen († 1305)
Außerdem sind für ihn auch mehrere "natürliche" Kinder belegt, darunter:
- Elisabeth, Ehefrau von Heinrich (VII.) von Kuenring[3]
Ottokars älterer Bruder Markgraf Vladislav (V.) von Mähren war mit der Babenbergerin Gertrud von Österreich, der Nichte von Herzog Friedrich (II.) dem Streitbaren, verheiratet, die ebenfalls die Herrschaft über die Herzogtümer Österreich und Steier für sich beziehungsweise ihre Familie beanspruchte und bei ihrem Kampf gegen König Ottokar zeitweise von der Kurie und vom ungarischen König Béla (IV.) unterstützt wurde.
Herrschaften - Überblick
Ottokar II. herrschte über folgende Länder und Territorien:
- seit 1247 über die Markgrafschaft Mähren[4],
- seit 1249 als Mitregent seines Vaters und seit 1253 als König über das Königreich Böhmen,
- 1251-1276 über das Herzogtum Österreich,
- 1251-1254 und 1261-1276 über das Herzogtum Steier,
- 1269-1276 über das Herzogtum Kärnten mit der Mark Krain.
Sein Versuch, als römisch-deutscher König die Herrschaft über das Heilige Römischen Reiches zu übernehmen, scheiterte.
Weitere wichtige Daten (Schwerpunkt: Geschichte der späteren Republik Österreich)
- 1251: Von den Landständen des Herzogtums Österreich zum Landesfürsten gewählt.[4]
- 1253/54: Widerstand gegen Ottokars Herrschaft in der Stadt Wien, den er mit äußerster Härte niederschlägt. Ottokar lässt eine Reihe von Gegnern seiner Herrschaft hinrichten.[4]
- 3. April 1254: Friede von Ofen zwischen König Ottokar II. und König Bela IV., in welchem die Herzogtümer Österreich und Steier zwischen ihnen aufgeteilt wurden und der größte Teil von Steier vorübergehend an den Ungarnkönig kam. Die Grafschaft Pitten und der Traungau bleiben unter seiner Herrschaft.[4]
- 1260 Schlacht bei Kressenbrunn: Sieg von König Ottokar II. gegen König Bela IV.
- 1261 Friede zu Wien, als Ergebnis der Schlacht von Kressenbrunn. König Ottokar gewinnt endgültig die Herrschaft über das Herzogtum Steier[4]; im selben Jahr Trennung von seiner ersten Frau Margarete und Eheschließung mit seiner zweiten Frau Kunigunde.
- 1269: Nach dem Tod von Herzog Ulrich (III.) von Kärnten, mit dem König Ottokar um 1267 einen Erbvertrag geschlossen hatte, gewinnt dieser die Herrschaft über das Herzogtum Kärnten mit der Mark Krain.
- 1270: König Bela IV. lässt Gebiete zwischen Wien und Wiener Neustadt verwüsten.[4]
- 1273: Wahl des Grafen Rudolf (IV.) von Habsburg zum römisch-deutschen König. Diese Wahl wurde von Ottokar nicht anerkannt und sollte ihm letztlich zum Verhängnis werden.
- 1276 beruft Ottokar Ritter und Bürger der Stadt Wien zu politischen Gesprächen nach Prag. Als Rudolf I. im Oktober und November des Jahres Wien einige Wochen lang belagerte, konnte er die Stadt, die ihm Widerstand leistete, nicht einnehmen.[4]
- 1276: Friede von Wien: Ottokar II. behält die Herrschaft über das Königreich Böhmen und die Markgrafschaft Mähren, muss aber auf die übrigen neu gewonnenen Länder und Territorien, darunter die Herzogtümer Österreich, Steier und Kärnten verzichten.
- 26. August 1278: Schlacht auf dem Marchfeld, in der Ottokar getötet wird.[1]
Orte mit Bezug zu König Ottokar II. im heutigen Österreich
Niederösterreich
- Hainburg: Hier heiratete König Ottokar am 11. Februar 1252 seine erste Ehefrau Margarete.
- Marchegg: Diese Stadt soll König Ottokar 1268 gegründet haben.
Steiermark
- Bruck an der Mur: Diese Stadt soll König Ottokar um 1260/63 gegründet haben.
- Leoben: Diese Stadt soll König Ottokar um 1261/63 gegründet haben.
Wien
- Unter König Ottokar wurden der Ausbau der Wiener Hofburg und das Westwerk des Wiener Stephansdoms weitergeführt. Nach der Wahl Rudolfs I. ließ Ottokar die Befestigung der Stadt Wien durch zwei viereckige Stadtburgen verstärken. Die eine wurde 1275 beim Widmertor errichtet (heute Teil des Schweizertrakts der Wiener Hofburg), die andere 1276 beim Bibertor (wo später das Dominikanerinnenkloster St. Laurenz erbaut wurde).[4]
- Nach seinem Tod wurde Ottokars Leiche nach Wien gebracht und dort zunächst im Schottenkloster[5] und dann mehrere Monate lang im Minoritenkloster aufgebahrt. Später wurde die Leiche nach Znaim und dann nach Prag überführt.[1] Nach einer Eintragung im Totenbuch des Klosters wurde das Herz aber in der Wiener Minoritenkirche beigesetzt.[5]
Erinnerungen an König Ottokar in der heutigen Republik Österreich
Niederösterreich
- Jedenspeigen: Im Osttrakt des Schlosses Jedenspeigen befindet sich eine Ausstellung zur Schlacht auf dem Marchfeld.
König Ottokar in Sage und Legende
Um König Ottokar haben sich (vermutlich nach 1278) einige Sagen gebildet, in denen seine Herrschaft über das Herzogtum Österreich als eine Schreckensherrschaft dargestellt ist. In diesen werden auf seinen Befehl hin österreichische Adelige, mit denen er Konflikte hat, am Schwanz von Pferden durch die Stadt Wien geschleift, ehe er sie, mit eisernen Ketten gefesselt, am öffentlichen Galgen aufhängen lässt. Oder er lässt sie in den Stadttürmen von Wien durch Feuer hinrichten[A 2].[6] An der Berichterstattung in den Chroniken, die im Wesentlichen die Sagenbildung um König Ottokar zu verantworten hat, zeigt sich sehr anschaulich, wie das Bild einer tatkräftigen und zunächst auch erfolgreichen Herrscherpersönlichkeit des Mittelalters, nach ihrer späteren Niederlage bereits in Berichten von Zeitgenossen verzerrt und diffamiert wird.
Darstellungen in Literatur und Belletristik
Sein Konflikt mit König Rudolf I. wurde mehrmals für die Theaterbühne gestaltet, wobei Ottokar gewöhnlich der "Bösewicht" ist, der allerdings im Mittelpunkt steht, während die Figur des "braven" und "redlichen" Rudolfs eher farblos wirkt.[7]
Dramen (Auswahl)
- N. Vernulaeus: Ottocarus Bohemiae Rex, Schauspiel (1626)
- C. Calaminus: Rudolph-Ottocarus, Schauspiel (1694)
- Lope de Vega: La imperial de Otón, Schauspiel (vor 1635)
- August von Kotzebue: Rudolph von Habsburg und König Ottokar von Böhmen, Schauspiel (1815), auch Ottokars Tod, Bearbeitung von Joseph Schreyvogel.[7]
- Franz Grillparzer: König Ottokars Glück und Ende, Schauspiel (1825), Uraufführung: Burgtheater in Wien.
König Ottokar in zeitgenössischen Darstellungen
- Gutolf von Heiligenkreuz: Historia annorum 1264-1279 (Im 19. Jahrhundert von Wilhelm Wattenbach ediert)[8]
Literatur
- Jörg K. Hoensch: Přemysl Otakar II. von Böhmen. Der goldene König. Verlag Styria, Graz etc., 1989, ISBN 3-222-11910-4
Lexika-Artikel
- Felix Czeike (Hrsg.): Ottokar II. Přemysl. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 474–475.
- Alfons Huber: Ottokar II., König von Böhmen. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Duncker & Humblot, Leipzig, 1887, Band 24, S. 768-772 digital
- Robert Luft: Přemysl Otakar II. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Duncker & Humblot, Berlin, 2001, Band 20, S. 697–699, ISBN 3-428-00201-6 digital
Literatur zu Spezialgebieten (Schwerpunkt Gebiete in den Bundesländern des heutigen Staates Österreich)
- Heinz Dopsch - Karl Brunner - Maximilian Weltin (Hrsg.): Österreichische Geschichte 1122–1278. Die Länder und das Reich. Der Ostalpenraum im Hochmittelalter. Verlag Ueberreuter, Wien, 1999. ISBN 3-8000-3525-1
- Reinhard Härtel: Böhmens Ausgriff nach Süden. In: Ivan Hlaváček - Alexander Patschovsky (Hrsg.): Böhmen und seine Nachbarn in der Přemyslidenzeit (= Vorträge und Forschungen. Hrsg. vom Konstanzer Arbeitskreis für mittelalterliche Geschichte. Bd. 74). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2011. ISBN 978-3-7995-6874-6. S. 203-245
- Irene Wolfram: Marchegg in den Jahren 1268 bis 1278. Eine Gründung im Kontext von Ottokar II. Přemysl und dem Johanniterorden von Mailberg. (Ungedruckte) Diplomarbeit, Universität Wien, 2012
Weblinks
- Ottokar II. Přemysl im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
- König Ottokar II. von Böhmen, GedaechtnisDesLandes.AT
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ottokar II. Přemysl. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 474.
- ↑ vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ottokar II. Přemysl. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 474–475.
- ↑ vgl. Karl Brunner: Die Kuenringer. Adeliges Leben in Niederösterreich (= Wissenschaftliche Schriftenreihe Niederösterreich 53). Verlag Niederösterreichisches Pressehaus, St. Pölten / Wien, 1980. ISBN 3-85326-539-X, Stammtafel
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 4,7 vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Ottokar II. Přemysl. In: Historisches Lexikon Wien. Band 4, Kremayr & Scheriau, Wien 1995, ISBN 3-218-00546-9, S. 475.
- ↑ 5,0 5,1 vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien: Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 48
- ↑ vgl. Ferdinand Opll: Nachrichten aus dem mittelalterlichen Wien: Zeitgenossen berichten. Böhlau Verlag, Wien / Köln / Weimar, 1995, ISBN 978-3-205-98372-9, S. 37
- ↑ 7,0 7,1 vgl. Elisabeth Frenzel: Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte (= Kröners Taschenausgabe Bd. 300), Verlag Alfred Kröner, Stuttgart, 7., verbesserte und erweiterte Auflage 1988, ISBN -520-30007-9, S. 583
- ↑ vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Gutolf von Heiligenkreuz. In: Historisches Lexikon Wien. Band 2, Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 647. digital
Anmerkungen
- ↑ Für König Přemysl Otakar II. (Przemysl Ottokar II., Ottokar II. Przemysl) finden sich in der Sekundärliteratur verschiedene Namensbezeichnungen. In Österreich war und ist er als Ottokar II. bekannt. Da es in diesem Artikel um die Geschichte jener Gebiete geht, die heute zur Republik beziehungsweise zum "EU-Land" Österreich gehören, wird hier die Bezeichnung Ottokar verwendet.
- ↑ Hier könnte auch die Erinnerung daran, dass die Stadt Wien während König Ottokars Herrschaft von einigen schweren Stadtbränden heimgesucht wurde, eingeflossen sein.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Friedrich der Streitbare Gertrud von Österreich und Steier / Hermann von Baden | Herrscher über das Herzogtum Österreich 1251–1276 | Graf Albrecht (V.) von Habsburg unmittelbar: König Rudolf (I.) 1278-1282 (Verweser) |
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Friedrich der Streitbare Gertrud von Österreich und Steier / Hermann von Baden | Herrscher über das Herzogtum Steier 1251-1254 bzw. 1261–1276 | Graf Albrecht (V.) von Habsburg unmittelbar: König Rudolf (I.) 1278-1282 (Verweser) |
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
---|---|---|
Ulrich (III.) von Spanheim | Herrscher über das Herzogtum Kärnten 1261–1276 | Graf Meinhard (I.) von Görz-Tirol unmittelbar: König Rudolf (I.) 1278-1286 (Verweser) |
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