Rudolf III. von Montfort
Graf Rudolf (III.) von Montfort zu Feldkirch (* im 13. Jahrhundert, um 1260; † 1334, am 27. oder 28. März, in Arbon)[A 1], als Persönlichkeit in der Geschichtsforschung umstritten, gehörte als Bischof von Chur und Konstanz zu den bedeutenden geistlichen Reichsfürsten seiner Zeit. Als Verwalter der Grafschaft Feldkirch traf er einige für die Entwicklung des späteren Bundeslandes Vorarlberg wesentliche Entscheidungen.
Herkunft und Familie
Graf Rudolf (III.) von Montfort zu Feldkirch zählt zu den bekanntesten Familienmitgliedern der Grafenfamilie von Montfort.[1] Er war einer der Enkel von Graf Hugo (I.) von Montfort († um 1237) und war einer der Söhne des Grafen Rudolf (II.) von Montfort zu Feldkirch aus dessen Ehe mit Gräfin Agnes von Grieningen. Er war ein Bruder der Grafen Hugo (IV.) († 1310) und Graf Ulrich (II.) († 1350) von Montfort-Feldkirch.[2]
Anfänge
Rudolf (III.), der 1283 erstmals als Domherr zu Chur urkundlich genannt ist, dürfte dort die Stiftsschule besucht und dort auch die niederen Weihen empfangen haben.[3] Mehrere Mitglieder seiner Familie hatten bereits zuvor dort mehr oder weniger Karriere gemacht, so sein Großonkel, Graf Heinrich (I.) von Montfort († um 1272), und sein Onkel Graf Friedrich (II.) von Montfort († 1290), die beide bis zu ihrem Tod als Bischöfe von Chur wirkten. Ein weiterer Großonkel, Graf Friedrich (I.) von Montfort († um 1284/85), machte eine ziemlich mittelmäßige Karriere als Domherr, während es ein zweiter Onkel, Graf Heinrich (II.) von Montfort († um 1307), immerhin zum Dompropst brachte.[4]
1301 hielt sich Rudolf (III.) gemeinsam mit seinem Bruder Hugo (IV.) in Bischofslack bei Laibach auf, das damals zum Hochstift Freising gehörte.1303-ca. 1306 erwarb er gemeinsam mit seinem anderen Bruder Ulrich (II.) an der Hochschule zu Bologna, wo bereits sein verstorbener Cousin, Graf Hugo (VI.) von Montfort († 1298), 1285-1288 studiert hatte, solide Kenntnisse in der Kanonistik und im römischen Recht.[5]
Dompropst von Chur
1307-1322 war Rudolf (III.) Dompropst zu Chur und führte als solcher 1311-1319 sein eigenes Siegel. Seit 1310 kümmerte er sich außerdem um die Stellvertretung des Bischofs von Chur, welche ihm aus Anlass des Romzuges von Kaiser Heinrich VII. († 1313) übertragen worden war.[6] Für diese Aufgabe wurden Rudolf (III.) alle geistliche Jurisdiktionsgewalt und die volle weltliche Verwaltung und Gerichtsbarkeit übertragen. Auch nach der Rückkehr des Bischofs um 1314 überließ ihm dieser weiterhin die gesamte Verwaltungstätigkeit.[7] 1308-1324 war Rudolf außerdem noch Pfarrer von Tirol.[8]
Bischof von Chur und Konstanz
1322-1325 war Rudolf (III.) Bischof von Chur und 1322-1334 Bischof von Konstanz sowie Abt von St. Gallen.[1] Als er noch im selben Jahr seiner Einsetzung als Bischof von Chur Bischof von Konstanz wurde, erlaubte ihm der Papst bis Juni 1325 weiterhin Administrator von Chur bleiben, um seine Stellung als Bischof von Konstanz zu stärken. In diese Zeit fällt Rudolfs Fehde gegen Donat von Vaz († um 1337), bei der er bei Davos und Filisur geschlagen wurde. Für das Hochstift, das Rudolf (III.) viele Jahre ausgezeichnet verwaltet hatte, war die Fehde eine Katastrophe. Neben dauerhaften Schaden, von dem besonders die bäuerliche Bevölkerung betroffen war, hatte sie die langfristige Schmälerung der Einkünfte zur Folge.[9]
Erst nach seiner Wahl zum Bischof von Konstanz ließ sich Rudolf (III.), vermutlich im Frühjahr 1323, zum Diakon, Priester und Bischof weihen. Das Hochstift selbst befand sich zu dieser Zeit in einem desolaten Zustand: zahlreiche Güter waren "entfremdet", die Finanzen zerrüttet und bedeutende Zahlungen an die Kurie überfällig.[9] Rudolf (III.) legte dort den "Liber quartarum" an, um sich einen Überblick über die Einkünfte des Hochstiftes zu verschaffen. Es gelang ihm tatsächlich die Rückerwerbung von zahlreichen Gütern.[10] Als Bischof von Konstanz holte er einige seiner zuvor in Feldkirch tätigen Beamten in sein Hochstift, so Meister Johann der Huser, den er zu seinem bischöflichen Siegelbewahrer machte, und Hugo von Tosters, der sein bischöflicher Vogt in Klingnau wurde. Außerdem versuchte er das Hochstift Konstanz zu reformieren.[11] Zwar ging es dem Bischof dabei tatsächlich um die Abschaffung von Missständen, doch erhöhten Maßnahmen, so zum Beispiel die Einführung von Strafgeldern, auch seine bischöflichen Einkünfte.[12] Daneben versuchte er, die städtische Autonomie seiner freien Stadt Konstanz, die wesentliche Unterstützung des Kaisers erhielt, zugunsten der bischöflichen Machtposition zurückzudrängen. In diesem Zusammenhang förderte er andere benachbarte Orte gegen Konstanz.[13]
Politik im Reich
Nach der Doppelwahl von 1314 unterstützte Rudolf (III.) König Friedrich "den Schönen" († 1330) gegen König Ludwig (IV.) "dem Bayern" (†1347).[14] Auch nach der Schlacht bei Mühldorf (28. September 1322) blieb Bischof Rudolf im Unterschied zu anderen Mitgliedern der Grafenfamilie von Montfort auf Seiten der Habsburger. Durch den Konflikt zwischen Kaiser Ludwig (IV.) "dem Bayern" († 1347) und Papst Johannes XXII. († 1334), an dem sich auch die freie Stadt Konstanz, die von Kaiser Ludwig (IV.) wesentlich gefördert wurde[13], und das dortige Domkapitel beteiligten, geriet Bischof Rudolf allerdings allmählich zwischen die politischen Fronten.[15] Die Lage verschärfte sich für ihn, nachdem Kaiser Ludwig mit den Habsburgern 1325 eine Einigung erreicht hatte und der Papst während und nach Ludwigs Italienzug seine Linie gegen den Kaiser verschärfte. Die antipäpstliche Stimmung in einer Reihe von Städten, darunter Konstanz, welche sich den päpstlichen Maßnahmen gegen den Kaiser widersetzte, hatte zur Folge, dass diese mit dem Interdikt belegt wurden.[13] Während sein Bruder Ulrich (II.), der inzwischen die Herrschaft über die Grafschaft Feldkirch ausübte, weiterhin Gegner des Kaisers blieb, unterwarf sich Bischof Rudolf am 1. September 1333 dem Kaiser. Es scheint, dass sowohl der Papst als auch der Bischof als Folge einen endgültigen Bruch zunächst vermieden. Bischof Rudolf verfiel zwar dem Kirchenbann, doch wurde kein persönlicher Bann von Seiten des Papstes über ihn verhängt und er blieb Bischof von Konstanz. Allerdings entzog der Papst ihm im Oktober 1333 die Administration über St. Gallen, allerdings ohne Angabe von Gründen, und Rudolf leistete auch keinen Widerstand gegen diese Entscheidung.[16] Da der Bischof wenig später starb, bleibt offen, wie sich dieser Konflikt weiterentwickelt hätte. Dass er im Kirchenbann starb, hatte jedenfalls zur Folge, dass er zunächst ungeweihter Erde bestattet wurde und ihm das Konstanzer Münster eine Jahrzeit verweigerte. Erst 20 Jahre nach seinem Tod wurde er mit päpstlicher Erlaubnis in der Galluskapelle an seinem Sterbeort Arbon beigesetzt.[17]
Verweser der Grafschaft Feldkirch
Nach dem Tod seines Bruders Hugo (IV.) übernahm Rudolf (III.), gemeinsam mit seinem anderen Bruder Ulrich (II), der wie er eine Klerikerlaufbahn eingeschlagen hatte, die Verwaltung der Grafschaft Feldkirch und die Vormundschaft über Hugos noch unmündige Söhne. 1311 schloss er ein Bündnis zwischen der Grafschaft Feldkirch und der Stadt Konstanz.[18] Noch im selben Jahr führte er in Feldkirch eine Fehde mit aufsässigen Dienstleuten und belagerte dabei die Neuburg (heute Teil der Gemeinde Koblach[7] Danach begann Rudolf (III.) damit in der Grafschaft Feldkirch erstmals so etwas wie eine moderne Beamtenschaft aufzubauen. 1310 werden erstmals die Schreiber Konrad und Rudolf genannt. 1323 ist erstmals ein Stadtschreiber in Feldkirch nachgewiesen.[11]
Als Verwalter der Grafschaft Feldkirch förderte er die Ansiedlung der Bevölkerungsgruppe der Walser im heutigen Bundesland Vorarlberg, die er zu Kriegsdiensten verpflichtete, aber auch mit besonderen Privilegien ausstattete.[19] Da er Geldgeber benötigte, holte er gemeinsam mit Ulrich (II.) († 1350) Juden nach Feldkirch, die zuvor vermutlich in Konstanz ansässig gewesen waren.[20] Er anerkannte die Bürgerschaft der Stadt Feldkirch als juristische Person und verschaffte der Stadt um 1313 ein Privileg von Kaiser Heinrich VII. († 1313), durch welches sie ein Stadtrecht erhielt und ihr die Freiheit von fremden Landgerichten zugestanden wurde.[18] Dieses "Feldkircher Recht" orientierte sich teilweise am Stadtrecht der Stadt Lindau.[21] Gemeinsam mit seinem Bruder Ulrich veranlasste Rudolf (III.) wenig später, dass das "Feldkircher Recht" erstmals kodifiziert wurde.[18]
Rudolf (III.), der sich als Seelsorger um eine echte Reformation der Kirche, bemühte, förderte auch die Pfarre in Feldkirch, die er mit Scholaren aus Bologna (Heinrich Malär, dann Heinrich von Wetzikorn) besetzte. 1328 stiftete er in der Pfarrkirche, die dem Heiligen Nikolaus geweiht war, zur Hebung der Seelsorge den Heilig-Kreuz-Altar.[19] Nach seinem Tod wurde er dort durch Feier seiner Jahrzeit geehrt.[22]
Forschungslage
Während das zu Rudolf (III.) überlieferte Bildmaterial auf seine historisch-politische Bedeutung im Thronstreit verweist, der sich letztlich zu einer grundsätzlichen Auseinandersetzung zwischen Kaiser und Papst entwickelte, bezeugen die zahlreichen Weihe- und Ablassurkunden eine tiefe Frömmigkeit, die in einem eigenartigen Widerspruch zu den kriegerischen Idealen steht, denen sich Rudolf III. Zeit seines Lebens verpflichtet fühlte.[23]
Literatur
- Karl Heinz Burmeister: Montfort, Grafen von. In: Neue Deutsche Biographie. Duncker & Humblot, Berlin, 1997. ISBN 3-428-00199-0. Bd. 18, S. 51-54 digital
- Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort. Geschichte, Recht, Kultur. Festgabe zum 60. Geburtstag. Hrsg. von Alois Niederstätter (= Forschungen zur Geschichte Vorarlbergs. Hrsg. vom Vorarlberger Landesarchiv. N. F., Bd. 2). UVK Universitätsverlag Konstanz (UVK), Konstanz, 1996. ISBN 3-87940-560-3, besonders folgende Aufsätze:
- - Karl Heinz Burmeister: Rudolf III. von Montfort (1260-1334). Bischof von Chur und Konstanz, S. 143-160
- - Karl Heinz Burmeister: Graf Rudolf III. von Montfort und die Anfänge der Vorarlberger Freiheitsrechte S. 143-160
- Alexander Cartellieri: Rudolf, Graf von Montfort. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Duncker & Humblot, Leipzig, 1907. Bd. 53, S. 582–584 digital
- Brigitte Degler-Spengler: Rudolf von Montfort. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Duncker & Humblot, Berlin, 2005. ISBN 3-428-11203-2. Band 22, S. 175f. digital
Weblinks
- Stammtafel der Grafenfamilie von Montfort
- Vorarlberg Chronik, APPS.VOL.AT, eingesehen am 16. Juli 2023
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 22
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 307 und 308 (Stammtafeln)
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 145f.
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 145
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 21 und S. 146
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 147
- ↑ 7,0 7,1 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 149
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 31 und 148
- ↑ 9,0 9,1 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 153
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 153f.
- ↑ 11,0 11,1 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 151
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 154
- ↑ 13,0 13,1 13,2 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 155
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 40
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 41, S. 157 und S. 158
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 158
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 41 und S. 159
- ↑ 18,0 18,1 18,2 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 21
- ↑ 19,0 19,1 vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 150
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 21 und S. 150
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 54
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 159
- ↑ vgl. Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 144
Anmerkungen
- ↑ Daten nach Karl Heinz Burmeister: Die Grafen von Montfort, 1996, S. 145 und S. 308 (Stammtafel)
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