Klöster in Kärnten
Das monastische Kärnten
Um einer Sache gerecht werden zu können, ist es notwendig, sich mit ihr auseinanderzusetzen. In ganz besonderer Weise gilt dies für das Mönchtum. Zum einen deshalb, weil viele Menschen kein Verständnis für das klösterliche Leben aufzubringen vermögen; zum anderen, weil manche Kreise nur zu gerne geneigt sind, sich abfällig über Ordensgemeinschaften zu äußern. Diese Einstellung und diese Haltung können auf Verkennung zurückzuführen sein, viel häufiger entspringen sie allerdings einer Verachtung, für die man auch Gründe vorzubringen weiß. Es ist unbestritten, dass es hinter Klostermauern zeitweise zu Unzulänglichkeiten kam, aber es besteht deswegen kein Grund, das Mönchtum schlechthin abzulehnen. Verfallsepochen und Irrwege hat es zwar gegeben, aber sie verlieren an Gewicht, wenn man an die Leistungen denkt, die von Ordensleuten vollbracht wurden. Diese Leistungen sind selbst dann noch imponierend, wenn man das religiöse Gebiet ausklammern und nur das kulturelle und wirtschaftliche gelten lassen wollte.
Die Entwicklung Europas wurde von den Klöstern entscheidend beeinflusst. Kärnten, das lang gestreckte Alpental zwischen den Karawanken und den Tauern, zunächst von Aquileja christianisiert und nach den Wirren der Völkerwanderung ein zweites Mal von Salzburg missioniert, stand nach der ersten Jahrtausendwende ebenfalls unter dem Einfluss bedeutender Stifte. Die Mönche und Nonnen trugen zur Lösung der Zeitprobleme bei und wirkten mit am geistigen und materiellen Aufbau des Herzogtums.
Zu denen, die das religiöse, kulturelle und wirtschaftliche Leben im Mittelalter formten, gehören in erster Linie die Benediktiner, die in Kärnten eine wahrhaft segensreiche Tätigkeit entfalteten. Fast über das ganze Gebiet verstreut lagen ihre Stützpunkte.
Das erste Benediktinerkloster war jenes zu Ossiach. Zum Stifter hatte die Mönchsniederlassung die Eltern des Kirchenfürsten Poppo, in dem uns der erste deutsche Patriarch von Aquileja begegnet. Da die Stiftungsurkunde nicht auf uns gekommen ist und auch spätere archivalische Nachrichten das Jahr der Stiftung nicht nennen, wissen wir nicht, in welchem Jahr die Mönche nach Kärnten kamen und sich am Gestade des Ossiacher Sees niederließen. Die erste urkundliche Erwähnung des Klosters geschieht 1028; König Konrad II. bestätigte damals in einem Dokument die Stiftung des bayrischen Grafen.
Obwohl das Seestift eine gedeihliche Entwicklung nahm, konnte es nicht durch große Bauschöpfungen brillieren. Im ausgehenden Mittelalter fiel die Klosteranlage einem Brand zum Opfer. Anlässlich ihres Wiederaufbauers erfolgte auch eine gründliche Umgestaltung. In der Barockzeit erhielten Kirche und Konventgebäude eine sehenswerte künstlerische Ausschmückung. Unter Kaiser Joseph II. wurde das Benediktinerkloster, das seit langem mit finanziellen Schwierigkeiten kämpfte, aufgehoben.
Das zweite Seestift der Benediktiner entstand in Millstatt. Es wurde vermutlich in den achtziger Jahren des 11. Jahrhunderts gegründet und blieb zunächst ein Eigenkloster der Brüder Aribo und Poto, die es gestiftet hatten. Sie entstammten einem bayrischen Pfalzgrafengeschlecht und waren in der Gegend von Millstatt begütert. Aribo ist übrigens der Stammvater der Grafen von Görz. Engelbert von Görz unterstellte das Millstätter Kloster 1122 der Kirche und dem Papst. Die Benediktiner ließen am See ein schönes Stift im romanischen Stil errichten, das noch heute jeden Besucher fasziniert. Wie jedes Kloster geriet auch jenes von Millstatt im Laufe der Jahrhunderte in Krisen, während sie jedoch anderswo überwunden wurden, vermochte der Konvent der Benediktiner in Millstatt bereits im 15. Jahrhundert nicht mehr die Schwierigkeiten zu meistern. Wirtschaftliche Verschuldung und das Nachlassen der religiösen Disziplin beschworen 1469 die Aufhebung der religiösen Gemeinschaft durch den Papst herauf. Es war zwar ein gewaltsamer Abbruch, aber er war unvermeidbar.
Hinter den auswärtigen Stiftern wollten auch die bedeutenden Familien des Landes nicht zurückstehen. Engelbert von Spanheim ließ zu Beginn der neunziger Jahre des 11. Jahrhunderts seine in Sankt Paul im Lavanttal gelegene Burg in ein Kloster umwandeln. Seinen Sohn schickte er nach Hirsau im Schwarzwald, um die dortigen Benediktiner zu bitten, die Stiftung zu übernehmen. Die Übergabe erfolgte am 1. Mai 1091. Um das Kloster fremden Einflüssen zu entziehen, erwirkte der Spanheimer 1093 eine päpstliche Schutzbulle. Wie Millstatt erhielt auch Sankt Paul eine prachtvolle romanische Basilika. Im 17. Jahrhundert wollte man das Stift zu einem Escorial umbauen, aber der Klosterpalast konnte nie vollendet werden. Die Sankt Pauler Niederlassung der Benediktiner gelangte schon im Mittelalter zu großem Reichtum, der trotz der Fehden, in die der Abt hineingezogen wurde, und des völligen Niedergangs des Klosters zu Beginn der Neuzeit nicht zerrann. Das Stift war noch in der josephinischen Zeit reich begütert, was ihm übrigens zum Verhängnis wurde. Es wurde nämlich nicht aufgehoben, weil man die Reformen durchführen wollte, sondern weil man ein Auge auf die großen Besitzungen geworfen hatte. Doch über dem Kloster stand ein guter Stern. Schon 1809 konnte es seiner Bestimmung wieder zugeführt und durch Mönche aus Sankt Blasien im Schwarzwald neu besiedelt werden.
Sankt Paul ist das einzige Benediktinerkloster Kärntens, das alle Wirrnisse der Zeit überdauerte und heute noch besteht, denn auch das 1106 in Arnoldstein gegründete Benediktinerkloster fiel im späten 18l. Jahrhundert der Aufklärung zum Opfer.
Die Benediktiner beteten und arbeiteten. Sie führten ein strenges Leben, rodeten das Land, gaben vielen Menschen Arbeit und Brot. Hinzu kamen die seelsorgliche Tätigkeit und die erfolgreiche Bildungsarbeit. Jedes Benediktinerkloster war auch ein kultureller Mittelpunkt.
Die Mönchsklöster waren lange Zeit die eigentlichen Träger der wissenschaftlichen Bildung. Das älteste der uns bekannten und in Kärnten verwendeten Lehrbücher ist die Millstätter Genesis, die zwar in Regensburg entstanden sein dürfte, aber vom 12. Jahrhundert an im Besitz der Benediktiner in Millstatt war. Der Band mit seinem frühmittelalterlichen Deutsch enthält die Genesis, den Physiologus und den Exodus sowie kleinere Beiträge, wie die „Vom Recht“, „Die Hochzeit“, „Sündenklage“, „Paternoster“ und „Himmlisches Jerusalem“. Die ersten zwei Teile sind reich bebildert, so dass auch Personen das Buch benützen konnten, die des Lesens nicht kundig waren.
Ein anderes mittelalterliches Schulbuch besitzt die Österreichische Nationalbibliothek in Wien. Es besteht aus einer lateinischen Spruchsammlung des Benediktinerstiftes Sankt Paul, wobei die Merkverse mit deutschen Randglossen versehen wurden. Bei der Zusammenstellung des Unterrichtsbehelfes wurde offenbar Mergenbergs Buch der Natur verwendet. Daraus ist zu ersehen, dass der Stoff, der den Schülern geboten wurde, über religiöse Unterweisung hinausging und auch Allgemeinbildung umfasste. Als Entstehungszeit der lateinischen Spruchsammlung nimmt die Wissenschaft die sechziger Jahre des 15. Jahrhunderts an.
Zu den Pionieren in Ordenskleidung zählten weiters die Zisterzienser in Viktring, die Prämostratenser in Griffen und die Augustiner-Chorherren in Eberndorf. Das Zisterzienserkloster in Viktring wurde 1142 gegründet und bestand bis 1786. Im gleichen Jahr wurde auch das 1236 gestiftete Kloster der Prämostratenser aufgehoben. Die Augustiner-Chorherren wirkten südlich der Drau ab dem Jahr 1106. Von ihrem Kloster in Eberndorf aus betreuten sie die Pfarren des Jauntales, bis die Gemeinschaft 1604 aufgelöst wurde. Die Missstände hatten derart überhandgenommen, dass man sich zu diesem schmerzlichen Schritt entschließen musste.
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Keine bedeutende Rolle kam in Kärnten den geistlichen Ritterorden zu. Der Deutsche Ritterorden, der urkundlich 1213 aufscheint, hatte ein Spital in Friesach. Später bekam er die Kirche und die Komturei im Städtchen. Die Johanniter, später Malteser genannt, besaßen vorübergehend ein Gut und ein Haus in Friesach und erhielten 1263 Kirche und Pfarre von Pulst.
Der Sankt-Georgs-Ritter-Orden erhielt nach Schließung des Millstätter Benediktinerstiftes die noch immer umfangreichen Besitzungen des Seestiftes, aber er vermochte seine Aufgabe, nämlich das Land vor den Türken zu schützen, nicht zu erfüllen. Es mangelte der Gemeinschaft nicht bloß an Geld, sondern auch an Nachwuchs. Nach dem Tod des dritten Hochmeisters verfiel die Stiftung. Sie hatte sich als Utopie erwiesen.
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Große Volksverbundenheit erlangten in Kärnten die Dominikaner, Minoriten, Franziskaner, Kapuziner und Serviten. Nicht zu übersehen ist ihr Einfluss, den sie auf die Volksfrömmigkeit genommen haben.