Erpfenstein
Erpfenstein, volkstümlich auch die Oberburg genannt, ist eine abgegangene Burg im heutigen Bundesland Tirol, die sich an einer verkehrstechnisch wichtigen Stelle im ehemaligen Grenzgebiet zwischen dem Erzstift Salzburg und dem Herzogtum Bayern befand. Sie wurde im 14. Jahrhundert erbaut und bereits im 15. Jahrhundert wieder aufgegeben. Interessant ist sie wegen der zahlreichen Funde, die innerhalb ihrer noch erhaltenen Mauerreste gemacht wurden.
Die Lage und das Bauwerk
Die Burg Erpfenstein lag auf einer Felsnase östlich des gleichnamigen Weilers über der Schlucht des Putzenbachs auf dem Areal der heutigen Gemeinde Kirchdorf in Tirol.[1] Erpfenstein war eine relativ kleine Burg.[2] Von der relativ kleinen Burganlage sind nur einige Mauerreste der Befestigungsmauern erhalten.[1] Unterhalb von diesen befand sich eine Unterburg, die vermutlich ein Wirtschaftsgebäude gewesen sein dürfte.[2] Auffällig ist, dass sich innerhalb der Befestigungsmauern sehr viele Funde erhalten haben, darunter besonders viele Gegenstände des täglichen Gebrauchs aus Eisen und Buntmetall sowie Glas- und Keramikfunde und Tierknochen.[3]
Der Burgname
Die Burgname Erpfenstein ist nicht belegt, sondern geht auf den Historiker Josef Bichler zurück, der in einer Auflistung von Edelleuten des Gerichts Kitzbühel aus dem Jahr 1416 eine Verbindung zwischen dem dort letztgenannten Martin Münichauer ("'Mart Münichawer unter Erpphestein") und der Burg vermutete.[3] Im Volksmund wird Erpfenstein auch die Oberburg genannt.[4]
Geschichte
Zur eigentlichen Burg Erpfenstein gibt es als Quelle nur die archäologisch erforschten Überreste, schriftliche Quellenbelege gibt es bisher nur für die Unterburg. Daher fehlen gesicherten Hinweise auf Bauherren oder Familien, die auf der Burg saßen oder sie verwaltet haben.[2] Die Burg lag jedenfalls in einer zu ihrer Entstehungszeit verkehrsmäßig wichtigen Gegend. Sie befand sich in der früheren Grafschaft Leukental, östlich von ihr gab es das Gericht Lofer, das zu ihrer angenommenen Erbauungszeit dem Erzstift Salzburg gehörte, ca. 15 Kilometer von ihr entfernt lag der Pass Strub. Die Grafschaft Leukental war einst ein herzoglich-bayrisches Lehen der Grafenfamilie von Falkenstein-Neuburg und kam um 1240 direkt unter die Verwaltung der Herzöge von Bayern (Wittelsbacher). In der Forschung gilt daher als vorstellbar, dass diese auch die Burg Erpfenstein errichten ließen.[2]
Erbaut wurde Erpfenstein wahrscheinlich Mitte des 13. Jahrhunderts und bereits im 14. Jahrhundert wieder aufgegeben.[1] Da bisher keine früheren Hinweise für eine Bebauung gefunden wurde, dürfte die Burg damals auf noch unbesiedelten Neuland errichtet worden sein. Neben Wohn- und Wirtschaftszwecken erfüllte sie wahrscheinlich auch wehrtechnische Funktionen.[2]
Einzig die Unterburg wird 1347 im Zusammenhang mit einer Stiftung genannt. Damals gehörte sie Agnes, der Ehefrau von Otto von Walchen, die den jährlichen Ertrag dieses Gutes mit Zustimmung ihrer Tochter und ihres Enkels einem Dominikaner zu Landshut und ihrer Gesellschafterin Ursula stiftete. Nach dem Tod der beiden damit Bedachten sollte er dann an das Landshuter Dominikanerkloster gehen, die Wirtschaftsführung wurde den Dominikanerinnen von Altenhohenau übertragen. Die Herren von Walchen waren damals einflussreiche Ministeriale[A 1] des Erzstiftes Salzburg, waren aber auch Lehensträger der Herzöge von Bayern (Wittelsbacher), mit denen sie wegen ihrer "Doppelministerialität" häufig in Konflikt standen. Vielleicht wurde Burg Erpfenstein während eines dieser Konflikte zerstört. Vom Erzstift waren die Herren von Walchen mit dem Gericht Lofer belehnt, als bayerisch-herzogliche Lehen gehörte ihnen außerdem das östlich von Erpfenstein gelegene Dorf und Gericht Waidring sowie die dortigen Hofmarken Waidring und Pillersee. Nach einem oberbayerischen Urbar besaßen sie zudem, wenngleich ohne Rechtstitel, in Kirchdorf eine Taverne. Die Burg Erpfenstein könnten ihnen vielleicht ebenfalls als bayerisch-herzogliches Lehen gehört haben.[3]
Die Schenkung von Adelheid von Walchen, die 1347 verbrieft wurde und in der Erpfenstein nicht genannt wird, dient in der Geschichtsforschung gewöhnlich als Argument dafür, dass die Burg damals schon längst nicht mehr existiert hat. Allerdings ist sie weder im oberbayerischen Urbar um 1280 noch in den Rechtsentscheidungen im Streit der Brüder Albero und Otto von Walchen oder bei den Erbauseinandersetzungen der Herren von Walchen mit den Herren von Goldegg genannt.[3]
Literatur
- Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch. Nordtiroler Unterland (= Tiroler Burgenbuch XI.). Athesia Verlag, Bozen, 2019. ISBN 978-88-6839-358-8. S. 317-321
- Herwig Pirkl: Zum Stand der Burgenforschung im Leukental. Leukenstein oder Liechtenstein, Erpfenstein Holzburg Burgau. In: Kitzbüheler Heimatbätter 1991-2000, S. 143 Hinweis online
- Burg Erpfenstein, AlleBurgen.DE
Einzelnachweise
- ↑ 1,0 1,1 1,2 vgl. [Burg Erpfenstein, AlleBurgen.DE], AlleBurgen.DE, abgerufen am 29. April 2024
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch, 2019, S. 317
- ↑ 3,0 3,1 3,2 3,3 vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch, 2019, S. 318
- ↑ vgl. Julia Hörmann-Thurn und Taxis (Hrsg.): Tiroler Burgenbuch, 2019, S. 319
Anmerkungen
- ↑ Die Ministerialen, auch als "Dienstadel" bezeichnet, bildeten im Mittelalter innerhalb des "niederen" Adels eine eigene Gruppe. Ursprünglich "Unfreie", waren sie durch ein Dienst- oder Lehnsverhältnis in den "niederen" Adel aufgestiegen, im Unterschied zu den "edelfreien" oder "hochfreien" Adelsfamilien.