Chronologische Entwicklung der Flüchtlingskrise in Südösterreich im November 2015

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Out of date clock icon.svg Dieser Artikel beschreibt ein aktuelles Ereignis. Die Informationen können sich deshalb rasch ändern.

Die Chronologische Entwicklung der Flüchtlingskrise in Südösterreich im Oktober 2015 ist eine tagesgenaue Beschreibung der Vorkommnisse, die sich im Rahmen der Flüchtlingskrise in Europa im November 2015 in der Steiermark und in Kärnten ereigneten bzw. eine Beschreibung von überregionalen Ereignissen, welche einen Einfluss auf die Situation in Südösterreich hatten. Da die Entwicklung auch sehr stark mit jener an den Grenzen zu Deutschland stark zusammenhängt und nicht isoliert betrachtet werden darf, wird auch diese Situation hier beschrieben.

Hintergrund

Die Steiermark und Kärnten waren von der Anfang September im Burgenland einsetzenden Flüchtlingskrise zuerst nur am Rande betroffen.

Nach der Schließung des ungarischen Grenzzaunes zu Serbien Mitte September rechnete man eigentlich damit, dass es zu einer Westverlagerung der Flüchtlingsroute kommen würde, und die Menschen somit nicht mehr über Ungarn sondern über Slowenien nach Österreich gelangen würden. Stattdessen brachte die kroatische Regierung die Flüchtlinge an die ungarische Grenze, von wo sie von den ungarischen Behörden wiederum hauptsächlich zum österreichischen Grenzübergang Nickelsdorf transportiert wurden.[1]

Steiermark und Kärnten hatten durch diese Maßnahme eine weitere Atempause gewonnen, die am 16. Oktober mit der Schließung des Zaunes an der ungarisch-kroatischen Grenze zu Ende ging. Von nun an war für die Flüchtlinge der Weg durch Ungarn endgültig versperrt und daher lösten die Steiermark und Kärnten das Burgenland in der Rolle des österreichischen Epizentrums in der Flüchtlingskrise ab.[2]

Chronologische Entwicklung der Flüchtlingskrise im November 2015

1. November: Deutschland plante gemeinsames Polizeizentrum mit Österreich

Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer einigten sich in Berlin auf gemeinsame Positionen in der Asylpolitik. Unter anderem beabsichtigten sie in unmittelbarer Grenznähe ein Zentrum für Polizeiarbeit zu errichten und deutsche und österreichische Beamte gemeinsam auf Streife zu schicken.[3]

In Spielfeld kamen im Laufe des Tages wieder zahlreiche Menschen an, darunter einige Hundert in den späten Abendstunden, sodass sich kurz nach Mitternacht etwa 2200 Schutzbedürftige in den Sammelzentren beim Grenzübergang befanden. Aus Bad Radkersburg wurden im Laufe des Tages mindestens 700 Personen in Transitquartiere abtransportiert.[3]

Auch an der deutsch-österreichischen Grenze herrschte wieder Hochbetrieb. So erhöhte sich an diesem Tag die Anzahl der über den Grenzübergang Neuhaus am Inn einreisewilligen Flüchtlingen von durchschnittlich 400 auf 1500, die mit 30 Bussen in den Nachmittags- und Abendstunden antransportiert wurden.[3]

2. November: 157 Busse für Weitertransport, 100.000 Euro Prämie für einen entwaffneten Polizisten oder Soldaten durch den IS?

Wie die Polizei bekanntgab, war die Busflotte, die für den Abtransport der Flüchtlinge bereitstand, in der Zwischenzeit auf 157 Fahrzeuge angewachsen. Zusätzlich standen noch drei Sonderzüge zur Verfügung, Taxis hingegen durften aufgrund einer Weisung durch das Innenministerium bis auf weiteres nicht mehr den Grenzübergang anfahren. Das steirische Rote Kreuz erhielt Unterstützung durch Kräfte aus dem Burgenland und aus Niederösterreich, die in Transitquartieren in Graz und Feldkirchen bei Graz ihren Dienst versahen und so ihre steirischen Kollegen entlasteten.[3]

Die slowenische Polizei gab bekannt, dass im Laufe des Vormittages etwa 3200 Personen das Land in Richtung Österreich verlassen hatten. Etwa die gleiche Anzahl konnte bis zum Abend von den beiden steirischen Grenzübergängen in Transitquartiere weggebracht werden. Gegen 20.00 Uhr hatte der Einlass von 3000 Flüchtlingen in den Grenzübergang Spielfeld begonnen, die auf slowenischen Gebiet warteten.[3]

In den Medien machte eine Meldung die Runde, nach der die Terrormiliz Islamischer Staat für die Entwaffnung eines österreichischen Polizisten oder Soldaten, die an der Grenze ihren Dienst versahen, eine Prämie von 100.000 Euro bezahlt hätte. Als Quelle für diese Information, welche von der Polizei dementiert wurde, galt die OSZE (Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa).[3]

3. November: Merkel äußerte Sorge um neuen Balkankrieg, offener Brief an Bundeskanzler Faymann

Der Abtransport von Flüchtlingen vom Grenzübergang Spielfeld dauerte bis 2 Uhr in der Nacht an. Am Morgen befanden sich etwa 2700 Personen in der Sammelstelle an der Grenze. Untertags funktionierte der Abtransport der neu ankommenden Flüchtlinge ohne Probleme. Für Aufsehen sorgte die Maßnahme des Auslegens von Stacheldraht entlang des Dammes der Pyhrn Autobahn unmittelbar am Grenzübergang, um zu verhindern, dass die Flüchtlinge dort die Autobahn erreichten und so ihr eigenes Leben und das von Autofahrer gefährdeten.[4]

Wie die slowenische Polizei bekanntgab, waren am Vortag etwa 8.500 Flüchtlinge ins Land eingereist, während etwa 9.400 die Grenze nach Österreich überschritten hatten.[4] An diesem Tag kamen bis 18 Uhr etwa 6600 über die slowenisch-österreichisches Grenze. Laut slowenischer Polizei passierten 4300 den Grenzübergang bei Spielfeld, 1100 gingen bei Bad Radkersburg über die Grenze und zwei Züge transportierten 1200 Personen nach Kärnten.[5]

Mehr als 4400 Flüchtlinge kamen nach Behördenangaben am Dienstag bis 18 Uhr in Slowenien an. Weitere Ankünfte von rund 20 Bussen aus Kroatien seien noch für den späteren Abend angekündigt worden, hieß es vonseiten der slowenischen Polizei. Mehr als 6600 Flüchtlinge hätten das Land bis Abend in Richtung Österreich demnach wieder verlassen. Die meisten davon, rund 4300, sollen im Laufe des Tages die slowenisch-österreichische Grenze beim steirischen Spielfeld überquert haben. Nach Bad Radkersburg gingen laut slowenischer Polizei mehr als 1100 Flüchtlinge. Weitere 1200 seien demnach mit zwei Zügen auch nach Kärnten gebracht worden.

Aufhorchen ließ die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel mit der Aussage, dass es für den Fall einer deutschen Grenzschließung es auf dem Balkan zu militärischen Auseinandersetzungen kommen könnte. Ihrer Ansicht nach wäre es leicht möglich, dass aus einem Streit über die Flüchtlingsfrage sehr schnell ein militärischer Konflikt zwischen den Balkanstaaten entstehen und neue Flüchtlingswellen produzieren könnte.[4]

Die EU gab enttäuschende Zahlen über das Engagement der Mitgliedsländer in der Flüchtlingslage bekannt. So wurden bis jetzt nur 50 Millionen Euro für zugesagte 500 Millionen Euro für einen Syrien-Krisenfonds von den EU-Mitgliedern eingezahlt. Auch bei der Besetzung des EU-Asyl-Unterstützungsbüro (Easo) und der EU-Grenzschutzagentur Frontex hatten die Länder nur jeweils rund die Hälfte der zugesagten Experten bereitgestellt.[4]

Der SPÖ-Bürgermeister von Wagna, Peter Stradner, richtete indes einen offenen Brief an seinen Parteifreund und Bundeskanzler Werner Faymann, der hier auszugsweise wiedergegeben ist:

„Allerdings scheint es derzeit so, als ob die Bundesregierung – und damit auch verbunden du als Bundeskanzler – die Situation zu wenig ernst nimmt. Die Zustände die an der Grenze herrschen, sind schlichtweg gesagt katastrophal. Das Management in dieser Thematik funktioniert nur, weil engagierte Menschen vor Ort Entscheidungen treffen, die zu treffen sie eigentlich streng gesehen nicht berechtigt sind. (…) Daher nochmals meine Aufforderung an dich: Nimm deine Verantwortung auf und nimm dich der Situation an! Mit dem Engagement und Herzblut, das die Situation verdient hat! Zeig diesem Land und seinen Menschen, dass du deiner Verantwortung gerecht wirst! Alles andere wäre und ist zutiefst verantwortungslos!“

– Peter Stradner, Bürgermeister von Wagna[4]

4. November: Politikeraufmarsch in Spielberg

Die ungarischen Behörden stimmten dem Antrag der Staatsanwalt Eisenstadt zu, das Gerichtsverfahren zur Aufklärung der Flüchtlingstragödie bei Parndorf zu übernehmen, die 71 Menschenleben gefordert hatte. [5]

In Kärnten kamen wieder zwei Züge aus Slowenien mit etwa 900 Flüchtlinge an. Bis zum Abend meldete die slowenische Polizei die Zahl von 7800 Menschen, welche das Land in Richtung Österreich im Laufe des Tages verlassen hatten. Die meisten, etwa 4560 Personen, überquerten wieder bei Spielfeld die Grenze.[5]

Im Laufe des Tages besuchten FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und Kanzleramtsminister Josef Ostermayer den Grenzübergang Spielfeld ohne dass sich dabei ihre Wege kreuzten. Strache meinte, dass Österreich fast schon eine "Bananenrepublik" bzw. ein "Catering-Service" geworden war.[5]

5. November: 150.000 Flüchtlinge in Slowenien seit 16. Oktober

In Salzburg kam es im Laufe des späten Nachmittags zu einer Eskalation der Situation, nachdem sich mehr als 3000 Flüchtlinge in der Stadt aufhielten und noch 1000 weitere angekündigt waren. Durch Intervention von Bürgermeister Heinz Schaden erfolgte teilweise die Umleitung der angekündigten Flüchtlinge nach Oberösterreich und Tirol.[6]

Slowenien gab bekannt, dass seit 16. Oktober rund 150.000 Flüchtlinge im Land registriert worden waren.[6]

In einem Brief an die Regierung und die Gewerkschaft öffentlicher Dienst sah die Gewerkschaft der Polizei im Flüchtlingseinsatz die Grenze der Belastbarkeit für ihre Mitglieder erreicht bzw. schon überschritten. Die Teilgewerkschaft drohte weiters mit gewerkschaftlichen Kampfmaßnahmen, wenn bis Anfang Dezember ihre Forderung nach mehr Personal nicht erfüllt werden würde.[6]

6. November: EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos besuchte Spielfeld

Die Nacht verlief in Spielfeld sehr ruhig, gegen sechs Uhr früh befanden sich rund 400 Flüchtlinge im Bereich des Grenzüberganges. Bewährt hatte sich auch das am Vortag neu errichtete Großraumzelt, das über den Wartebereich aufgestellt worden war, sodass die Flüchtlinge nun nicht im Freien auf den Einstieg in die Busse warten mussten.[6]

ÖBB-Chef Christian Kern gab in einem Interview bekannt, dass die Flüchtlingskrise sein Unternehmen bis jetzt 15 Millionen Euro gekostet hatte. Über beschädigte Zugsgarnituren meinte er:

„Das ist nicht eine Frage von mangelndem Benehmen (der Flüchtlinge, Anmerkung), sondern die Konsequenz davon, wenn sich sehr viele Menschen auf engem Raum aufhalten.“

– ÖBB-Chef Christian Kern[6]

SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder attackierte auf einer Pressekonferenz Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Außenminister Sebastian Kurz und eröffnete damit eine neue Front innerhalb der Regierungskoalition. Die Ministerin selbst besuchte am Nachmittag zusammen mit EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos den Grenzübergang Spielfeld. Avramopoulos kündigte an, dass Österreich sehr bald von der EU finanzielle Unterstützung für Bewältigung der Flüchtlingskrise erhalten werde.[6]

Slowenische Medien berichteten, dass die Regierung in Ungarn und Polen etwa 125 Kilometer Stacheldraht gekauft hätte, um damit entlang der slowenisch-kroatischen Grenze einen Zaun zu errichten.[6]

7. November: EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos besuchte Spielfeld

Die

8. November: 430.000 Flüchtlinge durch Österreich transportiert

Das Bundesheer gab bekannt, dass seit Anfang September etwa 430.000 Personen durch Österreich mit Bussen befördert wurden. Mehr 100.000 Menschen hatte das Militär selbst mit 20 Großraumbussen transportiert. Etwa 110 Soldaten waren täglich beim Transport von Bussen im Einsatz. Ein derartige 24-Stundendienst setzte sich aus 16 Einsatzstunden und acht Stunden Ruhezeit zusammen. Zugleich wurden Vorwürfe von Chauffeuren privater Busunternehmen bekannt, dass vom Innenministerium per Erlass die Ruhezeiten für Asyl-Buslenker außer Kraft gesetzt worden waren. Die Folge waren Drei-Tages-Schichten mit zum Teil 18-Stunden-Non-Stop-Fahrt.[7]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 3500 Menschen unterwegs: Ungarn soll Flüchtlinge aus Kroatien nach Österreich transportieren, Webseite m.focus.de, abgerufen am 18. September 2015
  2. Neue Flüchtlingsroute: 160 Soldaten für die Steiermark, Webseite diepresse.com, abgerufen am 17. Oktober 2015
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 Liveticker Kleine Zeitung - 2. November 2015, Webseite www.kleinezeitung.at, abgerufen am 4. November 2015
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Live Kleine Zeitung - 3. November 2015, Webseite www.kleinezeitung.at, abgerufen am 6. November 2015 Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „klz20151103“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 Live Kleine Zeitung - 3. November 2015, Webseite www.kleinezeitung.at, abgerufen am 6. November 2015
  6. 6,0 6,1 6,2 6,3 6,4 6,5 6,6 Liveticker Kleine Zeitung - 6. November 2015, Webseite www.kleinezeitung.at, abgerufen am 6. November 2015
  7. 430.000 Flüchtlinge seit Anfang September mit Bussen befördert, Webseite www.derstandard.at, abgerufen am 8. November 2015