Johann Parricida

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Herzog Johann von Schwaben ("Johann Parricida"), Bild von Antoni Boys, entstanden zwischen um 1579/87, Kunsthistorisches Museum Wien

Johann Parricida (* um 1290/1291; † möglicherweise 13. Dezember 1313, in Pisa), eigentlich Herzog Johann von Österreich, auch als Herzog Johann von Schwaben oder Johann Postumus bezeichnet, gilt wegen der Tötung von König Albrecht I. als eines der "schwarzen" Schafe der Familie der Habsburger. Über ihn gibt es bisher nur wenige gesicherte Fakten, bekannt ist er nur durch den Mord an seinem Onkel. Auf dem Gebiet des heutigen EU-Landes Österreich hat er kaum Spuren hinterlassen.

Herkunft und Familie

Johann Parricida war ein Enkel von König Rudolf I. und der Sohn von Herzog Rudolf (II.) von Schwaben († 1290) aus dessen Ehe mit Agnes von Böhmen († 1296). Über seine Mutter war er ein Enkel des "Böhmenkönigs" Ottokar. König Albrecht I. war der ältere Bruder seines Vaters und somit sein Onkel.

Leben - Ergänzungen

  • 1307 wurde Johann von seinem Onkel Albrecht zu seinem Mitregenten in den "Vorderen Landen" ernannt. Diese Ernennung durfte jedoch eine reine Formsache gewesen sein, so stattete Albrecht seinen Neffen zum Beispiel nicht mit eigenem Besitz aus.[1] In der Forschung wird gewöhnlich davon ausgegangen, dass Albrecht die Primogenitur innerhalb seiner Familie durchzusetzen wollte und dies letztlich den Königsmord durch Johann zur Folge hatte.[2]
  • Der Königsmord, an dem außer Johann noch die Beteiligung von vier weiteren Adeligen (Rudolf von Wart, Rudolf von Balm, Walter von Eschenbach, Konrad von Tegerfeld) gesichert ist, wurde zwar gewöhnlich als "private" Racheaktion Johanns gesehen, könnte allerdings auch Teil einer Adelsopposition gewesen sein, wie die Beteiligung weiterer Personen andeutet.[3] Nach Albrechts Tod kam es jedenfalls, wenn auch nicht sofort, in der Stadt Wien zu einem Aufstand, der auch das Herzogtum Österreich betraf.[4].
  • Zu Johanns weiterem Schicksal gibt es bisher kaum etwas, das auch durch Sachquellen belegt ist.[3] Es entsteht der Eindruck, dass er nach dem Mord zunächst völlig aus den Quellen verschwand. Nach späteren chronikalen Angaben soll er nach dem Mord nach Italien geflüchtet sein.[5] Angeblich flüchtete er und hauste danach längere Zeit als Geächteter "in den Wäldern". Nach kurzer Haft durch König Heinrich VII. († 1313) soll er im Benediktinerstift San Nicolò in Pisa Zuflucht gefunden und dort gestorben sein.[3] Dort hat sich jedenfalls der Rest eines Epitaphs für ihn erhalten.[6]
  • Auffällig ist jedenfalls, dass Johann als der "Haupttäter" beim Mord an König Albrecht I. von den Zeitgenossen milder beurteilt wurde als seine "Mittäter". Eine Begründung dafür könnte sein, dass es ihm gelungen war, zu entkommen, sowohl der direkten Verfolgung als auch einer späteren "Aburteilung" durch die Chronisten, die sich auch deshalb auf die Schicksale seiner Mittäter konzentrierten, deren Namen durch ihre Ächtung durch Kaiser Heinrich VII. bekannt gemacht wurden.[5]

Historische Beurteilung von Johann Parricida

In der Überlieferung dieser Tat zeigt sich die Tendenz, den Täter negativ und das Opfer positiv zu schildern, obgleich König Albrecht von Zeitgenossen äußerst kritisch beurteilt wurde, welche ihm auch die Umstände, wie er zur Königswürde gelangt war, negativ angekreideten. Dass König Albrecht in späteren Schilderungen dann auch negativ ausgedeutet wurde, dürfte allerdings eine Folge der politischen Entwicklung nach seinem Tod gewesen sein. Nachdem der neu gewählte König Heinrich VII. durch die Überführung und Besetzung der Könige Albrecht I. und Adolf von Nassau im Dom von Speyer beiden ihr Königtum als rechtmäßig bestätigt hatte, was gleichzeitig seiner eigenen Inszenierung als neuer König diente, starb er nur wenige Jahre später, was zur Doppelwahl von 1314 führte, bei der einer der Konkurrenten Albrechts Sohn war. Die daraus erfolgten jahrelangen Auseinandersetzungen dürften der eigentliche Grund sein, dass König Albrecht in späteren Schilderungen auch negativ gesehen wurde, was sich dann wiederum auf eine etwas günstigere Darstellung von Johann und besonders von seinen Mittätern auswirkte.[7]

Repräsentation

Das Reitersiegel von Johann weist unter den Reitersiegeln der Habsburger in der Zeit zwischen König Albrecht I. und Herzog Rudolf dem Stifter eine Besonderheit auf. Es zeigt eine nach links gewendete Reiterfigur. Die übrigen Merkmale entsprechen etwa den anderen Siegeln seiner Familie, deren Aussehen sich aus dem 14. Jahrhundert erhalten hat. Der Helm der Reiterfigur ist mit dem Pfauenstoß geschmückt, das Schwert schwingt die rechte, den Schild die linke Hand. Auf dem Schild befindet sich als Wappen der Bindenschild, der sich auch auf der Brust des Pferdes befindet. Am Schenkel dieses Pferdes ist ein weiteres Wappen, das sich nicht identifizieren lässt. Alexander Sauter vermutet, dass des ein "Habsburger-Löwe" war. Die Umschrift ist teilweise unleserlich, sie lautet: "Sigillum Johanis Dei ... Habsbvrg - Et in Kyburg ... Alsacie"[8]

Johann Parricida in Sage und Legende

Johann Parricida von Österreich

Eine Sage, die auf Thomas von Hasselbach(!) († 1464) zurückgeht, erzählt, dass in der Stadt Wien am Neuen Markt oft ein blinder Bettler gesehen wurde. Dieser behauptete, ein Sohn von Johann Parricida zu sein. Seine Mutter war angeblich eine Frau, mit der sein Vater in den Wäldern lebte.[9]

Bei den Schotten am Stein

Einer Sage nach soll Johann Parricida als Landesflüchtiger in Wien auf einem breiten Stein gerastet haben, der noch im 19. Jahrhundert in der Mitte der Freyung vorhanden war. Dieser Stein befand sich in der Nähe des Schottenklosters und wurde daher als "bei den Schotten am Stein" bezeichnet.[10]

Zeitgenössische Quellen

Literatur

Weblinks

 Johann Parricida – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien auf Wikimedia Commons

Einzelnachweise

  1. vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 110
  2. vgl. Gerald Schwedler: Familienmodell im Wandel. Zu kooperativen und dynastischen Vorstellung der Habsburger zur Zeit Friedrichs des Schönen. In: Matthias Becher - Harald Wolter-von dem Knesebeck (Hrsg.): Die Königserhebung Friedrichs des Schönen im Jahr 1314. Krönung, Krieg und Kompromiss. Böhlau Verlag, Köln / Weimar / Wien, 2017, ISBN 978-3-412-50546-2, S. 128
  3. 3,0 3,1 3,2 vgl. Alois Niederstätter: Österreichische Geschichte 1278–1411, 2001, S. 111
  4. vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Historisches Lexikon Wien. Band 2, Kremayr & Scheriau, Wien 1993, ISBN 3-218-00544-2, S. 414–Friedrich I. der Schöne. digital
  5. 5,0 5,1 vgl. Manuel Kamenzin: Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) (= Bernd Schneidmüller - Karl Ubl (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 64). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2020. ISBN 978-3-7995-4385-9. S. 311
  6. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 298
  7. vgl. Manuel Kamenzin: Die Tode der römisch-deutschen Könige und Kaiser (1150-1349) (= Bernd Schneidmüller - Karl Ubl (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 64). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2020. ISBN 978-3-7995-4385-9. S. 311f.
  8. vgl. Alexander Sauter: Fürstliche Herrschaftsrepräsentation. Die Habsburger im 14. Jahrhundert (= Bernd Schneidmüller - Stefan Weinfurter (Hrsg.): Mittelalter-Forschungen- Bd. 12). Jan Thorbecke Verlag, Ostfildern, 2003. ISBN 3-7995-4263-9. S. 91 und S. 325
  9. vgl. Leander Petzoldt (Hrsg.): Johann Parricida von Österreich . In: ders.: Sagen aus Österreich. Wiesbaden: MarixVerlag 2007, ISBN 978-3-86539-118-6, S. 216f.
  10. vgl. Felix Czeike (Hrsg.): Schotten am Stein, Bei den. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 135.

Anmerkungen

  1. In Details nicht mehr ganz aktuell, aber als Einführung und Erstinformation noch immer gut geeignet. Eine weitere und spätere, inhaltlich aber nicht aktualisierte Ausgabe ist 2001 bei Amalthea Signum erschienen: Brigitte Hamann (Hrsg.): Die Habsburger. Ein biographisches Lexikon. Verlag Amalthea Signum, Wien, 2001. ISBN 978-3850024457. Neuere aktualisierte Auflagen existieren nur als EBook.
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