Owanes Astouatzatur, auch Johannes Deodat (Johannes Diodato, Johannes Theodat) (* um 1640 in w:Istanbul; † 17. Mai 1725 in Leopoldstadt im (Erz-)Herzogtum Österreich unter der Enns, heute Teil von Wien, Österreich[1]) betrieb mehrere Jahre mit kaiserlicher Genehmigung ein "Kaffeegewölbe" in Wien. Er gehört zu jenen Personen, die als Begründer des Wiener Kaffeehauses gelten.

Herkunft und Familie

Owanes Astouatzatur war der Sohn eines armenischen Kaufmanns und Juweliers. Um 1677 heiratete er eine namens Frau Maria Anna († 2. Jänner 1725), die ihn bei seinen Geschäften wesentlich unterstützte. Owanes Astouatzatur dürfte ein entfernter Verwandter von zwei weiteren Kaffeesiedern gewesen sein, die im 18. Jahrhundert in Wien nachgewiesen sind: die aus Armenien stammenden Brüder Anton und Franz Ignaz Deodat (auch Deodato oder Diodato).

Anton Deodat (* um 1675; † 3. Okober 1759 in Leopoldstadt im Haus [2]) und Franz Ignaz Deodat (auch Deodato oder Diodato) (* 1698; † 31. März 1759, in Leopoldstadt[3]) kamen um 1720 nach Wien, wo sie um 1630 zwei nebeneinander gelegene Kaffeehütten vor den Toren der Stadt an der Schlagbrücke eröffneten. Aus diesen Kaffeehütten entstand später das Kaffeehaus "zum Bruder Herz", das als vielbesuchter Treffpunkt von Reisenden und Händlern aus den Ländern des Balkans und aus Armenien galt. 1765 ging es in den Besitz des Wiener Kaffeesieders Franz Xaver Hugelmann über.[4]

Anton Deodat, der 1731 das Wiener Bürgerrecht erwarb, war außerdem im Besitz des Hauses "beim Goldenen Straußen" in der Leopoldstadt. Verheiratet war er mit Anna Maria de Luca, geborene Bauer († 19. September 1742, in Wien), der Witwe des Kaffeesieders Isaac de Luca. Durch diese Ehe kam er vorübergehend in den Besitz des legendären Wiener Kaffeehauses "zur Blauen Flasche".

Franz Ignaz Deodat, der 1732 das Bürgerrecht erwarb, heiratete 1731 Maria Elisabeth de Luca († 28. September 1757, in Wien), die Tochter von Isaac de Luca. Aus dieser Ehe hatte er eine Tochter Maria Katharina Deodat, die später den Kaffeesieder Johann Jakob Lackner († 1762) heiratete.

Werdegang

Im Jahr 1654 kam Owanes Astouatzatur erstmals mit seinem Vater nach Wien, wo er sich um 1666 dauerhaft niederließ. Seit ca. 1670 ist er in der Stadt Wien als Händler nachgewiesen, der sich besonders auf Waren aus dem Osmanischen Reich spezialisiert hatte. Zu dieser Zeit war er im Besitz eines Warengewölbes in dem Haus "Zur Goldenen Gans" (heute Wien 1, Rotenturmstraße 29 / Rabensteig 2).

Seine Handelsgesellschaft wurde nach Zerstörung des jüdischen Ghettos, an dessen Stelle in der Folge eine Wiener Vorstadt, die Leopoldstadt, errichtet wurde, von Kaiser Leopold I. mit der Silberversorgung der kaiserliche Münze betraut. Deswegen unternahm Astouatzatur eine Reise in das Osmanischen Reich, wo er sich von März bis Oktober 1671 aufhielt. Es gelang ihm aber nicht, dort einen regelmäßigen Betrieb der Münze durchzusetzen.

1681 versuchte er, wenn gleich erfolglos, eine Stelle als Hofkurier zu erhalten. 1683 lieferte im Zusammenhang mit der Zweiten Wiener Türkenbelagerung einige Male Kriegsmaterial. 1685 erwarb er vier Grundstücke in der inzwischen entstandenen Leopoldstadt.

Das "kaiserliche" Kaffee-Monopol

Am 17. Jänner 1685 wurde Owanes Astouatzatur sein Ansuchen bewilligt, zwanzig Jahre lang als einziger Händler der Stadt Kaffee als Getränk verkaufen zu dürfen. Nach Bewilligung dieser "Hoffreiheit", das türkische Getränk, als Caffe, The und Scherbet, zu praeparieren, eröffnete er in dem Hachenbergische Haus, seinem damaligen Wohnhaus am Haarmarkt in der Stadt Wien (heute: Wien 1, Rotenturmstraße 14) ein Cave Gewölb (Kaffeegewölbe), das als das erste Wiener Kaffeehaus gilt. Später übersiedelte Astouatzatur in das Schwanfelnersche Haus auf dem Stephansplatz, wo sich um 1701 sein Cave Gewölb befunden haben soll.

Nachdem ihm 1690 das Wiener Bürgerrecht verliehen worden war, hätte er nach den damaligen Gesetzen auf die "Hoffreiheit" verzichten müssen, was er jedoch nicht tat. Stattdessen betrieb er sein Cave Gewölb weiterhin aufgrund der "Hoffreiheit". 1710 erreichte er zusammen mit seiner Ehefrau eine Bestätigung seiner "Hoffreiheit" durch den Kaiser, womit er sich aber die Möglichkeit verbaute, in die Genossenschaft der bürgerlichen Kaffeesieder aufgenommen zu werden, die inzwischen in der Stadt Wien am Entstehen war.

Als er im Zusammenhang mit der Belagerung und Eroberung der Stadt Belgrad unter dem Oberbefehl des Prinzen Eugen der Spionage beschuldigt wurde, nahm sein Ruf allerdings schweren Schaden. Als eine Folge davon wurde ihm die "Hoffreiheit" entzogen. Da es ihm nicht gelang, sich vollständig zu rehabilitieren, übersiedelte er vorübergehend nach Venedig.

Letzte Lebensjahre und Tod

Owanes Astouatzatur verbrachte seine letzten Lebensjahre in der Leopoldstadt bei Wien, wo er im Jahr 1725 in seinem Haus „Zum grünen Elefanten" (heute Wien 2: Hollandstraße 9) gestorben ist. Seine letzte Ruhestätte fand er in der Gruft der Kirche St. Leopold[5])

Gedenkstätten

2004 wurde nach Owanes Astouatzatur im 4. Wiener Gemeindebezirk der Johannes-Diodato-Park nach ihm benannt.

Legenden mit Bezug zu Owanes Astouatzatur

  • Die Gründung des ersten Wiener Kaffeehauses wird fälschlicherweise Georg Franz Kolschitzky zugeschrieben. Er soll dieses im Schlossergassel (heute Wien 1: Stock-im-Eisen-Platz 4) eröffnet haben. Diese Legende, die aus mündlichen Überlieferungen entstanden sein dürfte, wird erstmals von Pater Gottfried Uhlich, einem Piaristen, in seiner Chronik Geschichte der zweyten türkischen Belagerung Wiens, bey der hundertjährigen Gedächtnißfeyer (publiziert 1783) schriftlich überliefert. Nach neueren Erkenntnissen wird davon ausgegangen, dass Kolschitzky nicht einmal eine Konzession (Privileg) für Kaffeeausschank verliehen wurde.
  • Der Legende nach soll Owanes Astouatzatur seine "Hoffreiheit" aus Dank für seine Kurierdienste (oder auch für Spionagedienste) erhalten haben, entweder vom Kaiser persönlich oder von den Stadtoberen. Da Kurier- oder Spionagedienste auch in der Biographie von Georg Franz Kolschitzky auftauchen, ist anzunehmen, dass die Überlieferung später beide miteinander durcheinander gebracht hat. Das Motiv, dass die Konzession für den Kaffeeausschank als Belohnung für Kurier- oder Spionagedienste verliehen wurde, findet sich auch in den Biographien weiterer Wiener Kaffeesieder, was nicht gerade für seine Glaubwürdigkeit spricht.

Literatur

Sekundärliteratur

  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. Wien: Kremayr & Scheriau 1993, Band 2. ISBN 3-218-00544-2, S. 15 (siehe Deodat Johannes)
  • Reingard Witzmann: Das Wiener Kaffeehaus. Von den Anfängen bis zur Zwischenkriegszeit. 66. Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, Karlsplatz 12. Juni bis 26. Oktober 1980. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien, o. J., S. 55

Populärwissenschftliche Sekundärliteratur

  • Birgit Schwaner: Das Wiener Kaffeehaus. Legende Kultur Atmosphäre. Wien / Graz / Klagenfurt: Pichler Verlag 2007. ISBN 978-3-85431-435-6, S. 29-34 und S. 37 (Eine recht lebhafte und anschauliche Schilderung, daher gut als Erstinformation geeignet. Für die Zulässigkeit von einzelnen Details ist jedoch kritische Hinterfragung bzw. Abgleichung mit "seriöser" Literatur zu empfehlen.)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Sterbedaten nach Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Band 2, S. 15
  2. nach Czeike
  3. nach Czeike
  4. Birgit Schwaner: Das Wiener Kaffeehaus. S. 46f.
  5. Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Band 2, S. 15